Wie ist der Übergang von Religionsgemeinschaft zur Sekte?

vom 31.12.2013, 14:07 Uhr

Viele bezeichnen ja eine Religionsgemeinschaft auch als Sekte und es gibt auch Leute, die die katholische oder evangelische Kirche als Sekte bezeichnen, weil vieles gar nicht mit dem christlichen Glauben vereinbart werden kann. Gerade die katholische Kirche kommt mit ihrer pompösen Art schon ziemlich sektenähnlich rüber. Aber ab wann kann man eine Glaubensgemeinschaft als Sekte sehen?

Welche Sekten seht ihr als reine Glaubensgemeinschaft bzw. welche Glaubensgemeinschaft seht ihr als Sekte an und ab wann beginnen diese Glaubensgemeinschafen an gefährlich zu werden?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Die Frage ist eigentlich eher ab wann eine Glaubensgemeinschaft nicht mehr als Sekte gesehen werden kann. Genaugenommen ist jede Abspaltung von einer Mutterreligion eine Sekte, eine neue Religionsgemeinschaft die sich von der alten dadurch unterscheidet dass sie den einzig wahren Weg gefunden hat. In neuerer Zeit wird der Begriff Sekte abwertend verwendet was früher nicht der Fall war, da hatte der Begriff nur beschreibenden Charakter.

Heute wird durchaus unterschieden zwischen Glaubensgemeinschaften und Sekten, wobei man Sekten an verschiedenen Merkmalen erkennen kann wie ein straffe Organisation, eine Heilsfigur, eine Einteilung in Gut (Sektenmitglieder) und Böse (alle anderen), Abgrenzung nach außen, kostenintensive Angebote, jede Kritik ist unerwünscht, das Einhalten der Regeln wird überwacht.

Aus diesen Gesichtspunkten kann man durchaus zu dem Schluss kommen dass eine alte große Religionsgemeinschaft zumindest vor einigen hundert Jahren durchaus Sektencharakter hatte. Sekten im neutralen Sinne wären auch die amerikanischen Amish die aber zumindest zeitweise Vorstöße in die Welt der anderen zulassen oder die Zeugen Jehovas.

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» Karteileiche » Beiträge: 259 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich finde, Glaubensgemeinschaften fangen an, gefährlich zu werden, wenn man nicht einfach aussteigen kann und wenn jeder im Umfeld eines Mitglieds auch Mitglied sein muss. Also z.B. der Ehepartner und die Kinder. Vielfach wird die katholische Kirche ja auch als Sekte bezeichnet. Aber Fakt ist, dass man einfach aussteigen kann. Es kann zwar gewisse gesellschaftliche Folgen haben, wenn z.B. die Nachbarn dann tuscheln. Aber von der Führungsetage hört man dann nie wieder etwas. Man gehört nicht mehr dazu und gut ist.

Man kann auch als Katholik eine Nicht-Katholikin heiraten. Wenn man allerdings in einer Kirche heiraten will, muss man versprechen, seine Kinder im katholischen Glauben zu erziehen. Da fängt es schon an, etwas fragwürdig zu werden. Aber das wird ja nicht kontrolliert und wenn sich die Kinder später z.B. gegen die Konfirmation entscheiden, geschieht ihnen auch kein direkter Nachteil durch die Kirche.

Bei der katholischen Kirche fehlt also weitestgehend die Kontrolle und die Strafen. Wenn man Teil der Gemeinschaft sein will, ist das schön. Wenn nicht, wird auch das geduldet. Dies ist bei Sekten nicht so. Ich nehme mal an, dass es auch schon Gespräche zwischen Pfarrern und Austrittswilligen gab, wo diejenigen unter Druck gesetzt wurden, doch in der Kirche zu verbleiben. Dass einem beruflich einige Türen verschlossen bleiben, ist ein kritischer Punkt.

Da gibt es sicher eine große Grauzone, in der es schon sektenähnliches Verhalten gibt, aber man dennoch ohne Gefahr für sein Leben aussteigen kann. Der Übergang ist also bei vielen Glaubensgemeinschaften nicht ganz eindeutig zu identifizieren und vielleicht sogar von Individuum zu Individuum verschieden. Manche halten halt mehr aus als andere. Ich denke, so weist jede Glaubensgemeinschaft einige Charakterzüge von Sekten auf. Mir sind sie auch alle samt und sonders nicht ganz geheuer. Aber einige sind mit Sicherheit weniger gefährlich als andere.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ja, die katholische Kirche hat sozusagen den Weg von einer Sekte zur Glaubensgemeinschaft geschafft. Man kann ohne Probleme raus; wenn man zu einer Gemeinschaft gehören will gehört natürlich dazu dass man sich an Regeln hält aber heute ist die schlimmste Strafe der Ausschluss. Früher war das anders. Man gehörte dazu oder war ein Feind. Andersgläubige wurden bekämpft, ein Austritt war nicht möglich wenn man überleben wollte, die Kontrolle geschah durch andere Gemeindemitglieder die überwachten ob man auch zur Kirche ging und genug spendete. Die Heilsfigur gibt es natürlich noch heute und viele andere Dinge die zu einer Sekte gehören aber viele Punkte hat die katholische Kirche hinter sich gelassen.

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» Karteileiche » Beiträge: 259 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Bienenkönigin hat geschrieben:Ich finde, Glaubensgemeinschaften fangen an, gefährlich zu werden, wenn man nicht einfach aussteigen kann und wenn jeder im Umfeld eines Mitglieds auch Mitglied sein muss. Also z.B. der Ehepartner und die Kinder.

Bei einer Sekte ist es immer schwierig, auszutreten oder Kontakt zu Nicht-Gläubigen im Freundeskreis oder in der Familie zu haben: Da wird man ja quasi unter Druck gesetzt, dass man sich eben abkapselt, damit die "Ungläubigen" keinen schlechten Einfluss auf einen haben können. Bei den großen Kirchen in Deutschland habe ich so etwas aber noch nicht mitbekommen.

Vielleicht hängt das aber auch vom System ab. Ich meine, wenn man aus der Kirche austreten will, geht man einfach zum Amtsgericht und lässt das klären. Es kann also auf die Menschen kein Druck ausgeübt werden, wenn sie austreten wollen, aber die Kirche selbst das aber nicht möchte. Wenn man direkt bei den Kirchen sich abmelden müsste, wer weiß wie das dann laufen würde.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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