Benutzte Briefmarken an soziale Einrichtungen senden

vom 18.10.2013, 13:35 Uhr

In Zeitungsannoncen sehe ich immer wieder mal, dass zum Sammeln benutzter Briefmarken aufgerufen wird. Man soll seine gebrauchten Briefmarken an Bethel in Bielefeld senden. Jedoch wird nicht dazu geschrieben oder gesagt, was damit passiert. Ich kenne auch niemanden, der seine gebrauchten Briefmarken bereits dorthin geschickt hat.

Sendet Ihr dorthin gebrauchte Briefmarken? Was wird mit den Briefmarken getan, weshalb Bethel um eine Einsendung bittet? Gibt es noch andere, soziale Einrichtungen, die eine Einsendung von gebrauchten Briefmarken erbeten?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Schau einfach mal auf ihre Internetseite. Das ist einfach eine Behindertenwerkstätte. Die Briefmarken werden dort von den Behinderten abgelöst, sortiert und verpackt und dann von Briefmarkensammlern gekauft. Wenn du deine gebrauchten Briefmarken dort hin schickst, ist das einfach eine Spende. Das ist eine Bestätigung von Nicht-Behinderten und sie müssen weniger Briefmarken kaufen, um sie wiederzuverkaufen, falls sie das überhaupt tun. Ich kann mir aber gar nicht vorstellen, dass viele Briefmarkensammler die neuen Briefmarken sammeln. Ich meine, ich bekomme seit Monaten nur noch die Blümchenbriefmarken. Die will doch keiner. Aber manche höheren Werte sind vielleicht interessant.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich halte das unter einem ökonomischen Gesichtspunkt für völligen Unsinn, Fakt ist es aber dass dadurch die sozialen Einrichtungen ein paar Cent zusätzlich erhalten. Ich weiß nicht was da für Preise gezahlt werden, aber bei den Briefmarken handelt es sich um Kiloware. Das heißt, viel mehr als für den reinen Papierpreis wird da garantiert nicht bezahlt. Wenn jemand genaue Zahlen kennt würde ich mich darüber sehr freuen da mich das wirklich schon lange interessiert wie hoch der Aufkaufpreis dafür ist.

Wir auf Arbeit sammeln schon seit ich denken kann die anfallenden Briefmarken für eine Behinderteneinrichtung. Das sieht dann so aus dass die Kollegin vom Posteingang eine Schere zur Hand nimmt und fein säuberlich jede Briefmarke ausschneidet und in einen Karton legt. Das kostet richtig Zeit, Zeit in der sie nichts anderes macht und wichtigere Dinge liegen bleiben. Die haben in der Zentrale beziehungsweise dem Posteingang richtig gut zu tun so dass dort wirklich jede Minute zählt. Außerdem kostet diese Arbeitszeit auch Geld.

Die Briefmarken kommen dann in einen schönen Karton und wenn der dann gefüllt ist wird ein schöner neuer A4 Umschlag geopfert und der Chef informiert. Das ist der höchstbezahlte Posten bei uns im Amt. Dieser fährt dann mit seinem Auto oder dem Dienstwagen, natürlich während der Arbeitszeit, zu dieser Behinderteneinrichtung und gibt den mittelgroßen Umschlag dort ab.

Wenn ich insgesamt die verplemperte Arbeitszeit zu dem möglichen Verdienst dieser Einrichtung in Verhältnis setzte dann schaudert es mir. Anders wird es auch nicht aussehen wenn ich privat die Marken sammele. So viel wird da garantiert nicht zusammenkommen da die wenigsten Briefe die man bekommt wirklich noch mit echten Marken frankiert sind. Die Zeit dafür ist mein Privatvergnügen, aber die Kosten für das Auto oder den Transport (mit Briefmarke?) stehen dann immer noch im Raum.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



hooker hat geschrieben:Ich weiß nicht was da für Preise gezahlt werden, aber bei den Briefmarken handelt es sich um Kiloware. Das heißt, viel mehr als für den reinen Papierpreis wird da garantiert nicht bezahlt.

Je nachdem, zu welchem Thema die Briefmarken gehören - BRD oder DDR, Deutsches Reich oder abgelöste Marken - varrieren die Preise sehr stark. Eine der billigeren ist eine bunte Mischung, nicht sortiert, viele aus Deutschland, aber auch aus dem Ausland. Ein Überraschungspaket eben. Da kostet ein Kilo immerhin über 15 €. Also schon deutlich über dem Papierpreis von ca. 5 Cent. Die teuren Mischungen sind abgelöst und sortiert. Da kosten 100 gr 10 €, also ein Kilopreis von 100 €.

Es geht hier wirklich nicht nur darum, Behinderten irgendeine Arbeit zu verschaffen. Da kaufen wirklich Leute, die die Briefmarken haben wollen, die sie sonst eben auch von normalen Unternehmen kaufen würden. Sammler eben. Somit finde ich die Idee nicht schlecht. Es ist keine reine Beschäftigungsmaßnahme, sondern für beide Seiten sinnvoll. Dass die Behindertenwerkstätte wahrscheinlich trotzdem mehr Ausgaben hat als Einnahmen, kann schon sein. Aber darum geht es halt einfach nicht. Die Menschen sind wirklich glücklich, wenn sie dort arbeiten dürfen. Sie fühlen sich als produktives Mitglied der Gesellschaft. Die Alternativen sind Einsamkeit, Depressionen und Betreuung in Behinderteneinrichtungen, die bestimmt sehr viel mehr Geld kostet.

Dass ein Unternehmen dafür wirklich Arbeitskraft und Geld investiert, ist auch kein totaler Quatsch. Das zahlt sich auch irgendwie aus. Zum einen ist es natürlich einfach sozial und sollte sich schon deshalb rechnen. Aber es verbessert eben auch das Image des Unternehmens. Gegenüber den Kunden und gegenüber den Mitarbeitern.

Ich habe z.B. monatelang bei Kaufland gearbeitet und hab mich geärgert, was wir da alles aus den Regalen sortieren müssen, nur weil die Packung kaputt, die Ware aber völlig in Ordnung war. Bis ich erfahren habe, dass das alles gar nicht weggeschmissen wird, sondern an die "Tafeln" geliefert wird. Das hat meine Einstellung zu Kaufland und zu meiner Aufgabe dort nachhaltig verbessert.

Dass deine Kollegin die Briefmarken aber fein säuberlich ausschneidet, ist kontraproduktiv. Damit nimmt sie den Angestellten in der Behindertenwerkstatt die Arbeit ab. Und dass der Chef höchstpersönlich die Briefmarken zur Werkstatt fährt, ist bestimmt auch nicht nötig.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Vielen Dank für die Zahlen und die Erläuterung. Ich bin bisher davon ausgegangen dass diese Briefmarken von den Sozialstationen nur gesammelt und dann Säckeweise an irgendwelche professionellen Anbieter verkauft werden. Ungefähr ähnlich wie bei den Lumpen- oder dem Altpapiersammlungen in den Kindergärten. Deshalb vermutete ich dass da nur allerkleinste Verkaufserlöse herausspringen da ja die Firma damit noch Geld verdienen möchte. Ich kann mir zwar auch nicht vorstellen dass jemand einen großen Sack normaler gebrauchter Briefmarken für so viel Geld kauft, aber bei den Überraschungstüten mit den speziellen Marken dagegen schon. Das ist ja für manche Sammler wie eine Wundertüte und wenn es dann auch noch für einen karitativen Zweck ist dann kann man die auch ab und an einmal kaufen.

Wobei ich nun nicht wirklich weiß ob diese Einrichtung „Bethel“ mit ihrem Briefmarkensortierzentrum eine von vielen Einrichtungen ist. Bisher habe ich noch nie davon gehört dass diese auch die vereinzelten Briefmarken selbst verkaufen. Wir haben hier auch etliche geschützte Werkstätten und auch andere Einrichtungen, aber von denen verkauft niemand Briefmarken obwohl sie alle mehr oder weniger welche Sammeln.

Das ist mir auch schon klar dass ständig neue Betätigungsfelder gesucht werden und die Jungs und Mädchen ihren Spaß daran haben. Ein guter Freund von mir arbeitete in einer Behindertenwerkstatt. Er war Fachmann auf dem Gebiet Klemmmappen und wusste alles darüber. Nach dem dieser Markt weggebrochen war suchte man auch krampfhaft nach neuen Aufgaben, die hat man jetzt im Papierschröpfen in Zusammenarbeit mit einer Papiermühle gefunden.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


hooker hat geschrieben:Wobei ich nun nicht wirklich weiß ob diese Einrichtung „Bethel“ mit ihrem Briefmarkensortierzentrum eine von vielen Einrichtungen ist. Bisher habe ich noch nie davon gehört dass diese auch die vereinzelten Briefmarken selbst verkaufen. Wir haben hier auch etliche geschützte Werkstätten und auch andere Einrichtungen, aber von denen verkauft niemand Briefmarken obwohl sie alle mehr oder weniger welche Sammeln.

Es gibt noch andere Behindertenwerkstätten, die Briefmarken verkaufen. Ich könnte mir vorstellen, dass Bethel die erste Briefmarkenwerkstatt war. Immerhin gibt es die schon seit über 120 Jahren. Andere haben sich dann das Erfolgskonzept abgeschaut. Viele Einrichtungen sammeln aber auch nur, um sie dann nach Bethel oder andere verkaufende Werkstätten weiterzuleiten.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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