Habt ihr eine schlechte Meinung von Juristen?

vom 21.01.2014, 21:58 Uhr

Mein Freund macht momentan seinen Doktor in Jura und möchte danach als Richter oder Staatsanwalt arbeiten. Momentan verdient er natürlich nicht so viel Geld und als er vor einigen Monaten auf der Suche nach einer neuen Wohnung war, meinte er zu mir, dass er immer gerne etwas damit wartet, bis er den Vermietern sagt, was er studiert hat oder es eben gar nicht erwähnt, wenn nicht explizit danach gefragt wird. Grund sei, dass seiner Erfahrung nach viele Menschen Juristen unsympathisch fänden und er da eben auch schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Bei der Wohnung, die er nun bekommen hat, hat er der Vermieterin auch gesagt, dass er Jurist sei, als diese ihn gefragt hat. Das war dann aber schon zu dem Termin, wo er den Vertrag unterzeichnen sollte und da war das nicht so schlimm. Er meinte trotzdem, dass er sich Sorgen gemacht hatte, weil es wohl doch auch Leute gäbe, die arg etwas dagegen haben. Auch fand er es merkwürdig, dass die Vermieterin rein gar nichts dagegen hatte, zumal die Wohnung nach dem Auszug des vorigen Mieters von einem Schwarzarbeiter angestrichen worden war, was die Vermieterin auch gerne erzählte.

Ich selbst habe keine großartig schlechte Meinung von Juristen, einzig die Rechtsanwälte finde ich manchmal etwas denkwürdig. Hier in Deutschland ist das ja noch ein bisschen anders, in den USA aber ist das vor Gericht ja meistens schon so, dass man im Grunde versucht eher zu argumentieren, warum man Recht hat, als dass man es wirklich begründen kann und teilweise habe ich da das Gefühl, dass dann einfach die Seite gewinnt, die den am Besten aussehenden Anwalt hat, der dann eben noch gut reden kann. In Deutschland hilft einem Reden alleine dann doch weniger.

Dennoch gibt es ja auch hier viele Fälle, die nicht so ausgehen, wie man es erwarten würde, wenn man auf der Seite der Person steht, die eigentlich Recht hat. Ob da jetzt die Anwälte dran schuld sind oder unser Rechtssystem kann ich nicht so genau sagen. Und sicherlich gibt es auch Fälle, wo dann ein Prozess ungerechtfertigter Weise verloren wird, weil ein Anwalt unfähig ist, da durfte ich mir auch schon viel von meinem Freund anhören. Da der Mandant selbst meist auch Laie ist, wird er später auch nicht auf die Idee kommen, den Anwalt selbst zu verklagen, was ihm eigentlich zustehen würde und wo die Erfolgschancen in der Regel auch sehr hoch sind.

An sich aber gibt es solche Ausrutscher ja in jedem Beruf, egal um was es geht. Es gibt Bäcker, die nicht so lecker backen, es gibt Ärzte in allen Bereichen, die ihre Patienten schlecht behandeln oder keine Ahnung haben, es gibt Architekten deren Projekte lieber nie verwirklicht worden wären und es gibt Lehrer, die besser nie eine Schulklasse betreten hätten.

An sich aber ist mir vorher auch nie wirklich aufgefallen, dass viele Menschen eine schlechte Meinung von Juristen hätten, dass habe ich erst durch meinen Freund erfahren. Wie ist das bei euch, habt ihr grundsätzlich eine eher kritische und schlechte Einstellung zu Juristen im Allgemeinen oder vielleicht auch nur Rechtsanwälten im Besonderen? Warum ist das so, basiert dies auf euren eigenen Erfahrungen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Persönlich habe ich gar keine schlechte Meinung von Juristen. In letzter Zeit musste ich mal vor Gericht erscheinen, weil mein Mann jemanden verklagt hat. Aber unser Anwalt war sehr nett und wir haben den Fall ja auch gewonnen. Der Gegenanwalt war blutjung, aber das kann man ihm sicher auch nicht vorwerfen. Als Jugendliche musste ich mal vor Gericht wegen Ladendiebstahl. Da war der Staatsanwalt ziemlich unangenehm. Aber ich habe diese Ansicht und Erfahrung nie auf alle Staatsanwälte ausgeweitet.

Ich denke, diese Vorurteile beruhen zum einen auf schlechten Erfahrungen, die die Leute bisher mit Anwälten gemacht haben. Viele gehen wegen Kleinigkeiten oder mit großen Erwartungen zum Anwalt und dieser ist dann leider gezwungen, ihnen zu sagen, dass sie nach aktuellem Recht nicht viel zu erwarten haben. Das ist natürlich nicht die Schuld des Anwalts. Es heißt ja immer, dass man nicht den Boten töten soll. Manche machen das allerdings leider dennoch.

Wenn man in Situationen gerät, in denen Anwälte eine Rolle spielen, kann die eben sehr positiv oder sehr negativ sein. Aber jedes Mal geht es um etwas, entweder man hat viel zu gewinnen oder viel zu verlieren - auch wenn es nur der Stolz ist - und demnach sind die Emotionen sehr hochgeschaukelt.

Zum anderen gibt es eben einen großen Unterschied zu Bäckern, die schlechtes Brot backen. Diesen Bäcker kann man einfach meiden und zu einem anderen gehen. Und vor allem spielt es überhaupt keine Rolle, wenn der Mieter ein Bäcker ist, ob gut oder schlecht. Ein Anwalt als Mieter allerdings könnte dieses und jenes einklagen. Mietminderungen zum Beispiel oder sie könnten Ärger wegen der Kaution machen.

Normalsterbliche bekommen oft nicht ihr Recht, auch als Mieter nicht, weil sie gar nichts davon wissen. Wenn man nicht weiß, dass man wegen einem Mangel und vor allem wegen welchen Mängeln eine Mietminderung beantragen kann, dann ist man ein viel angenehmerer Mieter. Ein Jurist hat die passenden Bücher schon im Wohnzimmer stehen und versteht sie auch. Vor Gericht kann er sich selber vertreten oder kennt auf jeden Fall aus dem Studium dutzende Anwälte, die ihn wahrscheinlich kostenlos vertreten würden. Ein normaler Mieter scheut die Kosten eines Verfahrens und nimmt daher viel mehr in Kauf.

Ich denke also, diese Vorurteile gegenüber Juristen beruhen gar nicht so sehr auf dem vermutetem Charakter. Also gar nicht mal auf Vorurteilen. Sondern auf persönlichen Erfahrungen oder der Angst, dass ein Jurist als Mieter sich seines Rechts bewusster ist und dieses auch einfordern wird.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Bei uns an der Uni hatten die Juristen auch einen schlechten Ruf. Man unterstellte ihnen (ähnlich den BWL-Studenten) Geldgier, Spießigkeit, Langweilertum und andere negative Eigenschaften.

Die Juristen, die ich aber bisher persönlich kennen lernte, entsprachen so überhaupt nicht diesen Klischees. Ganz im Gegenteil. Ich habe sie als sehr weltoffene, sozial denkende und interessante Persönlichkeiten erlebt. Außerdem fand ich es immer spannend, mich mit ihnen zu unterhalten, weil sie ja zum Teil Einblicke in Bereiche haben, die einem Normalbürger nicht so ohne Weiteres zugänglich sind. Viele von ihnen haben auch einen ziemlich coolen Humor und sind alles andere als sture Paragraphenreiter. Aus meinen bisherigen Erfahrungen kann ich da also nichts Negatives berichten.

» ANNA67 » Beiträge: 114 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich habe überhaupt keine schlechte Meinung von Juristen. Alleine schon durch die Zugangsvoraussetzungen für das Studienfach halte ich sie im Allgemeinen für intelligente und vielfältig begabte Menschen. Ich würde sie auch nicht mit BWLern in einen Topf werfen wollen. Das ist ja ein völlig anderer Studiengang, der weder vom Studium her noch von der späteren Berufsausübung her etwas mit dem Berufsstand der Juristen zu tun hat.

Mit BWLern habe ich im Berufsleben eher schlechte Erfahrungen gemacht. Diejenigen, die ich kennengelernt habe, waren eher engstirnig und nicht besonders intelligent, sie haben sich immer auf ihre vorgefertigten Diagramme berufen, um Entscheidungen zu treffen. Es gibt natürlich Ausnahmen, ich spreche nur von meiner persönlichen Erfahrung. Die Juristen, die ich kenne, sind sehr aufgeschlossen und differenziert denkend. Aber hier gibt es wahrscheinlich auch Ausnahmen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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