Sollte man Kindern, die als Gast da sind, Regeln beibringen?

Diese Woche war in der Türkei frei, da Bayram war. Fast jeder, der arbeitet, hatte in dieser Woche frei und mein Vater gehört auch dazu. Das haben wir natürlich genutzt, um mit der ganzen Familie, also mein Vater, meine Stiefmutter, meine Schwester und ich, Ausflüge zu machen. Gestern waren wir auch wieder unterwegs, allerdings war auch eine Freundin meiner Schwester dabei. Diese ist acht Jahre alt und meine Schwester ist sieben Jahre alt. Die beiden verstehen sich sehr gut und deswegen haben es meine Eltern auch erlaubt, dass sie mitkommt.

Wir waren halt unterwegs und es ist eigentlich auch alles sehr schön gewesen. Wir hatten alle Spaß und natürlich waren die beiden Mädchen manchmal frech, aber das ist in diesem Alter natürlich normal und solange die Beiden auch nicht die Grenze überschreiten, dann stört es meine Eltern auch nicht. Allerdings ist dies einmal vorgekommen und wir waren gerade in einem Restaurant. Die beiden Mädchen haben sehr übertrieben und meinem Vater hat das nach einer Zeit gestört. Er hat dann ein bisschen hart reagiert und mit beiden Mädchen sehr streng gesprochen. Natürlich hat er mehr mit meiner Schwester geredet, da es seine eigene Tochter ist. Allerdings hat er auch mit dem anderen Mädchen gesprochen und ihr versucht ein paar Regeln und Höflichkeit zu erklären. Ich fand das eigentlich sehr gut, da das Mädchen allgemein sehr frech ist und ich auch der Meinung, dass die Eltern ein bisschen versagt haben. Allerdings geht uns die Erziehung ja nichts an.

Ich habe mir dann am Abend Gedanken darüber gemacht, ob man einem Kind Regeln oder auch Höflichkeit beibringen darf beziehungsweise sollte, obwohl dieses Kind nur als Gast da ist. Was sagt ihr dazu?

Ich finde, die grundlegenden Dinge darf man schon erwähnen. Es ist natürlich daneben, einem fremden Kind seinen Glauben aufzuzwingen oder irgendwelche Rituale, die damit zusammenhängen. Also beispielsweise darf man von einem fremden Kind nicht verlangen, dass es vor dem Essen betet. Aber dass es mit der Gabel statt mit den Händen isst, kann man schon verlangen, wenn einem das im Restaurant unangenehm ist.

Es ist doch für das Kind auch ganz gut, wenn es mal andere Ansichten hört als immer nur die der Eltern. Die Welt ist nun mal vielseitiger. Und es tut dem Kind auch nicht weh. Außerdem kann man die zwei Mädchen auch nicht unterschiedlich behandeln und zwei verschiedene Regeln gelten lassen. Wie soll man denn seinem Kind sonst beibringen, dass es das nicht darf? Im Gegenzug würde ich es meinem Kind aber auch gönnen, dass es an dem einen Tag, wenn es ihre Freundin besucht, dann mit den Händen essen darf. So lernt man immer was Neues kennen.

Das Mädchen war mit euch unterwegs und damit kann man auch erwarten, dass es sich an eure Regeln hält. Selbst wenn es nicht in der Öffentlichkeit gewesen wäre, ist es richtig, dass dein Vater da eingeschritten ist. Stell dir mal vor, dass es zum Beispiel bei dem Mädchen zu Hause normal ist, dass man mit Schuhen auch auf Polstermöbel darf.

Wenn das bei euch nicht so ist, sondern man eben die Straßenschuhe an der Tür auszieht, dann erwartest du das doch auch von Besuchern. Und wenn Kinder über die Stränge schlagen, sind die Erwachsenen gefragt. Ob das nun die eigenen Eltern sind oder eben die Gasteltern, ist dabei völlig egal.

Ich bin der Meinung, dass ein Kind keinen Freifahrtsschein hat nur weil es nicht mit den Eltern unterwegs ist. Es kann also auch gemaßregelt werden. Ich finde aber auch, dass man es nicht zu stark anschreien sollte, sondern trotzdem den ruhigen Ton anschlagen sollte, aber bestimmt in dem sein sollte, was man sagt. Immerhin will man das Kind ja auch nicht verschrecken. Man hat ja aber auch keine Lust sich mit einem Kind in der Öffentlichkeit zu blamieren, nur weil es keine Regeln kennt und deswegen finde ich, dass eine Ansage schon richtig ist.

Die Handlung deines Vater finde ich vollkommen in Ordnung. Die Regeln die für das eigene Kind gelten sollten auch immer für andere Kinder gelten, wenn diese mit einem mitkommen. Immerhin ist man ja auch die Person, die die Verantwortung hat und man nimmt das Kind mit, also sollte es sich an die gleichen Regeln halten wie das eigene Kind. Man versucht es ja nicht zu erziehen, sondern möchte einfach dass es sich für diesen kurzen Zeitrahmen benimmt und das finde ich vollkommen angemessen.

Immerhin würde sonst alles auch auf das eigene Kind abfärben. Würde man bei dem eigenen Kind einschreiten und dieses immer maßregeln bei unangemessenem Verhalten, das andere Kind aber nicht, dann ist das nicht einfach für das Kind zu verstehen. Es wirkt dann doch sehr ungerecht. Noch dazu dürfte das andere Kind irgendwann nicht mehr zum Spielen kommen, weil es ja keinem Spaß macht Kinder dazu haben, die wie du schreibst frech sind.

Meine Eltern haben es immer gehandhabt, dass alle Kinder gleich behandelt werden. Es wurde immer klar vorher gesagt welche Regeln gelten und dass diese für beide gelten und wenn etwas nicht eingehalten wurde, dann haben alle Kinder die gleiche Standpauke bekommen. Dadurch fühlte ich mich immer fair behandelt. Immerhin hatten die Regeln ja scheinbar ihre Gründe, wenn sie doch für alle Kinder galten. Die Kinder, die bei uns waren hatten damit auch nie ein Problem. Im Gegenteil viele haben sich bei uns Zuhause besser benommen als im eigenen Zuhause.

Also wenn meine Kinder Spielbesuch haben, oder ich ein fremdes Kind mit zum Spielplatz nehme, beispielsweise, dann achte ich darauf das sich das Kind auch benimmt. Schließlich gibt es bei mir Regeln, die von allen eingehalten werden müssen. Kann ja nicht sein, das meine Kinder zum Beispiel nicht auf den Tisch klettern dürfen, oder auf die Straße laufen dürfen, aber das fremde Kind das darf, weil es nicht meins ist.

Erstens habe ich eine gewisse Aufsichtspflicht, wie mit dem Beispiel mit der Straße, und zu Hause gibt es eben Regeln. Und Kinder sind ja auch mit Regeln vertraut, wie zum Beispiel im Kindergarten oder in der Schule.

Ich finde deshalb das es absolut in Ordnung ist was dein Vater getan hat. Wenn sie sich daneben Benehmen, und das Kind zu dem Zeitpunkt in eurer Obhut war, hat er richtig gehandelt. Wenn allerdings die Eltern dabei sind, dann sollte man diesen überlassen ob sie was zum Verhalten sagen oder nicht, und nur sein eigenes Kind ansprechen.

Wenn man selbst die Verantwortung für andere Kinder hat, finde ich Regeln sehr vernünftig und sogar angemessen. Wenn bei meinen Eltern andere Kinder zu Besuch sind, gibt es auch ein paar Regeln, die von allen anwesenden Kindern befolgt werden müssen. So darf beispielsweise niemand um Tische herum laufen, wie das tobende Kinder gerne tun. Es darf auch nicht im Haus mit dem Ball gespielt werden. Bisher gab es keine Probleme damit, diese Regeln zu akzeptieren und dementsprechend ist nichts passiert. Wie schnell wird im Haus getobt und mit dem Ball geworfen, es geht eine Lampe zu Bruch und man verletzt sich mit den Scherben?

Ist eine Freundin deiner Schwester zu Gast bei euch, gelten selbstverständlich dieselben Regeln, wie auch bei deiner Schwester. So muss sich das Gastkind ebenfalls fügen. Wenn ihr alle zusammen einen Ausflug macht und geht später noch in ein Restaurant, kann erwartet werden, dass sich das Mädchen mit acht Jahre zu benehmen weiß und deine Schwester sowieso. Machen sie beide Unsinn statt gesittet zu essen, muss ein Machtwort gesprochen werden. Das war vollkommen richtig von deinem Vater.

Beruhigend kann ich sagen, dass es deinem Vater nicht passiert ist, mit seiner einmaligen Ansprache die Erziehung der anderen Eltern beiseite zu wischen. Er hat hier lediglich dafür gesorgt, dass die aktuelle Situation nach seinen Wünschen verläuft und ein akutes Problem gelöst. Das hat aber mit Erziehung nichts zu tun und somit hat er sich nicht in die Erziehung anderer eingemischt.

Auch finde ich deine Aussage, dass die Erziehung des anderen Mädchens vom Elternhaus nicht geklappt hätte bzw. dessen Eltern "versagt" hätten, lustig. Schließlich kennst du nur die Momentaufnahmen, in denen du dieses Mädchen siehst. Und - da gehe ich davon aus - das wird nicht wirklich oft der Fall sein bzw. es wird nicht der Fall sein, wenn das Mädchen in seiner "natürlichen Umgebung" ist. Da verhält es sich ja u.U. komplett anders und nutzt vielleicht die Freizeit mit deiner Schwester, um Grenzen auszuloten, die zu Hause viel enger gesetzt sind.

Gastkinder soll man nicht und kann man nicht erziehen, sofern sie nicht bei einem einziehen. Aber man kann von Gastkindern durchaus erwarten, dass sie sich an kommunizierte Regeln halten. Wenn die Eltern hier gegenüber Gastkindern übertreiben, regelt sich das von selbst und diese Kinder kommen einfach nicht mehr vorbei. Mehr passiert hier nicht.

Ich bin sogar sehr der Meinung, dass man Kindern, die sich in einer fremden Umgebung nicht benehmen, ganz klar auf ein gewisses Maß an Anstand hinweisen und auch darauf bestehen sollte. Es ist sogar oft so, dass die Kinder dann mehr zuhören und sich das mehr zu Herzen nehmen, wenn es von außen her kommt und nicht von den eigenen Eltern.

Wenn mein Kind einmal bei anderen nicht weiß, wie es sich aufführen soll, was Gott sei Dank nur sehr selten vorkommt, dann bin ich auch froh, wenn man es zurecht weist. Wenn ich dabei bin, gehen wir sowieso sofort nach Hause, da gibt es für mich keine Diskussion. Anstand ist für mich bei Kindern oberstes Gebot.