Chat-Bekanntschaft nun in Psychiatrie - Wie verhalten?
Zitronengras hat geschrieben:Ich habe heute früh eine SMS geschrieben und es kam als Antwort zurück, dass er nun in der Klinik sei und er hat sich bei mir bedankt.
Das finde ich wirklich super und ich freue mich, dass alles so halbwegs gut lief, obwohl man hier eigentlich nicht so von "gut" sprechen kann, vielleicht war das eher Glück im Unglück. Ich wünsche ihm und auch dir alles Gute, da du dich ja auch so erschrocken hast und hoffentlich geht es ihm bald besser.
Ich finde wie fast alle Vorschreiber auch, dass du richtig gehandelt hast. Es bestand ja in deinen Augen eine konkrete Suizidgefahr. Du musst allerdings aufpassen, dass du jetzt nicht zu viel Verantwortung übernimmst, denn es ist nur eine Chatbekanntschaft. Ich würde losen Kontakt halten, wenn mir an der Freundschaft gelegen wäre, und ab und zu einmal nachfragen, wie es ihm geht, mich da aber nicht zu sehr mit Verantwortung, die du ja nicht hast, überladen. Die Klinik wird schon das Richtige für ihn tun.
Na siehst du, wenn du dann eine SMS erhalten hast, in der er sich bei dir für dein Handeln bedankt hat, dann hast du wirklich alles richtig gemacht, denn ich kann die Meinung nicht teilen, die hier jemand geäußert hat, dass es vielleicht besser ist, wenn man nicht mehr mit scheinbar unbehandelbaren Depressionen leben muss und diesen Mann hätte tun lassen sollen, was er für richtig hält. Ich hätte in deiner Situation nicht gewusst, ob ich den gleichen Mut gehabt hätte und die Polizei angerufen hätte.
@CCB86: Und wenn Zitronengras nicht gehandelt hätte, könnte man es ihr auch als unterlassene Hilfeleistung anlasten, wenn er wirklich versucht hätte sich das Leben zu nehmen. Immerhin kann man solche Gespräche auch noch nachweisen, selbst wenn der Account gelöscht wurde. Wenn man niemanden in seine Probleme reinziehen will, dann darf man auch nicht darüber reden.
Und hier steht eben auch noch die Gesetzeslage mit zur Debatte, die man nicht unbeachtet lassen sollte. Auch wenn du es als betroffene Person dieser Erkrankung anders siehst. Aber man muss eben auch immer sehen, welche Folgen es hat, wenn Mitwisser nicht handeln.
Auf alle Fälle hast du richtig und menschlich gehandelt. Du musst dir nun etwas ganz bewusst machen: du kannst niemanden vor sich selber retten und du bist nicht verantwortlich. Natürlich kannst du nachfragen, anrufen, vielleicht ist Kontakt erlaubt. Anfangs glaube ich das zwar eher nicht, aber versuche es einfach mal, dann wirst du es schon sehen. Letztendlich ist es eine harte Geschichte, aber wenn du als Mensch und nach deinem Gewissen handelst, ohne dich selber runter ziehen zu lassen, machst du alles richtig.
Vor einigen Jahren hatte ich eine unglaublich nette Frau kennen gelernt, weil die über ebay etwas bei mir gekauft hatte und wir so in Kontakt kamen. Sie hatte eine schlimme Kindheit und leider eine nicht so gute Ehe, hatte aber aus sich sehr viel gemacht und hätte stolz und selbstbewußt sein können. Leider war sie das nicht und litt unter Depressionen. Über drei Jahre lang hatten wir Kontakt, erst per Email, dann auch telefonisch, einmal hat sie mich sogar für ein paar Tage besucht und wir verstanden uns prächtig, obwohl wir ganz unterschiedlich waren und aus einem ganz unterschiedlichen Umfeld kamen. Sie war ein herzensguter, intelligenter Mensch. Immer wieder hatte sie aber auch ganz dunkle Zeiten, wir sprachen dann viel über ihre Probleme und ich versuchte auch, für sie da zu sein.
Eines Tages bekam ich eine Email von ihrem Sohn, in der er mir mitteilte, dass sie sich umgebracht hatte. Wir hatten eine Woche zuvor telefoniert, sie war supergut drauf, erzählte mir viel von ihren Söhnen, zu denen ihr Verhältnis nach langer schlechter Zeit wieder richtig gut geworden war. Im Job hatte sie Erfolgserlebnisse, alles war gut. Sie wollte auch viel von mir wissen, es war ein wunderbares und positives Gespräch. Heute weiß ich, dass sie da Abschied von mir genommen hat - ich hätte es nicht erahnen oder verhindern können. Das besonders Tragische dabei war, dass sie Krankenschwester in der Psychiatrie war und genau wusste, wie Symptome aussehen, wie und wo man sich helfen lassen kann. Sie hatte auch Chefs und Kolleginnen, die ihr jede Hilfe sofort und unbürokratisch zukommen hätten lassen - sie wollte es nicht.
Ich war damals unendlich traurig und auch echt wütend auf sie. Aber es ist so: man steckt in einem anderen Menschen nicht drin, jeder geht seinen Weg, wie er meint zu müssen. Man kann da sein, Hilfe anbieten, aber man kann die Dinge letztendlich nicht kontrollieren oder beeinflussen. ich kann dir also nur sagen: sei da, wie du kannst, strecke die Hand weiterhin aus. Aber pack dir selber nicht das Paket "Verantwortung" auf den Buckel - jeder hat seine persönlichen Angelegenheiten selber in der Hand.
Nun, ich muss sagen, dass er vielleicht genau das gebraucht hat. Er hat sich immerhin von dir verabschiedet und das mit den Worten, dass er nicht mehr leben will. Das zwingt einen doch gerade zu etwas zu unternehmen. Vor allem dann, wenn jemand dann als Zeichen auch noch sein Profil löscht. Jeder, der da nichts unternommen hätte, wäre entweder unmenschlich oder ignorant und mit Sicherheit hätte man sich dann auch Sorgen gemacht, weil der Ausgang ungewiss gewesen wäre. Du hast also vollkommen richtig gehandelt.
Ich vermute wie gesagt aber auch, dass er sich genau das gewünscht hat:das er wahrgenommen und vor allem ernst genommen wird und genau das hast du ja getan. Das zeigt ihm dann auch, dass er dir wichtig ist und Menschen mit Depression bedeutet das ja noch mehr, als vielleicht anderen. Und das er sich dann bei dir bedankt hat, stützt meine Theorie nur.
Ich hoffe, du schaffst es den Kontakt zu halten, denn ich glaube, dass das sehr wichtig für ihn wäre, dass du ihm da beistehst und dich hin und wieder nach ihm erkundigst. Das kann bei der Genesung einfach auch wirklich helfen.
Bei jemandem, der sich Bekanntschaften über den Chat sucht, um sich dann bei diesen per Telefon auch noch buchstäblich auszuheulen, kann doch auch etwas nicht in Ordnung sein. Daher hätte ich das Ganze auch nicht als Fake angesehen, sondern ernst genommen. Dass du die Polizei angerufen hast, um das Ganze schnell zu klären, finde ich richtig toll. Denn ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich da wahrscheinlich gar nicht gehandelt und mich tatsächlich zurückgelehnt hätte, da ich zu einem Fremden Irren (um es mal ganz hart auszudrücken) keine Sympathie aufbauen könnte.
An deiner Stelle würde ich auch keinen Kontakt mehr zu diesem Menschen suchen. Man hat im Leben doch wirklich genug eigene Probleme und möglicherweise braucht in deinem Freundeskreis jemand deine Hilfe eher als jemand, den du aus dem Chat kennst. Das wird sich auf dein Wohlbefinden doch auch eher negativ auswirken, wenn du so jemandem beistehen willst und da solltest du meiner Meinung nach ganz egoistisch sein.
@Punktedieb: auch nach juristischen Gesichtspunkten besteht meines Erachtens kein Zwang, zu handeln. Die unterlassene Hilfeleistung bezieht sich auf Unglücksfälle, in denen jemand sich nicht mehr selbst helfen kann. Genau genommen tritt der Fall erst ein, wenn er den Suizidversuch bereits gestartet hat. Hüpft dir jemand mit Suizidabsicht vors Auto und lebt noch, dann musst du natürlich handeln, sonst wäre es unterlassene Hilfeleistung. Wenn jemand aber nur redet und ankündigt, hat er das Geschehen noch selbst in der Hand, so dass man es auch nicht verhindern muss (abgesehen von den Fällen, wo angekündigt wird, dass auch andere Personen gefährdet werden). Da Suizid auch kein Straftatbestand ist, kannst du auch nicht wegen Beihilfe belangt werden, wenn du jemandem ein Seil zum erhängen besorgst und ihn dann einfach machen lässt. Anders sieht es eben immer nur aus, wenn du daneben stehst und die Person hilflos ist. Oder wenn du auf Grund deiner Garantenstellung zum Handeln verpflichtet bist.
Wie dem auch sei. Offensichtlich ist der Herr ja jetzt in guten Händen. Dir, Zitronengras, kann ich dennoch nur empfehlen, dich von der Person fernzuhalten und dich vor Wiederholung solcher Situationen zu schützen.
@CCB86: Die Auffassung dazu ist aber nicht einheitlich. Deswegen kann es unter Umständen doch dazu kommen, dass einem unterlassene Hilfeleistung angelastet wird. Eine Quelle dazu habe ich hier gefunden. So ganz von der Hand zu weisen ist das Ganze also nicht, dass man danach belangt werden kann.
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