Schlägt die Leistungsgesellschaft schon auf Kinder durch?

vom 14.12.2013, 12:50 Uhr

Alles wird heutzutage an Leistung gemessen. Selbst die Kleinsten sind schon mit Leistung konfrontiert, wenn man in die Kindergärten schaut. Da werden Bilder gemalt, die auch von den Erziehern kritisiert werden und es werden Sachen gebaut und schon die Kinder kritisieren, was die Kleinsten verkehrt gemacht haben. Ich finde das ganz schrecklich und ich finde, dass die Leistungsgesellschaft schon früh genug auf die Kinder einprasselt. Schlägt denn die Leistungsgesellschaft auch wirklich schon auf die Kinder durch oder sehe ich das zu eng?

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» supermami » Beiträge: 2317 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Eine Freundin von mir hat eine Tochter in der vierten Klasse. Sie und ihre Freundinnen haben sich gegenseitig ins Poesiealbum geschrieben. Neben den netten Sprüchen vom Frosch im Haferstroh stand dann immer mal wieder unten drunter, dass sie sich Glück für das Zeugnis wünschen. Denn immerhin geht es bei dem Zeugnis um die Versetzung auf´s Gymnasium.

Meine Freundin hat mir erzählt, wie viel Stress sich die Kinder darum machen. Ich habe auch mal eine Doku über das Thema gesehen. Da haben diese kleinen Kinder gesagt, dass sie ja sonst im Leben nichts werden, wenn sie nicht auf´s Gymnasium können. Das finde ich absolut grausam, einem so kleinem Kind so etwas zu erzählen und da so Druck zu machen.

Ich habe den Film noch nicht gesehen, aber "Alphabet" ist eine Doku, die sich mit der Leistungsgesellschaft und ihren Auswirkungen auf unsere Kinder beschäftigt. Im Trailer kommt dieser eine Satz: " Die Verkürzung des Lebens auf die Ökonomie ist eine der schlimmsten Entwicklungen der heutigen Zeit." Und dem kann ich nur zustimmen.

Ich finde, du siehst das gar nicht zu eng. Es ist mit ein Grund, warum ich keine Kinder haben will. Sie könnten gar nicht frei und glücklich aufwachsen. Selbst wenn man als Eltern da nicht mitspielt und keine Noten auf Bilder vergibt. Im Kindergarten und der Schule passiert es dennoch.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Meiner Meinung nach sind es gerade die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft, bei denen die Grundsätze der Leistungsgesellschaft am striktesten angewandt werden. Schon im Kindergarten werden heute Fremdsprachen gelehrt und in der Grundschule geht es natürlich darum, durch entsprechende Leistungen und gute Noten auf gute weiterführende Schulen zu kommen und schließlich zu studieren. Quasi nebenbei achten viele Eltern auch noch darauf, dass die Kinder auch noch in Musik oder Sport angemessene Leistungen erbringen. Das Leben ist schließlich kein Ponyhof und wenn man es später zu etwas bringen möchte, kann man gar nicht früh genug anfangen.

Ich finde diese Einstellung fürchterlich, weil sie impliziert, dass der Wert eines Menschen schon von Anfang an danach gemessen wird, wie viel er oder sie leistet, während besondere Fähigkeiten oder Charaktereigenschaften verglichen mit dem Vierer in Mathe, der vor dem Gymnasium unbedingt noch weg muss, völlig in den Hintergrund treten. Da sich gerade jüngere Kinder gegen diese Vorgaben der Gesellschaft noch nicht wehren können, sondern im Gegenteil oft nach Kräften bemüht sind, ihren Eltern und Lehrern ja alles recht zu machen, sind sie diesen Zwängen in größerem Maße ausgesetzt als viele Erwachsene.

Als Erwachsener kann man zumindest theoretisch aus dem Hamsterrad aussteigen und sich einen weniger hektischen Lebenswandel zulegen. Wenn der Job zu stressig ist, können wir uns einen anderen Broterwerb suchen, auswandern oder was auch immer. Diese Möglichkeit haben Kinder in ihren Kindergärten, Schulen und sonstigen Betreuungseinrichtungen meistens nicht und deshalb müssen sie sehen, wie sie mit dem Druck von allen Seiten klarkommen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Den meisten Druck bekommen doch die Kinder eher von den Eltern. Ich erinnere mich noch an Aussagen von meinen Töchtern, dass sie eben bestimmte Dinge nicht so gut können, als die anderen Kinder. Ich habe ihnen dann immer ihre Talente vor Augen geführt und dass eben nicht jedes Kind alles gleich gut kann. Zumindest konnte ich damit einen Teil des Druckes, der eben durch Gruppenarbeiten entsteht zu Hause abbauen.

Heute können sie damit auch recht gut umgehen, wenn sie etwas schlechter können als andere Kinder in ihrer Klasse. Sie wissen selbst wo sie dafür bessere Leistungen erzielen und das ohne, dass ich zu Hause ständig reden muss, dass sie lernen sollen. Im Gegenteil, selbst wenn sie mir vorher erzählen, dass eine Klassenarbeit ansteht, halte ich sie nicht zum lernen an. Wenn sie die Arbeit dann versemmeln müssen sie selbst begreifen, dass sie wohl etwas falsch gemacht haben.

Aber ganz wichtig ist, dass man den Kindern immer zeigt, dass man sie liebt. Egal wie schlecht etwas gelungen ist, die Kinder brauchen das Vertrauen, dass man sie zu Hause mit ihrer Enttäuschung nicht allein lässt. Ich habe letztes Schuljahr erst bei einer meiner Töchter erleben müssen, wie viel Angst sie vor ihrem Vater hatte, weil auf dem Zeugnis in einem Fach eine Drei stand. Ich selbst wusste die Zensuren ja schon einige Zeit vorher von der Klassenlehrerin und konnte mich auf die Tränen meiner Tochter vorbereiten.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



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