Warum wollen alte Menschen oftmals nichts mehr essen?

vom 24.01.2014, 20:49 Uhr

Ich arbeite zur Zeit in einer Pflegeeinrichtung. Dort kümmere ich mich hauptsächlich um die Küche im Wohnbereich. Mir ist hierbei aufgefallen, dass es viele ältere Menschen gibt, die gar nichts mehr essen wollen oder nur noch sehr wenig essen. Natürlich hat man als alter Mensch nicht mehr den Kalorienverbrauch wie ein junger Mensch und muss deswegen auch gar nicht mehr so viel essen, aber warum ist es denn so, dass man vielen älteren Menschen sagen muss, dass sie essen müssen um Energie zu haben?

Es gibt ja auch demente Menschen, die meine ich hierbei aber gar nicht. Diese Menschen wissen ja auch nicht mehr das sie essen müssen und ihnen wird ja teilweise auch das Essen gereicht, aber wie gesagt darum soll es nicht gehen. Ich rede von ganz normalen alten Menschen. Ist das nur mir so aufgefallen oder kennt ihr das auch? Warum ist das so und wie bekommt man diese Menschen am besten zum Essen?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke, es hat verschiedene Gründe, wieso alte Menschen nicht mehr so viel essen. Wenn man sich nicht mehr so viel bewegt, hat man beispielsweise nicht mehr so viel Hunger, wenn man von den Senioren absieht, die mit über 80 noch Marathon laufen. Die gibt es ja auch. Außerdem verlangsamen sich im hohen Alter auch andere Körperfunktionen wie die Verdauung, sodass auch der Appetit nachlässt, da der Körper schon mit einer Scheibe Brot stundenlang beschäftigt ist.

Viele ältere Menschen empfinden Essen auch als anstrengend und mühsam, wenn sie nicht mehr richtig mit Messer und Gabel hantieren können oder wenn die dritten Zähne nicht richtig sitzen. Ich wäre wohl auch frustriert angesichts der Erkenntnis, dass nicht mal mehr das Essen richtig funktioniert und Spaß macht.

Bei meiner Großmutter hat auch noch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass ihre Geschmacksnerven nachgelassen haben. Wer futtert sich schon gerne voll, wenn alles gleich schmeckt? Außerdem hat sie die Gerichte vermisst, die sie selber als junge Frau gerne gekocht und gegessen hat. Das Essen in ihrem Seniorenheim war zwar ganz akzeptabel, aber manchmal doch reichlich trist. Außerdem ist Essen immer auch eine emotionale Angelegenheit, die über die bloße Energiezufuhr weit hinaus geht.

Alles in allem fallen mir genug mögliche Ursachen ein, wieso pflegebedürftige Menschen nicht mehr reinhauen wie in ihrer Jugend, und ich arbeite nicht im Pflegebereich. Werden die Mitarbeiter bei euch denn nicht über die Bedürfnisse und Eigenheiten älterer und/oder gebrechlicher Menschen informiert?

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Man wird natürlich informiert, was die Bewohner so für Probleme haben und was sie nicht mögen, nicht vertragen oder ähnliches. Daran liegt es aber nicht. Ich meine es einfach bei gesunden Menschen, die auch keine Probleme mit dem Essen haben. Wir haben beispielsweise eine Frau auf der Station, die noch ihre eigenen Zähne hat, auch noch schmeckt, aber einfach keinen Hunger oder keine Lust zum Essen zu haben scheint und so habe ich es leider schon oft erlebt. Natürlich kann ich mir auch einige Gründe vorstellen, aber ich wollte eben mal hören, was ihr so darüber denkt und was ihr für Erfahrungen gemacht habt. Das im Alter nicht immer alles so toll ist, ist mir auch klar.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich kenne das ebenfalls von meiner Großmutter, dass die Geschmacksnerven im Alter einfach nachgelassen haben. Und diese salz- und oft gewürzlose Kost ist leider auch kaum mit normalen Geschmacksnerven zu ertragen, vor allem, wenn sie dann auch noch so lieblos auf den Teller geklatscht wurde und alles ein wenig an Knastessen erinnert. Ich habe selber gerade Probleme mit dem Geschmack und kann nachempfinden, dass man geschmackloses Essen einfach nicht in sich reinschaufeln mag.

Dazu kommt aber oft, dass die älteren Herrschaften sich mit diesem "neumodischen" Essen nicht unbedingt anfreunden können. Wenn man sie fragen würde, möchten sie lieber das Essen haben, was sie aus ihrer Kindheit kennen, auch wenn das vielleicht nicht unbedingt den aktuellen Ernährungsrichtlinien entspricht. Aber ich denke, es wäre für die alten Leute wichtig, damit sie wieder Spaß am Essen bekommen und überhaupt etwas essen. Ansonsten frag die Leute doch einfach. Wenn sie Schmerzen haben wie etwa mit ihren Zahnprothesen, die vielleicht auch nicht richtig haften, dann ist das natürlich ein weiterer Grund.

» rasenderrolli » Beiträge: 1058 » Talkpoints: 16,66 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Abgesehen von all dem vorher Genannten könnte ich mir aber auch vorstellen, dass sie einfach unglücklich und irgendwie auch "lebensmüde" sind. Ich stelle es mir alles andere als angenehm vor, in so einer Pflegeeinrichtung irgendwo nur noch auf den Tod zu warten. Viele bekommen ja auch wenig oder gar keinen Besuch und fühlen sich irgendwie abgeschoben und überflüssig. Selbst Tiere verweigern ja das Fressen, wenn sie unglücklich sind und man ihnen nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt. Als ich mal eine Zeit lang besonders viel und lange arbeiten musste, verweigerte meine Katze auch das Fressen, obwohl sie völlig gesund war. Sie vermisste mich wohl einfach.

Ich finde es auch wichtig, dass bei der Auswahl des Essens mehr auf den individuellen Geschmack der älteren Leute eingegangen wird Muss man sich denn wirklich noch in diesem Alter noch mit irgendwelchem Diät-Fraß ernähren oder seine Offenheit für exotische Speisen entdecken? Hauptsache ist doch, dass es schmeckt! Wenn man sonst schon nicht mehr viel von seinem Leben hat, kann ja gerade das (gemeinsame!) Essen ein Highlight des Tages sein. Und Essen ist auch immer ein Stück Heimat und Geborgenheit. Das kennt wohl jeder. Wenn ich mal traurig oder krank bin, koche ich mir gern ein Essen, dass ich schon aus meiner Kindheit kannte. Mit dem Geschmack verbindet man ja auch schöne Kindheitserinnerungen und das Gefühl von Zuhause. Das kann einem manchmal richtig Trost spenden. Für jemanden, der sich in so einer Einrichtung vielleicht einsam, entwurzelt und verlassen fühlt, kann das bestimmt sehr wichtig sein.

» ANNA67 » Beiträge: 114 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich habe mal einen Film gesehen, in dem die Insassen eines Pflegeheimes das Essen auch ablehnten. Sie mochten einfach diese Matsche, wie es hieß, nicht essen. Immer wird gemeint, ältere Menschen können nicht mehr das normale Essen verkraften, weil sie Probleme mit den Zähnen haben oder sonst irgendetwas. Das sind Einzelfälle.

Deshalb aber kann man nicht erwarten, dass alle das extra so gekochte Essen ohne viel Würze essen. In dem Film taten sich einige Insassen zusammen, haben eingekauft und sich etwas Deftiges gekocht, wie sie es von früher kannten. Alle haben mit großen Appetit gegessen. Die Köchin der Pflegeeinrichtung war beleidigt und hat dementsprechend reagiert.

Warum bekommen ältere Menschen nicht ein vernünftiges Essen. Immer denkt man, sie vertragen es nicht und können es nicht essen. Ich denke, dass man ihnen einen Fragebogen geben sollte, auf dem sie Wünsche und Kritik äußern können, wenn sie gesund sind und eigentlich alles essen können.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Alte Menschen essen weniger oder verweigern das Essen aus mehreren Gründen, die es bedarf herauszufinden, um für den alten Menschen eine optimaler Versorgung zu gewährleisten. Zum einen haben sie einen geringeren Kalorienverbrauch. Die meisten sind nicht mobil und zeigen kaum noch Aktivitäten, somit verbraucht der Körper nicht so viel Energie und ihr Kalorienbedarf ist geringer. Alte Menschen haben weniger Appetit. Dies kann oftmals an Erkrankungen liegen. Zudem nehmen sie oftmals Medikamente ein, die den Appetit und die Ernährung beeinflussen.

Da ich selbst in einer Pflegeeinrichtung arbeite, kann ich dies gut nachvollziehen. Man hat oftmals nicht die Zeit, das Essen appetitlich zu servieren. Und mir kann keiner sagen, dass er gerne jeden Tag passierte Kost essen will, wo man teilweise nicht mal mehr sieht, was es vorher war. So ist der Appetit dann doch auch weg. Der Hunger zeigt sich im Alter auch nicht mehr und schon sieht man halt, dass alte Menschen weniger essen.

Viele Varianten, die man als Motivation nehmen kann, sind natürlich kleinere Portionen am Tag anzubieten und diese appetitlich zu servieren. Dazu hilft es, dass man Obst mit auf den Teller legt oder auch die einzelnen Bestandteile des Essens einzeln püriert. Es hilft auch meist, ein Kompromiss einzugehen. Wenn ein Bewohner dann aber nicht mehr essen will, muss dies toleriert werden und nur mit dem Arzt geklärt werden. Ich denke schon, dass man durch die Küche sehr viel tun kann und es hier eigentlich mehr Personal bedarf, sodass man auf diese Punkte achten kann.

» iggiz18 » Beiträge: 3366 » Talkpoints: 4,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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