Darf die Hebamme zum Auszug drängen?
Vor einer Woche hat Frau L. ihr viertes Kind zur Welt gebracht. Bereits vor der Geburt wurde sie von einer Hebamme betreut. Frau L. hat zu der Hebamme ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und sie hat sich nun der Hebamme anvertraut. Herr L. neigt dazu, sich in Konfliktsituationen zu betrinken und die Eheleuten streiten dann auch ziemlich. Er wird aber nie handgreiflich gegenüber den Kindern oder seiner Ehefrau. Allerdings gibt es halt immer häufiger Konfliktsituationen.
Die Hebamme sagte nun zu Frau L., dass ja auch die Kinder sicherlich unter der Situation leiden. Sie fordert, dass Frau L. in den nächsten Tagen mit ihren Kindern zu ihren Eltern fährt und sich dort eine Wohnung sucht. Ansonsten würde sie das Jugendamt informieren.
Ist die Hebamme denn nicht an die Schweigepflicht gebunden? Frau L. kann so kurz nach der Geburt nicht einfach umziehen. Außerdem liebt sie ihren Mann ja. Sie hat ja die Hoffnung, dass sich an der Situation was ändert.
Ich bin der Meinung, dass auch eine Hebamme der Schweigepflicht unterliegt und der Mutter nicht wirklich drohen darf. Sicherlich macht sie sich nur Sorgen um die Kinder und kann ihr nur den Rat geben, dass sie doch bitte sich eine Wohnung suchen sollte. An der Stelle der Hebamme würde ich vielleicht erstmal versuchen mit den Kindern in Kontakt zu treten, gemeinsam mit der Mutter um mal über die Situation zu reden. Ggf. gibt es hier schon eine Lösung. Dann sollte sie vielleicht versuchen solche Konfliktsituationen zu vermeiden, oder diese zu analysieren, ggf. kann sie hier schon ein wenig angreifen.
Der Mutter drohen würde ich auch keinen Fall, denn dann stellt diese auf stur und zerstört das gewonnene Vertrauen. Vielleicht kann die Hebamme auch mit der Mutter zusammen mal das Jugendamt aufsuchen und nachfragen, was man in einer solchen Situation machen kann.
Sobald jemand der Meinung ist, dass Kinder in irgendeiner Form in Gefahr sind, darf eine Meldung an das Jugendamt raus. Auch wenn es hier die Hebamme ist, die aber vermutlich nur aus medizinischer Sicht der Schweigepflicht unterliegt. Hier geht es um das Wohl der Kinder und sobald da Aggressionen im Spiel sind und eben auch übermäßiger Alkoholkonsum, sollte man handeln.
Klar unterliegt eine Hebamme der Schweigepflicht, allerdings kann sie schon tätig werden, wenn sie von schwerwiegenden Missständen erfährt. Dazu müssen die Missstände aber wohl auch schon sehr gravierend sein, was sie meiner Meinung nach in diesem Fall noch nicht ganz sind.
Außerdem sollte eine Hebamme (und gerade eben eine Hebamme) wissen, wie man sich nach einer Geburt fühlt und dass man sich eine gewisse Zeit ausruhen sollte, um wieder fit zu werden. Wenn sie nun innerhalb kurzer Zeit darauf pocht, dass die Frau auszieht, hat sie meiner Meinung nach ihren Beruf verfehlt, denn das kann sicherlich nicht sein, dass sie zu so etwas rät kurz nach einer Geburt.
Zudem ist es trotz allem noch Sache der Eltern, wie sie sich verhalten. Vielleicht kann man mit dem Mann auch noch einmal reden, dass er sein Benehmen ändert, so dass die Hebamme vollkommen überreagiert hat mit ihrem Rat zum Auszug und der Drohung mit dem Jugendamt. Vielleicht hätte sie lieber zu einer Familien- oder Ehetherapie raten sollen, womit man dann nach einer gewissen Zeit nach der Geburt beginnt.
Ich kann die Situation natürlich nicht aus der Ferne beobachten, aber mit Schweigepflicht hat das nichts zu tun. Die Hebamme wird ja dem Jugendamt nicht erzählen, was die Frau ihr im Vertrauen erzählt hat, sondern von ihren objektiven und subjektiven Eindrücken berichten. Wenn sie der Meinung ist, dass das Wohl der Kinder gefährdet ist,ist es ihre Pflicht, zum Jugendamt zu gehen.
Es ist allerdings der falsche Weg, der Frau zu drohen. Das Jugendamt stellt ja viele Hilfen bereit, die nicht unbedingt zum Auszug führen müssen.
Ich finde das Verhalten der Hebamme ehrlich gesagt auch ziemlich fragwürdig. Warum sie die Frau zu einem Auszug zwingen möchte, kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Die Dame hat sich der Hebamme ja anvertraut und ich glaube nicht, dass die Hebamme das Ganze wirklich überblicken kann. Dass die Situation nicht gerade schön ist und sie sich auch Sorgen um die Kinder macht, kann ich natürlich auch verstehen, aber ich bin der Meinung, dass die Eheleute die Probleme erst einmal gemeinsam in Angriff nehmen sollten. Wenn sich an der Situation nichts ändert, kann man ja immer noch überlegen, ob man Hilfe von außen einschaltet.
Der Mutter zu drohen, finde ich aber auch unmöglich. So schnell findet man ja keine Wohnung und dass Paare streiten, finde ich jetzt auch nicht ungewöhnlich. Dass der Vater scheinbar ein Alkoholproblem hat, ist natürlich alles andere als toll, aber gerade Außenstehende können nicht wirklich beurteilen, wie schlimm die Situation nun ist. Die Mutter sollte schon selbst entscheiden können, ob und wann sie sich eine neue Wohnung sucht. Die meisten Frauen würden ja auch automatisch gehen, um sich und ihre Kinder zu schützen, wenn die Situation untragbar geworden ist. Das muss man der Frau aber selbst überlassen und mit Druck erreicht man da auch überhaupt nichts.
Ich bin mir sicher, dass die Hebamme hier einfach die falschen Worte für einen eigentlich guten Gedanken gefunden hat. Sie kann sich natürlich nichts erzwingen, aber die frisch gebackene Mutter sollte sich meiner Meinung nach schon Gedanken darum machen, was sie noch in dieser Beziehung hält. So etwas kann man ja äußern und ich denke, dass die Hebamme hier einfach nur sehr besorgt war, vielleicht auch aus eigenen Erfahrungen heraus.
Die Mutter kann natürlich nicht sofort eine neue Wohnung finden und die Hebamme kann das nicht verlangen, aber die Mutter sollte sich wirklich Gedanken machen. Streiten kann sich jeder ein Mal, aber ich finde, dass man dann zumindest nicht anfangen sollte zu trinken, weil daraus schnell eine Sucht und auch eine Gefahr für die Kinder entstehen kann.
Ich würde das gar nicht als Drohung auffassen. Die Hebamme hat doch nur mitgeteilt, dass sie sich mit ihrem Wissen um die Situation verpflichtet fühlt zum Wohle der Kinder das Jugendamt zu unterrichten. Wenn sich die Situation allerdings ändert, ist eine Meldung nicht mehr notwendig. Eine Familientherapie vorzuschlagen, ändert noch nichts an der Situation. Und man kann auch von der Hebamme nicht verlangen, dass sie sich mit der Frau und den Kindern zusammensetzt. Sie ist Hebamme und keine Psychologin oder Familienberaterin.
Die Schweigepflicht ist im Hinblick auf Kindesmisshandlungen und Kindeswohl nicht ganz eindeutig geregelt. Das ist aufgrund der Vielfältigkeit der möglichen Misstände auch sehr schwierig. Da muss man abwägen. Hebammen sind dazu angehalten, Familien genau zu beobachten. Aufgrunddessen, dass sie einen manchmal recht tiefen Einblick bekommen, vor allem einen tieferen Einblick als ein Kinderarzt in seiner Praxis, sind sie in einer wichtigen Position, um Präventivmaßnahmen einzuleiten. Sie werden auch dazu ermuntigt, andere Stellen zu kontaktieren, wie z.B. den Kinderarzt, ob ihm auch schon etwas aufgefallen ist oder eben das Jugendamt.
Man muss dann eben im Einzelfall das Recht der Eltern auf Datenschutz (§ 253 StGB) gegen das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrheit abwägen. Der beschriebene Fall ist dabei in einer ziemlichen Grauzone, weil die Mutter ja körperliche Übergriffe abstreitet. Wenn die Eltern keine Veränderungswilligkeit zeigen, kann die Hebamme das Jugendamt gegen den Wunsch der Eltern informieren. Man muss die Eltern aber darüber informieren, dass man ihr Recht auf Datenschutz missachtet. Ich hab dazu mal diesen Leitfaden für Hebammen gefunden.
Die Hebamme in dem beschriebenen Fall handelt also streng nach Vorschrift und hat alles richtig gemacht. Es bleibt einzig die Frage, ob die Situation in der Familie wirklich so gravierend ist. Aber die Frau kann ja auch lügen und der Mann ist schon gewalttätig geworden. Vielleicht hat die Hebamme genau diesen Verdacht. Ich denke, man sollte lieber einmal zu viel melden als einmal zu wenig. Es gibt genug Berichte von bis zum Tode vernachlässigten oder misshandelten Kindern. Danach sind die Beschwerden immer groß, warum niemand eingeschritten ist. Diese Last wollte sich diese Hebamme eben nicht aufbürden, was ich sehr gut verstehen kann.
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