UK-Tourismusbehörde veröffentlicht klischeehaften Ratgeber
VisitBritain ist der Name der britischen Tourismusbehörde. Diese hat nun eine Broschüre für britische Hoteliers zur Verfügung gestellt, die sie dabei unterstützen soll, sich besser auf Besucher aus unterschiedlichen Völkern und Kulturen einzustellen. Das klingt an sich ja nett. Kritiker hingegen bemängeln, dass diese Broschüre arg klischeehaft ausgefallen sein soll.
Aber was für Tipps stehen nun genau in dieser Publikation? Zu lesen ist dort beispielsweise, dass Inder ihre Meinung extrem schnell und oft ändern würden. Touristen aus Hong Kong hingegen würden keine Altbauten mögen, weil sie Angst hätten, dort Geistern zu begegnen. Franzosen hätten ein Problem mit direktem Augenkontakt und sogar Lächeln, und Russen hassten Räume mit niedrigen Decken. Deutsche wirkten aggressiv, ungeduldig und unfreundlich, mit Belgiern dürfe man nicht über politische Themen diskutieren. Chinesen liebten harte Matratzen und fühlten sich von Gesprächen über Geld abgeschreckt. Australier hingegen neigten zu einer derben Sprache.
Etwas seltsam wirkt auf mich persönlich auch der Hinweis, man dürfe Kanadier nicht als US-Amerikaner bezeichnen. Und den Tipp, dass man Inder wegen ihres Akzents nicht auslachen solle, wirkt auf mich auch irgendwie komisch. Ich würde es nämlich als allgemeine Höflichkeitsformel ansehen, dass man sich über die Aussprache anderer Menschen nicht lustig macht, egal, aus welchem Land sie stammen.
War es sinnvoll von der Behörde, diese Ratgeber zu veröffentlichen? Haltet Ihr die Tipps für gut gewählt, oder für eher daneben? Sind die Angaben über einzelne Länder klischeehaft, oder doch zutreffend? Und dürfte diese Broschüre den Hotelbetreibern wirklich im Alltag weiterhelfen?
Ich kann mir schon vorstellen, dass es schwierig ist, in einem Hotel zu arbeiten und mit so vielen unterschiedlichen Gästen zu tun zu haben. Es ist doch nett, wenn man da eine Anleitung und Unterstützung bekommt. Man kann ja kaum in jedes Land verreisen und Land und Leute näher kennenlernen. Somit muss man sich auf die Theorie beschränken.
Und diese Theorie kann nicht politisch korrekt lauten: "Jeder Mensch ist einzigartig, Sie dürfen sich nicht auf Klischees verlassen und müssen sich von jedem einzelnen Gast wieder neu überraschen lassen, egal aus welchem Land er kommt." Das wäre unsinnig und keine sehr große Hilfe. Und wenn wir mal ehrlich sind, ist die Realität halt einfach nicht zu 100% politisch korrekt.
Natürlich ist nicht jeder Deutsche unfreundlich und nicht jeder Chinese schläft gerne auf harten Matratzen. Aber es gibt schon kulturelle Unterschiede. Wenn es in China ein gesellschaftliches Tabu ist, über Geld zu reden, dann wird wenigstens den meisten Chinesen so ein Gespräch unangenehm sein. Natürlich gibt es ein paar, die das Tabu nie nachvollziehen konnten oder die sich durch ihre internationale Tätigkeit schon daran gewöhnt haben.
Aber wenn man in der Dienstleistungsbranche mit Chinesen zu tun hat, sollte man sich lieber auf die Mehrheit konzentrieren und so einen Fauxpas besser vermeiden. Denn auch diejenigen, die so ein Gespräch nicht stört, sind bestimmt nicht sauer, wenn es vermieden wird.
Und auch den Gästen fällt es doch auf. Entweder es geht einem persönlich als Franzosen so, dass man keinen Augenkontakt mag oder man weiß, dass es dieses Vorurteil gibt oder man weiß, dass es tatsächlich den meisten Franzosen so geht. Also selbst wenn es auf einen selbst nicht zutrifft, wäre ich als Franzose nicht sauer, wenn ich merke, dass mein Hotelier bei mir den Augenkontakt vermeidet, aber Gäste aus anderen Ländern ansieht. Ich würde das als nette Geste interpretieren.
Also meiner Meinung nach, wird es mit der politischen Korrektheit oft übertrieben. Die Vorurteile sind nicht ohne Grund entstanden. Kulturelle Unterschiede sind ein Fakt und kein Märchen. Auch wenn es natürlich nicht zu 100 % auf alle Menschen zutrifft. Aber als Hotelier und Hotelangestellter ist man gut beraten, wenn man sich ein wenig an die Klischees hält, solange man den Gast noch nicht einschätzen kann.
Aber natürlich muss man dabei aufpassen, dass man nicht zu sehr an den Klischees rührt. Man kann damit auch gut auf Schlipse treten. Da kommt es auf die richtige Formulierung an. Ich hätte z.B. nicht geschrieben, dass man aufpassen muss, einen Kanadier nicht als US-Amerikaner zu bezeichnen. Als würde jeder Kanadier das als schändliche Beleidigung auffassen und sofort ausflippen. Aber es ist ein Fakt, dass Kanadier keine US-Amerikaner sind. Von daher sollte man sie wirklich nicht so bezeichnen; es ist einfach falsch. Den Hinweis finde ich also nicht verkehrt.
Und wenn der indische Akzent von vielen Menschen als besonders witzig empfunden wird, ist es auch nicht verkehrt, die Hotelangestellten darauf vorzubereiten. Wenn man von der Tatsache überrascht wird, lacht man vielleicht unkontrolliert los. Aber wenn man vorher weiß, dass es witzig werden könnte, hat man eine bessere Chance, sich zu kontrollieren und zusammenzureißen. Wie gesagt, hier kommt es auf die Formulierung an.
Ich habe die Broschüre nicht gelesen und kann es daher nicht beurteilen, aber grundsätzlich finde ich es nicht falsch. Über die Briten herrschen genauso Vorurteile und Klischees, auf die sich Hoteliers in anderen Ländern einstellen oder mit denen sie zu kämpfen haben. Ich würde das alles nicht so ernst nehmen.
Ich gehe mal davon aus, dass es sich um eine interne Publikation gehandelt hat, die unbeabsichtigt in die Öffentlichkeit geraten ist, oder? Ich habe öfter mit VisitBritain beruflich zu tun und habe so meine Meinung. Die Damen und Herren arbeiten in Deutschland gut, in den "Unterabteilungen" VisitWales, VisitScotland usw. gibt es finanziell und qualitativ allerdings große Unterschiede.
Mir ist nicht klar, was die Publikation bezwecken sollte. War das als Hilfestellung gedacht und wenn ja, sollte man sich fragen, wozu Hotels so etwas brauchen und wo der Mehrwert liegt.
Bienenkönigin hat geschrieben:Entweder es geht einem persönlich als Franzosen so, dass man keinen Augenkontakt mag oder man weiß, dass es dieses Vorurteil gibt oder man weiß, dass es tatsächlich den meisten Franzosen so geht. Also selbst wenn es auf einen selbst nicht zutrifft, wäre ich als Franzose nicht sauer, wenn ich merke, dass mein Hotelier bei mir den Augenkontakt vermeidet, aber Gäste aus anderen Ländern ansieht. Ich würde das als nette Geste interpretieren.
Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede. Ich weiß nicht, ob es Leute gibt, die das ernsthaft leugnen. Dass aber noch einmal jeder Mensch individuell unterschiedlich ist, ist natürlich klar.
Die Frage, die ich mir gestellt habe, ist eher, inwiefern die Behauptungen in der Broschüre wirklich zutreffen. Dass es bei Franzosen als unangenehm oder unhöflich gilt, sich in die Augen zu sehen, habe ich bisher noch nie mitbekommen. Auch beim Französischunterricht in der Schule war das nie ein Thema, obwohl wir da auch viel Landeskundliches gemacht haben. Von daher hat mich speziell diese Aussage in der Broschüre schon ziemlich erstaunt.
Daher würde es mich einfach interessieren, ob die Behauptungen in dieser Publikation wirklich gut recherchiert wurden, oder ob die Behauptungen einfach nur Klischees sind, die aber real gar nicht zutreffen. Dann könnte es nämlich sogar schädlich sein, nach diesen Vorgaben zu handeln. Speziell was diese Sache mit dem Augenkontakt betrifft, gibt es ja auch viele Kulturen, in denen es als unhöflich gilt, jemandem nicht in die Augen zu sehen, wenn man mit ihm redet.
Ob die gesamte Broschüre nur für interne Zwecke gedacht war und versehentlich in Pressehände geriet, oder ob sie ganz normal ausgegeben wurde und jeder auf die zugreifen können sollte, weiß ich übrigens nicht. An sich finde ich die Idee, eine Broschüre mit kulturellen Besonderheiten zu veröffentlichen, übrigens auch nicht falsch. Nur gut recherchiert sollte sie schon sein, und man sollte sich natürlich auch nicht komplett auf die Angaben darin verlassen, sondern auch individuell einfach darauf achten, was der jeweilige Gast sagt, was er sich wünscht, und wie er sich äußert. Leider gibt es ja einige Leute, die Hinweisbroschüren wie "Bedienungsanleitungen" lesen und dann die reale Situation völlig aus den Augen verlieren. Was wirklich keine gute Idee ist.
Ich finde es irgendwie schon schwierig, wenn solche Klischees in einer Broschüre stehen, die doch eigentlich den Hoteliers und den Hotelangestellten helfen soll, mit den Gästen leichter klarzukommen. Natürlich treffen solche Klischees auf einige Gäste aus diesen Ländern zu und bei diesen kann es dann helfen, weil man über den Umgang mit den Menschen Bescheid weiß. Aber andererseits finde ich auch, dass durch solche Vorurteile, die in einer Broschüre stehen, die Mitarbeiter der Hotels vielleicht erst recht nicht an die Gäste heran kommen, weil sie zu vorsichtig mit ihnen umgehen.
Ich kann mich an eine Kreuzfahrt erinnern, wo der Kabinensteward fast zusammengezuckt wäre, als ich ihm sagte, dass wir Deutsche seien. Er war extrem vorsichtig im Umgang mit uns, als ob er ständig befürchtete, dass wir uns über ihn beschweren, wenn er etwas falsch macht. Nachdem wir uns öfter mit ihm unterhalten haben, sagte er mal, dass er genau die Vorurteile über Deutsche hatte, wie sie oben stehen, dass sie aggressiv und unfreundlich seien und sich oft und gerne beschweren.
Wir konnten ihn zum Glück vom Gegenteil überzeugen, bzw. davon, dass eben nicht alle so sind. Aber wenn solche Dinge in einer Broschüre stehen, dann werden sie wahrscheinlich wichtiger genommen als sie sind und darum finde ich nicht, dass diese Broschüre den Hotelbetreibern im Alltag weiter hilft. Eher verhindert eine Broschüre mit solchen Klischees, dass man den Gästen unvoreingenommen gegenübertritt.
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