Sind alte Bücher noch gut lesbar?
Zugegeben, so wie ich die Frage im Titel gestellt habe, ist sie etwas plakativ. Die eigentliche Frage lautet, weil ich mir erst vor wenigen Monaten einige ältere Bücher angeeignet habe: Kann man es lernen auch mit der Sprache älterer Bücher zurecht zu kommen?
Ich rede noch nicht einmal von uralten Büchern, sondern von Literatur aus dem 18. und 19. Jahrhundert: Marx "Kapital" oder Nietzsches "Also sprach Zarathustra". Und für mich sind diese bedeutenden literarischen Werke recht schwer verständlich. Umso schwerer fällt es mir dann mich zu motivieren, wenn ich sehe, wie lang diese Bücher sind. Ich frage mich, ob es mir irgendwann leichter fällt mit dieser Sprache umzugehen, wenn ich nur lange genug lese oder ich vielleicht einfach nicht intelligent genug bin sie zu "entschlüsseln". Ellenlange Sätze treffen auf verschachtelte Sätze und auf jeder Seite Wörter, die ich noch nie in meinem Leben zuvor gestoßen bin.
Wie gut kommt ihr mit älterer Literatur zurecht und habt ihr irgendwelche Tipps mit der Sprache schneller und leichter voran zu kommen?
Ich würde auch sehr gerne einige ältere Klassiker wie Marx, Nietzschem Schopenhauer, Voltaire, Proust und wie sie nicht alle heißen lesen, aber wie du schon richtig erkannt hast, habe ich da auch meine Bedenken, ob ich dem Ganzen sowohl inhaltlich, als auch sprachlich folgen kann. Deswegen habe ich zunächst einmal "nur" eine Biographie von Marx gelesen und Nietzsche's "Die Kunst Recht zu behalten", relativ kurze Versionen und einfach zu verstehen. So erfährt man etwas über den Autor und sein Leben und seinen eventuellen Schreibstil.
Ich denke man muss sich erstmal ein Grundwissen aufbauen, bevor man sich an solche Bücher wagt. Ich habe dazu auch etwas sehr interessantes auf Youtube gefunden, schau mal nach "Reading Marx's Capital Vol I with David Harvey" (kann leider noch keine Links posten), wenn du einigermaßen fit im Englischen bist, ist das ein Supereinstieg, eine Vorlesung zu Das Kapital, denn ich glaube ohne Hilfe von außen ist es für "Normalos" wie uns wohl eher weniger verständlich, gerade bei Marx und den unzähligen EInflüssen von diversen Philosophen, Wissenschafterlen usw. Auch habe ich mir überlegt eventuell erstmal eine Art Lehrbuch zu bestellen, wie z.B. von Michael Berger "Karl Marx: Das Kapital: Eine Einführung", welches einen dann langsam in die Thematik einführt.
Ich mag diese alten Klassiker leider überhaupt nicht, allein schon wegen der Sprache. Es ist schwer zu lesen. Man liest sich zwar vielleicht irgendwann ein wenig ein, aber schwierig wird es wohl immer bleiben. Ich könnte mich so nicht durch ein Buch lesen, denn so macht es mir keinen Spaß, weshalb ich mir solche Bücher auch nicht anschaffen würde.
Ich denke nicht, dass es an der Sprache liegt, dass die beiden Bücher schwer zu verstehen sind, sondern an den Themen. Es sind ja keine Romane wie die Werke von Goethe und Schiller, die man genauso gut versteht wie heutige Prosa, sondern ein Fachbuch über Wirtschaft beziehungsweise ein philosophisches Werk. Heutige Fachbücher und philosophische Werke sind für durchschnittlich gebildete Menschen genauso schwer verständlich.
Klassiker zu lesen ist der reinste Genuss. Als Bibliothekarin liebe ich das, und wer einmal seinen Narren an alten Büchern gefressen hat, der lässt sie nicht mehr los. An die Schrift gewöhnt man sich, an die Wörter, an die Sprache. Ich würde aber nicht mit Klassikern wie Marx anfangen, sondern mich auf Erzählungen konzentrieren. Wie wäre es mit einer alten Ausgabe von Marco Polo oder Moby Dick ! Dann lernt man langsam den Sprachgebrauch alter Zeiten.
Ich stimme dir vollkommen zu, die alten Klassiker sind unheimlich schwer zu lesen. Das Thema muss einen schon wirklich richtig interessieren wenn man sich dort durcharbeiten will. Mir persönlich fiel es immer sehr schwer sich durch die verklausulierten Texte zu lesen und gleichzeitig noch den Inhalt zu verstehen. Dazu brauchte man volle Konzentration. Wenn ich die Möglichkeit hätte würde ich diese Klassiker wirklich in neuer Übersetzung lesen, eben weil es einfacher ist. So spricht heute niemand mehr und wenn ich mich darüber austauschen will dann versteht das kaum jemand oder ich erscheine als arrogant.
Während meiner Studienzeit in der ehemaligen DDR gehörte es zu den Grundlagen den Marxismus-Leninismus zu studieren, egal welches Fach man eigentlich gewählt hatte. Ich war in einer medizinischen Fachschule und bekam dort drei Jahre lang in wirklich ordentlicher Stundenzahl den Marxismus-Leninismus gelehrt und später beim Ingenieurstudium noch einmal. Dabei wurden natürlich auch die Klassiker wie Hegel und Feuerbach gelehrt, aber nur kurz. Marx und Lenin waren unsere ständigen Begleiter sowie der in einem anderen Thread hier im Forum erwähnte dialektische und historische Materialismus von Stalin. Mal abgesehen von der Verrücktheit der Ideen waren die seitenlangen Ergüsse einfach nicht zu verstehen, auch wenn alles wissenschaftlich bewiesen war. Es gab aber auch Ausnahmen, Engels dagegen konnte man gut lesen. Um einen Bogen zu schlagen, auch die Bibel liest sich für mich schwer, aber mit den Texten komme ich besser klar.
Ganz einfach ist es aber bei den meisten alten "normalen" Büchern. Ich besitze etliche davon und wenn man die Schrift lesen kann dann ist es auch kein Problem sie durchzulesen. Die Sprache ist zwar oft etwas blumiger und der pathetische Inhalt ist auch nicht nach jedem Geschmack, aber man versteht worum es geht.
Ich würde beim Lesen so vorgehen wie bei einer Fremdsprache. Wenn dich ein Wort, das du nicht verstehst, am Verstehen hindert schaust du nach, was es bedeutet. Wenn du aber aus dem Zusammenhang heraus verstehst was gemeint ist und mit dem Textverständnis insgesamt keine Probleme hast würde ich das Wort einfach ignorieren. Man kann ja davon ausgehen, dass es sich bei den unverständlichen Worten um Worte handelt, die heute nicht mehr gebräuchlich sind, also hätte es keinen Vorteil für dich, wenn du jedes Wort nachschauen würdest.
Was nun die Sprache an sich betrifft, ich finde, dass es auf die einzelnen Autoren ankommt wie gut oder schlecht man mit der Sprache klar kommt. Und wenn man das Buch in einer Übersetzung ließt hat der Übersetzer daran sicher auch einen Anteil. Und natürlich kommt es auch auf das Thema an sich an. Ich habe diesen Sommer "Der Graf von Monte Christo" gelesen und die einzigen Probleme, die ich damit hatte, war die Tatsache, dass ich keine Ahnung von alten französischen Währungen habe und die politischen Hintergründe nur in Ansätzen kenne. Aber einen Abenteuerroman kann man schlecht mit philosophischen Werken vergleichen (Ich betrachte Karl Marx in erster Linie als einen Philosophen und nicht als jemanden der "wie leite ich einen Staat?" Anleitungen verfasst hat)
Marx zu lesen ist auch eher etwas, das man macht, wenn man sich sehr für seine Thematik interessiert. Wenn es tröstet: Auch die heutigen Philosophen sind nicht „mal eben nebenbei“ zu lesen, das liegt in der Natur der Philosophie.
Hingegen andere Bücher aus anderen Zeiten sind meistens sehr gut lesbar, besonders Romane und (wer sie mag) Gedichte. Nicht umsonst vertonen immer mal wieder Musiker alte Dichtkunst neu, da gibt es fantastische Stücke. (Wer mal rein hören möchte in diese Thematik: „Trutz, Blanke Hans“ in der Version von Achim Reichel und „Der Knabe im Moor“ in der Interpretation von Sturmpercht. Beides bei YouTube zu finden.)
Mit die schönsten Abenteuerromane wurden zum Teil vor langer Zeit geschrieben. „Der Graf von Monte Christo“ wurde ja schon erwähnt, aber auch Autoren wie Mark Twain, Jules Verne, Charles Dickens, Victor Hugo, Leo Tolstoi oder Edgar Allen Poe kann man heute so gut lesen, wie in jenem Jahr, in dem sie erschienen sind.
Also lohnt es sich auch alte Bücher zu lesen. Bei den Philosophen vielleicht einplanen, das die schon inhaltlich mächtig Gewicht haben, nicht nur sprachlich.
Es ist natürlich nicht so einfach zu lesen wie ein aktuelles Buch, aber ich finde schon, dass alte Bücher noch lesbar sind. Zum Einen kann man die ältere Schrift schon noch lesen. Aber es ist eben anstrengend und erfordert am Anfang finde ich eine ziemlich Konzentration. Mal eines lese ich einen alten Text der irgendwo in einem Buch drin steht und es ist auch durchaus sehr spannend, wenn man mal so umdenken muss. Aber aus Spaß würde ich dies nie tun. Wenn ich ein Buch lese, dann möchte ich mich ja entspannen und nicht so sehr konzentrieren müssen.
Auch denke ich, dass die von dir genannten Bücher erst recht sehr speziell sind. Die liest man heute wirklich eher weniger als Freizeit, sondern mehr wenn man damit in der Ausbildung oder beruflich mit zu tun hat, oder eben eine besonderes Interesse daran hegt. Mein Ding wäre dies nicht. Wenn ich Bücher zum Spaß lese, dann möchte ich abschalten und mich nicht sehr stark konzentrieren müssen.
Wenn es tatsächlich nur an der Ausdrucksweise liegt, das du so große Probleme hast, kann ich dir nicht allzu große Hoffnungen machen. Gefällt einem der Ausdruck oder der Schreibstil nicht, wird es dir auch nie gefallen. Das kenne ich nur zu gut von mir selbst.
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