Angst davor bei Depression zum Arzt zu gehen?

vom 26.01.2014, 22:39 Uhr

Ich kenne verschiedene Leute, die an Depressionen leiden. Oftmals gehen diese Leute zum Arzt und lassen sich dort behandeln. Oftmals erlebe ich es aber auch, dass Leute, obwohl sie eine manifeste Depression haben, Angst davor haben, einen Neurologen/Psychiater aufzusuchen, weil sie denken, dass dieser sie für verrückt erklären könnte.

Kennt ihr solche Leute auch, die Angst davor haben, bei psychischen Erkrankungen zum Arzt zu gehen? Wie kann man diese Leute davon überzeugen, dass sie sich trotzdem behandeln lassen?

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» Nettie » Beiträge: 7637 » Talkpoints: -2,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich denke leider, dass es sehr viele Menschen gibt, die sich einfach nicht trauen. Manche haben Angst vor der ausgesprochenen Diagnose, manche davor was das Umfeld sagt. Im Endeffekt kann man mit diesen Menschen nur sprechen, denn so etwas erzwingen geht leider nicht. Sie müssen sich der Krankheit stellen wollen.

» xbeautyxloungex » Beiträge: 4 » Talkpoints: 0,54 »


Ich denke, dass es früher noch weit verbreitet war, dass man zum Psychologen oder ähnlichem nur geht, wenn man eben verrückt ist. Da denken viele gleich an weiße Kittel und Psychiatrie. Allerdings meine ich, dass es heute schon besser geworden ist, da die Anzahl der psychisch Erkrankten auch einfach zugenommen hat. Es gibt ja immer mehr Menschen, die an Depressionen leiden oder ein Burn out bekommen. In den USA gehört es ja sogar zum guten Ton, dass man regelmäßig einen Psychiater aufsucht.

Ich kann schon verstehen, dass es sicherlich unangenehm ist, mit einem Verdacht auf Depressionen zum Arzt zu gehen, aber wenn es immer schlimmer wird, überlegen sich die Leute dann vielleicht doch, einen Arzt aufzusuchen und über ihren Schatten zu springen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich denke, dass es ein generelles und grundsätzliches Problem bei uns ist, dass psychische Erkrankungen ins Lächerliche gezogen und nicht erst genommen werden. So ist es natürlich dann auch bei Depressionen, denn die Leute wollen ihre psychische Erkrankung gerne verstecken und nicht wahr haben. Wenn man allerdings mit einer Sache zum Arzt geht, dann gesteht man sich ja sozusagen ein, dass man diese Erkrankung wirklich hat und das gefällt vielen nicht. Sie haben einfach Angst davor, bei anderen als psychisch krank zu gelten.

Ich bin fest der Überzeugung, dass es sehr wichtig ist, bei einer Depression früh zum Arzt zu gehen und dass man die erkrankten Leute dann auch möglichst dazu bringen sollte, dass sie dies tun. Allerdings ist es ja so, dass man niemanden dazu zwingen kann. Wenn der Erkrankte nun einmal nicht zum Arzt gehen möchte, dann kann man ihn nicht dazu nötigen. Man kann nur mit guten Worten versuchen, ihn zu überreden aber ob dies dann klappt ist eine andere Sache.

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» Prinzessin_Erika » Beiträge: 2010 » Talkpoints: 6,28 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Es stimmt schon, dass psychische Erkrankungen ein wenig stigmatisiert werden und manche sich dann vielleicht nicht trauen, einen Arzt aufzusuchen. Aber ich habe eher einen Trend wahrgenommen, der in die andere Richtung geht, nämlich dass jeder, der mal ein paar Tage traurig ist, gleich als depressiv bezeichnet wird.

Dass man mal nicht gut drauf ist und dass diese Phase sich auch mal ein paar Tage hinziehen kann, ist durchaus normal. Es sind nicht alle Menschen permanent glücklich und es ist auch legitim, dass sich jemand unzufrieden mit einigen Aspekten des Lebens zeigt, ohne dass da eine Depression vorliegt.

Gerade wenn Du schreibst, dass Du gleich mehrere Leute erlebt hast, die eine manifeste Depression hätten, stellt sich ja die Frage, ob Du da in eine ganz normale und überhaupt nicht krankhafte Traurigkeit zu viel hinein interpretierst. So oft kommen Depressionen nämlich auch nicht vor.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich war seit ich Anfang der Jugend immer antriebslos, introvertiert, traurig, lebensmüde, unkonzentriert und so weiter. Schon mit 12 oder 13 kamen die ersten Phasen, in denen ich nicht mehr aus dem Bett kam und Selbstmordpläne schmiedete. Ich selber konnte es nicht einordnen und meine Mutter war immer der Meinung, ich sei einfach nur faul, griesgrämig und verblödet. Nachdem ich mit Ach und Krach das Abi geschafft hatte, stand ich sodann auf eigenen Beinen und stellte ziemlich bald fest, dass ich nur deswegen bisher keine größeren Probleme bekommen hatte, weil ich doch Zuhause lebte und Grundlegendes immer vorhanden war.

Schon bald wurde mein Zustand immer fieser und inzwischen sah jeder außer mir, dass ich dringend Hilfe bräuchte. Ich hatte aber panische Angst davor, zum Arzt zu gehen. Meine Vorstellung war, dass man mir entweder diagnostiziert, dass ich wirklich einfach nur faul und dumm bin oder aber mich in irgendeine Klinik einweist und mich mit Medikamenten vollpumpt. Meine Mutter hat mich dann vor die Wahl gestellt. Entweder gehe ich selbst zum Psychologen oder sie kommt und bringt mich persönlich zu einem. Die Angst war aber dennoch groß, deshalb verstellte ich mich bei den Sitzungen, spielte mit der Psychologin und brach das Ganze bald wieder ab.

Irgendwann kam dann der Totalabsturz und obwohl es mir so schlecht ging wie noch nie zuvor, weigerte ich mich immer noch, zum Arzt zu gehen. Ein Freund, der das Ganze selbst schon durchgemacht hatte und Gespräche mit meiner Mutter, die ergaben, dass sie selbst jahrelang wegen Depressionen krank geschrieben war, ermutigten mich dann doch, zum Psychiater zu gehen. Auf Grund der ganzen Geschichte, der Familiengeschichte und der Tatsache, dass mehrere Psychologen mir nicht helfen konnten, diagnostizierte er schwere endogene Depressionen und verschrieb mir ein Antidepressivum. Dank diesem habe ich nach 25 Jahren Leere endlich Freude und Glück kennen lernen dürfen.

Wenn ich überzeugt wäre, dass jemand wirklich Depressionen hat, aus denen er alleine nicht mehr heraus kommt, würde ich ihm schlicht von meinen Erfahrungen erzählen. Wobei derjenige auch erreichbar sein muss. In einer richtig fiesen Phase, wo alles grau und aussichtslos erscheint, glaube ich nicht, dass irgendwelche Überredungsversuche Sinn machen.

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich denke das Problem liegt hier in der Sicht der Öffentlichkeit. Viele Menschen sehen auch heutzutage psychische Erkrankungen nicht unbedingt als Krankheit an. Leidet jemand an Depressionen und wird von seinem Umfeld nicht ernst genommen, dann kann dies natürlich auch ein Grund dafür sein das nicht zum Arzt gegangen wird, weil es ja, laut Umfeld, keine Krankheit ist.

» Amira » Beiträge: 2 » Talkpoints: 0,21 »



Zitronengras hat geschrieben:Gerade wenn Du schreibst, dass Du gleich mehrere Leute erlebt hast, die eine manifeste Depression hätten, stellt sich ja die Frage, ob Du da in eine ganz normale und überhaupt nicht krankhafte Traurigkeit zu viel hinein interpretierst. So oft kommen Depressionen nämlich auch nicht vor.

Nein, ich interpretiere sicherlich nicht zu viel hinein, denn dort, wo ich arbeite, habe ich es mit vielen Leuten zu tun, die an einer Depression leiden, was ich an den Medikamenten erkenne, die sie bekommen. Zudem bekommt man das in Gesprächen oft mit, da muss man nicht immer gleich ein entsprechendes Rezept vor sich liegen haben, um zu wissen, an was die Person leidet.

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» Nettie » Beiträge: 7637 » Talkpoints: -2,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Viele Menschen mit Depressionen haben auch große Angst vor fremden Menschen und somit Probleme sich darauf und eine damit verbundene bevorstehende Veränderung der Situation einzulassen. Oft ist man einfach in seiner Depression schon so festgefahren, dass man sich nicht traut den Gedanken auf eine Besserung der Situation zuzulassen.

Auch ich habe über ein Jahr gebraucht, bis ich mir die Depression eingestanden hab und zu meinem Hausarzt gegangen bin. Dieser hatte mir dann Antidepressiva verordnet, worüber ich anfangs auch noch sehr skeptisch war. Zudem hatte ich einfach auch Angst, was die Leute über mich reden, wenn heraus kommt, dass ich Depressionen habe. Mittlerweile bin ich seit 5 Jahren sehr gut auf meine Medikamente eingestellt und bereu diesen Schritt nicht.

» Caralia » Beiträge: 312 » Talkpoints: 24,68 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Dies dürfte aktuell wohl nicht so einfach sein. Auch wenn der Arbeitgeber nicht die Krankheit erfahren muss, sieht er doch, welcher Arzt die Krankmeldung unterschreibt und dann ist das Kind in den Brunnen gefallen.

Normalerweise ist auch ein Psychologe in erster Linie zuständig und erst wenn der nichts fruchtet, sollte man an einen Mediziner denken.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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