Wolltet ihr schon mal aus einer Situation entkommen?
Ich denke, dass es vielen schon passiert ist, dass sie sich einfach einer Situation entziehen wollten und es nicht geschafft haben oder es doch geschafft haben. Wolltet ihr schon mal aus einer Situation entkommen? Welche Situation war es und wie konntet ihr aus dieser Situation heraus kommen? Habt ihr es doch nicht geschafft und wie habt ihr euch dabei gefühlt? Versucht ihr nicht mal aus einer unangenehmen Situation heraus zu kommen?
Am Anfang meiner Beziehung zu meinem jetzigen Partner war ich sehr schüchtern, als dann für uns beide klar war, dass wir uns lieben haben wir dann wirklich ein für mich sehr unangenehmes Gespräch geführt, weil wir kaum etwas gesagt haben, wir waren beide plötzlich sehr schüchtern geworden. Das war auf jeden Fall sehr unangenehm und ich wäre am liebsten der Situation entflohen, obwohl ich natürlich auch sehr viele Schmetterlinge im Bauch hatte und auch total glücklich war in dem Moment. Die Situation hat sich dann so geklärt, dass er sich näher zu mir gesetzt hat mir Fragen gestellt hat und dann endlich mir meinen Kuss gegeben hat.
Mir ging es damals bei meiner mündlichen Abiturprüfung so. Ich musste sie damals in Mathe machen und ich hasse Mathe. Ich hatte schon zwei Wochen vorher Panik und wäre der Prüfung am liebsten aus dem Weg gegangen, aber das ging leider nicht. Schließlich wollte ich ja mein Abitur haben, damit ich studieren gehen kann. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich es hinter mir habe und hoffe, dass ich nie wieder durch eine mündliche Mathe-Prüfung muss.
Sicherlich befand sich jeder einmal in einer Situation, die nicht so toll für denjenigen war und, wo man am liebsten einfach verschwunden wäre. Ich persönlich kann mich an einer Situation erinnern, wo ich auch einfach am liebsten mich der Situation entzogen hätte. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken oder desgleichen.
Und zwar war es damals so, dass ich vor der ganzen Klasse ein Referat halten musste. Da ich sowieso nicht so gerne vor der ganzen Klasse stand und etwas erzählt habe, hatte ich eh solch ein schlechtes Gefühl. Letztendlich musste ich aber dadurch und habe das Referat auch gut gemeistert. Am Ende durften die Mitschüler aus meiner Klasse fragen zum Thema stellen, die ich dann auch beantworten musste. Meine Mitschülerin, die mich irgendwie eh nicht mochte, hat es darauf angelegt, mich vor der ganzen Klasse bloß zu stellen. Als ich merkte, dass sie den Versuch wirklich startete, wäre ich am liebsten einfach verschwunden. Natürlich ging es nicht einfach so und ich musste mich der Situation stellen.
Sie hat so viele Fragen gestellt, sodass die anderen Mitschüler auch schon bemerkten, was sie vorhatte. Und letztendlich hat mich meine Lehrerin aus der Situation erlöst und zu der Mitschülerin gesagt, dass es nun langsam mal reicht und, dass das wohl nichts mehr mit dem Thema des Referates zutun hätte. Somit musste ich zwar durch die Situation durch, aber meine Lehrerin hatte eingegriffen, damit ich letztendlich doch aus der Situation entkommen konnte.
Ich denke, dass die meisten Menschen mal in Situationen geraten sind (oder man hat sie kommen sehen), die man eigentlich vermeiden wollte. Beispielsweise, wenn man als Kind Mist gebaut hat und man weiß, dass ein Gespräch mit den Eltern droht, eventuell mit Bestrafung. Oder wenn der Chef zum ernsten Gespräch bittet. Vielleicht auch, weil man mal ein Trennungsgespräch führen musste und man wollte die Reaktion des (Ex)Partners nicht unbedingt so mitbekommen, aber es musste eben sein.
Mir ging es schon bei diversen Operationen so, dass ich am liebsten aus der Situation entkommen wäre. Wer lässt sich schon gern operieren. Ich fand das immer sehr nervenaufreibend und hätte dann auch am liebsten das ein oder andere mal gekniffen.
Als Kind ging es mir aber auch einmal so. Damals hatte ich etwas angestellt uns wusste, dass dies Ärger bedeutet. Da wäre ich auch am liebsten der Situation entflohen. Ich denke aber, dass es normal ist, dass man durchaus mal solche Situationen im Leben hat.
Als ich noch jünger war und noch nicht so versiert darin, meine Bedürfnisse zu erkennen, war ich eigentlich ständig auf der Flucht oder auf der Suche nach einem Ausweg. Ich bin nämlich von Natur aus ein introvertierter und zurückhaltender Mensch, dem größere Gruppen, Aktivitäten im "Team" und Festlichkeiten aller Art, bei denen sich die gesamte Verwandtschaft ballt, zuwider sind. Aber damit stelle ich offensichtlich eine Minderheit dar und dachte jahrelang, dass mit mir etwas falsch sei und ich mich einfach nur oft genug "zwingen" müsste, um auch irgendwann Spaß an Bierzelten, Pauschal-Busreisen, Vorstellungsrunden oder Onkel Eberharts 70. Geburtstag zu haben.
Mittlerweile habe ich mich ganz gut arrangiert und nur noch sehr selten das Gefühl, abhauen zu müssen, bevor ich durchdrehe. Beispielsweise drücke ich mich nach Kräften vor Familienfeiern und schlage nur noch bei den Leuten auf, die mir etwas bedeuten. Generell bleibe ich bei Veranstaltungen aller Art nur so lang, wie es höflich ist und verdrücke mich auch zwischendurch zum Frische-Luft-Schnappen, bzw. sperre mich auf dem Klo ein. Und seitdem ich weiß, dass ich nicht irgendwo festsitze, wo ich mich unwohl fühle, bis ich den Tränen nahe bin, kann ich mich etappenweise sogar amüsieren.
Mit irgendwelchen schwierigen Gesprächen oder sonstwie unangenehmen Alltagssituationen komme ich dagegen zumindest gut genug zurecht, um keine Fluchtgedanken aufkommen zu lassen. Natürlich ist es nicht lustig, wenn die Zahnärztin eine interessante Stelle entdeckt hat oder der Chef mich mit Arbeitsanweisungen überschüttet, aber das gehört zum Leben eben dazu. Und selbst wenn ich da abhauen könnte, würde sich das Problem erstens nur vertagen und zweitens normalerweise verschlimmern. Deswegen packe ich den Stier lieber bei den Hörnern, wenn es um die Lösung von Problemen geht.
Aktuell möchte ich aus einer Situation kommen. Und zwar ist es so, dass bei uns im Beruf sowieso zu viel gespart wird, wir zu wenige Sozialarbeiter haben und wir immer mehr obdachlose Jugendliche haben oder Kids, die in Einrichtung von uns betreut werden müssen. Das macht mich wahnsinnig, wenn ich die Politik dann sparen sehe und die armen Kommunen auch keine Kohle haben, um mehr einzustellen. Wir kommen mit der Arbeit nicht mehr nach und wir haben auch arge Problemfälle.
Hinzu kommend, dass mein Kerngebiet eben in der Hilfe im Kampf gegen Zwangsprostitution liegt, ich von Frauen angesprochen werden, die raus wollen oder man mich weiter bringt zu Frauen, die sich nicht trauen, auf mich zu zu gehen. Rechtliche Hilfen kann ich ja nicht geben, aber wir sind Ansprechpartner, um sie auch in Frauenhäuser zu bringen, werden teilweise nachts angerufen und um Hilfe erbeten, weil der Zuhälter sie wieder geprügelt hat. Selbst Bordelle rufen uns an, wenn sie das Gefühl haben, hier stellt sich eine Frau vor, die das nicht will und offenbar draußen im dicken Bonzenwagen jemand steht, der sie zwingt und der Bordellbetreiber oder die „Mutti“ dort das Gefühl hat, nehme ich sie nicht auf, knallt das gleich.
Dieser Scheiße möchte man am liebsten nur entfliehen. Deswegen habe ich derzeit auch Gott sei Dank Urlaub, aber es nervt natürlich. Es macht einen manchmal hilflos und man will nur noch entkommen. Es ist aber nicht so, dass es meiner Chefin derzeit nicht sehr ähnlich geht oder Kollegen vom Jugendamt nicht selbiges denken. Wir sind also auch alle überfordert, gehen manchmal auf dem Zahnfleisch und haben natürlich mit vielen Problemen hart zu kämpfen.
Wir kriegen aber auch nicht mal eben eine Hilfe zur Seite, die dann manchen Mitarbeitern psychologisch betreut. Wir werden da auch fein vergessen. Das nervt manchmal schon, wenn man bedenkt, dass auch unsere Leute oder die beim Jugendamt bedroht werden, angegriffen werden und vieles mehr.
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