Wer kann denn mit hunderten Euros privat vorsorgen?

vom 19.10.2013, 20:05 Uhr

Dieser Tage habe ich mal eine Talkrunde verfolgt, wo es mal wieder um das Thema Altersarmut ging. An und für sich gab es da nichts Weltbewegendes zu hören, nur ein Ratschlag, speziell an die jüngere Generation gerichtet, ließ mich dennoch kurz aufschrecken. Man empfahl da nämlich den noch jüngeren Jahrgängen, monatlich mit Minimum 200 bis 300€ privat vorzusorgen um im Alter nicht allzu viel Abstriche hinnehmen zu müssen.

Ist ja alles schön und gut, nur wer kann denn wirklich mit hunderten Euros Monat für Monat privat vorsorgen? Selbst wenn ihr es könntet, wärt ihr denn eigentlich dazu auch bereit? Also, ich für meinen Teil kann es nicht und würde auch meinen, es gibt auch noch ein Leben vor der Rente.

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» Nachbars Lumpi » Beiträge: 291 » Talkpoints: 63,72 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich würde mal behaupten, dass es die meisten Menschen tun könnten, wenn sie wirklich wollten. Doch dann müssten sie gewisse Abstriche hauptsächlich bei Wohnung und Auto machen, oder auf anderen Luxus verzichten (jedes Wochenende ausgehen beispielsweise).

Selbst wenn man nur 1000 Euro netto verdient kann man sich so einrichten, dass man eben nur 800 Euro monatliche Ausgaben hat. In einer Großstadt geht das dann vielleicht nur noch mit einer Einzimmerwohnung oder einem WG-Zimmer und dem kompletten Verzicht auf ein Auto, aber es geht. Und auf dem Lande bedeutet es vielleicht, dass man eben doch keine eigene Wohnung unterhält, sondern weiterhin bei den Eltern wohnt.

Nun ist es aber eben so, dass die meisten Menschen nicht auf einen gewissen Luxus verzichten wollen, nur um mehr in die Altersvorsorge einzuzahlen. Und das halte ich auch durchaus für verständlich. Schließlich lebt man im Hier und Jetzt und es ist nicht unbedingt ein erstrebsames Lebensziel, nur für die Rente zu leben.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Es geht hier nicht nur um den Luxusverzicht. Bei meinem geringen Ausbildungsgehalt kann ich es mir nicht leisten, 200 bis 300 Euro als Privatvorsorge zu hinterlassen. Es ist schon richtig, dass man sparen sollte, vielleicht nicht unbedingt nur für die Altersvorsorge, sondern auch im Falle einer Reparatur. Man muss dahinter auch immer sehen, was derjenige für Ausgaben hat. Ich würde nun mal behaupten, dass ich mir dieses Geld leisten könnte, wenn ich aber auf Internet, Handy, Versicherungen aller Art wie Hausrat, Haftpflicht verzichten würde. Aber dies hat für mich keinen Sinn.

In diesem Fall bin ich froh, dass ich meine Altersvorsorge habe, in der ich jeden Monat einzahle. Dabei zahle ich mit meinen Arbeitgeber auch noch einen kleinen Teil in eine betriebliche Altersvorsorge, sodass ich schon gewillt bin, etwas für die Altersvorsorge zu machen. Dennoch möchte ich auch heute leben und mir etwas leisten. Wer weiß denn schon, wie alt er wirklich wird? Somit kann das Geld für die Altersvorsorge auch nach hinten losgehen, da man es als Erbe hinterlassen kann.

Soweit ich weiß kann man auch höchstens 2100 Euro in seine Altersvorsorge einbezahlen, sofern man eine Riesterrente abgeschlossen hat. Dies ergibt mit Abzug der Grundzulage und ohne Kinder eine Zurücklegung von etwa 162 Euro. Somit gelangt man noch lange nicht an die 300 Euro. Oder würdet ihr dafür eher das Geld auf den Konto oder Sparbuch belassen?

» iggiz18 » Beiträge: 3366 » Talkpoints: 4,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Dass man von einem Ausbildungsgehalt keine 200 Euro zurücklegen kann, ist doch logisch. Darum ging es aber nicht, sondern um berufstätige Menschen. Diese verdienen in der Regel deutlich mehr als ein Azubigehalt und könnten dementsprechend auch mehr zurücklegen.

Die Obergrenze der Riesterrente zählt doch eigentlich nur für die Zulage. Für alles, was man darüber spart, bekommt man keine Zulage mehr. Man kann es aber trotzdem in eine Rentenversicherung einzahlen. Man kann aber auch privat zurücklegen. Üblich sind eigentlich Bausparverträge, mit denen man später ein Eigenheim finanziert, welches ja auch als sehr effektive Altersvorsorge dienen kann, wenn man es richtig anstellt.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



@Weasel: Das mit dem Azubigehalt war doch nur meine Einstellung. Gerade ist es mir nicht möglich und auch nach der Ausbildung wird mir dies nicht möglich sein. Bei einem möglichen Verdienst von 1700 Euro brutto erhalte ich zur Zeit in etwa 1200 Euro. Davon muss dann alles bezahlt werden. Da bleiben dann am Ende auch nicht 200 bis 300 Euro für eine Altersvorsorge übrig.

Wie ist das denn nun mit dem Bausparvertrag gemeint? Wieso vernünftig oder richtig anstellen? Kann sein, dass ich dies jetzt nicht verstehe, da ich mich um ein Bausparvertrag noch nicht interessiert habe und nach Informationen gesucht habe.

» iggiz18 » Beiträge: 3366 » Talkpoints: 4,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ein Nettogehalt von 1200 Euro mag nicht besonders viel sein, aber es wäre natürlich problemlos möglich, 300 Euro zurück zu legen, wenn man sich entsprechend einschränkt. Es ist also nicht eine Frage des Könnens, sondern des Wollens. Ich habe aber auch geschrieben, dass das völlig in Ordnung ist, aber es ist schon wichtig, dass man sich selbst des Unterschieds bewusst ist.

Ich möchte jetzt nicht die Details eines Bausparvertrages erklären; das würde den Umfang des Themas sprengen. Es ging nur darum, dass es neben Riesterrenten noch andere langfristige und geförderte Anlageformen gibt. Inzwischen ist Wohnriester als Kombination von Bausparvertrag und Riesterrente auch sehr beliebt.

Das Thema "Immobilien als Altersvorsorge" wäre wohl auch eher etwas für einen eigenen Thread. Nur so viel dazu: Wenn man ein Eigenheim als Altersvorsorge nutzen will, muss es auch dazu ausgelegt sein. Ein riesiges Haus, das man allein oder zu zweit bewohnt und viel Unterhalt kostet, ist eine schlechte Altersvorsorge. Besser ist eine kleine, barrierefreie Eigentumswohnung oder ein Haus mit vermietbaren Wohneinheiten. Das Problem ist, dass man als Familie wesentlich mehr Wohnfläche braucht als als Rentner und das typische Mehrgenerationenhaus ist ja nicht mehr alltäglich. Deshalb muss man sich vorher Gedanken machen, wie man seine Immobilie gestaltet, dass sie auch alterstauglich ist.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich habe natürlich auch schon einige Diskussionen zu dem Thema verfolgt und ich frage mich dann immer, von was für Abstrichen man da genau spricht. Ich meine, wenn ich schon in jungen Jahren auf vieles verzichten soll um das Geld für die Zeit nach der Rente zu sparen dann hatte ich doch mein Leben lang nichts als "Abstriche" und es ist dann kaum möglich auf noch mehr zu verzichten.

Ich sehe das jedenfalls genau wie du, ich möchte jetzt leben und nicht für eine Zukunft sparen, die es für mich vielleicht gar nicht gibt. Ich kann doch nicht mit Sicherheit sagen, dass ich das Rentenalter erreichen werde und dann hätte ich mit meinem Leben nicht das gemacht, was ich gerne gewollt hätte und hätte es im Prinzip vergeudet und freuen würden sich höchstens die Erben. Ich gönne mir lieber jetzt mehr und arbeite dafür dann länger als dass ich pünktlich in Rente gehe und dann verzweifelt versuche alles das nachzuholen was ich in jungen Jahren verpasst habe.

Ich schaffe es schon jeden Monat etwas zu sparen, aber eben nicht weil ich denke, dass ich das machen muss weil sonst meine Rente nicht reicht. Das Geld ist einfach am Ende des Monats übrig und wird automatisch auf ein Konto überwiesen, wo es mehr Zinsen gibt als auf dem Girokonto. Wenn ich unerwartete größere Ausgaben hätte würde ich ohne Bedenken Geld von diesem Konto nehmen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich sehe das jedenfalls genau wie du, ich möchte jetzt leben und nicht für eine Zukunft sparen, die es für mich vielleicht gar nicht gibt. Ich kann doch nicht mit Sicherheit sagen, dass ich das Rentenalter erreichen werde und dann hätte ich mit meinem Leben nicht das gemacht, was ich gerne gewollt hätte und hätte es im Prinzip vergeudet

Genau das meinte ich. Ich finde aber, dass das eine bewusste Entscheidung sein muss und man sich nicht hinter dem Gedanken "ich kann sowieso nicht mehr sparen" versteckt.

Ich schaffe es schon jeden Monat etwas zu sparen, aber eben nicht weil ich denke, dass ich das machen muss weil sonst meine Rente nicht reicht. Das Geld ist einfach am Ende des Monats übrig und wird automatisch auf ein Konto überwiesen, wo es mehr Zinsen gibt als auf dem Girokonto. Wenn ich unerwartete größere Ausgaben hätte würde ich ohne Bedenken Geld von diesem Konto nehmen.

Das ist auch wichtig. Wenn man so lebt, dass am Ende des Monats kein Geld übrig bleibt, sind ständige finanzielle Schwierigkeiten jedenfalls vorprogrammiert. Sobald mal eine unerwartete Ausgabe kommt (Nebenkostennachzahlung, Autoreparatur, defekte Waschmaschine oder Kühlschrank) ist man ja quasi pleite.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 20.10.2013, 13:21, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Leider ist für jeden offenbar seit Rot-Grün klar, dass "die Rente nicht reichen wird". Und damit weiß jeder, dass es unausweichlich sein "muss", dass jeder für das Alter alleine Vorsorgt. Wie durch ein Wunder hat die Versicherungsbranche da schnell neue Produkte aus dem Hut gezaubert. Weil das aber so nicht gereicht hat, hat die Versicherungsbranche dem Gesetzgeber auch "vorgeschlagen", die neuen Produkte zu fördern! Und zwar möglichst direkt durch echte Zuschüsse. Das System kann man dann verkomplizieren und mit Hilfe der nachgelagerten Versteuerung usw. dafür sorge tragen, dass am Ende der Staat auch was davon hat.

Zunächst muss ich dazu sagen, dass ich es für einen ausgemachten Unsinn halte, dass das klassische Rentenmodell nicht tragfähig wäre. Reformiert werden muss es - keine Frage. Ebenso muss darauf geachtet werden, wofür Gelder der Rentenkasse ausgegeben werden. Das aber stellt nicht das System als Ganzes in Frage! Das die Rente heute nicht mehr sicher ist, ist ausschließlich dem politischen Willen geschuldet und nicht der Wirtschaftlichkeit! Auch hier war das Leitmotiv lediglich eine Umverteilung von Geldern aus den Händen der Bürger in die Taschen diverser Unternehmen.

Die Ausgangsfrage hier mag komisch gestellt worden sein - ist aber richtig! Nie ist irgendjemand davon ausgegangen, dass jemand dessen Rente (jetzt) unter der Grundsicherung liegen wird in der Lage sein kann, eine echte entsprechende Vorsorge zu leisten. Unabhängig von den Zuschüssen des Staates. Das Konzept ging nie in die Richtung, diese Menschen real vor der Altersarmut zu schützen. Diejenigen, die hier die Möglichkeit haben, sich deutlich zu verbessern, würden auch so auf Grund der hohen Einkommen eine ausreichende Rente erhalten. Wenn man vom Solidaritätsprinzip abweicht, dann bedeutet dies nur, dass man sich am besten dadurch auf die Rente vorbereitet, indem man reich wird. Oder früh stirbt (es hieß damals: "sozialverträgliches Frühableben").

Hinzu kommt das Märchen, dass die Absicherung immer reicht. Man darf nicht vergessen, dass es keine Garantie für den Erhalt des ersparten Geldes gibt. Schließlich legt man es nicht nur zur Seite, sondern investiert es auch! Und hier rechnen Versicherungen was den Ertrag angeht gerne den normal-optimal Fall durch. Wenn auf Grund wirtschaftlicher Krisen aber das ersparte beträchtlich wegbricht, geht auch der beste Plan nicht auf. Das aber auch nur als Nebeneffekt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Das niemand größere Geldbeträge monatlich sparen kann der nur knapp über dem Existenzminimum verdient steht natürlich außer Frage. Allerdings gebe ich den Vorrednern recht die sagen dass es eigentlich fast immer irgendwo Reserven gibt die man nur erkennen muss. Wenn man dann eben nur ein paar Euro monatlich zurück legt dann geht das halt nicht anders, aber wenigstens macht man was. Ich würde nun zehn oder 20 Euro monatlich nun auch nicht gerade in einen Sparplan oder Fonds investieren um sie für die Altersvorsorge bereit zu halten, aber ich würde sie garantiert in eine Sparbüchse stecken. So hat man wirklich für den Notfall etwas Geld und muss nicht von der Hand in den Mund leben oder man kann später einmal auf einen Konsumentenkredit mit hohen Zinsen für die Waschmaschinenreparatur verzichten.

Ich hatte als Schüler auch sehr wenig Taschengeld zur Verfügung, eigentlich bekam ich gar nichts. Später als Student bekam ich 120 Mark im Monat wo von ich auch Unterkunft und Essen bestritt. Während der Armeezeit bekam ich 150 Mark Sold und dann bei meinem ersten Gehalt etwas um die 500 Mark. Was soll ich sagen, egal wie viel ich verdiente, ich hatte immer einen gewissen Rest am Monatsende über. Ich hatte nun nicht auf Teufel komm raus gespart, aber ich hatte immer versucht mir ein paar zusätzliche Geldquellen zu erschließen und auch gelernt Sparpotential überhaupt zu erkennen.

Heute lebe ich immer noch sparsam und sehe zu wie ich weniger Geld ausgebe ohne auf einen gewissen Komfort nicht verzichten zu müssen. Das klappt völlig problemlos, ist aber auch ein Ergebnis meiner jahrelangen Einstellung zum Geld. Ich sehe oft Kollegen denen bedeutend mehr an finanziellen Mitteln zur Verfügung stehen und die es nicht schaffen auch nur einen kleinen Schein am Monatsende in die Spardose zu stecken.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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