Gibt es bei Mord keinen Spielraum für das Strafmaß?

vom 10.09.2013, 14:49 Uhr

Im Strafgesetz steht, dass ein Mörder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft wird. Bei anderen Straftaten wird meist ein Rahmen angegeben, beispielsweise mit mindestens zwei Jahren und höchstens fünf Jahren. Manchmal bleibt der Richter auch drunter. Ist bei Mord, also wenn die Mordmerkmale wie Heimtücke, niedrige Motive und so weiter festgestellt wurden, wirklich nur das Urteil lebenslang möglich? Gibt es bei Mord keine mildernden Umstände oder Ermessensspielräume?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 10.09.2013, 15:10, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Wenn du die Definition von Mord nach dem Strafgesetzbuch anschaust, dann gibt es doch hier gar keinen Grund, hier Spielräume festzusetzen. Wenn es tatsächlich Beweggründe für einen Mord gibt, die sich von denen eines Mörders unterscheiden, wird man wohl wg. Totschlags verurteilt! Das wäre die Differenzierung, welche dann beim Strafmaß Einfluss nehmen würde. Ansonsten sehe ich tatsächlich bei einem einfachen Mord keinen Grund, hier von Lebenslänglich abzuweichen - wobei natürlich auch die vorzeitige Entlassung immer erwägt werden kann. Eben auch bei Mördern ist die deutsche Justiz hier "gnädig". Mir ist eigentlich nur der Fall von Christian Klar bekannt, bei dem jemand wg. gemeinschaftlichen mehrfachen Mordes tatsächlich die Rache des Rechtsstaates spüren musste und für 26 Jahre eingesperrt wurde. Kein NS Verbrecher oder sonstiger Mörder musste in der BRD ähnlich lange sitzen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Minder schwere Fälle oder ähnliches gibt es bei Mord im Gegensatz zu anderen Straftatbeständen tatsächlich nicht. Wird ein Mordmerkmal dem Beschuldigten im Strafverfahren nachgewiesen, muss das Tatgericht zudem die besondere Schwere der Schuld feststellen. Diese Feststellung ist eine zusätzliche materiell-rechtliche Bewertung nach den Kriterien der Strafzumessung. Normalerweise wird ja die Strafzumessung (also etwa bei Nötigung: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe? In welcher Höhe? Strafrahmen bei der Nötigung ist zum Beispiel ein Monat bis drei Jahre.) entsprechend des Maßes der Schuld festgesetzt. Ist die besondere Schwere der Schuld festgestellt, ist die lebenslange Freiheitsstrafe zwingende Folge.

Aber: Nach ständiger Rechtssprechung sind alle Mordmerkmale generell restriktiv, also einschränkend auszulegen. Das ist quasi eine Art "Vermeidungsstrategie", um die sehr starren Rechtsfolgen des § 211 StGB nicht in Fällen anzuwenden, die dies eigentlich nicht verdienen. Hier kann stattdessen wegen Totschlags verurteilt werden, wo (wie sonst auch) minder schwere Fälle, verminderte Schuldfähigkeit und ähnliches in Betracht kommen.

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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