Unverwüstliche Pflanzen für den Hinterhof - Brauche Tipps!
Schon seit einigen Jahren versuche ich hartnäckig, unseren tristen Berliner Hinterhof etwas zu begrünen. Als ich einzog, gab es da einen halb verdorrten Strauch, der erbärmlich aussah. Der Rest der kleinen "Grünflächen" bot den Anblick einer Wüste. Da weder seitens der Hausverwaltung noch der Nachbarn je etwas unternommen wurde, um daran was zu ändern, habe ich irgendwann begonnen, dort ein wenig Erde aufzuschütten, Blumen zu sähen und im Sommer zu gießen.
Im Vergleich zu vorher sieht es jetzt schon wesentlich ansehnlicher aus. Allerdings will und kann ich dafür auch nicht viel Geld und Zeit investieren, weshalb ich bisher eben vorwiegend zu groß gewordene eigene Pflanzen eingepflanzt habe oder günstige einjährige Blumen- und Kletterpflanzenmischungen aus dem Supermarkt aussäte. Im Sommer sieht das teilweise auch schon sehr hübsch aus und es kamen sogar schon Hummeln und Schmetterlinge zu Besuch.
Leider ist der Hof sehr klein und voller Fahrräder, die ständig auf die Rabatten fallen. Auch kommen ca zweimal jährlich ein paar von der Hausverwaltung beauftragte Ignoranten, die binnen weniger Stunden alles wieder dem Erdboden gleich machen. Alles, was nicht zufällig gerade blüht oder die Mindestgröße eines ausgewachsenen Strauchs hat, wird radikal raus gerissen und in den Müll geworfen. Pflanzen, die sich gerade entwickeln oder gerade (jahreszeitlich bedingt) die Blätter abgeworfen haben, haben da keine Überlebenschance. Die sind tatsächlich so dumm, dass sie bei blühenden Kletterpflanzen den unteren Teil radikal absensen, während sie den oberen Teil (weil der ja blüht) am Zaun hängen lassen.
Dass die Blüten aber auch eine Verbindung zu ihren Wurzeln benötigen, scheint ihnen unbekannt. Tage später ist dann natürlich alles verdorrt. Nach solchen Aktionen sehen die "Grünflächen" dann fast wieder aus wie am Anfang: kahler Sandboden und Ödland. Den Rest besorgt dann gewöhnlich noch die durch die Witterung einsetzende Bodenerosion, die die Reste des verbleibenden Mutterbodens beim ersten Regen in den Abfluss spült. Auf unserer Betriebskostenabrechnung findet man diese gärtnerische Höchstleistung dann unter dem Punkt "Pflege der Grünanlagen".
Als dickköpfiger und ökologisch denkender Mensch, habe ich aber noch längst nicht aufgegeben. Mein Ziel ist es, dort einfach wesentlich resistentere Pflanzen anzusiedeln, die diesen glücklicherweise sehr seltenen, aber nicht weniger verheerenden Attacken des Pflanzenvernichter - Kommandos trotzen und auch mal ein umgefallenes Fahrrad überleben. Einen solchen Strauch habe ich da bereits hingepflanzt. Der stammt aus Asien und antwortet auf derartige Einebnungsversuche nur mit verstärktem Wachstum und immer größerer Vitalität. So als wolle er sagen: Jetzt erst recht!
Vielleicht könnt ihr mir ein paar Tipps geben, welche weiteren Pflanzen eurer Meinung nach ein großes Ausbreitungspotential (eventuell über unterirdische Wurzelausläufer oder Rhizinome) besitzen und die Bodenerosion nachhaltig aufhalten? Es kann sich ruhig um Pflanzen handeln, die sich, auf Grund ihrer starken Ausbreitungskraft und Konkurrenzfähigkeit bei manchen Gärtnern bereits ein wenig unbeliebt gemacht haben, weil sie eben kaum noch einzudämmen sind. Genau so was brauche ich hier! Und teuer in der Anschaffung oder kompliziert in der Aufzucht sollten sie natürlich auch nicht sein.
Schließlich steht ja der Garteneliminierungstrupp als Posten auf der Betriebskostenabrechnung und nicht ich! Zwar hat mir der Hausmeister sogar mal einen Dankesbrief für die Begrünung des Hinterhofs geschrieben und einige alte Leutchen hier im Haus freuen sich auch wirklich über die Blümchen, aber verausgaben will ich mich dafür natürlich auch nicht. Zumal ich ja weiß, dass das Meiste früher oder später sowieso wieder der sinnlosen Zerstörung und Verwüstung anheim fällt.
Wenn ihr mir also ein paar unverwüstliche Wucherpflanzen empfehlen könntet, wäre ich euch sehr dankbar.
Ich kenne das karge der Berliner Hinterhöfe. Ich habe auch mal in so einer Hinterhauswohnung gelebt. Ausprobiert habe ich es nicht, diesen zu begrünen. So lustige Grünlandpfleger hatten wir damals dort nicht. Er war immer gleichmäßig die typische Berliner Sandbüchse.
Spontan fällt mir ein, dass es das drüsige Springkraut gibt. Es ist in Bayern schon fast verhasst, weil es wirklich ein fieses Kraut ist. Du kennst es vielleicht. Das sind die Blütenpflanzen, die ihre reifen Samen von sich schießen, wenn man sie berührt oder wenn es heftiger drauf regnet. Meine Kinder haben damit immer unheimlich Spaß gehabt, dass eine Pflanze um sich schießt. Und man kriegt sie echt kaum los, wenn sie einmal Fuß gefasst hat. Vor allem bleibt der Samen im Boden recht lange keimfähig. So können eure lustigen Sensenmänner keinen langanhaltenden Schaden anrichten. Voraussetzung ist nur, dass es immer wieder ein paar Pflanzen zur Samenreife schaffen müssen. Mit Schatten im Hinterhof kommt sie gut klar. Allerdings mag sie gerne feuchte und nährstoffreiche Böden. Das könnte in Berlin schwierig werden. Bienen und Hummeln mögen sie auch sehr gerne.
Die kleinere Version steht auch schon in vielen Brandenburger Brachflächen. Das Kraut aus Bayern blüht aber schön pink und ist fast mannshoch und damit beeindruckender. Wie man dafür allerdings Samen kaufen kann, weiß ich nicht. Ich habe mal welche einfach so in den Isar-Auen gesammelt und sie wuchsen prima an. Aber vielleicht gibt es das ja tatsächlich im Handel.
Da du eh in Berlin bist, könntest du auch mal einen Besuch im Prinzessinnengarten in Kreuzberg abstatten, falls du das nicht eh schon gemacht hast. Die waren bei den ersten dabei, die in Berlin das Urban Farming verbreitet haben. Dort kann man auch viele Infos bekommen und wohl auch Sämereien erwerben. Vielleicht kannst du sogar mit deren Hilfe deine Nachbarn und den Vermieter begeistern, dass man mit dem Hinterhof tolle Sachen anstellen kann, die über ein paar Büsche und Blümchen hinaus gehen?
@:trüffelsucher; Danke für deine tolle und ausführliche Antwort! Beim Googeln war ich gestern selbst auch schon mal auf das Springkraut gestoßen. Persönlich kenne ich es nicht bzw. wusste vielleicht einfach nicht, wie es heißt. Das klingt sehr resistent und scheint ja auch hübsch auszusehen. Dass es auch schattige Plätzchen verträgt ist natürlich super. Ich hatte ganz vergessen zu erwähnen, dass dort nur wenig Sonne hinkommt. Aber als Kenner der Berliner Hinterhöfe konntest du dir das ja schon selbst zusammenreimen.
In den Prinzessinnengärten war ich bisher tatsächlich noch nicht, obwohl ich schon viel davon gehört habe und mir das schon längst einmal vorgenommen hatte. Eigentlich ist es ja gar nicht mal so weit von hier. Urban gardening ist ja sowieso ein weltweiter Trend, den ich sehr begrüße. In den Großstädten gibt es ja mittlerweile schon viele Biotope mit einer erstaunlich großen Diversität an einheimischen Tieren und Pflanzen. Laut Wissenschaft sogar manchmal mehr als auf dem Lande, wo es ja durch intensive Landwirtschaft, Monokulturen und radikale "Unkraut"-Bekämpfung immer weniger geschützte Lebensräume für Wildpflanzen und -tiere gibt.
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