Studenten/Dozenten bei Sozialer Arbeit wirklich sozialer?
Meine Freundin beginnt demnächst mit dem Bachelor-Studiengang "Soziale Arbeit" und hatte da auch schon einen Einführungstag. Sie meinte, sie wäre total schnell mit verschiedenen Leuten ins Gespräch gekommen und alle seien so nett gewesen, auch die Dozenten, die sich vorgestellt haben. Die Rektorin der Fachhochschule hätte in ihrer Begrüßung der "Erstis" gesagt, an dieser Hochschule gäbe es zahlreiche Beratungs- und Informationsangebote für jegliches Problem - "Und wenn Sie danach das Gefühl haben, es wurde Ihnen immer noch nicht geholfen, dann kommen Sie zu mir!" Diese Aussage fand ich echt klasse, gerade für eine (vermutlich vielbeschäftige) Rektorin.
Demgegenüber kamen mir meine eigenen Erfahrungen in den ersten Wochen des Jurastudiums in den Sinn. Von Anfang an hieß es, sobald man irgendetwas nicht wusste "Wenn Sie das nicht wissen, schaffen Sie nie das erste Staatsexamen!" Mit anderen Worten, gleich von Beginn an wurde einem richtiggehend Angst vor dem Examen eingebläut. In der Begrüßungsveranstaltung wurde uns mitgeteilt, dass sowieso ein relativ hoher Prozentsatz aller anwesenden Studenten das Studium vorzeitig abbrechen würde - nach dem Motto "Schauen Sie nach rechts, schauen Sie nach links - diese Leute werden ihr Staatsexamen ohnehin nicht machen beziehungsweise schaffen." Also echt motivierend. Und Kontakt zu Kommilitonen habe ich auch nur sehr wenig und mit Sicherheit nicht im Rahmen der Einführungsphase gefunden (dazu muss ich allerdings sagen, dass ich auch relativ zurückhaltend gegenüber "neuen" Leuten bin und in der Stadt, in der ich studiert habe, schon vor dem Studium einen festen Freundeskreis hatte).
Ich habe also das Gefühl, es geht (dem Namen entsprechend) im Studium der sozialen Arbeit allgemein wirklich sozialer, offener und "menschlicher" zu als im konkurrenzbetonten Jurastudium. Denkt ihr auch, das liegt wirklich zum Großteil am Studiengang (also der Fachrichtung), wie dort der Umgang miteinander ist? Oder erscheint mir nur "das Gras grüner" bei einem Studium, das ich selbst nicht mache?
Ich finde es einfach schwer, hier irgendwelche allgemeingültigen Aussagen zu treffen, zumal ich lediglich Erfahrungen mit Jura habe und auch denke, dass die Erfahrungen von Stadt zu Stadt und von Universität zu Universität doch stark variieren können. Sagen muss ich jedoch auch, dass ich deine Beobachtungen schon irgendwie teilen kann, denn auch ich durfte mir bei der Einführungsveranstaltung meines Jurastudiums ganz ähnliche Dinge anhören und hatte nie wirklich das Gefühl, mich mit Problemen und Schwierigkeiten irgendjemandem anvertrauen zu können - schon gar nicht meinen Dozenten. Freunde im Studiengang der sozialen Arbeit berichteten hingegen von genauen Absprachen und Hilfestellungen seitens der Dozenten, außerdem von ausreichender Unterstützung und hilfsbereiten Kommilitonen.
Ich denke aber auch, dass es nicht primär am Studiengang liegt, sondern eher damit zusammenhängt, dass Jura ein Massenfach ist; meine damalige Universität hatte allein im ersten Semester 800 Studenten, auf der Warteliste standen sicherlich noch einmal ebenso viele. Dass man da nicht unbedingt zimperlich ist, wenn man für vergraulte Studenten jederzeit Ersatz findet und die Vorlesungssäle sowieso aus allen Nähten platzen, ist verständlich. Auch findet die soziale Arbeit oft an Fachhochschulen statt, die allgemein als verschulter gelten, so gibt es dort z.B. feste Stundenpläne und oft mehr Arbeit nach Skripten. Vielleicht liegt es auch ein Stück weit daran, dass man sich durch diese Strukturierung ein bisschen besser unterstützt fühlt.
Meine Schwester studiert Mathe und sie hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Direkt in der Einführungswoche wurde allen Studenten mitgeteilt, dass mehr als zwei Drittel der Anwesenden innerhalb der ersten beiden Semester das Studium abbrechen oder nicht schaffen würde. Es gab sogar Flyer, in denen alles detailliert beschrieben und erklärt wurde. Das nenne ich Motivation für "Erstis".
Ich studiere ein anderes Fach in den Naturwissenschaften und bei uns war das ganz anders. Wir wurden in der Einführungswoche sehr auf Beratungsangebote, Tutorien aufmerksam gemacht und uns wurde das Gefühl vermittelt, dass das ganze Institut uns unterstützen würde, so gut es geht. Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir Studenten uns selbst überlassen werden sollten, im Gegenteil. Dabei besuchte ich damals dieselbe Uni wie meine Schwester. Die beiden Fachbereiche waren sogar im selben Gebäude und trotzdem war die Herangehensweise eine andere, die Studenten zu motivieren.
Ich glaube nicht, dass das abhängig ist vom Fach. Ich denke, es liegt eher an den Menschen, die in diesem Institut arbeiten. Man kann sowas nicht pauschalisieren.
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