Kind soll viele Fremdsprachen schnell lernen

Einerseits finde ich es ja gut, dass ein Kind mehrere Fremdsprachen lernt, weil man in jungen Jahren so etwas noch leichter lernen kann. Aber andererseits finde ich es nicht richtig, dem Kind auf diese Weise keine Freizeit zu gönnen. Wenn das Kind eine Begabung für Sprachen hat und diese gerne lernt, kann es sein, dass es ihm auch noch Spaß macht. Aber trotzdem halte ich diesen Kurs, den der Vater dort einschlägt, für zu streng.

Sicher möchte er, dass sein Kind durch die vielen Fremdsprachen später im Berufsleben eine bessere Chance hat und das verstehe ich ja. Aber auf der anderen Seite muss man einem Kind auch mal Freizeit gönnen. Es klingt ja so, als hätte das Kind gar keine Zeit, sich mal mit Freunden zu treffen oder einen Sport auszuüben, was ich aber auch sehr wichtig finde. Dem Kind wird so doch ein Teil der Kindheit genommen.

Ganz klar: Nein. Ich würde solch ein Lernprogramm auf gar keinen Fall für mich oder mein Kind erstellen wollen. Es ist gut, wenn Eltern ihre Kinder fördern wollen, aber sie sollen ihnen niemals ihre Kindheit nehmen. Das ist einfach unfair den Kindern gegenüber, da sie meistens darüber noch gar nicht entscheiden können.

Es mag zwar nun so scheinen, als ob der Vater so um die Zukunft des Kindes besorgt sein mag, aber was bringt es dem Kind, wenn es gerade mal die Grundlagen von sieben Sprachen kann? Ich nehme nämlich nicht an, dass das Kind diese Sprachen schon fortgeschritten beziehungsweise fließend sprechen kann. Selbst wenn es in den Übersetzungs- oder Dolmetscherberuf einsteigen möchte, reichen zwei oder drei Sprachen auf die man sich spezialisiert vollkommen. Selbst wenn es dem Kind Spaß macht, so viele Sprachen zu lernen, sollte man dem Kind auch manchmal Einhalt gebieten und es Kind sein lassen, damit es auch etwas von seiner Kindheit hat, außer ständig zu lernen.

Meine Meinung dazu lautet ganz eindeutig: das Kind hat zu entscheiden. Den Wunsch der Eltern, ihrem Kind eine gute Bildung zu geben, in allen Ehren, aber das ist definitiv übertrieben. Natürlich sind Kinder in jungen Jahren noch schneller im Lernen von Sprachen, aber bei so vielen gleichzeitig führt das doch eher zu Verwirrung. Ein Kind muss erstmal ein Kind sein können. Die beste Bildung bringt einem Menschen nichts, wenn er nicht glücklich ist. Und wenn das Kind von Anfang an so viele Sprachen lernen muss, denke ich, dass es eher eine Abneigung gegen alles entwickelt, das damit zu tun hat. Eltern sollten nicht versuchen, Interessen auf diese Weise "anzuerziehen", sondern schauen, welche Interessen das Kind hat, um diese zu fördern.

Ich selbst interessiere mich auch für Sprachen, lerne in der Schule Englisch, Latein und Spanisch und beschäftige mich privat mit Russisch, Japanisch und Schwedisch. Und daher weiß ich aus Erfahrung: viele Sprachen gleichzeitig zu lernen, verwirrt. Insbesondere dann, wenn Sprachen sich ähnlich sind oder man sich mit zwei Sprachen auf dem gleichen Lernniveau befindet. Man verwechselt Wörter und Grammatik, und das führt eher nicht zum gewünschten Ergebnis. Eine Bekannte von mir spricht ebenfalls sieben Sprachen, drei als Muttersprache und die restlichen als Fremdsprachen, die sie in der Schule (abgesehen von Englisch als Pflichtfach) aus freiem Willen gewählt hat.

Hat also das Kind selbst Interesse an Sprachen, soll es diese ruhig lernen, und dann ist es löblich, wenn die Eltern dies fördern. Ein solches elterliches Verhalten wird das Kind aber eher maßlos überfordern, und die Kindheit ist die Wohl wichtigste Phase, weil sie unser späteres Leben enorm prägt. Daher sollte ein Kind so weit wie möglich machen, was es will, und nicht das, was die Eltern vorschreiben, so gutmütig ihre Absichten auch sein mögen.