Vergisst man beim Älterwerden, dass man auch mal Kind war?

In unserer Nachbarschaft wohnen auch ältere Menschen und durchweg alle dieser älteren Menschen meckern über die Kinder, die auch in der Nachbarschaft wohnen. Da sind sie zu laut und die älteren Kinder haben kein Benehmen und sie sind unhöflich und die Kinder machen nur Dreck und nerven nur und so weiter und so fort.

Ich hoffe, dass ich nicht mal so werde, wenn ich im Rentenalter bin und mich dann alle Kinder nerven. Sicher können Kinder auch nervig sein und ich gebe auch zu, dass ich auch schon mal genervt bin. Aber ich würde nie pauschal sagen, dass alle Kinder einfach schlecht sind und dann verbiestert die Kinder anmache.

Vergisst man beim Älterwerden, dass man eigentlich ja auch mal Kind war und auch nicht immer wohl erzogen und brav anderen Mitmenschen gegenüber war? Vergisst man wirklich, dass Kinder eben auch einen Freiraum brauchen oder ist es eher Wehmut, dass man selber nicht mehr sein kann wie ein Kind? Ich will nicht sagen, dass alle älteren Menschen so sind. Aber hier ist es besonders auffällig, weil auch einer den anderen mit ansteckt und dann jeder Contra eingestellt ist.

Die Leute vergessen es nicht unbedingt, aber ihre Kindheit war anders. Sie konnten kaum laut irgendwo spielen. Je nach Alter mussten sie wohl eher die Trümmer des Krieges beseitigen oder sogar schon arbeiten, damit die Familie ernährt werden konnte. Daher haben diese Menschen einfach weniger Verständnis mit den heutigen Kindern.

Aber ich kenne auch Menschen deren Kinder und Enkel die selben Spiele spielen, wie die Kinder aus der Nachbarschaft. Auch die Lautstärke ist da ähnlich und trotzdem stört das Spielen der fremden Kinder. Was ich persönlich nicht verstehen kann. Sicherlich meine Töchter sind weniger auf dem Bolzplatz, den wir genau gegenüber haben. Aber deswegen stört es mich nicht, wenn im Sommer spät am Abend dort noch gespielt wird von den Jugendlichen.

Und wenn Kinder Blödsinn anstellen, dann stehe ich auch nicht mit erhobenen Zeigefinger da. Im Gegenteil, mache Dummheiten aus meiner Kindheit kennen meine Töchter schon von mir. Dass nun grundsätzlich ältere Menschen kein Verständnis aufbringen, egal aus welchem Grund, kann man aber nicht pauschal sagen.

Natürlich vergeht immer mehr Zeit seit man Kind war und manche Erinnerungen verblassen eben auch, je älter man wird. Früher war sowieso alles besser und die Kinder waren lieber und hatten noch Respekt vor dem Alter. Den Spruch habe ich schon recht oft gehört. Allerdings stimmt das zum Teil eben auch. Früher hatte man tatsächlich erziehungsbedingt mehr Respekt. Manche Kinder sind wirklich unmöglich. Allerdings gibt es auch genug ältere Menschen, die genauso unmöglich zu Kindern sind, die nicht einmal was dafür können.

Und es gibt eben auch immer solche und solche ältere Menschen. Wenn man nun nicht mehr so kann wie man will und dann springen die Kinder umher - da werden manche schon auch mal neidisch und unzufrieden. Auch das habe ich schon erlebt und manche geben es sogar auch zu. Und manche freuen sich eben auch mit den Kindern und genießen deren Anwesenheit.

Meine Oma erinnert sich sehr gern an ihre Kindheit und erzählt auch viel davon. Sie mag aber auch Kinder sehr gerne und verliert nicht einen bösen Ton über diese.

Mir kommt es leider auch immer wieder so vor, als würden manche ältere Menschen vergessen, dass sie auch einmal Kind waren. Immerhin scheint sie einfach alles an Kindern zu stören und sie können nicht aufhören, sich darüber aufzuregen, wie laut und ungehorsam Kinder doch sind. Dabei scheinen sie absolut nicht daran zu denken, dass sie auch einmal Kind waren und sich als Kind auch nicht immer still und leise benommen haben. Das kommt ihnen jedoch gar nicht in den Sinn, so dass sie sich immer weiter über die Kinder aufregen. Dabei erwarten sie scheinbar auch, dass ein Kind sich genauso wie ein Erwachsener zu verhalten hat. Ist das nicht der Fall, dann wird gleich geschimpft und die alten Menschen scheinen wohl gar nichts mit dem Begriff Kindheit anfangen zu können.

Ich muss sagen, dass es mich auch stört, wenn Kinder frech sind, sich extrem laut benehmen oder durch Unachtsamkeit etwas kaputt machen. Wenn Kinder jedoch ganz normal auf der Straße spielen, dann stört mich das absolut nicht und ich finde das auch nicht schlimm. Das ist doch normal bei Kindern und man kann doch keine Totenstille erwarten. Das wäre doch unsinnig und man muss doch wissen, dass man als Kind auch Spaß haben möchte.

Ich wurde als Kind ebenfalls regelmäßig von den älteren Nachbarn beschimpft, wenn ich vor dem Haus gespielt hatte. Fast täglich konnte ich mir eine Standpauke anhören, obwohl ich nichts Schlimmes gemacht hatte. Das fand ich damals einfach schrecklich und meine Eltern hatten deshalb auch fast ständig Streit mit den Nachbarn. Immerhin konnten sie es auch nicht nachvollziehen, wie man sich als älterer Mensch über ein spielendes Kind so dermaßen schlimm aufregen konnte.

Je älter man wird, desto weiter liegt die Kindheit auch zurück. Von daher kann es gut sein, dass man dann auch gar keine Verbindung mehr zur eigenen Kindheit herstellen kann. Vielleicht erscheint einem das viel zu weit weg und man kann sich nicht richtig erinnern, weshalb man dann gar nicht immer im Kopf hat, dass man selbst auch einmal Kind war. Außerdem war es damals ja tatsächlich noch so, dass Kinder leise zu sein hatten und gar nicht die Zeit hatten, um draußen zu spielen. Von daher denken viele alte Leute wohl, dass das heute noch ganz genauso sein muss und regen sich dann darüber auf, wenn die Kinder auf der Straße spielen, weil sie quasi nichts Produktives dabei tun. Ihrer Meinung nach, sollten die Kinder wahrscheinlich lieber den Eltern im Haushalt helfen, anstatt sich zu vergnügen.