Mutter krank und leidet - arbeitet aber trotzdem?

vom 16.11.2013, 18:08 Uhr

Eine Freundin von mir regt sich seit ein paar Wochen tierisch über ihre Mutter auf und leidet sehr unter der Situation. Ihre Mutter ist seit einiger Zeit ziemlich anstrengend, da sie kaum laufen kann. Sie hatte eine Operation am Bein und war danach ein paar Tage im Krankenhaus. Danach hat sie sich auf eigene Verantwortung entlassen und wollte sich auch nicht mehr krank schreiben lassen, da sie wieder arbeiten wollte. Sie arbeitet zwar nur zwei Stunden am Tag, ist aber dabei ständig in Bewegung. Der Job ist auch nicht gut bezahlt und sie arbeitet dort eigentlich mehr als Hobby und nicht, weil sie das Geld wirklich benötigen würde oder es als ernste Arbeit ansieht. Das ist auch nicht das eigentliche Problem, da meine Freundin es aufgegeben hat ihr in diesen Job reinzureden, weil es ihr einfach Spaß macht und sie sich davon nicht abbringen lässt.

Nun ist es aber eben seit der Operation so, dass die Mutter nur noch sehr schlecht läuft. Für meine Freundin ist es selbstverständlich, dass sie ihr dann auch weiterhin hilft den Alltag zu bewältigen. Die beiden haben eigentlich ein sehr gutes Verhältnis und hängen ziemlich aneinander. Da kommt aber auch das Problem. Meine Freundin fährt täglich nach der Arbeit zu ihrer Mutter, bringt ihr etwas zu essen und betüdelt sie. Sie geht für sie einkaufen, räumt die Wohnung auf und erledigt auch sonst alle Wünsche. Da sie allerdings selbst auch täglich arbeitet, bleibt kaum noch Zeit für etwas anderes, da die Mutter sie schon sehr in Anspruch nimmt. Ich habe sie in den letzten Wochen auch gar nicht gesehen und nur einige Male kurz mit ihr telefoniert, da sie kaum noch Zeit hat. Ihre Laune sinkt auch immer weiter und sie geht an ihre Grenzen, da sie für ihre Mutter viele Dinge erledigen muss und dazu noch ihre Arbeit und ihren eigenen Haushalt hat mit dem sie eben klarkommen muss. Anfangs war das kein Problem, da sie eben ein gutes Verhältnis haben und die Tochter gerne etwas für die Mutter erledigt. Nun zieht sich das Ganze aber schon eine ganze Weile und belastet meine Freundin.

Dazu kommt die Tatsache, dass ihre Mutter sich Zuhause immer richtig bemitleiden lässt und eben kaum etwas alleine erledigt. Zum Arzt möchte sie aber auch nicht mehr und krankschreiben lassen ist für sie auch kein Thema. Meine Freundin tut ja gerne etwas für ihre Mutter, aber langsam leidet auch ihr Leben darunter, da sie sich ziemlich dafür aufopfert und dann nicht versteht wie ihre Mutter es schafft sich zwei Stunden täglich zu quälen und dann Zuhause keinen Finger mehr zu rühren. Dazu kommt noch, dass die Mutter die Verletzung nur noch weiter aufschiebt, wenn sie sich nicht einmal ein paar Wochen richtig schont und dazu gehört natürlich nicht, dass sie täglich zwei Stunden durch die Gegend läuft. Für meine Freundin kommt es natürlich nicht in Frage ihre Mutter hängen zu lassen, aber sie möchte auch nun nicht noch drei Monate die täglichen Arbeiten erledigen, die in einem zweiten Haushalt anfallen. Dazu kommt natürlich noch die Sorge, wie es gesundheitlich weitergehen soll, wenn die Verletzung nicht richtig heilen kann.

Mit ihr gesprochen hat sie natürlich schon, allerdings hat das wohl auch nur wenig gebracht. Die Mutter sieht zwar irgendwo ein, dass die Arbeit nicht so schlau zur Zeit ist, aber lässt sich trotzdem nicht davon abbringen. Manchmal wird sie wohl auch wütend, wenn ihre Tochter durchscheinen lässt, dass sie nicht ewig für sie sorgen kann und sie auch mal langsam wieder auf die Beine kommen muss. Dann geht wohl das Theater los, dass meine Freundin undankbar ist und sich ruhig mal ein paar Stunden die Woche um ihre arme Mutter kümmern kann.

Nun ist natürlich die Frage, wie man am besten damit umgeht. Da ich ihre Mutter auch ein wenig kenne, vermute ich langsam, dass sie es eben ein wenig mit Absicht macht, damit sie Zuhause bemitleidet wird und meine Freundin ihr Aufmerksamkeit schenkt. Das möchte ich meiner Freundin gegenüber aber nicht sagen, da sie dieser Gedanke sicherlich kränken würde. Ansonsten fällt mir aber fast keine Erklärung dafür ein, da ich auch weiß, dass sie ihren "Hobby-Job" nicht verlieren würde und nach ein paar Wochen dort wieder einsteigen könnte, wenn eben alles wieder in Ordnung wäre. Da sie sonst auch niemanden hat, denke ich schon, dass sie einfach die Aufmerksamkeit genießt und die Situation auskostet, dazu passt wohl auch die Reaktion, dass sie sich allein gelassen fühlt, sobald meine Freundin sagt, dass sie mal wieder zum Alltag zurückkehren möchte.

Nun würde mich mal interessieren, was ihr denn darüber denkt. Was denkt ihr, was hinter der Sache steckt? Denkt ihr, ich könnte mit meiner Vermutung Recht haben? Falls ja, wie könnte ich das meiner Freundin sagen ohne dass sie enttäuscht ist? Da sie sehr an ihrer Mutter hängt, würde sie selbst wohl nie auf eine solche Idee kommen. Habt ihr noch andere Tipps, wie man die Situation lösen kann?

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich denke schon, dass du mit deiner Vermutung Recht haben kannst. Die Mutter hat ja sonst niemanden und da genießt man es schon mal, gepflegt zu werden. Es geht dabei aber bestimmt nicht nur um Bequemlichkeit. Die Mutter hatte ein schlimmes Erlebnis. Auch wenn es zunächst harmlos klingt. Sie hatte halt Probleme mit dem Bein, eine Operation hat es wieder gerichtet. Alles bestens.

Aber es hat der Mutter schmerzlich vor Augen geführt, dass sie nicht unzerstörbar ist und immer älter wird. Daher könnte auch ihr Wunsch kommen, weiterzuarbeiten. Aufzuhören würde gleichbedeutend sein mit Aufgeben. Dann müsste sie zugeben, dass sie es nicht mehr so einfach wegsteckt in ihrem Alter. Vor allem vor sich selbst.

Dass das Verhalten der Mutter dabei ambivalent ist - in der Öffentlichkeit fit genug zum Arbeiten, zu Hause jammern - ist klar. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass Menschen immer logisch handeln. Sie ist eben auch voll von widersprüchlichen Gefühlen. Sie möchte sich ausruhen und auch bei der Tochter ausheulen, aber andererseits eben auch Stärke zeigen.

Ich würde an deiner Stelle deinen Verdacht mitteilen. Wenn er zutrifft, hilft das Verschweigen nicht. Dadurch verschwindet das Problem ja nicht. Manchmal muss man eben mit schlechten Nachrichten helfen. Erst wenn die Tochter die Situation richtig einschätzen kann, kann sie auch richtig darauf reagieren. Und dann kann sie vielleicht der Mutter besser helfen, mit ihrer Situation zurechtzukommen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich kann mir auch vorstellen, dass du mit deiner Vermutung vielleicht recht hast und die Mutter deiner Freundin es genießt, wenn ihre Tochter bei ihr ist, ihr hilft und sie vielleicht auch ein Stück bemitleidet. Es wird wohl so sein, dass sie sich bei ihrer Tochter einfach mal gehen lassen kann, was sie im Beruf nicht möchte. Im Beruf wird sie wohl einfach zeigen wollen, wie fit sie schon wieder ist, aber den ganzen Tag wird sie das nicht schaffen. Deswegen denke ich schon, dass sie deine Freundin als Beistand und Hilfe auch braucht.

Trotzdem ist es natürlich mehr als verständlich, wenn deine Freundin ihrer Mutter auch mal zu verstehen gibt, dass sie es auch nicht ewig schafft, jeden Tag bei ihr vorbei zu kommen und ihr zu helfen. Das sollte die Mutter doch auch verstehen und von Undankbarkeit kann hier doch keine Rede sein. Sicher wäre die Mutter auch schneller wieder auf den Beinen, wenn sie nicht arbeiten und sich voll auf die Regeneration konzentrieren würde. So etwas sollte man auch sagen dürfen und ich denke schon, dass du deiner Freundin von deinem Verdacht erzählen solltest, dass die Mutter ihre Aufmerksamkeit sucht.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich denke schon, dass die Mutter sicherlich auch nur gepflegt werden möchte, weil sie Zeit mit deiner Freundin verbringen will und gemerkt hat, dass sie eben nicht unsterblich ist. Sicherlich ist ihr nun bewusst geworden, dass es schön ist wieder Zeit mit ihrer Tochter zu verbringen. Es ist ja auch ein gutes Gefühl, wenn man umsorgt wird.

Natürlich kann deine Freundin das aber nicht ewig mitmachen und deswegen sollte sie von dieser emotionalen Erpressung wegkommen und auch mal sagen, wenn sie nicht mehr kann. Vielleicht kannst du ihr aber auch ab und zu mal unter den Arm greifen und deiner Freundin helfen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Es kling ja schon etwas danach, als würde es die Mutter genießen, dass sie von ihrer Tochter so umsorgt und betüddelt wird. Es ist sicherlich schön, wenn die Tochter jeden Tag mit Essen vorbei kommt und den Haushalt der Mutter schmeißt und diese eben nichts zu machen braucht. Vielleicht ist die Mutter auch ansonsten alleine und genießt es daher, täglich Gesellschaft zu haben.

Für mich ist aber unklar, warum die Mutter es schafft ihrer Arbeit nach zu gehen, aber zu krank ist, um eben selbst den Haushalt zu schmeißen und sich zu versorgen. Daher denke ich auch, dass schon etwas Berechnung dahinter steckt. Vielleicht ist der Mutter auch gar nicht so bewusst, wie stressig und Nervenzehrend es für ihre Tochter ist, dass sie sich nun so intensiv um ihre Mutter kümmern muss.

Die Tochter sollte da doch deutlicherer Worte der Mutter gegenüber anschlagen, wenn ein normales vorsichtiges Gespräch nicht gefruchtet hat. Es kann ja auch die Dauer nicht sein, dass sich die Mutter so versorgen lässt und die Tochter darunter leidet und allmählich nur noch gestresst und erschöpft ist.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


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