Hartz IV Bezieher durch Marathonläufe in neue Jobs bringen?
Was mich daran stört ist das Bild was da beschworen wird: Die brauchen ja nur Antrieb. Wie hier schon einige geschrieben haben: nein, die brauchen Arbeit. Und wie auch schon angesprochen wurde: Bezahlte Arbeit, denn mit Ehrenamt und ähnlichen kann man sich böse in die Jobcenter-Nesseln setzen.
Da werden auf der einen Seite solche „Motivierungsmaßnahmen“ vorgeschlagen, die jeder der einen einigermaßen qualifizierten Beruf anstrebt lieber gar nicht erst im Lebenslauf erwähnt und auf der anderen Seite hab ich es schon erlebt das die aktive Teilnahme am örtlichen Gemeindeleben gerügt wurde. Es würde die Arbeitssuche behindern. Beim selben Termin wurde dann eine Motivationsmaßnahme zu Resozialisierung vorgeschlagen und auch gleich deutlich gemacht, das dies eines jener Angebote ist, die man nicht ablehnen kann, da sonst die Leistungen gekürzt werden.
Meiner Erfahrung nach wird jemand der das laufen liebt auch unter den widrigen Umständen von ALGII einen Weg finden seinen Sport auszuüben. Aber niemand der nicht gerne läuft (im sportlichen Sinne) wird sich deshalb für erwärmen können. Pauschale Lösungen sind reine Polemik, genau wie viele Ansichten über Arbeitslose reine Polemik sind.
Bienenkönigin, auch meine damalige Kollegin, die mehrere Jahre ihren behinderten Sohn pflegte, bekam teilweise Nachfragen, wieso sie die Pflege nicht an eine professionelle Person abgegeben hätte und stattdessen gearbeitet hätte. Traurigerweise hat sie wohl nach mehreren Jahren des Nicht-Arbeitens teilweise auch Unterstellungen zu hören bekommen, dass sie einfach keine Lust gehabt habe, zu arbeiten. Das Stigma scheint also da zu sein, denn einige Menschen scheinen traurigerweise die Pflege eines behinderten Kindes nicht als guten Grund, mit der Berufstätigkeit einige Jahre auszusetzen, zu betrachten. Auch das Argument, Hausfrau und Mutter zu sein, zieht bei vielen heute ja nicht mehr. Ich habe jedenfalls mitbekommen, dass es genügend berufstätige Mütter gibt, die Hausfrauen als faul und unemanzipiert bezeichnen, selbst, wenn diese sich die Hausfrauentätigkeit bewusst und selbstbestimmt ausgesucht haben. Das Argument ist oft, sie selbst würden Haushalt, Kindererziehung und Arbeit ja auch komplett parallel schaffen.
Was nun Studenten betrifft, wenn es schlimm kommt, dann kann man sogar als Mensch mit Diplom ein halbes Jahr oder länger ohne Arbeit dasitzen und Arbeitslosengeld empfangen. Ob da jeder gleich davon ausgeht, das sei doch ein intelligenter, tüchtiger Mensch und er sei garantiert auf der Suche? Zumal ja Studenten von einigen Personen sowieso einem dummen Klischee nach als faul und versoffen betrachtet werden. Was meinst Du, wie oft ich mir interessanterweise gerade von weniger gebildeten, einfachen Arbeitern, beispielsweise Bauarbeitern oder Leuten von der Müllabfuhr, Pöbeleien in Uni-Nähe anhören musste, von wegen Studenten seien alle faul und arrogant und lägen ihren Eltern und dem Staat bloß auf der Tasche.
Aber wenn Du nun meinst, studierte Personen würden "nicht wirklich" als Arbeitslose durchgehen, dann würde mich interessieren, warum. Wo liegt der Unterschied zwischen einem Studenten, der ein Jahr nach seinem Abschluss trotz Bemühungen noch auf dem Trockenen sitzt, und einem Auszubildenden, der nach seiner Ausbildung monatelang Bewerbung nach Bewerbung schreibt, aber nichts bekommt? Faul wären sie beide definitiv nicht. Und ob nun ausgelernter Azubi oder ausstudierter Student, ich persönlich sehe da einfach keinen Unterschied, mal abgesehen vielleicht noch von der Art der Ausbildung, die erfolgt ist.
Wobei es natürlich noch einmal etwas Anderes ist, wenn es um einen, wie Du ja in Deinem Beispiel nennst, Vierzigjährigen geht, der bereits drei Jahre nicht mehr gearbeitet hat. Ja, da könnten schon einige Menschen Faulheit annehmen. Andererseits gibt es ja glücklicherweise ein wachsendes Verständnis für das Problem der Altersarbeitslosigkeit. Es ist ja absurderweise wirklich so, dass vielen Unternehmen ältere Arbeitnehmer schon zu alt sind. Und teilweise geht man wohl schon mit 40 als alt durch, von Leuten mit 45, 50 oder 55 Jahren mal ganz zu schweigen. Dass die besondere Schwierigkeiten beim Finden eines Arbeitsplatzes haben, weil sie "keiner" mehr haben will, ist eigentlich auch bekannt. In so einem Fall würde ich also eher eine gewisse altersbedingte Benachteiligung für die lange Arbeitslosigkeit vermuten, nicht automatisch gleich Faulheit.
Ob man sich nach drei, fünf oder zehn Jahren Arbeitslosigkeit komplett abkapselt, kann ich mangels Erfahrung nicht beurteilen. Ich glaube, ich selber würde versuchen, möglichst viel aus der freien Zeit zu machen, sofern das Geld reicht. Andererseits deprimiert lange Arbeitslosigkeit ja normalerweise auch. Allein schon, wenn man andauernd nur Absagen auf seine Bewerbungsschreiben erhält, oder wenn man für seine Arbeitslosigkeit von einigen Mitmenschen stigmatisiert wird. Und Depressionen sorgen schon dafür, dass man sich immer mehr zurückzieht, das stimmt.
Ich glaube, dass solche Motivationsprogramme nicht funktionieren können. Man kann vielleicht regelmäßige Laufgruppen oder ähnliches anbieten, aber um einen Marathon zu laufen braucht man eine tiefe innere Motivation, die niemals von außen kommen kann. Wenn es jemand nicht wirklich will, hilft kein Maßnahmenpaket.
Auf der anderen Seite ist es so, dass ein Langzeitarbeitsloser, der tatsächlich einen Marathon läuft, einen enormen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt gegenüber anderen Langzeitarbeitslosen hat. Schließlich muss man dazu nicht nur in exzellenter körperlicher Verfassung sein, sondern zeigt auch psychisch ein unheimliches Durchhaltevermögen. Und das sind Eigenschaften, die Arbeitgeber zu schätzen wissen, da sie sich durchaus in anderen Lebensbereichen widerspiegeln.
Außerdem ist es so, dass hinter Arbeitgebern ja in der Regel beruflich erfolgreiche Menschen stehen, die sicherlich oft nicht frei von Vorurteilen gegenüber Langzeitarbeitslosen sind. Und allein die Tatsache, dass man durch einen erfolgreichen Marathonlauf quasi zweifellos beweist, dass man keine Alkoholprobleme hat, kann eine Einstellungsentscheidung maßgeblich beeinflussen.
@Wawa666: Dass deine Bekannte sich so etwas anhören musste, ist wirklich traurig. Aber hat das solche Ausmaße angenommen, dass es an ihrem Selbstbewusstsein gekratzt hat? Dass sie Angst vor dieser "Und was machen Sie?"-Frage bekommen hat. Ich denke nicht, weil sie eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen hat, als sie sich entschloss, ihren Sohn zu pflegen. Sie hat sich doch nicht arbeitslos gefühlt. Sie war doch auch gar nicht arbeitslos gemeldet, oder?! Musste ständig Bewerbungen schreiben und kassierte eine Absage nach der anderen. Sie hatte eine wichtige Aufgabe in ihrem Leben. Auch wenn manche das nicht so sahen. Die meisten sehen es schon so.
Und obwohl Studenten manchmal als faul angesehen werden, müssen sie doch auch keine Angst vor der "Und was machen Sie?"-Frage haben. Bei den meisten ist es ein anerkannter Lebensweg. Und selbst wenn man sich mal Pöbeleien anhören muss, braucht man die nicht ernst zu nehmen, weil man weiß, dass es anders ist. Jeder in unserer Gesellschaft hat einen Vorteil davon, dass einige von uns studieren. Schon vor der Geburt werden unsere Mütter von ehemaligen Medizinstudenten untersucht. Danach leben wir in Häusern, die von ehemaligen Architekturstudenten geplant wurden. Und so weiter. Somit sollten ein paar Pöbeleien von Bauarbeitern nicht am Selbstbewusstsein eines Studenten nagen.
Und auch wenn er nicht direkt nach dem Abschluss einen Job findet, leidet doch das Selbstbewusstsein nicht gleich automatisch. Die sozialen Kontakte bleiben bestehen. Und wenn er ihm diese Frage gestellt wird, erzählt er, dass er gerade erfolgreich seinen Abschluss gemacht hat und nun einen Job sucht. Wenn sich das über mehrere Monate hinzieht, kann das Selbstbewusstsein leiden. Und wenn es über ein, zwei, drei Jahre geht, dann gibt es natürlich gar keinen Unterschied zu anderen Arbeitslosen.
Ich mache auch überhaupt keinen Unterschied zwischen ehemaligen Studenten und ehemaligen Auszubildenden. Die Studenten waren nur ein Beispiel. Es geht um die Dauer der Arbeitslosigkeit. Wir reden hier doch auch nicht über die Wertigkeit von Arbeitslosigkeiten, sondern darüber, wie sie sich fühlen. Und ob sie noch Lust hätten, an einem Marathon für alle teilzunehmen. Ich denke, nach mehreren Jahren Arbeitslosigkeit hat man keine Lust mehr dazu. Denn die Arbeitslosigkeit ist meistens keine freiwillige Wahl, wie die einer Hausfrau. Und man erntet dafür nie, nicht von allen und auch nicht von manchen Menschen positive Reaktionen. Die beste ist noch Mitleid.
Von daher denke ich, dass Langzeitarbeitslose mit der Zeit aus dem sozialen Gefüge rausfallen. Leider. Und Menschenansammlungen mit arbeitenden Menschen meiden. Und daher finde ich das Angebot eines Marathons nur für Arbeitslose eine gute Idee. Es ist doch auch nur eine Kleinigkeit, die nebenher gemacht werden soll. Natürlich muss man den Menschen in erster Linie Jobs verschaffen. Das eine soll doch das andere nicht ersetzen.
Diamante hat geschrieben:Wenn es nicht nur eine Veranstaltung für Hartz 4 Empfänger ist, sondern man ihnen die Teilnahme nur ermöglicht, in dem man das Startgeld übernimmt und das Training, welches ja auch Geld kostet, finde ich es gut.
Also bei mir gibt jede Woche einen Lauftreff. Da trifft sich alles vom Anfänger bis zu Leuten, die für den nächsten Marathon trainieren. Man läuft zusammen und tauscht sich aus und gibt sich Tipps und das Ganze kostet überhaupt nichts.
Das bringt mich aber gleich zu der Frage, ob so eine Maßnahme überhaupt nötig ist. Es gibt doch eigentlich genug Sportangebote und es kostet nicht die Welt wenn man über einen Verein Sport treibt. Da sollte man es doch dann lieber so machen, dass man den Vereinsbeitrag übernimmt und die Leute selber entscheiden lässt, was für eine Art Sport sie treiben wollen. Ich laufe zum Beispiel gerne durch den Wald und genieße die Natur, aber ich hätte keine Lust mich 42 Kilometer lang auf Asphalt zu quälen und ich kenne viele Leute, denen es genauso geht. Warum sollte man jemanden für einen Marathon trainieren lassen, wenn der vielleicht viel lieber schwimmt oder Badminton spielt?
Weasel_ hat geschrieben:Auf der anderen Seite ist es so, dass ein Langzeitarbeitsloser, der tatsächlich einen Marathon läuft, einen enormen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt gegenüber anderen Langzeitarbeitslosen hat. Schließlich muss man dazu nicht nur in exzellenter körperlicher Verfassung sein, sondern zeigt auch psychisch ein unheimliches Durchhaltevermögen. Und das sind Eigenschaften, die Arbeitgeber zu schätzen wissen, da sie sich durchaus in anderen Lebensbereichen widerspiegeln. (...) Und allein die Tatsache, dass man durch einen erfolgreichen Marathonlauf quasi zweifellos beweist, dass man keine Alkoholprobleme hat, kann eine Einstellungsentscheidung maßgeblich beeinflussen.
Und woher weiß der Personaler, bei dem man zum Vorstellungsgespräch erscheint, oder der die Bewerbung liest, dass der Arbeitslose einen Marathon gelaufen ist? Soll das dann mit in den Lebenslauf geschrieben werden? Wobei das nächste Problem auch wieder wäre: Selbst, wenn man es hinschreibt, es beispielsweise als Hobby angibt, dann muss das ja noch nicht der Wahrheit entsprechen. Beziehungsweise, selbst wenn es der Wahrheit entspricht, muss der Personaler es noch lange nicht glauben. Wenn jemand bei einem Menschen, der lange arbeitslos war, sowieso das Vorurteil im Kopf hat, dieser Mensch sei faul und dumm, dann wird er sich wahrscheinlich auch nur denken, die Angabe, dass Marathonläufe ein Hobby der Person seien, sei mit Sicherheit gelogen.
Bienenkönigin hat geschrieben:Dass deine Bekannte sich so etwas anhören musste, ist wirklich traurig. Aber hat das solche Ausmaße angenommen, dass es an ihrem Selbstbewusstsein gekratzt hat? Dass sie Angst vor dieser "Und was machen Sie?"-Frage bekommen hat. Ich denke nicht, weil sie eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen hat, als sie sich entschloss, ihren Sohn zu pflegen. Sie hat sich doch nicht arbeitslos gefühlt. Sie war doch auch gar nicht arbeitslos gemeldet, oder?
Während sie den Sohn pflegte, war sie nicht arbeitslos gemeldet. Aber nachdem das Sohn ein bestimmtes Alter erreicht hatte, meldete sie sich arbeitsuchend. Ist ja auch logisch, wenn man langsam wieder beginnen möchte, zu arbeiten. Und nach ihren Erzählungen fingen dann die unangenehmen Fragen an. Wieso sie ihren Sohn selbst gepflegt habe, ob es so dringend nötig gewesen sei, gleich mehrere Jahre nicht zu arbeiten, und so weiter. Ich habe schon den Eindruck, dass sie zum Schluss auch Angst hatte, davon zu erzählen, weil Menschen ihr dann vorwerfen könnten, sie sei bloß aus Bequemlichkeit zuhause geblieben. Es gibt ja auch solche selbsternannten "Super-Eltern", die immer mit "Ich hätte das auch neben dem Beruf geschafft!"-Sprüchen ankommen, und sich damit gegenüber Leuten, die eben nicht beides parallel können oder wollen, aufspielen wollen. Das geschieht dann natürlich zum Schaden derer, die zuhause geblieben sind, weil die dann im Licht der Faulheit dastehen.
Und zu der Studenten-Sache: Ja, sicher sind Menschen, die studiert haben, auch wichtig. Viele vergessen genau das, was Du aufzählst: Dass ihr Arzt, dass ihr Architekt, und so weiter, mal studiert haben. Aber so ist das wohl bei Vorurteilen, da gibt es immer Scheuklappen, die ausblenden lassen, dass die verhasste Personengruppe ja eigentlich auch etwas Wertvolles für einen getan hat.
Cloudy24 hat geschrieben:Da sollte man es doch dann lieber so machen, dass man den Vereinsbeitrag übernimmt und die Leute selber entscheiden lässt, was für eine Art Sport sie treiben wollen.
Genau so sehe ich das auch. Es geht hier ja nicht um den Sport an sich, sondern darum, wieder in ein soziales Gefüge zu kommen und dadurch Halt zu bekommen, wenn ich das nicht falsch verstehe. Eine Sportart aufzuzwingen, die der Person nicht gefällt, insbesondere eine so anstrengende, wie ein Marathonlauf, macht im Grunde nur mehr Stress und Kummer. Zwang ist halt nicht gerade angenehm. Daher wäre es definitiv sinnvoller, wenn die Person eine Sportart beginnen könnte, die ihr auch Spaß macht. Dann ist allgemein mehr Motivation da, es wird nicht als Gängelei empfunden, und wenn man sich im Verein wohl fühlt, geht sicherlich auch das Kontakteknüpfen besser und schneller. Und ja, die Kosten für eine Stelle im Sportverein sind auch nicht so riesig. Insbesondere im Vergleich für so manche unsinnigen Ausgaben, die der Staat teilweise sonst so macht.
Und woher weiß der Personaler, bei dem man zum Vorstellungsgespräch erscheint, oder der die Bewerbung liest, dass der Arbeitslose einen Marathon gelaufen ist? Soll das dann mit in den Lebenslauf geschrieben werden? Wobei das nächste Problem auch wieder wäre: Selbst, wenn man es hinschreibt, es beispielsweise als Hobby angibt, dann muss das ja noch nicht der Wahrheit entsprechen. Beziehungsweise, selbst wenn es der Wahrheit entspricht, muss der Personaler es noch lange nicht glauben. Wenn jemand bei einem Menschen, der lange arbeitslos war, sowieso das Vorurteil im Kopf hat, dieser Mensch sei faul und dumm, dann wird er sich wahrscheinlich auch nur denken, die Angabe, dass Marathonläufe ein Hobby der Person seien, sei mit Sicherheit gelogen.
Unter Umständen kann man es im Lebenslauf angeben, vor allem wenn der Job körperliche Arbeit erfordert wäre das durchaus legitim. Häufig kommen solche Fragen aber auch im Bewerbungsgespräch. Ich wurde eigentlich immer nach Hobbys gefragt.
Und natürlich muss das der Personaler nicht glauben, aber er kann es ja im Zweifelsfall nachprüfen. Die Ergebnislisten von den allermeisten Marathonveranstaltungen sind öffentlich einsehbar. Dabei kann man sowohl den vollen Namen als auch die Altersklasse überprüfen. Ob der Personaler diese Möglichkeiten kennt oder ob er so tief recherchiert, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber möglich wäre es. Außerdem sind viele Personaler sehr gut geschult. Mit ein paar geschickten Nachfragen kann man solche Lügen durchaus entlarven.
Ich glaube aber trotzdem, dass die indirekten Auswirkungen wichtiger sind. Da spielt es dann keine Rolle, ob der Personaler das glaubt oder nicht oder ob man es überhaupt irgendwo erwähnt.
Ich denke, wenn der Staat die Kosten für die Krankenversicherung zahlen soll, kann man auch im Gegenzug erwarten, dass der Arbeitslose dann auch etwas für seine Gesundheit tut.
Allerdings finde ich einen Marathon da ziemlich übertrieben. Wer dafür wirklich trainiert, wird keine Zeit haben nebenbei noch nach Arbeit zu suchen. Zudem ist bei Hochleistungssport Spezialnahrung nötig, welche sich der Arbeitslose für Gewöhnlich nicht leisten kann.
Und wenn der Arbeitslose nichts für seine Gesundheit tut, dann muss er seine Krankenkasse selber zahlen? Wo willst Du denn da die Grenze ziehen? Was soll dem Arbeitslosen an "gesundheitlich nützlichen Tätigkeiten" zugemutet werden? Einen Marathonlauf findest Du übertrieben. Was wäre denn Deiner Meinung nach angemessen? Fünfmal pro Woche jeweils eine Stunde joggen?
Und ist Dir eigentlich bewusst, dass auch behinderte Menschen, Übergewichtige und chronisch Kranke arbeitslos werden? Na, dann wünsche ich dem 55-Jährigen mit kaputtem Kniegelenk mal viel Spaß beim Joggen, damit er die Versicherungskosten von derzeit etwa 160 Euro monatlich nicht selber bezahlen muss. Bei übergewichtigen Menschen ist das Joggen aufgrund der hohen Belastung für die Gelenke übrigens eher schädlich denn nützlich. Da wären andere, gelenkschonendere Sportarten weitaus angebrachter. Und an einen arbeitslosen Rollstuhlfahrer denke ich erst gar nicht.
Tut mir Leid für die Polemik, aber das Ganze ist doch allein daher schon Mist, dass jeder Mensch körperlich auf einem anderen Stand ist und auch jeder unterschiedlich leistungsfähig ist. Wenn überhaupt, müsste man die gesundheitlichen Maßnahmen individuell auf die Person abstimmen, und dafür hat das Sozialamt sicherlich weder Zeit noch Geld. Also statt individuelle Sportprogramme für Arbeitslosengeldempfänger aufzustellen, könnte man weitaus sinnvollere Dinge machen.
Zumal das mit Arbeitslosigkeit und Gesundheit sowieso so eine Sache ist. Das Geld, das pro Monat bemessen wird, reicht ja teilweise kaum dazu aus, gesund zu kochen. Dass im Hartz-IV-Satz dafür aber auch ein Anteil für Zigaretten und Tabakwaren eingerechnet ist, nämlich monatlich 11,90 Euro. Geld für Medikamente bekommt man übrigens auch. Monatlich etwa 15 Euro nämlich. Gut, seitdem die Praxisgebühr wieder abgeschafft wurde, geht das ja fast wieder. Aber vorher war dieser Wert einfach ziemlich absurd.
Dass Sport einem gut tun kann, ist nichts Neues. Allerdings würde ich mich eher dem kritischen Lager zuordnen. Denn schlussendlich lenken solche Angebote doch nur davon ab, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht fähig ist, vernünftige Stellenangebote bereitzustellen. Stattdessen werden die Menschen in Zeitarbeit geschickt, wo sie zu Hungerlöhnen arbeiten müssen. In der Vergangenheit gab es ja schon mehrere solche Angebote vom Bauchtanz bis hin zum Kilometerzähler. Sport ist ein guter Ansatz, aber eben nicht alles.
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