Sollen Filmklassiker auf Neu getrimmt werden?

Heute sah ich an der Haltestelle das Plakat für "I, Frankenstein". Frankenstein lebt noch und treibt sein Unwesen in einer sehr modernen Zeit. Ich für mich will den Film nicht sehen, weil er mir als Klassiker zu utopisch aufbereitet wurde.

Liebt Ihr Filmklassiker, die in moderne Zeiten wieder zu neuem Ruhm kommen oder findet Ihr das unangemessen? Sollten Frankenstein und Co in der Vergangenheit bleiben oder ist ein modernes Szenario durchaus spannend anzusehen?

Ich bin da nicht festgelegt. Ich mag natürlich den historischen Kontext immer und finde es schön, wenn Filme einen in die alten Zeiten versetzen. Es gibt aber auch moderne Adaptionen, die einfach gut gemacht sind, so mag ich beispielsweise die Sherlock-Reihe der BBC sehr gern. Aber genau das ist eben der Knackpunkt. Zwischen gut gemacht und müder Abklatsch liegt oft ein Graben. Gerade Frankenstein hat sich auch eigentlich schon überholt, wenn man überlegt, was tatsächlich alles machbar ist oder was in anderen Science-Fiction-Filmen schon gemacht wurde. Letztlich denke ich aber, dass die Kernaussage von Frankenstein etwas ist, das momentan wieder einiges an Aktualität gewonnen hat.

Ich bin jetzt grundsätzlich nicht gegen Neuauflagen oder moderne Versionen eines Filmes, aber bei den meisten finde ich doch, dass man es beim Original belassen sollte. Manche Filme sind einfach super, da bedarf es keiner Nachahmung oder Neuverfassung. Ab und zu gibt es mal neue Fassungen, die nicht schlecht sind, aber in der Regel finde ich dann doch, dass die Ursprungsfassung am gelungensten ist.

Ich finde es vollkommen legitim, einen alten Stoff noch einmal aufzubereiten. Sind sich Kunsthistoriker denn sicher, dass Mary Shelley beim Schreiben ihres Romans nicht von etwas anderem inspiriert wurde? Gerade dieser Film nimmt ja echt nur die Grundidee wieder auf. Es ist ja beim besten Willen keine reine Neuverfilmung. Die einzige Konstante ist ein menschliches Wesen, dass aus dem Tod zurückgeholt wurde.

Und im Grunde finde ich es auch ganz spannend, wenn man alte Klassiker in die neue Zeit holt und in modernen Kontext stellt. Nicht unbedingt bei dieser Verfilmung und der Graphic Novel, die als Vorlage diente. Hier ist es mir zu abstrus. Der Trailer hat mir gar nicht gefallen. Aber die diversen modernen Versionen von Shakespeare-Stücken fand ich zum Teil schon sehr gut. Meine 14jährige Nichte war sehr irritiert, weil die so komisch reden, aber es ist auch eine Möglichkeit, jungen Menschen Literatur näher zu bringen.

Mich wundert nur eines: Frankenstein hieß doch der Arzt, der die Leichenteile zusammensetzte und wieder zum Leben erweckte. Das "Monster" hatte keinen Namen. Den Fehler begehen viele. Aber ich finde es schon ziemlich happig, den Fehler einen ganzen Film lang zu machen. Oder hab ich da was falsch mitbekommen? Ich hab den Film ja nicht gesehen.

Soweit ich weiß geht es in dem Film nicht um Victor Frankenstein sondern um das Monster, dass er erschaffen hat. Im Roman ist am Ende doch glaube ich nicht so ganz klar, ob das Monster überlebt oder nicht, also bietet sich eine "Fortsetzung" doch irgendwie an. Der Film hat also weder mit dem Roman noch mit den ganzen Verfilmungen, die auf dem Roman basieren, viel gemeinsam. Das würde ich aber erwarten, wenn man von einem "auf neu getrimmten" Filmklassiker spricht.

Es handelt sich bei "Frankenstein" nämlich tatsächlich nicht um einen "Filmklassiker" sondern um einen Roman, der schon ganz oft verfilmt und fürs Theater inszeniert wurde. Und natürlich gab es auch in der Vergangenheit schon ganz viele Verfilmungen, die mit dem Roman überhaupt nichts zu tun hatten und die in der Gegenwart angesiedelt waren. Gibt mal bei IMDB "Frankenstein" ein, da findet man solche Schätzchen wie "Dracula vs. Frankenstein". Wenn du ein Problem mit diesem Film hast müsstest du dich auch gegen die meisten "Frankenstein" Filme aussprechen, die es schon seit der Erfindung des Films gibt.