Abgebrochenes Studium - Würdet ihr euch dafür schämen?

vom 14.01.2014, 18:21 Uhr

Ich finde es nun überhaupt nicht schlimm, wenn man sein Studium abbricht oder seinen Studiengang wechselt. Es ist doch wirklich nicht einfach, mit 18 oder 19 Jahren zu wissen, was man sein Leben lang machen möchte. Immerhin wurde einem 12 beziehungsweise 13 Jahre lang zuvor alles vorgekaut - man hat seinen Stundenplan vorgesetzt bekommen und musste sich nicht wirklich für etwas entscheiden. Außer in diversen Bundesländern für die Leistungskurse. Aber selbst die Stunden und der Lerninhalt war fest gelegt. Nach dem Abitur ist es aber nun so, dass man auf sich alleine gestellt ist.

Es gibt ja nicht nur im Studium viele Abbrecher - auch in diversen Ausbildungsstellen ist die Abbruchrate relativ hoch. Da fällt mir zum Beispiel eine Ausbildung als Hotelfachmann beziehungsweise -Hotelfachfrau ein, die von vielen in meinem ehemaligen Schuljahrgang abgebrochen wurden. Ebenso brachen viele ehemalige Schulkameraden ihren bisherigen Studiengang ab und wechselten diesen entweder oder fingen eine Ausbildung an. Auch gibt es Leute, die ihre Ausbildung abgebrochen haben und dann ein Studium angefangen haben.

Ich selbst habe mein Studium nicht abgebrochen, war aber doch schon kurz davor. Das Studium ist nun einmal etwas ganz anderes als die Schulzeit. Man ist auf sich alleine gestellt und muss teilweise Sachen, die man während der Schulzeit innerhalb eines Jahres gelernt hat während des Studium innerhalb von drei Monaten verinnerlichen und das war anfangs natürlich schwer - für jeden. Mit der Zeit habe ich aber gelernt, wie ich am einfachsten lerne. Und das Studienfach hat mich auch schon von Anfang an begeistert, so dass ich mir ohnehin nicht sicher war, ob abbrechen das richtige ist. Im Nachhinein bin ich natürlich froh, dass ich nicht abgebrochen habe.

In unserer heutigen Gesellschaft ist Jura ein Studienfach, was noch von vielen als außergewöhnliches Fach betrachtet wird und mit mehr Prestige verbunden wird. Deswegen ist die Enttäuschung auch höher, wenn ihre Kinder solch ein Studienfach abbrechen. Leider wird dabei aber nicht auf die Gefühle der Kinder eingegangen, sondern nur die eigene Einstellung bedacht. Ich finde, es ist keine Schande, wenn man sein Studienfach abbricht, wenn es einem keinerlei Freude bereitet. Natürlich soll man nicht den Weg des geringsten Widerstandes gehen, aber wenn darüber nachdenkt, dass man dann sein restliches Leben damit verbringen soll, sollte man wirklich vorher darüber nachdenken. Ich würde dann dazu tendieren, abzubrechen, da ich meinen Lebensunterhalt mit etwas bestreiten möchte, was mir Freude und Spaß bereitet.

Die Reaktionen in meinem Umfeld zu denjenigen die abgebrochen haben waren weder positiv noch negativ. Man hat es zwar wahrgenommen, aber was soll man großartig dazu sagen? Immerhin sind wir noch jung und man muss sich ein wenig ausprobieren. Natürlich soll man sich nicht Querbeet durchprobieren bis man alt wird, aber man sollte sich auch nicht mit dem erstbesten zufrieden geben. In meinem alten Jahrgang war bisher übrigens niemand, der sich für seinen Studienabbruch geschämt hat. In ihrem zweiten Studiengang sind die meisten sogar richtig aufgegangen. Demnach kann das also nur die richtige Entscheidung gewesen sein.

» cupcake03 » Beiträge: 1152 » Talkpoints: 29,50 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ja, ich habe letztes Jahr mein Jurastudium abgebrochen, weil ich eigentlich schon nach den ersten Wochen gemerkt habe, dass es mir absolut keine Freude bereitet. Weil ich kein Mensch bin, der vorzeitig das Handtuch wirft, habe ich das Studium beinahe volle zwei Semester durchgezogen, voller Hoffnung, dass es mir vielleicht doch noch gefallen könnte und ich einfach nur damit warm werden muss. Letztlich funktionierte das überhaupt nicht und ich wechselte zum Wintersemester letzten Jahres in einen anderen Studiengang und studiere jetzt Latein und Geschichte - und bis jetzt war das eine sehr gute Entscheidung.

Mein Umfeld reagierte sehr unterschiedlich auf meine damalige Eröffnung. Während ich mit Freunden keinerlei Probleme hatte und mich alle in diesem Entschluss unterstützten, weil sie ja ganz genau sahen, dass ich mich mit Jura nur quälte, gab es mit meinen Eltern schon einige Probleme. Sie hatten sich das Leben ihrer Tochter als Juristin schon in den schönsten Farben ausgemalt und konnten sich keinen besseren Lebensweg für mich vorstellen. Dass sie mein jetziges Studium für wenig ertragreich meine Zukunft betreffend halten, kommt nur noch hinzu. Sie haben sich inzwischen mit meinem Studienwechsel abgefunden, begeistert sind sie aber immer noch nicht.

Übrigens kann ich sehr gut verstehen, warum deine Freundin nicht zur Überbrückung nach Hause gekommen ist und in der Firma ihrer Eltern gearbeitet hat. Gerade, wenn man tagtäglich mit der Enttäuschung der Eltern konfrontiert wird, die diese in aller Regel kaum zurückhalten, kann das sehr belastend sein und ich würde mir wohl auch lieber einen Job in der Studentenstadt suchen, um nicht nach Hause kommen zu müssen. Ich bin jedenfalls in dieser Zeit ausgezogen, um mir die Enttäuschung nicht ständig vor Augen führen zu müssen - unserem Verhältnis war das nur zuträglich.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Also ich finde ein abgebrochenes Studium ist absolut nichts dramatisches. Mir ist es selber so gegangen, dass mir mein erstes Studium ziemlich schnell keine Freude mehr gemacht hat, also habe ich im zweiten Semester abgebrochen. Es war einfach nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte und damit hatte es keinen Sinn. In meinem zweiten Studium hingegen bin ich jetzt super zufrieden, es macht mir Spaß, die Noten sind gut.

Ich denke, dass das Problem vor allem das Alter ist. Durch G8 und den weggefallenen Wehrdienst/Zivildienst können die meisten heute mit 18 ihr Studium anfangen. Aber in diesem Alter haben doch nur die allerwenigsten eine echt Idee von dem, was sie mal später werden wollen und was ihnen Spaß macht. Also fängt man, irgendwas standardmäßiges zu studieren (BWL oder "irgendwas mit Medien") und stellt dann bald fest, dass es nichts für einen selber ist. Ich finde das ziemlich normal, aber bin mir halt wegen den erwähnten Argumenten sicher, dass sich die Zahl der Abbrecher erhöhen wird.

Allerdings kann ich mir sehr gut vorstellen, dass manche Eltern sich schämen. Früher war es halt nur in Sonderfällen üblich, ein Studium abzubrechen. Also hat ein Abbruch in ihren Augen etwas negatives. Vielleicht spielt dann auch die Erwartungshaltung an die Kinder eine Rolle, da kommt einiges zusammen.

Als Fazit würde ich jedenfalls sagen, dass man sich für einen Studiumsabbruch überhaupt nicht schämen muss, solange man es erklären kann.

» Apfelkern » Beiträge: 13 » Talkpoints: 3,52 »



Ich kann daran ebenfalls nichts Peinliches sehen. Es wäre dann eigenartig, wenn jemand mehrere Studiengänge hintereinander immer wieder abbricht, aber ich denke, so etwas kommt eher selten vor. Dass aber jemand sich für ein anderes gewählte Studienfach entscheidet, weil ihm das Studienfach einfach nicht liegt, halte ich für absolut legitim.

Ich denke, man kann sich oft von einem Studienfach kein richtiges Bild von vorne herein machen und viele stellen dann fest, dass ihnen das gewählte Fach einfach nicht liegt. Das Beispiel mit dem sozialen Fach, das doch eher in Richtung Wirtschaft tendiert, finde ich interessant, das ging einer Bekannten so, die studierte Pflegemanagement und war eigentlich Krankenschwester und ihr war das einfach zu wirtschaftsorientiert und zu praxisfern. So etwas kann man finde ich nicht immer vor Beginn des Studiums erahnen.

Im Gegenteil finde ich es in vielen Fällen eher mutig, wenn jemand das Studium abbricht, um dann etwas komplett Anderes zu studieren, besser unter Umständen, als das Studium nur halbherzig durchzuziehen und dann keinen guten Abschluss zu haben oder in einem Beruf zu landen, der einem Null Spaß macht. Klar ist ein Studium nicht vorwiegend Spiel und Spaß aber zumindest sollte es ja im Bezug auf das Studium gewisse Interessen oder Neigungen geben, denen das Studium entsprechen sollte, sprich der gewählte Bereich sollte einem grundsätzlich schon liegen.

Natürlich gibt es auch Personen, die nur einen kleineren Teilbereich des Studiums nicht interessant finden oder sich schlichtweg überfordert fühlen, weil sie unter Umständen einfach zu wenig lernen und dann gleich das Handtuch werfen, was ich eher unsinnig finde, denn ein Studium ist natürlich auch kein Wunschkonzert. Aber diese Personen werden dann meist eh nie glücklich, weil sie immer hier und da wieder scheitern, wobei ich glaube, dass dieses Naturell nur einen Bruchteil der Studienabbrecher ausmacht und es viele eher aus den oben genannten Gründen tun.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Auf gar keinen Fall! Meine Schwester hat ein Studium abgebrochen und jetzt hat sie einen guten Status als Beamte, von daher würde ich auch nie behaupten, dass es schlimm ist wenn man sein Studium abbricht. Es ist natürlich schlimm oder peinlich, wenn man fünf Mal die Schule oder ein Studium abgebrochen hat, aber einmal oder zweimal finde ich völlig okay. Immerhin können einem ja auch Fehlentscheidungen passieren und man merkt erst später, dass einem ein bestimmtes Studienfach nicht liegt oder man einfach an seine Grenzen kommt.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich selbst habe zwar weder ein Studium abgebrochen, noch habe ich mein Studienfach gewechselt. Ich selbst kenne aber jemanden, sie hat mit mir gemeinsam die Schule besucht, welche auch je ein Semester in zwei verschiedenen Studiengängen absolviert, sich jedoch schlussendlich für eine ganz andere Richtung entschieden hat. Für sie war es die beste Entscheidung überhaupt und sie fühlt sich nun sehr wohl.

Ich finde es gibt hierbei überhaupt keinen Grund sich zu schämen, auch wenn sie gar nicht mehr studieren möchte. Auch ein Arbeitsplatz ohne vorheriges Studium kann Spaß machen und erfüllend sein. Wir sind doch alle Individuen und jeder muss das Beste aus seinem Leben machen, für den einen ist es ein Studium und für jemand anderen halt einfach nicht.

Die Reaktion der Mutter finde ich sehr extrem und befremdend. Es wirkt auf mich, als würde sie sich für ihre Tochter schämen und nur hinter ihr stehen können wenn sie auch ein Studium zu ihrer Zufriedenheit absolviert. Ob das der richtige Weg ist, ist natürlich fraglich.

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» artemis88 » Beiträge: 160 » Talkpoints: 1,65 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Also wenn du eine Erklärung dafür hast, sehe ich dort kein Problem. Wieso sollte es ein Problem sein, dass du gemerkt hast, dass das Studium doch nichts für dich ist. Wenn du beim Vorstellungsgespräch danach gefragt wirst, musst du selbstbewusst rüberkommen und das erklären.

» blacknite » Beiträge: 13 » Talkpoints: 2,10 »



Inwiefern sollte man sich für ein abgebrochenes Studium schämen? Die Erkenntnis, dass einem eine bestimmte Studienrichtung nicht liegt, ist doch legitim, zumal man meiner Meinung nach aus der jeder Erfahrung einen gewissen Nutzen ziehen kann und sollte! Umorientierung deutet nur noch Flexibilität. :wink:

» b.schlosser » Beiträge: 16 » Talkpoints: 2,04 »


Ein Studium hat das Ziel, die Fähigkeiten, die bisher im schulischen Bereich erworben worden sind, zu vertiefen und somit auf das weitere Leben in dem entsprechenden Beruf zu arbeiten. Dieser Beruf wird bei manchen, die studieren, der Hauptberuf sein, sodass ein Wechsel später eher auf Umwegen möglich und mit bestimmten Nachteilen verbunden aber auch von Frustrationen wie "Jetzt ist alles umsonst gewesen." begleitet wäre. Daraus kann abgeleitet werden, dass das Studienfach, welches es jetzt sei, den Hauptanteil des zukünftigen Lebens ausmachen und folglich die Zukunft eines Menschen maßgeblich bestimmen wird.

Für einen Studienabbruch spricht in erster Linie das oben Genannte. Hinzufügen lässt sich noch, dass ein Studienabbruch im Lebenslauf eher kritisch bewertet werden könnte, wenn man irgendwann bei einer Arbeitgeberin oder einem Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch darauf angesprochen wird. Nun lässt sich aber einwenden, dass die Ideale und Ziele eines Menschen sich erst im Laufe der Zeit herauskristallisieren, wie man es auch den vorherigen Antworten entnehmen kann. Das stimmt so höchstwahrscheinlich, aber auch hier muss bedacht werden, dass es dem Selbstbewusstesein eher schadet,wenn man eine halbe Sache im Leben hat, eine unvollendete Tat sozusagen, die, egal wo man ist, einen Menschen das ganze Leben lang verfolgen könnte,ohne dass man daran denken muss.

Andererseits kenne ich auch ein paar Freunde, die es geschafft haben, ihr Studium abzubrechen und dann erfolgreich nichts Weiteres studiert und sich einer Ausbildung zum Bankkaufmann, Maurer und Krankenpfleger gewidmet haben. Auch mir ist aufgefallen, dass ich zwar auch Freundinnen habe,aber keine bisher ihr Studienfach nicht gemocht oder nicht weitergeführt hat, passend zu der Behauptung unserer Professoren an der Universität, Mädchen seien in der Regel zielstrebiger und hätten schon vor dem Abschluss mit dem Abitur zumindest eine grobe Ahnung von dem, was sie in der Zukunft denn machen wollen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Studienabbruch zwar den Vorteil hat, vermeintlicherweise das zu studieren oder zu tun, was einem eher liegen würde, doch ist er auch mit Nachteilen wie der möglichen und dann eher irreversiblen Schädigung des Selbstbewusstseins verbunden, die es abzuwägen gilt.

Meiner Meinung nach sollte ein Mensch Angefangenes zu Ende bringen und sich dann erst fragen, ob sich das Ganze jetzt gelohnt hat oder ob alles wirklich umsonst gewesen ist, abgesehen von der großen Lebenserfahrung, die ein Mensch dadurch erworben hat, weil er jetzt weiß, was genau er warum nicht mag oder umgekehrt.

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» Glum » Beiträge: 58 » Talkpoints: 0,00 »


Glum hat geschrieben:Meiner Meinung nach sollte ein Mensch Angefangenes zu Ende bringen und sich dann erst fragen, ob sich das Ganze jetzt gelohnt hat oder ob alles wirklich umsonst gewesen ist, abgesehen von der großen Lebenserfahrung, die ein Mensch dadurch erworben hat, weil er jetzt weiß, was genau er warum nicht mag oder umgekehrt.

Oft ist die Einschätzung dessen, was man gerne machen will, ein langwieriger und schwieriger Prozess, der gewisse Fehlschritte bedeutet und sogar voraussetzt. Es gibt mehr als genug Beispiele von Quereinsteigern, die führende Positionen ausüben. Ob ein Studium abgebrochen werden soll, sollte abgewogen werden, je nachdem, wann die Erkenntnis aufkommt, es sei nicht das Richtige. Zu Beginn wird ein Abbruch keinerlei Auswirkungen auf den Lebenslauf haben. Fehlentscheidungen sind nun mal menschlich und reversibel.

Ein durchschnittliches Studium benötigt 6-7 Semester. Einem Abschluss hinterher zu streben, dessen Erwerb extreme Überwindung abverlangt, kann zur bloßen Zeitverschwendung werden, wenn man mit einem anderen Studiengang in der selben Zeit bereits auf gleichem Studienniveau wäre. Diese Abwägung sollte schon getan werden. Und sie wird, sofern plausibel begründet, in der Wirtschaft auch toleriert.

» b.schlosser » Beiträge: 16 » Talkpoints: 2,04 »


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