Was macht den Reiz der Mittelaltermärkte aus?

Mit Bekannten, die wir vor einiger Zeit mal besucht haben, sind wir zu einem Mittelaltermarkt gegangen. Ich muss sagen, dass mir das sehr suspekt war. Es liefen Leute herum mit Kleidung aus dem Mittelalter und sprachen auch ein wenig komisch. Irgendwie kam ich mir vor wie durch eine Zeitmaschine geschickt und ich weiß, dass ich niemals mehr freiwillig auf einen Mittelaltermarkt gehen werde.

Vielleicht sind aber hier einige User, die mir sagen können, was den Reiz der Mittelaltermärkte aus macht. Geht ihr da gerne hin? Wirkt ihr da mit und kommt ihr euch wirklich vor wie im Mittelalter? Lebt ihr vielleicht sogar teilweise so? Was reizt euch an solchen Märkten und geht ihr regelmäßig dort hin?

Meine Familie und ich gehen ab und zu gerne auf Mittelaltermärkte. Das Ambiente ist sehr speziell und die Kostüme werden mit Begeisterung selber hergestellt. Viele, wenn nicht sogar alle, verkleideten Aussteller leben dort in Zelten, die von der Besuchermenge abgegrenzt werden. Aber manchmal kann man einen kleinen Blick erhaschen und dann sieht man die Gestelle mit den Fellen, auf denen sie schlafen. Bewundernswert, wie manche auf diesen Dingern in den Schlaf finden. Für mich wäre das nichts.

Jeder Platz hat mindestens ein Lagerfeuer, welches für Wärme und Gemütlichkeit sorgt. Das Knistern des Holzes und der typische Geruch, gefällt mir sehr gut. Außerdem sind weitere Düfte von den zubereiteten Mahlzeiten, welche man auch kaufen und probieren kann, an der Tagesordnung. Diese sind so speziell, dass man sich in eine andere Zeit versetzt fühlt.

Weiterhin bringen mich die Handwerker und Künstler zum Staunen, die auf den Märkten ihre Ware anbieten und vor Ort herstellen. Du kannst zuschauen, wie sie die alte Kunst beherrschen und mit den altertümlichen Werkzeuge kleine Kostbarkeiten kreieren.

Auf wenigen Märkten gibt es sogar Falken oder andere Wildvögel, die bei den Bewohnern hausen. Selbstverständlich ist das eine Attraktion, die auch nicht alltäglich ist.

Bisher bin ich auf zweien dieser Mittelaltermärkte gewesen und beide haben in derselben Stadt stattgefunden, welche auch nur etwa zehn Autominuten von meinem momentanen Wohnort entfernt ist. Der erste Mittelaltermarkt war genau genommen im Rahmen eines richtig großen Mittelalterfest veranstaltet worden, welches auch weltwelt berühmt ist und Menschen aus aller Welt heranzieht. Allein das war etwas, was dieses Fest für mich so interessant gestaltet hat. Es gab einfach sehr viele verschiedene Kulturen zu sehen und nicht nur die Deutschen, sondern auch viele Asiaten und vor allem Menschen aus englischsprachigen Nationen haben sich auf diesem Fest richtig ausgelebt, sind also in einer Band aufgetreten oder einfach nur im mittelalterlichen Kostüm durch die Straßen gezogen. Ein Paar hat sogar geheiratet.

Es waren unglaublich viele Menschen da und tatsächlich konnte man sich gar nicht richtig frei bewegen, sondern ist größtenteils der Menschenmasse gefolgt, von der man immer geradeaus gedrückt wurde und selbst dadurch konnte man sich sehr viele Eindrücke vom Fest verschaffen. Die ganze Stadt war voller begeisterter Besucher des Festes und überall standen Buden, die die verschiedensten Dinge angeboten haben. Da gab es Schmuckhändler und Buden, in denen man üben konnte, mit Pfeil und Bogen umzugehen, aber auch Buden, in denen mit Tierfellen gehandelt wurde und sogar mitten auf der Straße einen Stand, an dem Piercings gestochen und Implantate unter die Haut gesetzt wurden. Ich war wirklich richtig beeindruckt, welche Möglichkeiten an diesem Wochenende in der ganzen Stadt geboten wurden und welche Atmosphäre das Fest ausstrahlte. Daher stand für mich auch fest, dass ich das Fest von nun an regelmäßig besuchen würde.

Letztes Jahr ist das Fest dann leider ausgefallen, dafür fand eine Art "Ersatz" statt, welchen ich dann auch besucht habe. Das Fest war aber wesentlich schlechter besucht und besonders viel geboten wurde einem diesmal auch nicht, tatsächlich wurde das Fest auch fast gar nicht angekündigt und so verbreitete sich seine Veranstaltung nur von Mund zu Mund, während beim regulären Fest schon Monate vorher überall mit Plakaten geworben wird. Dieses Mal gab es auch weder mittelalterliche Bands, noch irgendwelche interessanten Buden und nur eine kleine Ansammlung auf dem alten Marktplatz, aber nicht einmal Schmuck war dort zu bekommen. Mir war zwar klar gewesen, dass dieses Ersatzfest nicht das richtige Fest ersetzen konnte, aber enttäuscht war ich trotzdem und bin daher auch bald wieder gegangen.

Eigentlich ist mein Interesse an solchen Festen in den letzten Jahren allerdings immer mehr gestiegen, zumal ich mich sehr für das Mittelalter interessiere und teils auch Mittelalter-Rockmusik höre. Ich weiß nicht, was es ist, aber Mittelaltermärkte haben einfach etwas sehr Spezielles an sich und das fasziniert mich ungemein. Teilweise fühlt man sich richtig in die alte Zeit zurückversetzt und die Idee, die dahinter steht, finde ich toll, ebenso wie die Leute, die diese Feste auch mit passenden Kostümen richtig ausnutzen und somit die Atmosphäre noch weiter verstärken. Ich hoffe jedenfalls, dass das Fest, welches ich vor zwei Jahren besucht habe, auch dieses Jahr wieder ungehindert stattfinden kann und sehe mich auch schon ein wenig nach ähnlichen Mittelaltermärkten in meiner Umgebung um.

Ich muss sagen, dass mir das sehr suspekt war. Es liefen Leute herum mit Kleidung aus dem Mittelalter und sprachen auch ein wenig komisch. Irgendwie kam ich mir vor wie durch eine Zeitmaschine geschickt und ich weiß, dass ich niemals mehr freiwillig auf einen Mittelaltermarkt gehen werde.

Das klingt ja richtig schlimm. Das ist natürlich in Ordnung, dass Du so empfindest, schließlich kann jeder seine eigene Meinung haben. Aber darf ich Dir eine Gegenfrage stellen? Wieso empfindest Du es als unangenehm, wenn Menschen Kostüme tragen oder anders sprechen, als im Alltag? Ich kann das nicht so ganz nachvollziehen. In historischen Filmen oder im Theater, wenn es um Stücke geht, die in der Vergangenheit spielen, werden ja auch historische Kostüme getragen und die Sprache an die jeweilige Zeit angepasst. Und Mittelalterfeste sind ja auch nicht die einzige Gelegenheit, wo sich Menschen mal verkleiden würden. Es gibt ja auch so Kostümfeste, und von Karneval oder Fasching muss man, glaube ich, gar nicht erst anfangen.

Ich selber besuche gerne mittelalterliche Veranstaltungen, und auch Museumsdörfer, wo man beispielsweise mittelalterliches Handwerk ansehen kann. Ich empfinde es einfach als interessant, die Techniken von damals zu sehen, auch die Kleidung und die Architektur und Bauweise der Häuser oder Hütten. Andererseits habe ich allgemein ein historisches Interesse, nicht nur in meiner Freizeit. Ich habe auch, unter Anderem, Geschichte studiert.

Bei Mittelalterfestivals an sich kommt aber natürlich noch mehr dazu, als einfach nur so etwas Museumsartiges. An sich hat die Stimmung auf den Festen ja schon etwas Feierliches oder Ausgelasseneres. Und historisch korrekt ist da auch vieles nicht, das geht dann teilweise sogar schon fast etwas in Richtung Fantasy. Aber auch Fantasy ist beliebt, beispielsweise in der Literatur oder bei Filmen. Da ist es doch klar, dass eine derartige Thematik auch auf einer Live-Veranstaltung auf einige Leute reizvoll wirken könnte.

Ich selber finde auch die Stimmung am allerschönsten. Eben gerade beispielsweise, dass viele Leute im Kostüm da sind, dass man anders spricht, dass man auch anders miteinander umgeht, als im Alltag. Und zwar nicht unbedingt negativer. Das reale Mittelalter war für die nicht gerade wohlhabenden Leute nicht so toll. Aber auf diesen Mittelaltermärkten ist das teilweise einfach positiv verklärt. Es ist eben Unterhaltung und geht nicht nur um historische Bildung, sondern vor allen Dingen auch um den Spaß. Spaß an der Musik, Spaß am Verkleiden, Spaß an Theater, wenn man es so will.

Allein die verschiedenen Sinneswahrnehmungen, die man auf so einem Markt hat, finde ich ja schon immer interessant. Wenn man das Lagerfeuer riecht, dann vielleicht noch rot glühendes Eisen von der Schmiede, wenn man mittelalterliche Musik hört, oder wie ein Schmied gerade auf seinem Amboss herumhämmert. Dazu mischt sich meistens noch ein Stimmengewirr, teilweise auch tierische Laute, denn Tiere sind ja manchmal auch vorhanden, und ja, nach Essen riecht es auch oft. Grillfleisch oder frisches Brot. Letzteres finde ich wirklich lecker. Klar mag das nicht jeder. Es muss auch nicht jeder mögen. Aber es gibt einfach Leute, die finden das, also diese ganze Stimmung und Situation, einfach toll.

Auf solchen Veranstaltungen trage ich meistens auch möglichst authentische Gewandung. Ich finde es einfach amüsant, sich so unter die Leute zu mischen, Gleichgesinnten zu begegnen. Auch das Herrichten für die Veranstaltung macht mir Spaß. Es ist ja nicht so, dass man mit den Sachen täglich auf die Straße gehen könnte. Täte man es, würde man vermutlich andauernd nur angegafft oder blöd angemacht werden. Auf einem Mittelaltermarkt, wo genügend andere Leute auch so herumlaufen, hat man das nicht zu befürchten. Für mich ist es also auch immer eine Möglichkeit, mich in ein nicht alltagstaugliches Kostüm kleiden zu können, das ich schön finde, ohne damit aber anzuecken.

Natürlich komme ich mir aber auch dann nicht vor, als wäre ich wirklich im Mittelalter. Wie gesagt, historisch korrekt sähe so eine Veranstaltung anders aus. Das weiß ich auch. Aber wenn ich dort bin, genieße ich einfach die Situation, die Sinneswahrnehmungen, und habe Spaß dran. Deswegen gehe ich auch jedes Jahr auf mehrere derartige Veranstaltungen. Es macht mir einfach Freude.

Mehrere Tage ohne heutige Technik direkt am Festplatz zu lagern, könnte ich mir übrigens auch mal vorstellen, habe ich bisher aber noch nicht gemacht. Eine Herausforderung wäre es aber sicher, würde mich also reizen. Und mit Gleichgesinnten stelle ich mir das auch nicht unangenehm vor.

Ich finde solche Mittelaltermärkte einfach toll, aber man muss sich darauf auch einlassen. Am besten schon im Eingangsbereich die Geiz-ist-Geil-Mentalität ablegen und sich auch versuchen bei der Bekleidung etwas anzupassen. Das Erste fällt mir noch schwer, beim Zweiten bin ich derzeit dran. Ich wohne in einer mittelalterlich geprägten Gegend mit vielen Fachwerkhäusern und großer Geschichte. Deshalb sind solche Ereignisse doch recht häufig so dass es sich lohnt sie auch zu besuchen und sich entsprechend auszustatten.

Vor zwei Jahren war bei uns direkt vor der Haustür so ein Mittelalter-Spektakel, das waren reisende Veranstalter die quer durch Deutschland ziehen und ein „Spectakulum“ durchführen. Ich war das ganze Wochenende von früh an bis zur letzten Veranstaltung auf dem Gelände obwohl es ununterbrochen in Strömen regnete und es auch sehr kalt war. Trotzdem war ich fasziniert von der Masse der Musikgruppen, den unterschiedlichsten Handwerkern und Gauklern und auch von den Stuntshows. Am meisten hatte ich an den Gewandungen der Besucher meine Freude. Die haben sich wirklich mit sehr viel Liebe zum Detail ausgestattet obwohl es eindeutig zu kalt und auch zu nass dafür war. Sie haben ihr Hobby definitiv gelebt und viel Zeit und Geld darin investiert. So wie ich mitbekam hatten einige Jahrestickets die dann mit der Truppe quer durchs Land ziehen. Nicht schlecht wenn man bedenkt dass fast an jedem Wochenende im Sommer solch eine Veranstaltung stattfindet.

Ich habe sowieso ein Faible für altes Handwerk und die damaligen Techniken. Deshalb bieten sich solche Märkte auch an um mein Wissen zu erweitern und mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Die sind meistens sehr zeigefreudig und auch unermüdlich in ihren Erklärungen. Wer dann sieht wie alles mühevoll in Handarbeit entsteht der hat auch eher Verständnis für die doch manchmal recht hohen Preise ihrer Erzeugnisse. Ich kaufe nicht immer und überall etwas, ich muss schon Verwendung dafür haben und es darf auch nicht das Budget sprengen, aber ich denke dass ist auch nicht unbedingt notwendig.

Worüber ich mich aber meistens auch noch wundere ist dass oft kaum Kinder auf den Märkten sind. Sicherlich ist das von Markt zu Markt unterschiedlich, je nach dem was dort geboten wird. Aber eigentlich ist auch immer noch genügend an den Nachwuchs gedacht. Ich war im letzten Frühjahr auf einem Burgfest und das war fest in Kinderhand. So wie ich mitbekam ist es das Event schlechthin für alle Kinder der Umgebung. Was dort für sie geboten wurde war auch einmalig, angefangen von einer Falknerei bis zum Ritterbasteln. Das Highlight war aber zum Abschluss jeden Tages der Kampf der Kinder gegen die Ritter. Diese stellten sich in einer Reihe auf und die Kinder durften versuchten sie im Pulk umzurennen. Mit einfachen Mitteln wurde da ein Riesenerlebnis geschaffen. Bei dem oben erwähnten Spectakulum gab es natürlich auch genügend Unterhaltung für die Kinder, aber ich habe dort kaum jemand gesehen der mit der Familie unterwegs war um sich beispielsweise beim Axtwerfen zu versuchen oder dem Ritterturnier zuzuschauen. An den Eintrittspreisen kann es aber nicht gelegen haben, die waren mehr als moderat.

Ich muss sagen, ein Mittelaltermarkt hat einfach einen gewissen Charme. Auf den ersten Blick wirken die Leute, die dort herumlaufen etwas merkwürdig, aber es ist einfach das Hineinversetzen in eine ganz andere Zeit. Ich persönlich wirke an keinem Mittelaltermarkt mit, allerdings findet in unserem süßen Nachbarstädchen ungefähr zwei mal im Jahr ein mittelalterlicher Kunst und Töpfermarkt statt.

Man muss sich ja auch nicht kaufen, aber ich finde es lohnt sich mal einen Blick in diese längst vergangene Welt zu werfen. Früher habe ich diesen auch regelmäßig mit meiner Großmutter besucht, da sie nämlich totaler Fan von historischen Romanen war, die im Mittelalter spielen. Vorbeischauen lohnt sich.