Menschen in Pflegeheimen einfach vor dem Fernseher parken?
Ich habe es bei einem Praktikum mal erlebt, dass pflegebedürftige Menschen, die sich nicht äußern konnten und teilweise auf dem Stand von Kindern waren, einfach vor den Fernseher gesetzt wurden. Ich finde es schon ein bisschen bedenklich, dass man diese Menschen morgens herausholt, sie vor den Fernseher setzt, sich um die anderen kümmert und sie dann abends wieder ins Bett legt. Zwischendrin macht man auch Toilettengänge mit ihnen, aber man sollte meiner Meinung nach schon probieren auch so ein Leben schöner zu gestalten. Was denkt ihr darüber?
Ich kann dir da nur absolut beipflichten. Auch diese doch recht abwesend wirkenden Menschen spüren die Nähe von anderen und brauchen sie ganz dringend. Man muss mit ihnen reden, sie anfassen, mal mit ihnen nach draußen gehen, damit sie die Sonne spüren.
Aber hast du bei deinem Praktikum nicht auch mitbekommen, dass das Pflegepersonal total überfordert war? Es gibt zu wenig Personal und das wenige wird viel zu schlecht bezahlt. Zudem sind sie mehr mit Papierkram beschäftigt als mit ihrem eigentlichen Job. Da läuft ganz extrem viel falsch. Also dem Personal ist kein Vorwurf zu machen, sondern der Politik.
Dass da viele Leute unterbezahlt sind und unterbesetzt sind kennt man ja. Hier war es aber so, dass 4 Pflegepersonen für diese doch recht kleine Gruppe zuständig waren. Sie haben dann die übrige Zeit, die sie sich damit geschaffen haben, dazu verwendet mit anderen Bewohnern einen Plausch zu halten, sich selber zu unterhalten oder Magazine zu lesen. Es wurde also nicht wirklich etwas Sinnvolles gemacht. Natürlich kenne ich es auch anders, dass man gerne machen würde, aber nicht kann, weil man zu wenig Personal hat.
Natürlich sollte man das eigentlich nicht machen, aber gerade die Pflegebranche ist bekanntlich nicht gerade überbesetzt. Diejenigen, die man einfach vor dem Fernseher parken kann, sind ja noch eher die fitten Patienten wenn man es so nimmt. Andere brauchen halt wesentlich mehr Hilfe in ihrem Tagesablauf, so dass man für diese eben mehr Zeit in Anspruch nehmen muss.
Genau betrachtet, sind die älteren Menschen auch umsorgt, lediglich eben nicht beschäftigt. Ich will es auf keinen Fall schön reden, dass Menschen einfach vor dem Fernseher versauern, aber in Anbetracht dessen, was das Pflegepersonal zum Teil leisten muss, geht es halt leider nicht anders.
Intensivere Pflege ist immer mit höheren Kosten verbunden, wenn man bereit ist tiefer in die Tasche zu greifen, bin ich mir sicher, finden man auch einen Platz in einem Seniorenheim, in dem die Angehörigen besser umsorgt werden und einige Aktivitäten angeboten werden. Aber da heutzutage alles nur möglichst billig angeboten werden soll, sind solche Pflegeeinrichtungen wohl eher die Ausnahme.
Wenn wir meinen Opa nicht regelmäßig besucht hätten, hätte er auch ständig alleine aus dem Fenster gestarrt oder vor dem Fernseher verbracht, vor dem immer extrem viele ältere Menschen saßen und gemeinsam etwas angeschaut haben. Man hörte in diesem Raum immer nur den Fernseher und sonst nichts. Da mein Opa ein kontaktfreudiger Mensch war, hat er sich auch schnell mit anderen angefreundet und hatte bereits in kürzester Zeit im Pflegeheim eine Freundin mit der er die Zeit verbrachte.
Leider sind Pflegeheime meist unterbesetzt, sodass manchmal keine andere Lösung da ist als die älteren Herrschaften vor den Fernseher zu setzen. Ich habe es schon öfters mitbekommen, dass das Pflegepersonal enorm viel leisten muss in ihrer Arbeitszeit und die Arbeit die sie haben einfach viel zu viel ist die sie in der kurzen Zeit leisten müssen.
Und, was soll man machen? Ich bin damit auch nicht einverstanden, habe es aber leider auch so erlebt. Nur was ist die Alternative? Ohne Fernseher oder Radio hätten sie gar keine akustischen Reize und das ist bekanntlich noch schlechter. Da wo ich war, waren für gefühlt 25 Bewohner 2 Schwestern und eine Hilfsperson. Hatte man Glück, vielleicht auch noch ein Praktikant oder eine Schülerin. Und wie soll man die nun alle waschen, beim essen unterstützen usw.? Und das eigentlich zu zweit? Die Examinierten tragen ja jegliche Verantwortung für alles.
Da muss man dann eben doch mal den ein oder anderen Bewohner zu "beschallen", weil man nicht überall sein kann und mit allen reden kann. Es gab da einen Aufenthaltsraum, aber da konnten ja nicht alle hin. Viele waren eben auch immobil. Es war hilfreich, wenn Besuch kam, wirklich. Aber das war selten so. Es hat mir auch Leid getan, aber für den Personalmangel kann das Personal nun wirklich nichts.
Und eine Alternative gab es eben leider nicht. Ich war echt froh, als ich nach 2 Wochen da wieder fort war. Solche Zustände kannte ich aus der Klinik nicht. Da war der Personalschlüssel auch ein ganz anderer.
Es ist natürlich schlimm, wenn alte Menschen einfach vor den Fernseher gesetzt werden. Aber wie soll es denn anders gehn? Der Personalschlüssel der Pflegekräfte wird immer schlechter, und darunter leidet eben dann auch die Betreuung der Pflegebedürftigen. Dafür können die Pflegekräfte aber selber nichts, es sind die Personen im Hintergrund, die das zu verantworten haben.
Ich bin außerdem der Meinung, dass dieser Zustand schnellstmöglich behoben werden sollte. Es müsste vonseiten der Politik eingegriffen werden. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel die Beiträge zur Pflegeversicherung zu erhöhen, oder Geld aus Steuermitteln zuzuschießen. Es kann einfach nicht sein, dass in einem so reichen Land wie Deutschland, alte Menschen so schlecht versorgt werden.
Ich halte das nun nicht unbedingt für die schlechteste Lösung die Pflegefälle im Zweifelsfall vor den Fernseher zu setzen. Besser wäre es natürlich wenn es sich um den Fernseher im Gemeinschaftsraum handelt weil dort ja noch eine gewisse Kommunikation stattfinden kann. Ich kann da aber nicht so mitreden und die Leute die es betrifft kann man ja schlecht fragen. Ich weiß aber dass viele Pflegefälle zufrieden sind wenn sie in ihrem Zimmer bleiben können, sie wollen oft nicht mehr zu den anderen Heimbewohnern. Das sind aber Auskünfte vom Pflegepersonal, es muss also nicht stimmen.
Fakt ist aber dass so ein Fernseher noch eine gewisse Abwechslung bringt, im günstigsten Fall laufen auch Nachrichten die über das Weltgeschehen informieren. Soweit ich weiß sind auch alte Videokassetten mit Aufzeichnungen von Volksmusiksendungen sehr beliebt. Ich kann mir aber auch keine bessere Lösung vorstellen ohne massenhaft Personal einzustellen. Die Zivildienstleistenden gibt es ja nicht mehr die oft als Retter in der Not fungierten und mit den alten Herrschaften beispielsweise auch mal eine Stunde spazieren gingen. Ob nun wirklich jeder Rentner Lust auf Basteln hat möchte ich auch bezweifeln.
Bei uns in der Gegend gibt es übrigens auch eine Klinik die hat sogar für ihre dementen Pflegefälle eine komplette Bushaltestelle aufgebaut. Alles ist so wie bei einer richtigen Haltestelle, sogar mit Fahrplan, nur dass eben keine Busse dort halten. Das war die Konsequenz aus etlichen unerlaubten Abgängen von dementen Pflegefällen die ständig nach Hause oder ihre Kinder besuchen wollten. Die sitzen jetzt gemeinsam einträglich nebeneinander auf der Bank und warten den ganzen Tag auf den Bus und abends werden sie wieder eingesammelt. Das ist auch nicht schlimmer oder besser als jemanden den ganzen Tag vor dem Fernseher zu parken. Das Problem der Beschäftigung der Pflegefälle kann man nicht so einfach lösen, eben weil es sich immer noch um individuelle Persönlichkeiten mit ihren eigenen Vorlieben und Macken handelt.
Ich finde es auch nicht richtig, so mit den Menschen umzugehen. Ich kenne es von einem Pflegeheim auch, dass dort einfach viel zu wenig Personal vorhanden ist. Wenn das in dem Fall aber noch nicht einmal der Grund war, dann finde ich es noch bedenklicher. Wenn das Pflegepersonal während der Zeit mit anderen Bewohnern quatscht oder private Dinge erledigt, ist das sicher nicht in Ordnung. Ich bin auch der Meinung, dass diese Menschen, auch wenn sie scheinbar nicht viel mitbekommen, persönliche Nähe von Menschen brauchen, die der Fernseher einfach nicht ersetzen kann.
Ich hab mal während den Ferien in einem Altersheim gearbeitet, da war es leider auch nicht anders. Wenn die Bewohner nicht vor dem Fernseher "geparkt" waren haben sie eben im Rollstuhl gedöst. Die einzige Unterbrechung war da das Essen bzw. die Kaffeepause. Hat mir irgendwie Leid getan, andererseits waren viele auch schon in einem Zustand, wo man sonst einfach nicht mehr so viel mit ihnen machen konnte. Und ehrlich gesagt war ich teilweise nach drei oder vier Tagen Dienst auch extrem froh, wenn ich kurz mal meine Ruhe hatte. So ein Job ist anstrengender als man denkt.
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