Ladendieben, Schlägern usw. Führerschein entziehen sinnvoll?
Bei den derzeitigen Koalitionsverhandlungen bei CDU und SPD wird doch allen Ernstes das Thema diskutiert ob Schlägern und Ladendieben der Führerschein entzogen wird, irgendwie gesetzlich zu verankern. Im ersten Moment wo ich das gehört habe, war ich erst einmal ein wenig Baff. Gibt es denn keine dringenderen Sachthemen?
Auch der unmittelbare Zusammenhang will sich mir nicht so recht darstellen und der Vollzug solcher Maßnahmen birgt wohl sicherlich auch das Risiko von unendlichen Klageprozessen. Was haltet ihr denn von einem derartigen Vorhaben? Findet ihr es unter Umständen für durchaus sinnvoll oder meint ihr das ein derartiger Gesetzesentwurf eine Lachnummer wird?
Ich kann die Grundidee, die ich hinter diesem Vorschlag vermute, schon irgendwie etwas logisch nachvollziehen. Vermutlich denkt man sich, dass der Führerscheinentzug den Täter besonders schmerzt. Gerade bei jugendlichen Tätern glaubt man vielleicht, somit etwas besser abschrecken zu können, als mit kleinen Geldstrafen, die vielleicht von einigen Tätern bloß mit einem Achselzucken quittiert werden.
Das größte Problem, was ich bei dieser Idee hingegen sehe, ist, dass zwischen Tat und Strafe keine wirkliche Relation besteht. Es wirkt völlig willkürlich, den Führerschein abzunehmen, für ein Vergehen, bei dem nicht einmal ein Auto oder Motorrad involviert gewesen ist. Da frage ich mich einfach, wie viel willkürlicher Strafen danach vielleicht noch werden könnten, sofern diese eine Hürde gefallen ist. Einerseits hätte es irgendwann wohl auch etwas Absurdes, andererseits habe ich bei Strafen, die einfach nur noch der Strafe Willen und eigentlich ohne irgendeinen logischen Zusammenhang, auferlegt werden, allgemein irgendwie kein besonders gutes Gefühl.
Abgesehen davon frage ich mich, was denn eigentlich genau geplant ist, falls ein Täter gar keinen Führerschein besitzt. Und wenn dieser dann stattdessen eine Geldstrafe zahlen soll, ist das dann gerecht? Da könnte man schon grübeln, ob das so gleichwertig ist, und wenn nicht, dann kann es doch nicht zulässig sein, dass zwei sich gleichende Verbrechen mal leichter und mal schwerer bestraft wird, trotz derselben Rahmenumstände.
Zudem benötigen, besonders in ländlichen Regionen, viele Leute ihren Führerschein auch, um zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen. Mal ganz abgesehen davon, dass für den Beruf selbst in einigen Fällen ja auch ein Führerschein benötigt wird. Entzieht man diesen nun, verliert der Täter möglicherweise seine Arbeit. "Selber Schuld" zieht da meines Erachtens nicht. Abgesehen davon ist es dann ja nicht nur so, dass der Täter keinen Lohn mehr bekommt, sondern letztendlich dürfte er dann wohl Arbeitslosengeld erhalten, was dann wieder die Sozialkassen belastet. Und für den Arbeitgeber, der dann spontan einen neuen Arbeiter suchen muss, bedeutet das auch einen Mehraufwand.
Insgesamt erscheint diese ganze Idee nicht ausreichend durchdacht. Ich glaube auch kaum, dass sich so ein Beschluss durchsetzen ließe. Jedenfalls nicht in der aktuellen Form.
Davon habe ich gestern auch in den Nachrichten gehört und mich gleich gefragt wo der Zusammenhang bestehen soll. Sicherlich ist die Begründung, dass es vor allem den jungen Leuten weh tut keinen Führerschein zu haben nachvollziehbar und vielleicht eine Abschreckung. Aber direkt hat es für mich nichts miteinander zu tun und daher finde ich es auch nicht allzu sinnvoll. Aber man wird dann ja sehen, ob dies sich durchsetzt oder eben nicht. Allerdings finde ich eine nicht nachvollziehbare Strafe nicht wirklich logisch.
Ich finde die Idee eigentlich nicht so gut, denn manchmal ist man aufgrund von seiner Arbeit auch auf einen Führerschein angewiesen und somit würde man auch eine "Resozialisierung" der Personen stoppen, denn immerhin gehen sie aufgrund von einer Straftat dann auch nicht mehr ihrem normalen Alltag nach, was ich eigentlich auch gar nicht so förderlich finde. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass die Frustration einfach steigt, da ein Führerschein meistens nicht so viel mit einer Schlägerei zu tun hat. Wenn sich eine Person mit anderen Menschen schlagen wird, dann wird sie das auch ohne einen Führerschein tun, deswegen habe ich dafür kein großes Verständnis. Genauso kann ein Ladendieb auch zu Fuß unterwegs sein, wenn er hier und dort eine Kleinigkeit mitnimmt. Für mich ist diese Idee auch nicht ausreichend durchdacht.
Die Idee hinter diesem Vorschlag ist natürlich, dass der Führerscheinentzug für manchen eine wesentlich härtere Strafe darstellt als eine Geldstrafe oder Bewährungsstrafe, die bei solchen Delikten sonst ausgesprochen wird. Es ist ja nun auch davon auszugehen, dass der Führerscheinentzug nicht bei Ersttätern angewandt wird sondern bei Wiederholungstätern, die durch ihr Verhalten schon hinreichend bewiesen haben, dass andere Strafen für sie keinerlei abschreckende Wirkung haben.
Soweit die Theorie. In der Praxis würde ich mich zunächst einmal fragen auf wen man so eine Strafe überhaupt sinnvoll anwenden könnte. Notorische Kleinkriminelle leben tendenziell eher in Großstädten, haben also entweder keinen Führerschein, weil sie keinen brauchen, oder können den Verlust leicht kompensieren, weil genug öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Leute, die den Führerschein für die Arbeit brauchen, werden sicher ausgeschlossen werden, denn es kann ja kein Richter wollen, dass jemand seine Arbeit verliert und dadurch dann vielleicht erst recht abrutscht. Bleiben eigentlich nur Leute, die ländlich oder in Vororten leben, für die Arbeit nicht auf das Auto angewiesen sind, es aber am Wochenende brauchen um in die nächste Stadt zum Party machen fahren und die keine Kumpels haben, bei denen sie mitfahren könnte. Diese Gruppe dürfte nicht sehr groß sein, oder?
Generell stellt sich auch die Frage der Gerechtigkeit. Wenn jemand keinen Führerschein hat kann der auch nicht entzogen werden. Das hätte dann aber zur Folge, dass es für die gleiche Art von Straftaten ganz unterschiedliche Strafen geben wird, dass jemand mit Führerschein also härter bestraft wird. Im Fernsehen wurde gestern darüber diskutiert und es wurde dann gesagt, dass Geldstrafen ja auch nicht gerecht seien, weil sie je nach Einkommen und Vermögen als unterschiedlich hart empfunden werden. Das stimmt natürlich, aber Geldstrafen kann man je nach Vermögen des Angeklagten festsetzen, beim Führerschein gibt es nicht "ein bisschen Führerscheinentzug" oder "ganz ganz viel Führerscheinentzug". Entweder man hat einen Führerschein oder man hat keinen.
Ein unmittelbarer Zusammenhang besteht zwischen Strafe und Tat in vielen anderen Fällen übrigens auch nicht. Warum wird jemand zum Beispiel zu einer Geldstrafe verurteilt, wenn seine Straftat nichts mit Geld zu tun hatte und wenn durch die Straftat auch kein finanzieller Schaden entstanden ist? Da geht es doch auch nur darum, dass der Verlust von etwas Wichtigem, in dem Fall Geld, als Strafe empfunden werden soll.
So neu ist das Thema gar nicht und wurde nun durch die Koalitionsverhandlungen wieder mal aus der Kramkiste geholt, damit auch genügend Zündstoff da ist. Denn bereits 2010 haben wir hier im Forum schon mal darüber diskutiert Führerscheinentzug als neue Strafe bei kleinen Straftaten
Bisher ist es ja vom Gesetz her noch gar nicht möglich, dass man mit Sanktionen straft, die nichts mit der Straftat zu tun haben. Aber ich denke, dass es einfach nur wieder ein Medienfüller ist und nur heiße Luft ist, die bei den Politikern verblasen wird.
Das größte Problem, was ich bei dieser Idee hingegen sehe, ist, dass zwischen Tat und Strafe keine wirkliche Relation besteht.
Aber wo ist denn die Relation zwischen Diebstahl und Freiheitsentzug? Oder zwischen Rauchen auf dem Schulhof und Nachsitzen? Oder zwischen den kleinen Bruder hauen und Fernsehverbot? Wir leben tagtäglich damit, dass es für bestimmte Handlungen Strafen gibt. Die Strafe ist selten nach dem Auge-um-Auge-Prinzip ausgelegt, weil das für mittelalterlich gehalten wird. Bei Geldstrafen gilt das noch einigermaßen, wenn der Täter durch die Tat Geld verdient hat, aber ansonsten besteht nie ein Zusammenhang.
Abgesehen davon frage ich mich, was denn eigentlich genau geplant ist, falls ein Täter gar keinen Führerschein besitzt. Und wenn dieser dann stattdessen eine Geldstrafe zahlen soll, ist das dann gerecht?
Ganz genauso ist es bisher. Sollte man arme Täter nicht zu Geldstrafen verurteilen? Gut, sie wird an das Gehalt angepasst, aber verschont wird niemand, wenn er schuldig ist. Kann er nicht zahlen, muss er eben ins Gefängnis und die Strafe absitzen. Somit können Täter nach ein und dieselbe Tat entweder im Gefängnis landen oder müssen zahlen.
Zudem benötigen, besonders in ländlichen Regionen, viele Leute ihren Führerschein auch, um zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen.
Man benötigt auch seine Freiheit, um zur Arbeit zu gehen. Das ist ziemlich schwer, wenn man im Knast sitzt. Ich denke mal, dass die Strafe des Führerscheinentzugs nicht willkürlich eingesetzt wird, dass geschaut wird, ob für diesen Täter noch einmal eine Geldstrafe sinnvoll wäre. Aber hey, wenn jemand gegen ein Gesetz verstößt, wird er bestraft. Seit wann nehmen wir da auf solche Dinge Rücksicht? Solange jedem die Strafe klar ist, nimmt er das in Kauf, wenn er das Verbrechen begeht.
Auch wenn es keinen Zusammenhang zwischen und Tat und Strafe gibt, mag es im ersten Moment als sinnvolle Erziehungsmaßnahme wirken. Nur hat die Sache einen gewaltigen Haken. Denn wie will man einen Straftäter dann bestrafen, der gar keinen Führerschein besitzt? Zudem wurde schon heute gesagt, dass man es gar nicht kontrollieren kann, ob die Leute dann wirklich nicht als Fahrer am Straßenverkehr teilnehmen.
Das kann man schon bei Verkehrssündern nicht kontrollieren und da fahren noch genug Leute täglich Auto, obwohl sie den Führerschein zumindest zeitweise abgeben mussten. Dieser Vorschlag wird spätestens bei den Gerichten gekippt werden, da hier Tat und Strafe eben nicht miteinander vereinbar sind.
Bienenkönigin hat geschrieben:Aber wo ist denn die Relation zwischen Diebstahl und Freiheitsentzug? Oder zwischen Rauchen auf dem Schulhof und Nachsitzen? Oder zwischen den kleinen Bruder hauen und Fernsehverbot?
Zumindest pädagogischen Theorien zufolge gilt es schon als sinnvoll, dass ein Zusammenhang zwischen Vergehen und Strafe besteht. Andernfalls ist es wohl schwieriger für den Täter, zu erkennen, was an seinem Verhalten genau falsch war, und die Wahrscheinlichkeit, dass er rückfällig wird, gilt als höher.
Nicht umsonst kommt es gerade im Jugendstrafrecht oft vor, dass, falls Sozialstunden geleistet werden müssen, dafür eine Einrichtung gesucht wird, die, wenn möglich, ungefähr zum Vergehen passt. Jugendliche, die beispielsweise bestraft werden, weil sie einen Obdachlosen verprügelt haben, müssen dann zum Beispiel in einem Obdachlosen-Heim arbeiten. Bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz kann es sein, dass der Jugendliche in einer Entzugsklinik putzen soll. Dass Strafen also nie irgendeinen Zusammenhang zur Tat hätten, stimmt nicht. Freiheitsentzug existiert darüber hinaus meines Erachtens eher, um zumindest zeitweilig weitere Taten durch die Person zu verhindern, bis diese erkannt hat, dass ihre Taten falsch waren.
Bienenkönigin hat geschrieben:Sollte man arme Täter nicht zu Geldstrafen verurteilen? Gut, sie wird an das Gehalt angepasst, aber verschont wird niemand, wenn er schuldig ist. Kann er nicht zahlen, muss er eben ins Gefängnis und die Strafe absitzen. Somit können Täter nach ein und dieselbe Tat entweder im Gefängnis landen oder müssen zahlen.
Du vergleichst Äpfel mit Birnen. Hier geht es nicht darum, dass jemand eine Strafe nicht zahlen kann und deswegen inhaftiert wird, sondern darum, dass man quasi als Grundvoraussetzung einen Führerschein sieht und den Tätern, die diesen nicht haben, stattdessen vielleicht Geldstrafen auferlegt. Bei Geld ist das eine Sache, davon haben wohl die meisten Täter ausreichend, zumal die Strafe an ihr Einkommen angepasst wird. Hingegen halte ich es für etwas daneben, davon auszugehen, dass jeder Mensch einen Führerschein hat. Außerdem würde man bei diesem Vorgehen gewissermaßen die bestrafen, die, aus welchen Gründen auch immer, keinen Führerschein besitzen, indem man sie stärker bestraft, da bei ihnen Geld eingezogen wird, und bei dem, der einen Führerschein besitzt, den er dann abgeben kann, nicht.
Bienenkönigin hat geschrieben:Man benötigt auch seine Freiheit, um zur Arbeit zu gehen. Das ist ziemlich schwer, wenn man im Knast sitzt.
Allerdings ist der Hintergedanke bei Haftstrafen, die Person von der Gesellschaft fern zu halten, bis sie resozialisiert wurde. Den Täter frei herumlaufen zu lassen, ihm den Führerschein zu nehmen und ihn damit eventuell arbeitslos und zum Bezieher von Arbeitslosengeld zu machen, hilft aber wohl eher nicht dabei, ihn auf einen sozialen, für die Gesellschaft unschädlichen Pfad zu bringen. Es geht nicht um Rücksichtnahme dem Täter gegenüber, sondern darum, dass der in so einem Fall danach kaum sozial verträglicher sein dürfte.
Ich halte das für rechtlich nicht durchsetzbar. Eben aus dem Grund, dass 2 Personen bei der selben Straftat nicht die selbe Strafe erhalten können, wenn nur einer einen Führerschein hat. Zudem muss man sich fragen: Warum gerade den Führerschein entziehen? Da kann man den Leuten ja auch ihr Haustier, ihren PC oder das Handy wegnehmen.
Davon abgesehen: Ob jemand mit oder ohne Führerschein Auto fährt interessiert doch keinen in Deutschland. Mich hat jedenfalls noch nie jemand nach meinem Führerschein gefragt.
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