Schlechtes Gewissen, weil Müllsammler etwas weggenommen?
Mir ist letztens Folgendes passiert: Meine Freundin war gerade zu einem kurzen Spaziergang aufgebrochen und rief mich per Handy an, unten neben den Mülltonnen stehe ein Stepper. Ich hatte vorher öfter mit ihr darüber gesprochen, mir ein Trimmrad oder anderes Heim-Fitnessgerät anschaffen zu wollen, so dass es wie ein "Geschenk des Himmels" schien, nun umsonst so einen Stepper bekommen zu können. Bei unseren Mülltonnen stehen öfter Dinge, die noch gut zu gebrauchen sind, im Sommer haben wir mal noch original eingepackte Puzzles gefunden.
Auf dem Rückweg klingelte meine Freundin mich an, damit wir gemeinsam den Stepper (es ist ein größeres Teil mit Haltegriffen) nach oben tragen könnten. Aus dem Treppenhaus sah ich schon, wie ein Mann sich an den Gerät zu schaffen machte, eine der großen Mülltonnen von ihrem Platz vor einer Bretterwand vorzog und den Stepper daraufhin zwischen Wand und zurückgeschobener Mülltonne versteckte. Dieser "Müllsammler" ist öfter bei uns mit einem Fahrrad mit Anhänger unterwegs und sucht nach Verwertbaren. Allerdings hatten wir den Stepper ja strenggenommen zuerst gesehen. Der Müllsammler fuhr wieder weg, da er das Teil mit dem Fahrrad offenbar nicht transportieren konnte (deshalb hatte er es ja versteckt).
Da wir beide im Moment sehr wenig Geld haben, sahen wir es nicht ein, uns diese Gelegenheit entgehen zu lassen, zogen die Mülltonne wieder vor und schleppten den Stepper in unsere Wohnung - er funktioniert (bis auf das Display) noch tadellos und ist seitdem auch regelmäßig in Benutzung. Dennoch habe ich manchmal ein leicht schlechtes Gewissen, wenn ich daran denken muss, wie dieser Mann später wahrscheinlich umsonst zurückgekommen ist und enttäuscht war, dass sein Fund nicht mehr da war.
Wie seht ihr diese Begebenheit? Ist es egoistisch, wie ich mich verhalten habe? Der Mann hätte das Gerät vielleicht für ein paar Euro verhökert, ich aber benutze es jetzt immer. Gilt hier das Motto: "Zuerst gesehen, zuerst gehandelt - meins!" oder wäre es "sozialer" gewesen, ihm den Stepper zu überlassen?
Ich bin ähnlich zwiegespalten wie du. Beim Müllsammeln gilt eigentlich schon, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Man hat ja keine Besitzansprüche auf die Teile. Und es passiert sicher öfter, dass einem mal etwas vor der Nase weggeschnappt wird. Andererseits ist dieser Mann in einer wirklich unglücklichen Situation, wenn er schon professionell Müll sammelt. Ihr habt vielleicht gerade wenig Geld, aber ihr habt mit Sicherheit einen ganzen Haufen mehr als er. Also ich kann dein schlechtes Gewissen schon gut nachvollziehen.
Dass du den Stepper aber benutzt und er ihn verhökert hätte, ist kein Argument. Auf diese Weise wäre er letztlich auch bei jemanden gelandet, der ihn benutzt. Und der Müllsammler hätte mit dem Geld sicher etwas anfangen können.
"Streng" genommen gehört der "Stepper" weder dir oder deiner Freundin noch hätte der "Müllsammler" das Recht, den Stepper einfach mitzunehmen! Nur weil der Müll entsorgt wird, heißt das nicht, dass der allgemein verfügbar wäre. Will man die Sache "streng" korrekt handhaben, müsste man den Eigentümer ausfindig machen und ihn fragen, ob man das Teil haben kann.
Ansonsten bringt das "zuerst gesehen" auch nicht viel. Schließlich gibt es keine Grundsatzregel, die klären würde, wie in so einem Fall vorzugehen ist. Wer sollte wie beweisen, wann was zu erst gesehen wurde? Und was bedeutet "gesehen" konkret? Das da so ein Teil steht oder das man erkannt hat, dass es nutzbar ist? Hier gilt eben im Zweifel immer: wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Und in dem Fall hast du das Rennen gemacht.
Ein schlechtes Gewissen ist unangebracht, weil auch der Müllsammler nicht fest davon ausgehen konnte, am Ende das Teil zu bekommen. Schließlich ist er gegangen und wenn die Müllabfuhr an dem Tag früher gekommen wäre (aus welchem Grund auch immer), wäre es eben auch weg gewesen.
Sobald der Müll in der Tonne ist, ist er strenggenommen dem Unternehmen, dass den Müll abholt. Gleiches gilt für Sperrmüll! Dass sich daran nicht alle halten und es eher weniger Anzeigen gibt, zeigt zwar nicht, dass es ok ist, aber es wird dann auch mal toleriert. Ebenso das Containern, wobei Lebensmittel aus den Mülltonnen der Läden gerettet werden. Da wird sich auch niemand von den Ladenbesitzern wagen, einen anzuzeigen, wenn niemand etwas beschädigt, das ist ja dann auch Imageschaden, der entsteht. Das Thema Lebensmittelverschwendung ist ja nicht gerade selten in den Medien.
Zurück aber mal zu deinem Stepper. Schlimm ist es, dass der Stepper vom Vorbesitzer nicht direkt noch verkauft oder generell über das Internet verschenkt wird. Es gibt so viele Gruppen bei Facebook, ebay Kleinanzeigen, etc.
Diese Verschwendungswut, alles wegschmeißen zu müssen, auch wenn es noch funktioniert, ist grausam. Daher ist es in meinen Augen auch egal, wer von euch den Stepper genommen hat. Da du ihn vermutlich dann auch nutzen wirst, anstatt ihn zu Geld zu machen, ist das vollkommen ok. Ihr solltet euch eher Gedanken machen, was wirklich kaputt ist und weggeschmissen werden kann, statt es zu verkaufen/verschenken, anstatt ein schlechtes Gewissen zu haben, es jemanden wegzunehmen. Klar, die feine englische Art war es nicht, aber so egoistisch sollten wir auch mal sein, wenn das Geld knapp ist!
In diesem Fall hätte ich kein schlechtes Gewissen. Hier herrscht, so brutal es klingen mag, das Recht es Stärkeren, also das "Recht" desjenigen, der sich das Teil zuerst mitnimmt. Es ist nicht geregelt, dass derjenige, der es zuerst gesehen hat, es sich zurücklegen darf, selbst wenn er einen Zettel draufklebt.
Man muss natürlich im individuellen Fall entscheiden, ob hier der Eigennutz das Handeln bestimmt oder das Mitleid mit dem unbekannten Müllsammler. Ich hätte mir das Ding auch geschnappt, wenn ich es gerne gehabt hätte. Wenn man nach Reihenfolge denkt, ist es ja so, dass deine Freundin es zuerst gesehen hat. Sie hätte es sich ja auch "reservieren" können.
Gehören tut es ja keinem von euch beiden und im Grunde genommen hättet ihr beide geklaut, weil selbst Müll jemanden gehört und wenn er nicht mehr der Person gehört, die ihn entsorgt hat gehört er eben der Stadt oder der Müllentsorgungsfirma. Also hatte keiner von euch beiden ein Recht auf diesen Stepper.
Abgesehen davon kann ich deine Bedenken verstehen. Jedoch könnte der Mann ja auch arbeiten gehen und seinem Werk ja auch offiziell nachgehen. Es gibt doch auch Menschen, die legal Wertstoffe einsammeln und diese dann abgeben. Meiner Meinung nach war es schon gut, dass du das Ding genommen und benutzt hast.
Wenig überraschend habe ich noch eine rechtliche Anmerkung zu dem Thema:
Es stimmt, was viele hier geschrieben haben, dass Müll grundsätzlich den Entsorgungsbetrieben der jeweiligen Stadtwerke gehört - wohlgemerkt aber Müll IN der Tonne. Klar, werdet ihr jetzt vielleicht sagen, bei einem so großen Teil, was nicht in die Mülltonne passt, ist es doch aber im Prinzip dasselbe, ob es neben der Tonne steht oder sich darin befindet.
In Berlin ist es aber (zumindest in unserer Gegend) so, dass Leute absichtlich Dinge, die "noch gut" sind, neben die Mülltonnen legen, mit dem Gedanken, dass sie vielleicht noch jemand gebrauchen kann. Das hat uns sogar unsere Vormieterin erzählt, als wir aus einer anderen Stadt hierher zogen. Als Beispiel die von mir bereits im Eingangspost erwähnten Puzzles: Einige waren noch original eingeschweißt, andere aber geradezu liebevoll mit Klebeband zugeschnürt, damit nichts herausfällt. Diese Person hätte die Puzzles auch in eine der Tonnen werfen können, dafür sind diese mehr als groß genug. Es kam ihr aber offenbar darauf an, dass jemand anderes vielleicht noch Freude an den Puzzles haben soll.
Ich würde in diesem Fall argumentieren, dass die Person, die den Stepper dorthin gestellt hat, ihn höchstwahrscheinlich (da noch funktionsfähig) jemandem überlassen wollte, der ihn noch nutzen kann - siehe geschilderte Gepflogenheiten in unserer Gegend. Es ist natürlich auch viel einfacher, das Ding einfach die Treppe herunterzutragen, als es zunächst als "zu verschenken" inserieren zu müssen. Daher hat diese Person sich des Eigentums an dem Stepper entledigt, das Eigentum jedoch nicht an die Stadtwerke übertragen, da sie es nicht als Sperrmüll ansah. Da es sich folglich um eine herrenlose Sache handelte, konnten daher meine Freundin und ich Eigentum daran begründen, ohne dass wir dabei einen Diebstahl oder eine Ordnungswidrigkeit begangen hätten.
@Kate110: Der Gedanke hinter solchen Versuchen, gebrauchsfähige Gegenstände auf diese Weise "sinnvoll" zu entsorgen, ist klar. Das Problem bei der Sache dürften die Auswüchse sein, die so was (schon mal) annehmen können. So kenne ich es von (ganz) früher, dass professionelle Verwerter durch die Gegend gefahren sind und dann Sperrmüll nach noch nutzbarem durchsucht haben. Leider standen die auf Grund größer werdenden Konkurrenz unter Zeitdruck und nicht selten wurde so der Platz in einem unglaublich wüsten Zustand hinterlassen. Dagegen wehrten sich eben die eigentlichen Entsorger, die am Ende ja "aufräumen" müssen. Und durch dieses Wehren wurde eben das selektive Sammeln von Sperrmüll verboten. Letztendlich gibt aber: wo kein Kläger, da kein Richter.
Ich habe es auch schon gesehen, dass jemand ein Fahrrad oder ein Möbelstück einfach mit einem Schild "Zu Verschenken" an die Straße gestellt hat, damit jemand es mitnehmen kann, der noch eine Verwendung dafür hat. Darum kann ich mir gut vorstellen, dass es in dem Fall auch ohne ein Schild genauso gedacht war. Wie es rechtlich aussieht, weiß ich trotzdem nicht, aber das soll ja auch gar nicht der Punkt sein. Ich kann es irgendwie verstehen, dass du ein schlechtes Gewissen hast, das hätte ich wahrscheinlich auch.
Der Mann war sich durch sein Versteck seiner Sache wahrscheinlich ziemlich sicher und wurde natürlich enttäuscht, als er den Stepper abholen kommen wollte. Ich denke auch, dass ein Müllsammler das Geld dringend gebraucht hätte, was er mit einem Verkauf eventuell hätte erzielen können. Aber ihr habt eben einfach schneller zugegriffen und die Gelegenheit genutzt. Ich denke, dass ich es in einem ähnlichen Fall genauso gemacht hätte.
Ich hätte wahrscheinlich eher ein schlechtes Gewissen, weil es eine Straftat ist. So weit ich das weiß, gehören die Sachen nämlich weder dir noch irgendeinem anderen Mitbürger und niemand hat ein Recht darauf solche Dinge einfach mitzunehmen.
Ansonsten fände ich das Verhalten wohl auch nicht so gut. Das erinnert mich ein bisschen an die Leute, die einem immer die Parkplätze vor der Nase wegschnappen obwohl man schon viel länger gewartet hat und sie sich einfach dazwischen drängeln. Also nicht gerade die feine englische Art.
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