Nehmt ihr Jahreszeiten durch das Älterwerden bewusster wahr?

Ich habe von mir selber den Eindruck, dass ich mittlerweile viel bewusster auf "jahreszeitliche Eindrücke" achte als noch vor ein paar Jahren. So weiß ich beispielsweise nach Monaten noch, wann der letzte oder auch erste richtig warme Tag im Jahr war. Ich mache mir im Gegensatz zu früher überhaupt Gedanken darüber, ob beispielsweise heute wohl der letzte wirklich schöne und milde Herbsttag sein wird. Mir fällt stärker auch auf, welche Bäume in meiner Umgebung im Herbst schnell und welche langsamer ihre Blätter verlieren. Auch die Färbung einzelner Bäume fällt mir viel bewusster auf. Ich weiß auch, ohne beispielsweise im Internet nachzusehen, wann ungefähr Sonnenuntergang ist, mit anderen Worten, wie lange man jeweils bei Tageslicht noch spazieren gehen kann.

Wenn ich an meine "Jugend" (falls man das in meinem Alter schon so sagen kann) zurückdenke, fällt mir auf, dass ich damals irgendwie das Gefühl hatte, jahreszeitliche Veränderungen in der Natur um mich herum hätten für mich keinerlei Bedeutung, weil sie ohnehin keinen Einfluss auf mich und mein Leben hätten. Rückblickend glaube ich, dass ich damals so mit mir und meinem Innenleben beschäftigt war, dass bestimmte Dinge (wie etwa die Schönheit der Natur) gar keine Chance hatte, wirklich in mein Bewusstsein einzudringen.

Könnt ihr euch damit ein bisschen identifizieren? Geht es euch ähnlich, dass ihr mehr auf die Natur und die Jahreszeiten achtet und diese bewusster wahrnehmt, je älter ihr werdet? Falls ja: Woran könnte das liegen? Ist es denn normal als Jugendlicher ganz überwiegend mit sich selbst beschäftigt zu sein und bestimmte äußere Dinge eher auszublenden (so mein Erklärungsmodell für dieses Phänomen)?

Ich bin mittlerweile über 50 und ich muss genau das Gegenteil feststellen. Ich nehme überhaupt nicht mehr so richtig wahr, wie die Jahreszeiten sich verändern, weil dieser Übergang zu den Jahreszeiten einfach nicht mehr da ist. Nehmen wir das Frühjahr. Früher konnte man mit dem letzten Schnee die Schneeglöckchen und Krokusse sehen. heute ist das kaum möglich, weil gegen Ende des Winter eher alles schmuddelig ist und die ersten Frühjahrsboten oft noch erfrieren, weil dann noch mal ein Kälteschub kommt.

Der Sommer war auch irgendwie abgegrenzter und in den seltensten Fällen konnte man sagen, dass der August kein Sommermonat ist. Sicher war auch das eine oder andere Jahr dabei, wo der Sommer nicht so schön war. Aber heutzutage ist es entweder viel zu heiß oder einfach zu kalt für die Jahreszeit.

Wer hat zuletzt im Herbst den Altweibersommer so wahr genommen, dass Fäden geflogen sind? Das habe ich als Kind und junger Erwachsener noch erlebt. Besonders, wenn der Oktober so schön war, dass die Sonne noch schien. Dann flogen glitzrige Fäden durch die Gegend. Das habe ich hier auch schon mal geschrieben Altweibersommer: Wo sind die "Fäden"? . Bei uns hier gibt es das nämlich nicht mehr.

Wann konnte man vom Herbst zum Winter schon mal die richtige Abgrenzung der Jahreszeit sehen, wenn man nicht gerade in den Bergen wohnt? Wir hatten vor zwei Jahren Weihnachten solche Temperaturen, dass wir überlegt haben zu grillen.

Bei mir ist es auch umgekehrt. Ich nehme mit dem Älterwerden die Jahreszeiten nicht so bewusst wahr wie früher. Als Kind gab es wichtige Meilensteine im Jahr, wie etwa die Ferienbeginne, die ersten Himbeeren, die Eröffnung des Schwimmbads, der Beginn der Kastanienzeit oder den ersten Schneefall, der mir jetzt gar nicht mehr so auffällt. Ostern habe ich intensiver empfunden, das war für mich mit dem Frühlingsanfang verbunden.

Gerade in der Schule ist viel auf die jeweiligen Jahreszeiten eingegangen worden. Heutzutage erkenne ich die Grenzen zwischen den Jahreszeiten nicht mehr so stark, was aber vielleicht auch daran liegt, dass ich als Kind auf dem Land gelebt habe und jetzt in der Stadt wohne, wo man nicht mehr so nah an der Natur dran ist.

Außerdem vergeht im Alter die Zeit schneller. Der Frühling ist also nur noch ein kurzer Übergang zwischen Winter und Sommer. Früher war es die Jahreszeit, die mit dem Karneval anfing, Ostern enthielt und vor allen Dingen mit dem Geburtstag meiner Schwester verbunden war.

Also, ich kann mich dir nur anschließen, Kate110. Ich habe als Jugendliche auch gar nicht darauf geachtet. Ich habe mir auch nie gemerkt, wie z.B. der letzte Sommer war. Also bei Gesprächen von Erwachsenen, dass man sich mal wieder einen richtigen Sommer wünscht und der letzte war ja so regnerisch, konnte ich nie mitreden.

Der letzte Sommer war einfach unwichtig geworden als der Herbst anfing. Als Jugendlicher hängt man einfach nicht so in der Vergangenheit und hofft auch nicht so auf die Zukunft. Man lebt mehr im Jetzt. Das ist sicher mit ein Grund, warum Jugendliche oft so unpassend angezogen sind. Gerade in der Übergangszeit merken sie nicht so schnell, dass man jetzt wieder lange Hosen anziehen sollte oder eine Jacke.

Ich nehme den Herbst bzw. die Jahreszeiten mittlerweile bewusster wahr. Als Kind oder Jugendlicher hatte ich gar nicht so die Auffassung von dem ganzen Umschwung und auch nicht die Wahrnehmung, was man alles in den jeweiligen Jahreszeiten machen konnte. Heute gehe ich gerne im Herbst im Wald spazieren und sage mir wie schön die Natur eigentlich ist. Früher wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, rauszugehen sondern da waren mir Freunde wichtiger und man war out, wenn man draußen was machen wollte. Das einzige, was ich gerne gemacht habe, wo meine Freunde dann auch mitgemacht haben, waren Abende am Wasser oder im Hafen, wo es ruhig war.