Auf Schiff von Schiffsunglück reden OK, oder lieber nicht?
Auf einer meiner letzten Kreuzfahrten saß ich an einem Tisch mit mehreren jungen Leuten, die ich vorher noch nicht kannte. Auf einmal war ein komisches, schabendes Geräusch zu hören. Wir horchten auf und sahen sofort auf die Felsen neben uns. Ein junger Mann sagte aber sofort, dass wohl nichts zu befürchten sei, weil auf den Felsen keiner winken würde, wie es ja bei der Costa Concordia war, die auf Grund gelaufen ist. Wir lachten und aßen weiter und es war bei unserem Schiff auch einfach nur so ein Geräusch, wie es schon mal vorkommt. Als das Thema dann gestartet war, haben wir uns auch noch ein wenig über das Unglück der Costa Concordia unterhalten.
Später habe ich mir überlegt, dass dies sicher nicht immer möglich ist und dass man normalerweise vielleicht besser nicht auf einem Schiff von Schiffsunglücken redet, wenn man die anderen Menschen am Tisch nicht kennt. Aber so war es ja für alle scheinbar kein Problem. Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr auf einem Schiff am Tisch sitzt und das Thema plötzlich ein Schiffsunglück ist? Wäre das für euch in Ordnung oder würdet ihr schnell versuchen, das Thema zu wechseln oder vielleicht sogar aufstehen und an einen anderen Tisch gehen?
Ich habe nun noch nie eine Schiffsreise unternommen. Aber ich weiß noch, wie ich mich gefühlt habe, als ich das erste Mal geflogen bin. Ein paar Monate vorher habe ich zufällig so einen Flugzeug-Absturz-Film im Fernsehen gesehen und habe mir danach geschworen, dass ich mir solche Filme nicht mehr ansehen werde, bis ich wieder heil zuhause bin. Die zeitliche Nähe zu meiner eigenen Reise, die ja mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch in so einer Katastrophe enden kann, war mir einfach zu groß.
Es ist allerdings nicht so, dass ich Angst vorm Autofahren bekomme, wenn ich von einem Unfall höre oder einen Autounfall in einem Film sehe. Man muss aber auch sagen, dass ein Autounfall in einem Film nicht die ganzen zwei Stunden einnimmt wie das bei einem Flugzeug-Absturz-Film der Fall ist. Aber wichtiger ist wohl, dass ich schon abertausende Male in einem Auto saß, ohne dass etwas passiert ist. Die Gefahr kann ich also bewusster einschätzen.
Wobei mir natürlich auch klar war, dass die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes für meine Flugzeug sehr gering war. Dennoch ist so ein Absturz ungleich dramatischer als ein Autounfall und die Tatsache, dass dieser Stahlkoloss überhaupt in die Luft entschweben kann, viel verwirrender als ein auf der Straße rollendes Auto. Ich denke, da spielt einfach alles zusammen, so dass man mehr Angst vor Flugzeugen hat als vor Autos. Die ist nicht unbedingt rational, aber das ist Angst eben nicht immer.
Nun hängt das Unwohlsein bei so einem Gespräch über das Unglück der Costa Concordia demnach stark davon ab, wie viel Vertrauen man generell in Schiffe hat. Ich denke, in einem Auto könnte ich mich schon über einen Autounfall unterhalten und habe das bestimmt auch schon getan. In einem Flugzeug würde ich auf keinen Fall von einem Flugzeugabsturz hören wollen.
Es hängt natürlich auch davon ab, wie das Gespräch verläuft. Wenn einer der Anwesenden wirklich ins Detail gehen will, wäre es mir sicher irgendwann zu viel. Also Spekulationen, wie lange das Schiff, auf dem wir uns gerade befinden, wohl über Wasser bleiben würde, würde ich nicht hören wollen. Aber ein allgemeines Gespräch über die Costa Concordia wäre wohl kein Problem.
Ich habe so oder so einen schwarzen Humor und wer nichts über Schiffuntergänge hören möchte, sollte sich mit mir nicht auf ein Schiff, Boot oder Wasserfahrzeug begeben. Ich konnte es mir auch auf einer stürmischen Fahrt nach Helgoland angesichts einer grüngesichtigen Frau neben mir nicht verkneifen, zu erzählen, dass jemand von der Crew gesagt hätte, die Rückfahrt würde noch schlimmer werden. Und auf der Cranger Kirmes fällt mir auch regelmäßig ein, dass vor dreißig Jahren da mal die Achterbahn zusammen gebrochen ist. Ich fahre trotzdem.
Ich finde ein Gespräch über Schiffsunglücke beim Essen auf einer Kreuzfahrt sehr unterhaltsam. Jeder ist wegen eigener Betroffenheit sehr interessiert und kann über seine Ängste reden. Das schafft eine gemeinsame Wellenlänge und kann Freundschaften fördern. Wer dann noch mehr Angst bekommt, dem war vorher schon nicht allzu wohl zumute und der hätte eine solche Kreuzfahrt vielleicht gar nicht erst antreten sollen.
Ich unterhalte mich bei Start und Landung eines Flugzeuges gerne darüber, dass dies die gefährlichsten Phasen eines Fluges sind. So kann ich meinen Ängsten Ausdruck geben und sie werden dadurch geringer. Ich erwähne auch die gesamte Statistik zu Flugunfällen, die ungemein beruhigend ist, wenn man sie mit den Statistiken im Straßenverkehr vergleicht.
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