Problemdiskussionen an Festen mit der Familie normal?

Wir kommen Weihnachten immer mit vielen Personen zusammen. Gestern waren einige Leute bei uns und heute werden wir auch zur Familie fahren, wo einige Familienmitglieder sind und morgen wird es auch der Fall sein. Heute unr morgen wird es erst gegen Abend soweit sein, aber ich weiß schon jetzt, dass Problemdiskussionen vorprogrammiert sind. Gestern wurde über unseren hoch verschuldeten Cousin gesprochen und es wurde nach Lösungen gesucht und ich weiß schon jetzt, dass im Laufe des abends es weiter gehen wird.

Mein Bruder meint, dass es doch normal ist, wenn viele Leute zusammen kommen, die alle mehr oder weniger die gleichen Leute kennen, die eben nicht dabei sind. Da wird über den einen oder anderen gesprochen und gefragt, ob man mal was von dem oder der gehört hat und schon ist man mitten in so einer Problemdiskussion.

Kennt ihr das auch? Wenn viele Personen zusammen kommen, die auch wiederum viele Leute gemeinsam kennen, dass dann auch über Probleme diskutiert werden oder sogar Probleme ausdiskutiert werden von Anwesenden Leuten? Liegt es daran, dass man eben an den Festtagen zusammen kommt oder würden solche Gespräche auch entstehen, wenn man sich nur so trifft? Ist die Sentimentalität des Weihnachtsfestes daran "Schuld"?

Ich stelle es mir fürchterlich vor, wenn beim weihnachtlichen Beisammensein die unterschiedlichen Baustellen der an- oder abwesenden Familienmitglieder, die sich über das Jahr hinweg so aufgetan haben, detailliert durchgehechelt werden. Wenn man über die Schulden, Arbeitslosigkeit oder Eheprobleme von nicht Anwesenden diskutiert, artet das meiner Meinung nach eigentlich immer sofort in Lästereien aus.

Generell empfinde ich anderer Leute Sorgen und Probleme nicht als angenehme und produktive Gesprächsthemen, gerade wenn die Betroffenen gar nicht da sind und ihre Sicht der Dinge schildern können. Geringfügig angenehmer kommt es mir vor, wenn jemand seine akuten Probleme von sich aus anspricht und man gemeinsam nach Lösungen sucht. Aber wer will sich schon Weihnachten damit versauen, dass man alles durchkaut, was im vergangenen Jahr schief gegangen ist?

Bei uns lässt man das ganz alltägliche Drama an den Feiertagen gerne ruhen und unterhält sich über Belanglosigkeiten wie das Wetter, den geplanten Urlaub oder unterhaltsame Alltagsanekdoten. Sonst wäre es in meinen Augen ja kein nettes Beisammensein, sondern eher ein Jahresend-Tribunal, und da hätte ich mich schon längst verabschiedet.

In solch einer Familie verbachte ich auch mehrere Jahre Weihnachten. Für mich war es immer sehr schlimm, denn ich wusste von Jahr zu Jahr, wie es an Weihnachten in dieser Familie zu ging und über was gesprochen wird, u.a. über Probleme in der Stadt oder wie es in den Firmen so zu geht in denen mein Ex-Freund arbeitet oder man wurde einfach penetrant ausgefragt und versucht über denjenigen zu urteilen. Ich habe mich bei allem rausgehalten und gehofft, dass der Tag vor rüber geht.

Heilig Abend war jedes Jahr der Tag, an dem das ganze Jahr aufgearbeitet wird und nach Lösungen gesucht wurde in der ganzen Familie. Man fragte auch penetrant aus bei gewissen Themen, bei denen man es geschafft hat aufzuarbeiten und wühlte nochmal schön drin herum. Für mich hat dies nichts mit Weihnachten zu tun, sondern einfach irgendwelche Themen zu finden um den Abend herum zu bekommen und über etwas gesprochen zu haben.

Seit zwei Jahren ist mit solch einem Weihnachten Schluss und wir verbringen Weihnachten gemütlich zu Hause ohne solche Diskussionen und haben den gestrigen Tag mit der Mutter und Schwester meines Mannes mit unheimlich schönen Themen verbracht. Es war ein echt schönes Mittagessen und Kaffee und Kuchen mit beiden. Wir haben auch über Dies und Das geredet, jedoch nicht über Probleme oder Problemthemen und Lösungsfindung. Die Mutter meines Mannes hatte zwar das ein- oder andere in der Wohnung zu bemängeln, was ihr nicht gefiel, jedoch war dies harmlos im Gegensatz zu den vorigen Diskussionen in all den Jahren.

Ich glaube, dass solche Diskussionen völlig normal sind und ich denke, dass es auch irgendwie zu Familienfeiern dazu gehört, zu diskutieren. Wenn viele Menschen zusammenkommen, die unterschiedliche Ansichten haben, dann kommt es einfach schnell zu einer Diskussion. Je mehr Menschen vorhanden sind, desto größer ist ja auch die Wahrscheinlichkeit, dass es unterschiedliche Meinungen gibt und von daher lässt sich so eine Diskussion auch nicht immer vermeiden. Und vor allem dann, wenn mindestens zwei der anwesenden Personen eher cholerisch sind, dann kann man fest damit rechnen, dass es wieder einmal zu einer Diskussion kommt.

Als meine Oma noch gelebt hat, haben wir sie am Wochenende immer besucht, wobei auch oftmals der Bruder meines Vaters und seine Familie zur gleichen Zeit dort waren. Somit waren dann immer fünf Erwachsene im Wohnzimmer anwesend, was immer in einer Diskussion endete. Es ging dann immer richtig her und es blieb eigentlich nie ruhig. Stattdessen wurde auch sehr oft über Menschen diskutiert, die gerade nicht anwesend waren.

Vielleicht ist es vielen Menschen zu langweilig, über alltägliche Dinge zu sprechen und sie wollen eine Diskussion haben. Viele Menschen haben ja auch Spaß am Diskutieren. Möglicherweise fühlen sich aber auch einfach einige Menschen schnell angegriffen, weshalb sie dann meinen, sich unbedingt verteidigen zu müssen.