Schweigepflicht von Kindertherapeuten gegenüber Eltern?

vom 29.09.2013, 22:40 Uhr

Jeder Arzt, Psychiater oder Therapeut unterliegt ja der Schweigepflicht. Ich habe mich gefragt, ob das nicht auch für Kindertherapeuten gegenüber den Eltern des Patienten gelten müsste? Der minderjährige Mensch hat ja genauso Persönlichkeitsrechte und gerade wenn Probleme mit den Eltern vorhanden sind, wird es ohne Schweigepflicht womöglich schwierig, eine tragfähige therapeutische Bindung aufzubauen.

Andererseits hat ein junger Mensch ja auch noch nicht dieselben Mechanismen zur Problemlösung entwickeln können und braucht vielleicht mehr Unterstützung oder gar Beobachtung, falls er selbstmordgefährdet ist. Gerade in solchen Fällen müssten die Therapeuten doch die Eltern, die mit dem Kind zusammenleben, theoretisch darauf hinweisen können, dass das Kind oder der Jugendliche etwa akut selbstmordgefährdet ist? Wisst ihr, wie das in Deutschland geregelt ist?

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Die ärztliche Schweigepflicht bei Kindern sieht so aus, dass es individuell gehandhabt wird. Wenn das Kind eine gewisse Reife und Einsichtigkeit vorzeigt, darf der Arzt oder Kindertherapeut keine Auskunft gegenüber den Eltern geben. Ist dies aber nicht vorhanden, so wie es vielleicht bei Selbstmordgedanken der Fall ist, darf der Arzt auch Auskunft gegenüber den Eltern geben.

Ich habe soeben auch ein Urteil gelesen. Man stellt sich jetzt ein Mädchen im Alter von 15 Jahren vor, welches zu ihrer Gynäkologin geht. Sie ist in der 14. Schwangerschaftswoche schwanger. Sie bittet die Gynäkologin, dass sie ihrer Mutter nichts erzählt. Folgeuntersuchungen finden nicht statt. Erst kurz vor der Geburt geht die Mutter mit der Tochter zu dieser Gynäkologin. Sie will klagen, da aufgrund der Unreife des Mädchens in ihrem Alter ein Abbruch möglich gewesen wäre, das Mädchen war aber auf sich allein gelassen. Ein späteres Urteil befragte das Mädchen und urteilte, dass sie sowohl eine Einsichtsfähigkeit als auch die nötige Reife zu diesem Zeitpunkt gehabt hätte. Die Klage wurde abgewiesen.

Dieses Urteil finde ich dann auch gerechtfertigt, aber das Mädchen auf sich allein zu stellen, ist auch nicht die Lösung. Dadurch ist es eben eine Grauzone. Man hätte hier bestimmt auch sagen können, dass die Gynäkologin dennoch es sagen hätte sollen. Wie soll man denn diese Reife erkennen? Wie macht sich dies bemerkbar?

Diese Seite fand ich doch sehr interessant, sodass ich sie zum Weiterlesen empfehle. Es handelt sich hierbei um die Seite BVDD - Schweigepflicht.

» iggiz18 » Beiträge: 3366 » Talkpoints: 4,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Kinder haben zwar Persönlichkeitsrechte, aber diese üben die Eltern für diese aus, wenn die Kinder unter 12 Jahre alt sind. Zwischen 12 und 18 Jahren entscheiden die Ärzte je nach Einsichtsfähigkeit des Kindes. Also müssten Therapeuten die Eltern von Kindern unter 12 Jahren aus jeden Fall über die Sitzungen berichten, was ich auch richtig finde. Gerade, wenn es Schwierigkeiten in der Eltern-Kind-Beziehung gibt, müssen Eltern mit einbezogen werden.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Schweigepflicht gegenüber den Eltern besteht nur bedingt. Dinge muss man ja auch mit den Eltern besprechen und ich denke, es macht einen Unterschied, ob man nun als Mädchen die Pille verschrieben bekommt oder eine Therapie bekommt. Meistens wird ja auch die Mitarbeit von den Eltern vorausgesetzt und da muss man auch offen mit umgehen. Man kann es nicht geheim halten, weil eben die Eltern auch zwecks Anamnese und Diagnostik befragt werden.

Ich kenne es aber so, dass die Inhalte eher nur nach Absprache mit dem Kind oder dem Jugendlichen weitergegeben und besprochen werden. Je nach Alter natürlich. Bei einem fünfjährigem Kind werden Bezugspersonen/ Erziehungsberechtigte natürlich schon informiert, bei fünfzehnjährigen Kindern ist es durchaus auch Thema.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich befinde mich seit etwa einem halben Jahr in psychologischer Behandlung. Ganz heimlich lässt sich eine solche Therapie unter 18 nicht machen, da man ja über die Eltern oder ein Elternteil versichert ist und diese dann die Bestätigung der Krankenkasse erhalten. Was den Inhalt und die Themen der Sitzung angeht, so muss der Psychologe das entscheiden. Je nachdem wie reif und wie alt jemand ist, muss dieser dann überlegen und abwägen, was die Eltern erfahren, und was nicht. Ich wurde von meiner Psychologin gefragt, ob meine Eltern (bzw. meine Mutter; zu meinem Vater habe ich keinen Kontakt mehr) davon erfahren dürfen.

Da es sich bei mir nicht um Selbstmordgefahr oder ähnlich gefährliche Dinge handelt, hat man mir die Wahl gelassen. Angesichts der Tatsache, dass ich mittlerweile knapp 17 bin, finde ich das auch angemessen und sähe es doch als ziemlichen Vertrauensbruch, wenn meine Mutter einfach über alles in Kenntnis gesetzt werden würde. Ich habe ein recht gutes Verhältnis zu meiner Mutter, und ich will ihr die Sachen schon selbst erzählen. Sonst käme ich mit hintergangen vor.

Anders ist das bei akut gefährdeten Personen, insbesondere, wenn sie noch etwas jünger sind. Frisch in der Pubertät, ständig Stress mit den Eltern... da würde es meiner Meinung nach nicht allzu viel bringen nichts zu erzählen. In so einer Situation muss der Therapeut natürlich abwägen, was auf lange Sicht besser wäre. Aber (ich glaube) ab 12 Jahren hat der Therapeut rechtlich gesehen keine Pflicht mehr, die Eltern über das Besprochene zu unterrichten und kann nach eigenem Ermessen handeln.

» rikina » Beiträge: 69 » Talkpoints: 40,93 »


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