Kinder immer ermuntern, ihre Fähigkeiten zu entfalten?

Kinder haben unterschiedliche angeborene Fähigkeiten, was leider in der sogenannten Frühförderung - ich sage immer Frühverhinderung - übersehen oder negiert wird. Ich bin der Meinung, dass man sich bemühen sollte, die individuellen Fähigkeiten der Kinder zu erkennen und zu fördern.

Manche Kinder bewegen sich gerne, andere spielen schon in jungen Jahren mit komplizierten Elektrobaukästen, wieder andere spielen stundenlang Rollenspiele mit ihren Puppen oder beobachten andere Kinder und es gibt welche, die leidenschaftlich gerne Geräusche mit Gegenständen, vielleicht erste Schritte zum Schlagzeuger, machen. Es gibt viele Talente, die Kinder besitzen.

Sollte man diese Talente immer fördern, auch wenn sie von den Eltern nicht erwünscht sind, wie beispielsweise laute Geräusche oder gefährliches Klettern auf Bäume? Gibt es vielleicht herausragende Talente, die man doch unterdrücken sollte, um ein zweites, aber weniger herausragendes Talent zu fördern? Als Beispiel könnte ich mir vorstellen, dass ein Kind sich extrem für andere Leute interessiert und diese ausfragt, sobald es die Gelegenheit dazu hat - vielleicht ein späterer Psychologe. Ich kenne ein solches Kind tatsächlich und die Eltern halten es immer davon ab, weil sie meinen, dass das Erwachsenen gegenüber unangemessen ist. Sollte man dieses Interesse irgendwie umleiten?

Man sollte die Interessen von Kindern immer fördern, wenn es einem möglich ist. Dennoch denke ich nicht, dass ein Kind, was bestimmte Sachen macht, später auch zwingend einen Beruf oder ein Hobby in die Richtung entwickeln muss. Wir entwickeln uns alle weiter und lernen auch immer wieder neue spannende Sachen dazu. Es ist nur sehr wichtig seine Kinder nicht zu überfordern und nicht vorgeprägt zu sein und sein Kind in eine Richtung drängen zu wollen.

Ein bestimmtes Interesse hat nicht zwangsläufig was mit dem späteren Berufswunsch zu tun. Mein Cousin beispielsweise interessiert sich sehr für Tiere. Besonders Fische und das Angeln haben es ihm angetan. Das hält ihn aber nicht davon ab, auch andere Tiere magnetisch anzuziehen. Er kam schon mit so manchen Sachen nach Hause. Er kam als Kind sogar einmal mit einem Rehkitz nach Hause und hat nicht wirklich verstanden, warum er das nicht durfte. Er hat auch schon mal Frösche gefangen oder andere Tiere. Die Tiere scheinen vor ihm komischerweise keine Angst zu haben und laufen auch nicht weg. Es ist eine besondere Gabe von ihm.

Da er so wissensdurstig ist, hätte ich eher vermutet, dass er in die Forschung geht und beispielsweise Haie erforscht oder andere Meerestiere über die man noch nicht so viel weiß. Als Tierarzt könnte ich mir ihn auch vorstellen. Aber er ist jetzt in der Pubertät und hat festgestellt, dass ihm theoretische Arbeit gar nicht liegt. Er möchte viel lieber körperlich arbeiten, beispielsweise auf dem Bau. Mir ist klar, dass er noch ein paar Jahre Zeit hat und man selten schon mit 14 genau weiß was man werden will. Aber im Moment sieht es nicht danach aus, als würde er sein Interesse an die Natur und insbesondere den Tieren zu seinem Beruf machen wollen.

Das Fördern der kindlichen Talente ist unglaublich wichtig, sollte aber nicht übertrieben werden. Kinder lernen oft ganz automatisch, ohne in eine bestimmte Richtung gedrängt zu werden. Das heißt, dass ein Interesse des Kindes an einem bestimmten Thema automatisch zur Förderung führt. Ein zu enges Fördern kann dabei verhindern, dass Kinder vielleicht andere Interessen, die sie vielleicht erst später entwickeln, richtig ausbauen können. Daher ist es zwar wichtig, frühkindliche Talente zu erkennen und zu fördern, dabei darf man aber nicht vergessen, dass Kinder auch noch andere Talente aufbauen können.

Ja, ich bin der Meinung durchaus, dass man Interessen, Neigungen und Fähigkeiten einem Kind zutrauen kann, die es weiter entwickelt. Da ein Kind nicht dazu in der Lage ist, selbst solche Interessen zu vertiefen, empfinde ich es durchaus, sein Kind genauer kennenzulernen und es zu beobachten, und eben da anzuschließen. So hast Du das nette Beispiel des Kletterns benannt, was derzeit auch recht aktuell ist. Ich würde dieses durchaus als Aufhänger nehmen, um eben Klettern zu üben, zumal es motorisch übt und einem Kind durchaus Selbstvertrauen verleiht. Für später wird es sicherlich andere Berufsziele haben, aber der entsteht eben schon aus Selbstvertrauen und die Möglichkeiten, sich auszutoben.

Man wird sicherlich nicht alle Interessen so vereinigen können, aber man sollte durchaus Schwerpunkte finden, an denen ein Kind aufbauen kann und auch soziale Kontakte pflegen kann. Das fängt ja bereits im Verein an und kann so nicht schaden. Und ich denke, gerade im sportlichen Sinne sollte man da Kinder ausprobieren lassen, genauso auch, wenn es gern singt oder malt/ sich künstlerisch betätigt. Anstelle die Tapete anzumalen, kann man da auch andere Möglichkeiten entwickeln und alternative Angebote zur Verfügung stellen.

Ganz klar sollte man die Talente von Kindern beobachten und wenn möglich auch fördern. Das heißt aber nicht, dass ich ein Kind fördern würde, das laute Geräusche macht. Um ein Musikinstrument spielen zu lernen, auch beim Schlagzeug, sind nicht laute Geräusche vonnöten, sondern Musikverstand. Was du als Talent bezeichnen würdest, wenn ein Kind Leute ausfragt, ist für andere ein naseweises Verhalten. Das wird sicherlich nicht auf einen späteren Psychologen hindeuten.

Aber es gibt solche frühen Talente, die es wert sind, sie zu fördern. Das befassen mit komplizierten Elektrobaukästen, das du angeführt hast, geht für mich in eine solche Richtung.