In welchen Fällen macht eigene Vertretung vor Gericht Sinn?

vom 03.11.2013, 01:17 Uhr

Professor Doktor Sch. ist ein studierter Theologe und Philosoph. Er sinniert gerne über die Welt, lässt aber ungern andere Meinungen gelten. Aus diesem Grund kommt es auch immer wieder zu Streitigkeiten mit Nachbarn und anderen Leuten. Mittlerweile werden diese Streitigkeiten wohl demnächst auch vor Gericht landen, da Professor Doktor Sch. sich überall so unbeliebt macht.

Professor Doktor Sch. ist der Meinung, dass er aufgrund seiner umfangreichen Ausbildung so gebildet und redegewandt ist, dass er sich selber vor Gericht verteidigen kann. Ist es aber überhaupt sinnvoll, sich selbst vor Gericht zu vertreten? In welchen Fällen macht die eigene Vertretung vor Gericht überhaupt Sinn? In welchen Fällen ist eine eigene Vertretung vor Gericht überhaupt möglich?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich kenne den rechtlichen Rahmen nicht, wann man sich selber vertreten darf und wann nicht, aber da fängt es schon an. Als Laie hat man ja keine Ahnung, was da alles auf einen wartet. Reden kann man ja gerne, aber das ist nicht alles, man muss auch wissen, was man wann beantragen muss, welche gesetzlichen Festlegungen es gibt und so weiter. So leicht ist das sicherlich nicht und am Ende wird man sich wohl eher schaden, wenn man sich das Geld für den Anwalt sparen will. Es sind ja auch bestimmte Sachen vor Gericht einzuhalten.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


In Zivilsachen ist es so, dass man sich nur vor dem Amtsgericht selbst vertreten kann. Vor das Amtsgericht kommen alle Streitigkeiten, bei denen der Streitwert genau 5000,- Euro oder darunter beträgt, sowie alle Rechtsstreitigkeiten, die mit Ansprüchen aus einem Mietverhältnis in Zusammenhang stehen.

Ist jedoch der Streitwert höher als 5000,- Euro, so kann man sich als "Nicht-Jurist" im Umkehrschluss nicht mehr selbst vertreten. Vor den Landgerichten (und aufwärts, also Oberlandesgerichte, Bundesgerichtshof...) gilt Anwaltszwang.

Wenn also im genannten Beispielsfall Professor Doktor Sch. vor dem Landgericht verklagt werden würde, dort hinkommt und eine Prozesshandlung vornehmen möchte (beispielsweise den Klageanspruch anerkennen oder irgendeinen Antrag stellen möchte, etwa Antrag auf Klageabweisung), so wird er damit vor Gericht nicht gehört. Das Gericht wird ihn belehren, dass er ohne Anwalt nicht wirksam verhandeln kann - über welche Vorbildung er verfügt, ist völlig irrelevant (sofern er eben nicht Volljurist oder Universitätsprofessor für Rechtswissenschaften ist). Nimmt Professor Doktor Sch. sich daraufhin immer noch keinen Anwalt, so wird er so behandelt, als sei er gar nicht erschienen und es wird ein Versäumnisurteil gegen ihn ergehen. Dagegen kann er (wiederum nur mit anwaltlicher Unterstützung) Einspruch einlegen. Der Anwalt ist im sogenannten Anwaltsprozess also quasi das "Sprachrohr" für seinen Mandanten und dessen Prozessvertreter - nur unter Einschaltung des Anwalts kann der Mandant wirksam Prozesshandlungen vornehmen.

In den allermeisten Fällen macht es meiner Meinung keinen Sinn, sich vor Gericht selbst vertreten zu wollen, sofern man nicht über eine umfangreiche juristische Vorbildung verfügt. Wie Ramones schon richtig sagte, es gibt zahlreiche Fallstricke, über die sich der Laie in der Regel noch nicht mal bewusst ist. Mit einem falschen Satz oder gar Wort kann man sich schnelle einen Prozess "kaputt machen", den man andernfalls vielleicht sogar gewonnen hätte...

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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