Erde aus dem All sehen und Lebenseinstellung ändern?

vom 24.09.2013, 10:45 Uhr

Ich habe schon öfter in Interviews mit Astronauten gelesen, dass sich deren Lebenseinstellung und Blickwinkel auf das Leben und die Erde für immer verändert haben, nachdem sie unseren Heimatplaneten einmal vom Weltall aus gesehen haben. Sie bekamen einerseits das Gefühl, selbst nur klein und nichtig zu sein angesichts der Unendlichkeit des Alls. Andererseits spürten sie durch das Betrachten der Erde aus der Ferne, dass diese als unser aller Lebensraum beschützt werden muss - zum Beispiel sagte der Astronaut Thomas Reiter, er habe Waldbrände und die Abholzung des Regenwaldes mit bloßem Auge erkennen können und durch diese Bedrohung unserer Existenz relativiere sich vieles sehr stark, was uns sonst als wichtig erschiene (zum Beispiel die Frage, ob bestimmte Steuern erhoben werden sollen).

Glaubt ihr, die Menschen würden verantwortungsvoller mit der Erde umgehen, wenn jeder von uns einmal die Möglichkeit hätte, die Erde aus dem Weltall zu sehen? Würde dadurch die (theoretische und rationale) Erkenntnis, dass die Erde nun mal unser (einziger) Lebensraum ist und nur über begrenzte Ressourcen verfügt, für die meisten Leute begreifbarer und emotional erfahrbar, so dass sie künftig ihr Leben danach ausrichten würden?

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich kann das nicht beurteilen, weil ich diesen Blick noch nicht persönlich erfahren habe, sondern nur von Filmen und Fotos her kenne. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass man seine Lebenseinstellung ändert, und zwar nicht in dem Sinne, dass man die Politik anders bewertet, sondern sich selbst nicht so wichtig nimmt. Denn für die Rettung der Erde sind so unwichtig erscheinende Dinge wie Steuererhöhungen und Ähnliches durchaus von Bedeutung. Soziale Unruhen und dadurch entstehende Kriege können nämlich durchaus mehr Umweltschäden anrichten als Abholzungen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Es ist schon eine kindlich-naive Vorstellung, nur das eigene Erfahren und das eigene Sehen könne zur Erkenntnis führen. Wer vorher keinen Wert auf den Erhalt der Erde und Umweltschutz gelegt hat und sich erst dadurch "bekehren" ließ, aus dem Weltraum auf die Erde zu schauen, ist sicher ein "schwieriger Fall". Oder will man die ehrlichen Absichten der Umweltaktivisten in Zweifel stellen, nur weil sie selbst noch nie die Erde aus einer Raumkapsel gesehen haben?

Und um sich der eigenen Bedeutung bewusst zu werden, muss man sich nur Fragen, welchen Einfluss auf das Weltgeschehen der Tot eines nahen Angehörigen hatte. Mag der Verlust z.B. der eigenen Eltern für einen persönlich schwer wiegen: es ändert nichts am Samstag-Abend-Programm des ZDF, der Bundesligaspielplan wird nicht durcheinander gebracht und der eigene Arbeitgeber wird sein Werk nicht schließen. Um eben die eigene Bedeutungslosigkeit (direkt im globalen Sinn aber eben auch im nahen Umfeld) zu erkennen, muss man weder in eine Flugzeug steigen noch in ein Raumschiff.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Oder will man die ehrlichen Absichten der Umweltaktivisten in Zweifel stellen, nur weil sie selbst noch nie die Erde aus einer Raumkapsel gesehen haben?

Selbstverständlich nicht. Das war aber auch nicht meine Frage oder These. Die allermeisten Menschen sind ja leider keine Umweltaktivisten und machen sich herzlich wenig Gedanken über die Konsequenzen ihres Handelns - deswegen stehen wir ja vor den aktuellen (Umwelt-) Problemen. Und auf diese Menschen bezog sich meine Überlegung, ob sie wohl (theoretisch) eine andere Einstellung durch den Blick aus dem Weltall bekommen würden oder könnten.

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Kate110 hat geschrieben:ob sie wohl (theoretisch) eine andere Einstellung durch den Blick aus dem Weltall bekommen würden oder könnten.

Und da zweifle ich eben, dass das eigene "sehen" für eine Änderung der eigenen Handlung hier ausreicht. Denn das würde ja bedeuten, dass Raucher nur mit Menschen konfrontiert werden müssten, die an Krebs im Endstadium leiden, um sie zu Nichtrauchern zu machen. Oder aber es würde bedeuten, dass alle keine Angst vor Abhängigkeit durch Heroin hätten, solange man es nicht "mit eigenen Augen" gesehen hätte.

Hier wird die Wirkung der persönlichen Wahrnehmung schlicht überschätzt und - ich gebe es zu - da halte ich Menschen für dumm, die sich erst dann Gedanken über Umweltschutz machen wollen, wenn die sie negativen Wirkungen gesehen haben (oder glauben, sie gesehen zu haben). Denn ein gewisses Maß an Abstraktionsvermögen unterstelle ich jedem, der sich "Erwachsen" nennt. Die Erde geht nicht unter, wenn ich ein Liter Öl im See entsorge - und wenn ich es nicht im See entsorge rette ich die Welt nicht. Aber es ist tatsächlich so, dass ich aus Umweltschutzgründen nicht auf die Idee kommen würde, Altöl eben im See zu entsorgen. Ganz ohne einen Flug ins All oder einer Nahtoderfahrung oder eines sonstigen dramatischen Ereignisses.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich sehe es ziemlich ähnlich wie derpunkt. Um zur Erkenntnis zu kommen, dass man selbst auf der Welt als Gesamtheit wenig Gewicht hat, braucht man keinen Flug ins All. Man muss lediglich sein Gehirn benutzen. Man benötigt lediglich Vorstellungsvermögen und die Möglichkeit, logisch zu denken. Und ja, ich finde es auch seltsam, wenn Menschen Dinge erst vor Augen haben müssen, um auf irgendeinen Gedanken zu kommen. Da scheint einfach wenig Vorstellungskraft vorhanden zu sein, oder interpretiere ich das falsch?

Wobei es definitiv, leider würde ich fast sagen, Menschen gibt, die erst dadurch, dass sie Dinge am eigenen Leib erleben, die Augen geöffnet bekommen. Ich staune beispielsweise immer wieder darüber, was einige Leute für Parolen klopfen, die mit halbwegs logischem Denken aber eindeutig unsinnig sind. Nur sie kommen einfach nicht darauf und wenn man es ihnen direkt vor die Nase hält, bestreiten sie es weiterhin. Aber kaum erleben sie so etwas selbst, sind sie plötzlich wie ausgewechselt und scheinen zu begreifen. Dabei hätte Nachdenken ausgereicht. Es verwundert mich, immer wieder.

Abgesehen davon sehe ich auch noch das Problem, dass die Erkenntnis, wenn sie denn überhaupt auftritt, oftmals nicht von langer Dauer ist. Viele Menschen lassen sich durch besondere Erlebnisse kurz "aufwecken" oder eher erschüttern, aber nach einigen Tagen bis Wochen der Aufmerksamkeit geht alles wieder seinen gewohnten Lauf.

Ein gutes Beispiel ist ja jeder beliebige "Amoklauf", von dem in den Medien berichtet wird. Gut, das ist natürlich ein negativer "Auslöser" des Nachdenkens, im Gegensatz zum möglicherweise eher positiven, den man vor sich hat, wenn man vom All aus die Erde sieht. Aber die Wirkmechanismen sind dieselben: Der Mensch sieht etwas Außergewöhnliches, was ihn aufweckt. Eine Weile beschäftigt er sich damit, aber dann ist es wieder vorbei. Man sieht es, wie gesagt, bei jedem Amoklauf: Nach der Tat sind alle erschüttert und es werden Forderungen laut, irgendetwas müsse sich ändern. Aber wie sieht es in zwei Monaten aus? Alles ist wieder wie vorher, nichts hat sich geändert, das Geschehene ist vergessen. Und beim nächsten identischen Vorfall sind sie wieder zwei Monate total betroffen und schockiert.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Der Blick vom Weltall auf die Erde ist sicher sehr beeindruckend. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Erlebnis für kurze Zeit Menschen verändern kann. Aber ich denke nicht, dass Menschen dadurch langfristig verantwortungsvoller mit der Erde umgehen würden.

Aktiver Umweltschutz erfordert eine grundlegende Änderung der Lebensgewohnheiten. Dazu gehört zum Beispiel, dass man auf kurzen Strecken das Auto stehen lässt oder beim Einkaufen nicht das nächstbeste Sonderangebot nimmt, sondern auf umweltfreundliche Materialien achtet. Das waren jetzt nur zwei Beispiele, um zu zeigen, dass Umweltschutz in vielen Situationen als unbequem empfunden werden kann, weil wir uns zu sehr an den Wohlstand gewöhnt haben. Deshalb meine ich, dass ein Blick von oben auf die Erde langfristig nicht viel an den Lebensgewohnheiten der Menschen ändern würde.

» kengi » Beiträge: 886 » Talkpoints: 17,93 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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