Jede Zeit mit Kindern zur 'Quality time' machen?
Das Modewort 'Quality time' beschreibt eine sinnvoll und intensiv genutzte Zeit mit den Kindern, gerade dann, wenn man wenig Zeit mit diesen verbringt. Aber ist es nicht ein wahnsinniger Stress sowohl für die Eltern als auch für die Kinder, wenn man jede Zeit mit dem Kind zur qualitativ hochwertigen - was immer das sein mag - Zeit machen muss? Ist es denn nicht manchmal für Eltern und Kinder schöner, einfach zweckfrei zu spielen oder nur da zu sein, wenn das Kind im Kinderzimmer alleine versunken vor sich hin spielt, als unbedingt in den Zoo zu gehen oder das neueste pädagogisch wertvolle Bastelmaterial auszuprobieren?
Was haltet ihr vom Begriff der 'Quality time'? Muss jede Zeit mit Kind eine besondere Qualität haben?
Für mich hört sich diese Zeit so durchgeplant an und das ist dann für uns überhaupt nichts. Wir entscheiden immer spontan was gemacht wird. Da gibt es keinen Plan. Das ist unsinnig den die Kinder haben ihren eigenen Kopf. Ok, Quality Time kann auch heißen das diese Zeit einfach intensiv mit den Kindern genutzt wird, egal was gemacht wird, aber ich denke dass man es dann trotzdem plant. Gerade wenn man so wenig Zeit hat und viel zu viel vornimmt.
Von solchen Modeerscheinungen halte ich überhaupt nichts. Was soll das denn? "Quality Time", wieder so ein toller Begriff mit dem die meisten Eltern eh nichts anfangen können. Man soll seine Kinder mit Liebe erziehen und mit ihnen seine Zeit verbringen. Ich muss nicht jedesmal ein riesengroßes Programm abspulen, wenn ich mal Zeit für meine Kinder habe. man kann die Zeit auch mal mit Faulenzen, Mußestunden und Albernheiten verbringen. Genauso fördernd wie ein Zoobesuch kann auch eine Balgerei auf dem Teppich sein, wenn der Papa mit dem Sohn oder der Tochter tobt.
Die Zeit mit den Kindern muss nicht immer von vorne bis hintern geplant sein. Wo bleibt denn heute die Spontanität. Da hört man von den Schulfreunden, das Sohn "X " mit seiner Familie in einem Freizeitpark war, Tochter "Y" war mit Ihrem Vater zum Klettern im Wald, der Nächste war auf einer Kartbahn. Gibt es heute keine Familien mehr die mit ihren Kindern einfach mal ins Schwimmbad gehen oder in den Wald? Muss es immer das Außergewöhnliche sein?
Es gibt heute immer wenige Eltern, die ihr Kind einfach mal im Kinderzimmer spielen lassen oder noch besser, sich einfach dazu setzen und mitspielen. Dabei hat man doch alle Möglichkeiten, Egal ob man nun mit den Legosteinen eine Fantasiewelt baut oder vielleicht noch die Eisenbahn vom Opa hervorholt, Möglichkeiten gibt es doch genug. Auch mal zusammen im Kinderzimmer liegen und ein Buch lesen oder eine Budenstadt bauen, alles Sachen die kein oder nur wenig Geld kosten und trotzdem viel Spaß machen.
Der Begriff kommt aus den USA, dort gibt es den schon viel länger als hierzulande. Ich finde das okay, aber nur gelegentlich. Ab und an sollte man natürlich in den Zoo gehen oder etwas unternehmen, zumindest in den Ferien, was wir auch letzte Woche getan haben.
Aber im Alltag sehe ich das auch so, dass das gar nicht machbar ist. Ich bin alleinerziehend und oft nach der Arbeit geschafft, die Kinder sind auch bis 16.30 im Hort und der Große hat 2x wöchentlich Fußball bis 19h. Da geht das schon zeitlich gar nicht wirklich, "quality time" zu verbringen.
Auch am Wochenende in der Schulzeit ist das nur bedingt möglich, da ich oft am Wochenende einiges erledigen muss, was unter der Woche liegengeblieben ist im Haushalt. Wobei ich schon versuche, zumindest 2x im Monat ein Wochenende mit einem schönen Tag einzuplanen, sei es nun Freizeitpark oder Zoo.
An sich finde ich die Idee also gut, mit den Kindern etwas Besonderes zu unternehmen, nur sollte das kein Zwang sein, immer geht das eben nicht, und das ist auch nicht Sinn und Zweck der Sache.
Der Begriff ist eine nette Wortschöpfung für diejenigen, welche ihre persönlichen Bedürfnisse sowie dem eigenen Wunsch nach Karriere über die Interessen der eigenen Kinder stellen. Ich persönlich sehe darin lediglich eine Abwägung und - unabhängig wie man persönlich dazu stehen mag - man darf diese nicht verurteilen oder negativ bewerten. Es mag Menschen geben, die wissen, dass die eigenen Kinder auch nur eine Phase im Leben einnehmen und man daher lieber auf ein Leben baut, welches diese Kinder auch als solche behandelt.
Weil aber die Gesellschaft so was als Rabenmütter oder Rabenväter stigmatisiert (und eben mit einem negativen Image versieht, was auch die Ambitionen hinsichtlich der Karriere beschädigen könnte!), ist man dazu übergegangen, die wenige Zeit als "Quality Time" zu benennen. Was die Frage aufwirft, wie man die restliche Zeit benennen würde, wenn man "mehr Zeit" für die Kinder hätte. Die Idee der "Quality Timer" setzt ja dann auch darauf, dass die Kinder wie Maschinen oder Computer genau dann die Zeit des Elternteils brauchen, wenn dieser diese "Quality Time" erbringen kann. Das aber funktioniert ja noch nicht mal bei Haustieren.
Ich bin natürlich kein Pädagoge und auch kein Psychologe. Aber - das ist eben eine Laienmeinung - ich finde dies schon eher heuchlerisch und anmaßend, hier Zeiten mit den eigenen Kindern begrifflich aufwerten zu wollen. Es unterschlägt die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder und diskreditiert alle Eltern, welche eben "normale" Zeit (also ihre Lebenszeit) mit den Kindern verbringen. Das schließt auch Zeiten ein, in welchen die Eltern selbst genervt sind als auch die Zeiten, in denen die Kinder in schwierigen Phasen sind und nicht für "Quality Time" empfänglich wären.
Das geht ja gar nicht. Ich kann nicht jede Zeit, die ich mit meinem Kind verbringe als qualitativ hochwertig bezeichnen. Manchmal oder besser gesagt meistens muss man ja auch Dinge tun, die man eben tun muss. Wenn ich meinem Kind die Haare föhnen muss und es davon genervt ist, dann ist das mit Sicherheit keine Quality Time. Aber es ist auf jeden Fall Zeit, die wir gemeinsam verbringen und die auch zum Leben dazu gehört.
Genauso das morgendliche Anziehen. Ich kann daraus nicht jeden Morgen einen Akt wie aus dem Bilderbuch machen. Manche Situationen erfordern es, dass es auch mal schnell geht und dann hat niemand von uns Spaß daran und das ist einfach keine Quality Time. Meiner Ansicht nach ist das also gar nicht möglich. Ich müsste ja jeden einzelnen Tag mit meinem Kind genau durchdenken und so planen, dass jeder Moment für das Kind höchst prägend, bildend und liebevoll ausfällt. Das ist im Alltag nicht möglich. Jedenfalls in meinem Alltag nicht. Bei Spielen oder Ritualen am Abend ist es anders, aber dazwischen liegen eben auch noch zig Momente, die alles andere sind als Quality Time.
Ich glaube eigentlich, dass heute die Tage von Kindern und Familien so oder so viel zu zugestopft sind und diese Quality Time Ansprüche nur irgendwelche Defizite ausgleichen sollen und dabei letztlich alle mehr oder weniger überfordern. Und am Ende hat man Kinder, die nichts mit sich anzufangen wissen, wenn die Eltern kein Programm aufwarten können und wollen.
Das heißt also im Umkehrschluss, dass all die Zeit, mit denen man mit den Kindern isst, aufräumt, Geschirr spült, Wäsche hängt, Laub fegt und andere banale Dinge des Alltags qualitativ minderwertige Zeit ist? Kinder sollten also folglich vom Alltag oder um es neudeutsch zu sagen vom real life so weit es geht fern gehalten werden?
Und was bitte privilegiert jetzt meine Kinder mir gegenüber, dass ich mich als vollwertiger Mensch mit solch minderwertigen Aktivitäten herum schlagen muss? Oder ist diese quality time Angelegenheit nur was für Reiche und Schöne, die sich Nannys, Köche und Reinigungskräfte leisten können?
Ich würde für meine Kinder so ein Konstrukt nicht wollen. Dazu kenne ich viel zu viele Kinder, die von ihren berufstätigen Eltern so verwöhnt werden, dass sie vor lauter Aktivitäten gar nichts mehr zu schätzen wissen und schon total gelangweilt sind, wenn die Eltern "nur" Wildwasserrafting anbieten und nichts ungewöhnliches. Solche Kinder sind für mich fast schon Opfer der Wohlstandsverwahrlosung.
Aber um Missverständnisse auszuschließen: Natürlich sollten sich gute Eltern um ihre Kinder kümmern und Zeit mit ihnen verbringen und die Kinder nicht nur in Betreuungseinrichtungen oder noch schlimmer, nur vor der Glotze abstellen. Das meine ich damit auch nicht.
Bislang habe ich eine so genannte Qualitätszeit für Kinder eher als etwas gesehen, womit man sich direkt Zeit für die Kinder nimmt und sich weder von einem Klingeln des Telefons noch von irgendetwas anderes ablenken lässt. Allein das Kind/ die Kinder zählen. Was gemacht wird, entscheiden die Kinder, es kann etwas banales wie vorlesen sein, aber genauso kann man eben auch zusammen spielen, spazieren gehen oder auch einen Ausflug machen.Man nimmt sich eben bewusst einfach nur Zeit und lässt alles andere auf sich beruhen, selbst, wenn die Welt über einen einbricht.
Gerade in einer Zeit, in der Kinder oft fremd betreut werden, ist doch die bewusste sich Zeit für sein Kind nehmen etwas Schönes, was sich auch im Alltag umsetzen lässt. Ein paar Minuten abzuknapsen, kann da schon sehr hilfreich und sinnvoll sein, wichtig ist aber dann, dies immer in etwa zum gleichen Zeitpunkt zu machen, sofern es machbar ist.
Ich kann mit dieser Quality Time ehrlich gesagt auch nicht sonderlich viel anfangen. Wenn ich Zeit mit meinem Sohn verbringe, dann versuche ich nicht immer, etwas Besonderes zu machen. Es genügt oft schon, wenn wir ein schönes Spiel zusammen spielen oder ich ihm eine Geschichte vorlese. Ich habe vor knapp 3 Wochen Zwillinge zur Welt gebracht und das ist echt ein Fulltime Job. Das bedeutet auch, dass mein Sohn zwangsläufig ein wenig zurückstecken muss. Ich versuche dann, mir täglich extra Zeit für ihn und seine Bedürfnisse zu nehmen und er freut sich dann auch immer total. Wir müssen dann nichts ins Kino, in den Zirkus oder sonst wo hingehen. Ihm genügt es einfach, Zeit mit Mama alleine zu verbringen. Das ist für ihn dann schon eine Art Quality Time, wenn man ihn fragen würde. Für andere wäre das wohl eher normaler Alltag. Kommt auch immer auf die Sichtweise an.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-226931.html
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Hello Fresh Box als Alternative zu Fertigmenüs nutzen? 2578mal aufgerufen · 9 Antworten · Autor: Fugasi · Letzter Beitrag von Klehmchen
Forum: Essen & Trinken
- Hello Fresh Box als Alternative zu Fertigmenüs nutzen?
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung 1197mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Triops · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern? 1244mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: ZappHamZ · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern?
- Intimrasur - Bekomme immer Pickel! 1651mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Wifey · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Fingernägel, Haut & Haare
- Intimrasur - Bekomme immer Pickel!
- Anleitung für Star Frisur 1346mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Osterhasi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Fingernägel, Haut & Haare
- Anleitung für Star Frisur