Nach dem Tod eines Menschen weiterhin über ihn herziehen?
Der Opa meiner Freundin ist verstorben. Zu Lebzeiten hat er sich nicht immer gut verhalten. Er war ein reinster Tyrann und bis kurz vor seinem Tod hat er viele Menschen zum weinen gebracht. Auch meine Freundin. Meine Freundin lässt kein gutes Haar an ihm, was ich auch verstehen kann. Aber es gibt Menschen, die meinen, dass man nach dem Tod eines Menschen diesen Menschen endlich ruhen lassen soll und sie meinen, dass man nicht schlecht über Tote redet.
Ich bin da völlig anderer Meinung und ich denke, dass man nach dem Tod eines Menschen seine Meinung über den Menschen ja nicht geändert hat und nur weil dieser Mensch verstorben ist, heißt es nicht, dass er besser ist und warum sollte man nach dem Tod eines Menschen nur gut über ihn reden, wenn man über ihn redet. Die Totenrede vom Pfarrer war schon mehr als geheuchelt und meine Freundin kann nicht verstehen, dass seine Ehefrau und auch ihre Eltern dieser Trauerrede zugestimmt hat.
Denkt ihr, dass m an nach dem Tod eines Menschen nicht mehr über ihn herziehen sollte und nur noch gutes berichten sollte oder denkt ihr, dass man seie Meinung ruhig weiter vertreten sollte?
Herziehen ist da irgendwie das falsche Wort, weil es so klingt als ob man nicht die Wahrheit sagen würde. Ich denke aber durchaus, dass man über Tote sprechen sollte und das auch in einer schlechten Form machen kann. Der Tote ist ja nicht heilig, nicht plötzlich ein besserer Mensch nur weil er verstorben ist und deswegen kann man auch seine Meinung dazu sagen. Jedoch würde ich immer darüber nachdenken, ob so ein falscher und offensichtlich unangenehmer Mensch auch nach dem Ableben noch das eigene Leben kontrollieren sollte. Immerhin macht man sich ja scheinbar immer wieder Gedanken und das beeinflusst einen ja auch im eigenen Leben, das ist er ja nun wirklich nicht wert.
Selbstverständlich kann man noch über Tote und ihr Fehlverhalten reden, wenn man darüber noch reden möchte, allerdings weiß ich auch gar nicht, wieso man plötzlich nach dem Tod einer Person so "auspacken" muss und das nicht schon gemacht hat, als die Person noch gelebt hat? Das finde ich immer so komisch und deswegen verstehe ich es nicht, wieso man plötzlich den Drang hat, dass man über Tote so "herzieht". Ich denke, dass man noch über Tote reden kann, wenn man das denn auch möchte, allerdings muss es auch irgendwann einen Punkt geben, denn irgendwann wurden schon alle schlechten Dinge über eine Person gesagt, jetzt mal ganz übertrieben formuliert, und dann ist es auch okay.
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass der Mensch immer noch der gleiche ist, auch nach seinem Tod und daher braucht man seine Ansichten über ihn nicht zu ändern und man kann auch über Tote schlechte Dinge sagen. Es ist ein bisschen schwierig, weil sich der Tote nicht mehr verteidigen kann. Also neue, schlechte Dinge auszupacken ist keine gute Idee. Aber dass er sein Leben lang ein Tyrann war, steht wahrscheinlich außer Frage.
Dass die Kinder und die Ehefrau des Verstorbenen das im Moment ein bisschen anders sehen, liegt wahrscheinlich an ihrer Trauer. Auch wenn er ein Tyrann war und sie unter ihm gelitten haben, war er der Ehemann und der Vater. Gerade, wenn man ein schweres Verhältnis zu ihm hatte, ist es nicht leicht, ihn zu verlieren. Für deine Freundin war er "nur" der Großvater. Das ist wirklich etwas ganz anderes als der Vater.
Und mit Trauer geht jeder anders um. Vielleicht sind sie gerade etwas sentimental und verklären die Vergangenheit. Selbst wenn das nie wieder aufhört, muss man es akzeptieren. Vielleicht fällt es ihnen so leichter, dass er tot ist. So verdrängen sie ein wenig, dass es noch viel aufzuarbeiten und diskutieren gegeben hätte. Da dies nicht mehr möglich ist, können sie es so besser hinter sich lassen. An sich keine schlechte Strategie, um nach vorne zu sehen. Jedem, wie er es braucht.
Also ich würde auch nicht vergessen was der Mensch vor dem Tod gemacht hat. Er ist ja kein besserer Mensch nur weil er gestorben ist. Ich persönlich denke das man schlechte Menschen schneller vergessen wird und sich eher an die guten Menschen erinnern wird, und gerne in Erinnerungen schwelgt.
Deine Freundin muss sich also keine Gedanken darüber machen wenn sie immer noch nicht positiv über ihn sprechen kann, ich halte das für völlig normal.
Sehe ich wie meine Vorredner. So hart das vielleicht klingen mag, aber da er jetzt tot ist, stört es ihn vermutlich nicht mehr, dass über ihn gesprochen wird, selbst wenn es schlechter Natur ist. Wäre er lebendig und würde das mitkriegen, wäre es wohl schlimmer für denjenigen.
Außerdem ist er ja kein besserer oder heiliger Mensch, nur weil er nun nicht mehr unter den Lebenden ist. Um jetzt einmal krasse Beispiele zu bringen: Über Stalin und Jack the Ripper wird ja auch nicht besser geschrieben oder gesprochen, nur weil sie tot sind (abgesehen von ein paar Erz-Kommunisten in ersterem Fall). Von daher sehe ich darin weder Schwierigkeit noch Grund ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
Ich frage mich, warum man "über ihn herziehen" sollte und was du genau darunter verstehst. Über Lebende redet man ja deswegen, weil man ihr Verhalten noch ändern kann und möchte. Bei Verstorbenen macht das keinen Sinn. Ich würde die Toten in Frieden ruhen lassen.
Natürlich kann man sagen, dass man beispielsweise heute noch darunter leidet, weil der Opa einen als Kind immer verprügelt hat. Aber das verstehe ich nicht unter "über jemanden herziehen". Es ist ja eine Ich-Botschaft und sagt etwas über einen selber und nicht nur über den Toten.
Ich halte generell nicht viel davon, über andere Leute "herzuziehen", da dieser Begriff für mich üble Nachrede aus niederen Beweggründen bedeutet und nicht etwa sachliche Kritik an anderer Leute Verhalten. Ich bin zwar nicht der Meinung, dass man bei Verstorbenen nur ihre positiven Seiten herauskehren darf, aber man muss hier wohl auch den Kontext sehen:
Auch wenn man Person X nie hat leiden können und froh ist, dass sie unter der Erde ist, so haben die meisten Menschen doch Angehörige, die ihnen nahe stehen und die um sie trauern. Schon aus diesem Grund bin ich vorsichtig mit despektierlichen Äußerungen über Verblichene, damit ich die Gefühle der Lebenden nicht verletze. Trauer braucht ihre Zeit, und es ist völlig normal, dass der oder die Verstorbene im Rückblick erst mal verklärt wird, bis man sich eingestehen kann, dass er oder sie auch negative Charaktereigenschaften hatte.
Dazu kommt noch, dass sich die Toten logischerweise nicht mehr wehren können. Ich finde es schon etwas schäbig, wenn man beispielsweise vor dem cholerischen Opa oder der tyrannischen Tante zu ihren Lebzeiten immer gebuckelt hat und sich nie getraut hat, Kritik zu üben, aber vom Leder zieht, kaum dass die Betroffenen unter der Erde sind. Meines Erachtens sagt so ein Verhalten einiges über die Hinterbliebenen aus, und nicht immer nur Positives.
Zudem verstehe ich nicht ganz, was es nach dem Tod eines Menschen bringen soll, darauf herum zu reiten, was für ein schlechter Mensch dieser war. Solange die Leute leben, kann man ja versuchen, sie dazu zu bewegen, dass sie ihr Verhalten ändern. Aber wenn sie gestorben sind, finde ich, tut es noch mehr weh, sich daran zu erinnern, wie mies man behandelt wurde, ohne eine Chance auf Versöhnung oder einen anständigen Abschluss zu haben.
Ich würde also niemanden in den Himmel loben, nur weil er gestorben ist, aber auch nicht nur über ihn "herziehen". Die meisten von uns haben gute und weniger gute Eigenschaften, sodass es nur natürlich ist, wenn wir auch so in Erinnerung bleiben.
Na man kann ja Tatsachen, die wirklich passiert sind, auch anderen erzählen, wenn einem danach ist. Da kann derjenige sich dann ja ein Bild von dem Verstorbenen machen und mit lästern hat das dann auch nichts mehr zu tun. Ich würde allerdings nicht falsche Sachen über einen Verstorbenen erzählen.
Und ich denke, dass es jeder selbst in der Hand hat und hatte, wie andere nach dem eigenen Tod über einen Reden und wie sie über einen denken. Ich finde es durchaus erstrebenswert, wenn nur gute Sachen erzählt werden können. Wenn das eben nicht so ist, dann ist man daran meistens selber Schuld. Grundsätzlich kann ich es aber auch verstehen, wenn man ein schlechtes Gewissen hat. Derjenige kann sich eben nicht mehr rechtfertigen. Andererseits ist derjenige eben auch verstorben, da zählt nur noch minimal, was er gemacht hat.
Egal wie ein Mensch war, man sollte nach dem Tod auch mal verzeihen können. Heute ist mein Stiefvater verstorben. Er war ein teilweise ein richtiger Arsch und ich habe ziemlich einstecken müssen. Trotzdem flenne ich wie ein Schloßhund und irgendwie habe ich keine Lust nur die schlechten Seiten zu sehen. Jeder Mensch hatte irgendwie auch eine gute Seite. Nach dem Tod über jemanden herzuziehen, ist meiner Meinung nach leider asozial.
Man muss nicht immer alles beschönigen, solch ein Mensch bin ich zum Beispiel nicht wirklich, aber man muss auch nicht alles schlecht machen. Egal wie sich ein Mensch benommen hat, nach dem Tod sind wir alle gleich. Auch hatte der Verstorbene bestimmt nahe Verwandte, die einem nahestehen. Und da wir ja irgendwie alle wissen, dass die Welt ein Dorf ist, sollte man sich irgendwann mit der beständig negativen Kritik zurückhalten. Schließlich kann der Verstorbene sich auch nicht mehr wehren.
Ich hatte nicht mehr die Möglichkeit mit meinem Stiefvater reinen Tisch zu machen. Schade eigentlich. Vielleicht hätten wir uns einfach mal gewaltig verprügeln müssen und danach wären die ganzen Streitereien vom Tisch. Aber im Nachhinein möchte ich nicht schlecht über ihn reden, sondern nur kurz anreißen was er getan hat, aber letztendlich möchte ich auch die guten Seiten bei einem Gespräch hervorheben. Wenn eine Freundin nicht gut über den Verstorbenen sprechen kann, dann ist das so.
Dann sollte sie ihre Meinung meiner Meinung nach auch zumindest nach dem Tode erstmal stecken lassen. Besonders im verwandten Umfeld. Schließlich trauert die Verwandtschaft, also wird der hier beschriebene Tyrann auch irgendwo seine guten Seiten gehabt haben, die deine Freundin vielleicht nie kennenlernen konnte. Ich weiß wie gesagt, dass mein Stiefvater kein Engel war, aber ich habe ihn 15 Jahre erleben dürfen und irgendwie trauere ich auch, selbst wenn die Trauer meinen Blick verklären mag, ich kann ihn aktuell nicht als Arschloch beschimpfen, wie sehr ich es auch gerne von Angesicht zu Angesicht tun würde.
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