Was reizt den Leser an seichten Liebesromanen?

vom 02.12.2013, 20:13 Uhr

Hier wird von Groschenromanen berichtet, wie sie nicht nur früher üblich waren, sondern auch heute noch existieren. Auf jeden Fall sehe ich sie beim Zeitschriftenhändler immer noch im Regal liegen: Liebesromane, Schicksalsromane, Adelsromane, Arztromane und mehr.

Was reizt Menschen, solche seichten Liebesgeschichten zu lesen? Wollen sie nur ausspannen und sich keinerlei Gedanken machen über das, was sie lesen? Benutzen sie diese Romane als Einschlafhilfen? Denn im Grunde spielt es ja keine Rolle, wo man gerade mit Lesen ist, wenn man einschläft. Es sind keine schweren Bücher, die dann den Händen entgleiten. Diese Romane lassen sich einfach nur umlegen und sind bequem in der Hand zu halten.

Ich hatte mal eine Kundin, die Liebesromane für einen Verlag schrieb. Viel Geld bekam sie nicht für einen Roman als Autorin. Hatte sie einen neuen Roman fertig geschrieben, brachte sie mir immer ein Exemplar mit zum Lesen. Ich war praktisch gezwungen, den Roman zu lesen, weil sie mich beim nächsten Besuch dann fragte, wie er mir gefallen hat.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kann das auch nicht ganz verstehen. Wenn ich einen seichten Liebesroman lesen will, dann gehe ich nicht "tiefer" als Nicolas Sparks. Das ist mir seicht genug. Da kommt man nicht groß ins Grübeln. Diese Groschenromane wären mir echt zu heftig. Sind da nicht auch ziemlich detailreiche Sexszenen drin? :D

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich hatte früher am Gymnasium eine Mitschülerin, die wirklich sehr intelligent war. Damit meine ich nicht nur, dass sie in allen Fächern gute Noten hatte, sondern darüber ging es noch weit hinaus. Sie war vielseitig interessiert, hatte ein sehr gutes Allgemeinwissen, konnte schnell logische Rückschlüsse ziehen, war kreativ, und wusste sich immer gut zu helfen. Dumm oder seicht war ihr Charakter definitiv nicht. Wir konnten uns mit 15 Jahren schon über Philosophie und auch über soziologische Themen unterhalten. Ich habe sie immer sehr geschätzt, denn unter Gleichaltrigen waren diese Themen nicht unbedingt üblich.

Wieso schreibe ich das? Diese Mitschülerin hatte zwei Interessen, die man ihr vermutlich nicht "zugetraut" hätte. Sie las nicht nur klassische Literatur oder anspruchsvolle zeitgenössische Romane, sondern eben auch Trivialliteratur. Und sie sah sich teilweise auch diese strunzdoofen Nachmittags-Gerichts-Shows an, die damals überall von mittags bis abends liefen. Und das tat sie, obwohl sie alles andere als dumm war.

Ich habe sie natürlich auch mal gefragt, was sie daran findet. Sie erklärte mir, diese seichten Dinge seien einfach entspannend. Nachdem sie den gesamten Tag mit hoher Leistung gelernt oder gearbeitet hatte, wollte sie abends etwas Entspannendes haben, wo man abschalten kann und nicht so viel nachdenken muss. Etwas, wo man sich mit der Geschichte einfach treiben lassen kann, und wo man sich auch keine Gedanken über die Schlüssigkeit oder über die Symbolik in den Worten machen musste, weil die ganze Geschichte nichts war, was man irgendwie hätte ernst nehmen müssen. Sie war sich im Grunde bewusst, dass diese Geschichten seichter Schrott sind, aber gerade das schien sie eben auch entspannend zu finden. Es war wohl ein Ausgleich zu der Ernsthaftigkeit und Konzentriertheit, die sie sonst im Alltag aufbringen musste. Abgesehen davon amüsierte sie sich auch über die verschiedenen Liebesszenen in den Geschichten. Ernst genommen hat sie all das nicht, es war eben eine Form von Belustigung für sie.

Ich kann das ehrlich gesagt gut nachvollziehen. Also nehme ich es niemandem übel und würde auch niemanden als dumm beurteilen, nur, weil er solche Geschichten liest. Auch, wenn das für mich selber nichts ist, weil es mich einfach nicht interessiert und langweilen würde, habe ich ja doch deutlich gezeigt bekommen, dass auch intelligente Menschen mitunter solche Groschenromanekonsumieren, eben allein der Belustigung oder Entspannung wegen. Das ist mir allemal lieber, als wenn Menschen sich bei Stress betrinken, ihren Frust an Mitmenschen auslassen, oder aber am Stress einfach seelisch kaputtgehen.

Etwas fragwürdig fände ich es höchstens, wenn einige Menschen nur solche seichten Geschichten konsumieren würden und vielleicht auch nicht mehr fähig wären, diese unrealistischen Geschichten und die Realität auseinander zu halten. Diese Menschen würden die Geschichten ja offenbar ernst nehmen, und das könnte schon Schwierigkeiten verursachen. Denn das wahre Leben läuft ja doch anders, als die abstrusen Erzählungen in diesen dünnen Heftchen zu laufen scheinen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich gehöre nicht zu den Leuten, die so etwas dauernd lesen. Aber ich gebe zu, dass ich schon mal der Neugier erlegen bin und mir so ein klassisches Schundheftchen gekauft habe. Ich wollte einfach mal wissen, wie so etwas aufgebaut ist und wie diese Geschichten funktionieren. Schließlich muss da ja irgend etwas dran sein, dass sich so etwas über Jahrzehnte wie geschnitten Brot verkauft.

Wie zu erwarten: Die Geschichten waren natürlich seicht und der Plot ziemlich vorhersehbar aufgebaut. Die Männer in den drei Geschichten waren überaus attraktiv, zuvorkommend und romantisch. Die Frauenfiguren hingegen waren relativ oberflächlich gestaltet. Ich würde hier einfach mal vermuten, dass das nicht ohne Grund so ist. Wenn die Frauen wenig ausgestaltet sind, dann bietet das die Möglichkeit, dass sich wirklich jede Frau in diese "Heldin" hinein versetzen kann und sich mit ihr identifizieren kann. Sprich: Wenn man das ganz unkritisch liest, dann kann man sich die Illusion gönnen, dass man selbst die Glückliche ist, die den Traummann bekommt.

Wenn man das ganze nicht zu kritisch hinterfragen würde, wie jemand, der das Zeug gleich analysiert wie ich, dann kann das sicherlich toll wirken. Ich kann mir schon vorstellen, dass dann eine unkritische Leserin schon kurzzeitig ein seufzendes Glücksgefühl verspürt. Das ist vermutlich auch der Sinn der Lektüre, sich kurz in eine romantische, heile Welt zu versetzen und den Alltag auszublenden.

Ich sehe da nichts schlimmes dran. Man tut niemanden weh, wenn man so etwas liest. Und nicht jeder ist so gebildet, dass er bei Goethe oder Schiller in Extase verfällt. Man kann da nicht von sich selbst ausgehen. Es gibt neben einer ganzen Anzahl funktioneller Analphabeten eben auch hier zu Lande eine ganze Menge Leute, die so mühsam lesen, dass diese Geschichten eben doch herausfordernd sind. Von daher erfüllen sie doch ihren Zweck und unterhalten die Leute.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Bei einigen Leuten hat das wahrscheinlich tatsächlich etwas mit Entspannung zu tun. Jedenfalls hat mir eine Leserin von diesen typischen Frauenromanen mal gesagt, dass sie sich nicht vorstellen könnte so wie ich Thriller, Krimis oder phantastische Literatur zu lesen, schon gar nicht Abends, weil sie das zu spannend und zu aufregend finden würde. Und es stimmt ja schon, ich bleibe schon mal länger wach als geplant, weil mein Buch gerade so spannend ist.

Ich kann mit solchen Romanen auch nichts anfangen und irgendwie scheinen die auch alle mehr oder weniger die gleiche Handlung zu haben - eine Frau muss sich zwischen zwei Männer entscheiden, der eine ist eher der nette Kumpeltyp, der andere ist aus irgendeinem Grund problematischer und dadurch auch reizvoller. Aber die meisten Leserinnen wissen doch ganz genau, dass das keine große Literatur ist, und da ich selber B-Movies mag sollte ich eh nicht über die Qualität dessen lästern, was sich andere in ihrer Freizeit als Unterhaltung gönnen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich selbst lese am liebsten anspruchsvollere Bücher. Ich finde gerade historische Romane richtig klasse und so etwas spricht mich am meisten an. Immerhin ist die Handlung dann immer wieder spannend und ich weiß dann auch gar nicht, was mich erwartet. Immerhin ist es gerade bei historischen Romanen so, dass nicht die Liebe an erster Stelle steht, sondern irgendwelche anderen Sachen. Dabei unterscheiden sich die Geschichten immer stark voneinander und ich habe dann auch nicht das Gefühl, als ob ich immer wieder das gleiche Buch lesen würde.

Hin und wieder habe ich jedoch große Lust, auf ein ganz anspruchsloses Buch, mit Liebe als Thema. Dabei studiere ich deutsche Literatur und auch Geschichte, weshalb ich meistens mit wesentlich anspruchsvolleren Büchern zu tun habe. Allerdings möchte ich mich nicht immer auch noch in meiner Freizeit mit so schwerer Lektüre beschäftigen und gerade dann, wenn wieder ein Semester zu Ende ist und ich mich von den Prüfungen erholen möchte, eignet sich so ein anspruchsloser Roman einfach am besten. Immerhin bin ich dann froh, dass ich Goethe und Schiller auf die Seite legen kann und ich möchte mich dann auch nur ausruhen, ohne an etwas denken zu müssen. Das ist gerade nach den Prüfungen der Fall, weil ich für die Klausuren immer extrem viele anspruchsvolle Texte lesen muss. Da ist es dann auf jeden Fall erfrischend, wenn man etwas lesen kann, wobei man nicht einmal nachdenken muss.

Gerade dann, wenn ich im Sommer am Strand liege, habe ich meistens auch gar keine Lust, auf einen dicken, historischen Roman oder auf anspruchsvolle Texte. Wenn es um mich herum richtig laut ist, weil Leute Volleyball spielen und im See oder am Meer schwimmen und wenn es weit über dreißig Grad ist, dann brauche ich auch einfach ein leichtes Buch, das zu der leichten Stimmung passt. Ich könnte mich daher auch nicht auf etwas Anspruchsvolles konzentrieren, wobei ich meistens dennoch etwas lesen möchte, weil mir das einfach großen Spaß macht. Da bietet sich so ein seichter Roman eigentlich perfekt an. Immerhin sind die Bücher meistens so dünn, dass man sie an einem Tag schnell zwischendurch lesen kann und man muss sich auch nicht großartig auf die Handlung konzentrieren.

Zudem sind die Bücher dann meistens eher günstig, so dass es mir dann auch nicht so weh tut, wenn Wasser oder Sand darauf landet. Von daher sind solche Bücher eigentlich perfekt für den Sommer für mich, wobei ich an einem regnerischen Tag im Herbst dann doch lieber zu einem anspruchsvollen, dicken Wälzer greife.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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