Lernkonzept "Lesen durch Schreiben" in Grundschule

vom 10.11.2013, 12:47 Uhr

"Lesen durch Schreiben" ist ein von einem Schweizer Reformpädagogen entwickeltes Lernkonzept, das heute in vielen deutschen Grundschulen angewendet wird. Die Grundannahme des Konzeptes ist, das Kinder sich die Schriftsprache selbst erarbeiten können. Zuerst sollen sie die Wörter nur nach Gehör schreiben und dabei eine sogenannte Anlauttabelle als Hilfe verwenden. Die Korrekte Rechtschreibung sollen die Kinder dann im Laufe der Zeit von alleine lernen, soweit die Theorie.

Diese Lernkonzept war diese Woche Thema in Stern TV. Ich muss sagen, dass ich zum ersten Mal davon gehört habe. Mein Kind geht aber auch noch nicht zur Schule. Angestoßen wurde die Diskussion wohl von einem Vater, der von seiner 10-jährigen Tochter einen Brief mit folgendem Text bekommen hatte: "Liba Fata, ales gute zum Fatatak. Ich hap dich lib". Das Mädchen hat in der Schule nach diesem Konzept gelernt. Andere Eltern haben berichtet, dass ihre Kinder auf der weiterführenden Schule sehr schlechte Noten in Diktaten geschrieben haben, weil alles voller Rechtschreibfehler war. Anscheinend wurden ihre Fehler über die ganze Grundschulzeit von den Lehrern kaum bis gar nicht korrigiert. Seit der Einführung dieses Konzepts soll den Lehrern weiterführender Schulen verstärkt schlechte Rechtschreibung bei ihren Schülern aufgefallen sein. Kommasetzung soll bei Kindern, die nach "Lesen durch Schreiben" gelernt haben, praktisch gar nicht mehr stattfinden.

Nach welcher Methode lernen eure Kinder in der Grundschule das Schreiben oder haben es gelernt? Kennt ihr "Lesen durch Schreiben" und habt ihr Erfahrungen damit? Was haltet ihr davon? Glaubt ihr, dass sich Kinder die korrekte Schriftsprache selbst erarbeiten können, oder teilt ihr die Meinung vieler Kritiker, dass das absolut nicht funktionieren kann? Wenn Kinder Wörter nur nach Gehör schreiben, ist es schließlich nur logisch, dass vieles falsch gemacht wird, da nicht jeder Buchstabe gesprochen immer gleich klingt. Diese Fehler werden zur Gewohnheit und müssen mühsam wieder abtrainiert werden.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



So ähnlich haben es meine Töchter in Thüringen auch in der Schule gehabt. Und ich halte von diesem Konzept rein gar nichts. Denn es ist schwer einmal erlernte Fehler dann abzustellen. In Sachsen wurde dann Buchstabe für Buchstabe gelehrt. Dazu gab es sogenanntes Buchstabenheft. Am Anfang sollten die Kinder für den neuen Buchstaben Bilder malen oder einkleben. Die Bilder bedeuteten Worte mit dem selben Buchstaben am Anfang.

Später sollten dann gleich Wörter dazu selbst geschrieben werden. Sicherlich ist manchmal die Rechtschreibung bei den Kindern noch recht eigensinnig. Aber zumindest haben sie sich nicht von Beginn an die falsche Schreibweise eingeprägt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich halte auch überhaupt nichts davon, denn Schrift ist etwas anderes als das gesprochene Wort und sollte auch als etwas Eigenständiges behandelt werden. Mir fällt immer wieder auf, wie viele Rechtschreibfehler und vor allen Dingen Kommafehler selbst Abiturienten machen. Ich habe einmal ein Referat meines jüngsten Sohnes angeschaut und war schockiert - vor allen Dingen darüber, dass der Lehrer das wohl nicht so eng gesehen hat. Ich hätte es mit Mangelhaft bewertet, er hat aber ein Gut dafür bekommen.

Ich weiß zwar nicht mehr, ob mein jüngster Sohn, ein Nesthäkchen, das Schreiben anders gelernt hat als seine älteren Geschwister, aber er macht wesentlich mehr Fehler. Mir ist aufgefallen, dass die Lehrer das viel zu sehr tolerieren und sich Fehler kaum in der Note niederschlagen. Ich meine, dass das früher anders war.

Wenn man nur nach dem Hören schreibt - wie sollen denn dann Engländer das Schreiben lernen? Schreiben dann Hamburger anders als Bayern und diese wiederum anders als Rheinländer?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich kannte das bisher nicht, dass man versucht, Kindern das Schreiben so beizubringen. Wenn etwas besser ist, sollte man es machen. Aber auf Kosten der Kinder ihnen eine neue Lehrmethode aufzuzwingen, bei der sie kläglich versagen, ist nicht zu verantworten. Die Zeilen aus dem Brief der Zehnjährigen haben bei mir Entsetzen hervorgerufen. Was machen die Verantwortlichen bloß mit den Kindern? Es sind doch keine Versuchskaninchen. Da ist es angebracht, dass alle betroffenen Eltern gemeinsam gegen vorgehen. Denn die Kinder sind später die Leidtragenden.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, in der ich das Schreiben und auch das Lesen gelernt habe. Und bei mir war das eher so, dass ich selber sehr neugierig war und sehr sehr viel gelesen habe. Ich habe damals die Micky Mouse Comics gelesen und habe so das Lesen, aber auch das Schreiben sehr gut lernen können. Natürlich hatte ich in der Schule auch Unterricht, aber wir hatten halt den klassischen Unterricht, also das man das Alphabet lernt und so weiter. Ich saß immer Abends noch zu Hause und habe gelesen. Ich denke schon, dass mir das sehr geholfen hat.

Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich von deiner genannten Methode auch noch nix gehört und muss auch sagen, dass diese Methode irgendwie sehr komisch auf mich wirkt. Und es ist ja wohl auch so, dass diese Methode nicht wirklichen Erfolg hat. Hoffentlich wird dagegen etwas getan, da so etwas sehr wichtig ist, also wie man schreiben lernt.

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» turkeyboii » Beiträge: 601 » Talkpoints: 3,94 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Meine Kinder gehen zwar noch nicht zur Schule, aber meine Tochter wird nächstes Jahr zur Schule gehen müssen. Meine kleine Schwester geht aber zur Schule und dort wurde nicht nach dem Motto "Lesen durch Schreiben" das Schreiben erlernt. Ich habe die Sendung bei Stern TV auch gesehen und mir beide Meinungen angehört, aber ich teile wirklich die Meinung der Kritiker. Ich bin mal gespannt, auf welche Art und Weise meine Tochter das Schreiben lernt und ich hoffe ja, dass meine Tochter nicht nach der Methode "Lesen durch Schreiben" lernen muss.

Wie man an den Statistiken und den Kindern sehen kann, scheint die Methode "Lesen durch Schreiben" nicht wirklich erfolgreich zu sein. Natürlich ist es so, dass sich nicht jeder Buchstabe gleich anhört, aber die Kinder das "B" und "P" zum Beispiel beim Hören nur schlecht unterscheiden können, weshalb es natürlich nur logisch ist, wenn die Kinder Rechtschreibfehler beim Schreiben machen. Ich denke auch, dass diese Lernmethode den Kindern nicht weiter hilft und es danach nur mühsam wird, den Kindern das erlernte wieder abzutrainieren.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich habe noch keine Kinder, kann mich aber daran erinnern, dass ich damals erst einmal einzelne Buchstaben gelernt habe und dann immer Worte zusammengesetzt habe, die vom Lehrer auch kontrolliert wurden. Damals habe ich auch sehr viel gelesen, so dass ich viele Worte bereits schon kannte. Dieses Prinzip, die Worte so aufzuschreiben, wie man sie hört, habe ich schon vor längerem gehört. Aber ich finde es absolut schwachsinnig, da die meisten Grundschullehrer die Kinder nicht verbessern, da für diese die Rechtschreibung noch nicht wichtig ist.

Ich fände es nicht gut, wenn ein solches Konzept weiter ausgeführt werden würde. Immerhin prägen sich die Fehler für die Kinder ja dann ein. Und das ist ja nicht Sinn und Zweck doch Sache. Es ist ja logisch, dass die Kinder Fehler machen, wenn sie nach Gehör schreiben, wie du schon in deinem Eingangspost geschrieben hast.

» cupcake03 » Beiträge: 1152 » Talkpoints: 29,50 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Meine Kinder haben noch ein paar Jahr bis sie in die Schule kommen, aber ich hoffe bis dahin hat sich die Methode schon wieder erledigt. Sicher es mag sein, dass es wenige Kinder gibt, die damit tatsächlich besser lesen und schreiben lernen als mit der herkömmlichen Methode, aber für die Mehrzahl wird es schwer später einmal richtig zu schreiben.

Die Methode hat ja von Haus aus schon einen gewichtigen Nachteil, den sie nie ausgleichen kann. Man schreibt im Deutschen einfach oftmals nicht so wie man die Wörter spricht. Damit können ja gerade kleine Kinder, die zwischen unsauberer Aussprache oder tatsächlich falscher Aussprache kaum unterscheiden können, doch gar nicht fehlerfrei schreiben lernen. Sie lernen ja viele Wörter falsch schreiben obwohl sie eigentlich alles richtig machen, weil sie ja das schreiben, was sie hören.

Zudem finde ich es ganz persönlich schwachsinnig zweimal schreiben zu lernen. Mit dieser Methode lernen sie ja einmal so zu schreiben wie sie es hören und machen dabei eben auch viele Fehler, die die Methode toleriert. Und wenn sie dann schreiben können, fängt man wieder an ihnen beizubringen, wie man richtig schreibt. Wie soll denn da ein Kind noch die erlernte Lust am schreiben behalten, wenn ich in der 4 oder 5.Klasse dem Kind zeige, dass es doch eigentlich dauernd alles falsch schreibt?

Ich hoffe also, dass diese Methode als flächendeckendes Instrument um Schreiben zu lernen schnell wieder abgeschafft wird und klassisch gelehrt wird. Es ist doch nicht so, dass wir alle nicht schreiben und lesen können.

» Klehmchen » Beiträge: 5492 » Talkpoints: 1.014,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Dadurch, dass meine Tochter eine auditive Wahrnehmungsstörung hat, ist diese Methode für sie vollkommen ungeeignet, um so das Schreiben zu erlernen. Trotzdem wird das bei ihr an der Schule und auch in der Klasse so beigebracht. Ich habe also am eigenen Kind erfahren dürfen, dass diese Methode für die Tonne ist. Meine Tochter schrieb in einem Diktat mit 5 Wörtern ganze 8 Fehler dort hinein. Sie kann es eben halt einfach nicht besser, sie kann es eben halt nicht richtig hören, dafür kann sie nun einmal nichts. Dann kam sie in den Förderunterricht, wo sie es alles noch einmal durch eine andere Art beigebracht bekommen hat und seit dem geht es auch einigermaßen.

Meine Tochter muss halt viel visuell lernen und arbeiten, um gute Ergebnisse erzielen zu können, so lernt sie für Diktate zum Beispiel am besten, wenn sie die Wörter nur oft genug sieht, wie sie richtig geschrieben werden und nicht indem ich ihr die Wörter gefühlte zehntausend mal runter diktiere, weil das eben halt nichts bringt, weil sie es immer und immer wieder falsch heraus hören wird.

» freedomsfly » Beiträge: 120 » Talkpoints: 46,90 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich verstehe den Grundgedanken hinter dieser Methode überhaupt nicht, wobei dieses Unverständnis rein auf gesundem Menschenverstand basiert. Also ich verstehe nicht, was es für einen Vorteil bringen könnte, wenn man etwas erst mal falsch lernt und später dann noch mal richtig lernen muss. Selbst wenn das richtige Lernen schwerer ist und länger dauert als das falsche Lernen bringt das doch keinen Vorteil und es macht das richtige Lernen hinterher noch schwerer.

Ich habe mal gelesen, dass sich dadurch die Zahl der Kinder, die an einer weiterführenden Schule mit Lese-Rechtschreibschwäche auffallen drastisch erhöht hat und das bedeutet ja dann, dass diese Kinder in fast allen Fächern Probleme haben werden. Selbst in Mathematik muss man Textaufgaben lesen und verstehen können bevor man sie ausrechnet.

In einer idealen Umgebung wird ein Kind wahrscheinlich trotz dieser Methode vernünftig schreiben lernen, weil die Eltern die Hausaufgaben durchschauen und die Fehler korrigieren werden und weil das Kind Bücher hat und in denen natürlich auch sieht, wie die Wörter richtig geschrieben werden. Aber eigentlich sollte es ja nicht die Aufgabe der Eltern sein die Fehler der Lehrer zu Hause auszubügeln und extra Förderunterricht sollte man deshalb auch nicht nehmen müssen. Und außerdem sorgt man so dafür, dass die Kinder, die von Haus aus eh schon benachteiligt sind, weil sich niemand kümmert und den ganzen Tag nur der Fernseher läuft oder weil sie irgendwelche Defizite haben, noch weiter benachteiligt werden.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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