Chemiestudium - Häufiger Umgang mit Gefahrenstoffen sinnvoll
Ich studiere seit nun fast zwei Jahren Chemie und manchmal fragt man sich dabei dann auch, wo genau der Sinn bei einigen Synthesen oder Versuchen im Praktikum ist. Generell heißt es ja immer, dass Chemiestudium wäre an meiner Universität so super gut, weil wir hier sehr viele Praktika haben. Das finden die Chemiestudenten, die überhaupt keine Freizeit mehr haben zwar nicht so pralle, aber man freut sich dennoch über den guten Abschluss. Es ist ja auch nicht verkehrt, viel Erfahrung im Labor zu sammeln, auch wenn ich nach meinem Studium nie mehr im Labor arbeiten werde, aber als Führungsperson muss man natürlich auch wissen, was die anderen so im Labor treiben.
Es gibt einige Praktika die finden die Chemiestudenten dann doch absolut sinnlos, zum Beispiel hatte ich letztens das Praktikum ''Quantitative Analysen''. Es war eigentlich ein sehr schönes Praktikum und ich fand es sehr amüsant, aber einige Studenten haben dann doch sehr viel gemeckert, denn das ist einfach ein Praktikum, was kaum noch einen Bezug zum Alltag hat, da diese Analysen heute so gut wie alle von Laborgeräten übernommen werden, die Hälfte des Praktikums nennt sich auch ''Instrumentelle Analysen'', da muss man dann nur die Geräte erklären und bedienen können. In einigen Jahren wird dieses Praktikum mit großer Sicherheit komplett wegfallen oder wird nur noch ein kleiner Anhang, an ein anderes Praktikum sein.
Was mir mehr Sorgen macht, sind einige Versuche im Bereich der Anorganik und Organik, die man dort im Bereich von Synthesen und Herstellung unterschiedlicher Präparate macht. Es gibt dort einfach viele Versuche, die ganz klar gesundheitsschädlich sind und wo leicht Unfälle passieren. Erst letztes hat ein Assistent einen Versuch vorgeführt, einige Stunden später ist ein Student, der zu Nahe am Abzug stand in Ohnmacht gefallen und musste als Konsequenz des Versuchs ins Krankenhaus gefahren werden, weil er wohl zu viele der schädlichen Gase eingeatmet hatte. Mehrere Studenten mussten im Laufe des Praktikums ebenfalls ins Krankenhaus um sich Calciumgluconat-Spritzen geben zu lassen, weil sie falschen Umgang mit Flusssäure hatten, dass sind einfach Sachen die trotz Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen passieren können.
Erst letztens gab es an einer Universität in unserer Nähe einen Unfall, ein Student hatte in einem Praktikum Umgang mit leicht explosiven Stoffen und musste ebenfalls mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingewiesen werden. Unser Professor hat dann noch in der Vorlesung gelacht und meinte, dass uns das nächstes Semester auch bevor stehen würde, wir würden dann genau den gleichen Versuch machen.
Teilweise ist mir einfach nicht klar, was man damit an der Universität erreichen möchte. Wenn man uns beibringen möchte, mit giftigen, krebserregenden, leichtentzündlichen und leichtexplosiven Stoffen umzugehen, dann verstehe ich das natürlich, aber dann lässt man die Studenten vielleicht ein bis zwei Versuche mit diesen Chemikalien durchführen und mutet ihnen nicht das ganze Programm zu. Wenn man das einige Male gemacht hat, weiß man, wie man damit umzugehen hat und mein Umgang mit diesen gefährlichen Chemikalien wird nicht unbedingt besser dadurch, dass ich ununterbrochen Umgang damit habe und sich damit die Gefahr drastisch erhöht, dass es zu einem Unfall kommt und ich Schäden davon trage.
Meiner Meinung nach gehört es selbstverständlich zum Studium dazu, auch Umgang mit diesen Stoffen zu haben, schließlich muss man als promovierter Chemiker so etwas können, wenn man auch verlangt, es von anderen zu tun. Aber in einem solchem Umfang wie wir, hat man später im Labor keinen Umgang, mit solchen Chemikalien und ich finde es daher unnötig, uns das zuzumuten. Wenn es im Laufe eines Praktikums neben diversen Analysen beispielsweise 8 Präparate herzustellen gibt, dann muss es nicht unbedingt sein, dass 6 davon mit hochexplosiven Stoffen hergestellt werden und man Angst um Leib und Seele haben muss.
Wie seht ihr das, habt ihr selbst Erfahrung im Umgang mit Gefahrenstoffen und beführwortet ihr den Umfang dieser Versuche im Laufe eines Chemiestudiums. Abschaffen würde ich sie auf jede Fall nicht, aber ich finde schon, dass es sinnvoller wäre diese Versuche zu reduzieren, um nicht unnötig das Risiko zu erhöhen, dass am Ende doch etwas passiert und Unfälle in Chemielaboren gibt es doch wirklich genug, allein an unserer Universität werden gerne Geschichten ausgetauscht, bei denen sich einem die Nackenhaare sträuben.
Deine Beschreibungen erinnern mich an mein Biologie-Studium, speziell an ein Praktikum, das unter den Studenten nur "Schnippelkurs" genannt wurde. Es ging darum, Exemplare verschiedener Tierarten zu sezieren. Wir fingen mit Schnecken an, irgendwann kam der Fisch dran und zum Schluss sogar eine Ratte. Ich fand den Kurs ungeheuer interessant und natürlich lernt man viel mehr, wenn man selber etwas machen muss, als wenn man nur in die Bücher schaut.
Aber ich hatte Biologie nur als Nebenfach und die meisten anderen Studenten studierten Biologie auf Lehramt. Gut, bei Lehramt macht es vielleicht sogar noch Sinn. Aber Fakt ist, dass sie keinen Studenten die Teilnahme verweigert haben, weil es nicht nötig wäre. Und wie nötig ist es wirklich, dass alle Biologiestudenten Tiere zerschneiden?
Ebenso wird in der Medizin ja viel diskutiert, ob es wirklich nötig ist, dass alle Studenten etliche Leichen in die Hände bekommen. Ob es nicht sinnvoller wäre, Dummies dafür herzustellen, die immer wieder verwendet werden können. Oder ob Videos nicht ausreichen wären.
Gut, in meinen Beispielen geht es um ethische Aspekte und nicht um die Sicherheit wie in deinen Chemiepraktika. Aber es geht ebenfalls darum, was wirklich im Studium nötig ist. Ich denke einfach, da scheiden sich die Geister. Ein Chemiestudent sollte die Handhabung gefährlicher Stoffe schon beherrschen. Unser Professor hat den empfindlichen Damen in meinem Kurs klar gemacht, dass sie sich vor ihren Schülern blamieren werden, wenn ein Schüler eine tote Kröte anschleppt und sie kreischen.
Es ist nicht einfach zu beantworten. Praktische Erfahrung ist ungeheuer wichtig. Einen promovierten Chemiker, der nie im Labor stand, fände ich schon seltsam. Aber dennoch muss man den weiteren Werdegang der Studenten berücksichtigen und die Möglichkeiten nicht ausreizen. Wenn es Alternativen gibt und man sich ohne Lernverluste einschränken kann, sollte man es tun. Dann macht man nur einen Kurs über Gefahrenstoffe für die Studenten, die sich wirklich dafür interessieren und zwingt es nicht mal hier und mal dort allen auf.
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