Reagiert das Jugendamt auch auf anonyme Anzeigen?

Y wohnt in einem Hochhaus mit mehreren Parteien, die auch teilweise Kinder haben. Y hat seit zwei Monaten neue Nachbarn mit drei Kinder. Aus der Wohnung kommt ein Geruch nach alten Windeln und wenn man einen Blick erhaschen kann, wenn die Tür auf steht, dann sieht es auch nicht kindgerecht ordentlich aus. Die Kinder sehen auch schmuddelig aus. Das Zwillinge der Familie sind ca. 2 Jahre alt und dann ist da noch ein Säugling, welcher ständig schreit. Die Zwillinge sind in keiner Kinderkrippe, weil die Mutter wohl auch zu hause ist.

Nun hat Y mit zwei anderen Nachbarn versucht mit der Familie zu reden und hat auch Hilfe angeboten. Ihr wurde die Tür vor der Nase zugeschmissen. Y und die beiden anderen Nachbarn wollen nun das Jugendamt einschalten und wollen dabei aber nicht den Namen nennen, weil sie vor der Familie nicht als Verräter da stehen wollen. Muss das Jugendamt auch auf anonyme Anzeigen reagieren oder fallen anonyme anzeigen beim Jugendamt eher unter den Tisch? Konntet ihr schon Erfahrung mit dem Jugendamt diesbezüglich machen?

Das Problem ist doch aber, dass es eh herauskommen wird. Das Jugendamt wird sich das anschauen und blöd werden die ja nicht sein. Es kann ja nur ein Nachbar gesagt haben und dann wird die Familie dank der Nachbarn, die Hilfe angeboten haben schon wissen, wo es her kommt. Ich würde da einfach mit offenen Karten beim Jugendamt spielen. Sie dürfen die Namen doch eh nicht weiter geben, wenn die Nachbarn das nicht wollen. Es muss aber jedem Hinweis nachgegangen werden. Eigene Erfahrungen habe ich damit noch nicht gemacht, aber ich denke, dass das sicherlich viele Nachbarn so machen und dass das gleichwertig behandelt wird.

Ich sehe keinen Grund dafür, das Jugendamt anonym zu kontaktieren. Aber selbstverständlich reagiert das Jugendamt auch auf anonyme Hinweise und wird dort einmal vorbeischauen. Einen Grund für anonyme Anzeigen kann ich mir nur vorstellen, wenn ein naher Verwandter alleine nicht mehr weiterkommt und beim Jugendamt Hilfe holen möchte, ohne dass die Beziehung, beispielsweise zum Enkelkind, gestört wird, weil die Mutter oder der Vater dann jeden Besuch verweigert.

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass man beim Jugendamt vorspricht und den Mitarbeitern dort sagt, dass man nicht möchte, dass die Nachbarn wissen, dass man der Melder ist. Ich denke, sie werden darauf Rücksicht nehmen.

Das Jugendamt reagiert auf alle Hinweise, die darauf schließen lassen, dass das Wohl der Kinder gefährdet ist, sogar dann, wenn man den Hinweis anonym per E-Mail eingehen lässt. Viele Städte haben dafür ein E-Mail Postfach eingerichtet, bei denen man über ein Kontaktformular anonym einen Hinweis abgeben kann. Die eigene E-Mail Adresse bleibt dabei geheim.

Ich persönlich habe diese Kontaktmöglichkeit schon einmal genutzt. Es ist leider so, dass die Gegend, in der ich lebe, nicht gerade die beste ist. Hier wohnt wirklich alles, sogar Drogendealer. In meinem Fall ging es um eine Familie, die im Haus gegenüber wohnte. Die Mutter schrie ihre Kinder jeden Tag mehrere Stunden an. Die Kinder waren total verstört und sahen ziemlich mitgenommen aus. An einem Tag letztes Jahr im Sommer spielte eines der Kinder draußen und bekam Hunger. Das Kind klingelte bei sich zu Hause, um die Mutter nach Essen zu fragen. Die Mutter machte nicht auf, sondern beschimpfte ihr eigenes Kind vom Balkon aus. Daraufhin meldete ich mich beim Jugendamt, und seit dem ist es in der Familie ruhig.

Der Vater dealt zwar offensichtlich mit Drogen, aber das ist dem Jugendamt anscheinend egal. Auch die Polizei war schon öfters bei der Familie in der Wohnung und es tat sich nichts. Stattdessen hört man am nächsten Tag, wie der Vater auf den Balkon geht und den Junkies, die zum Teil unten auf ihn warten, zuruft, dass er "nichts mehr habe". Wer die Zustände kennt, kann auch sicherlich verstehen, wieso ich mich anonym an das Jugendamt gewandt habe.

Ich vermute auch wie Ramones, dass das Jugendamt nicht den Namen heraus rücken darf. Ich würde mich dazu einfach mal ganz unverbindlich erst mal beim Jugendamt erkundigen meinetwegen telefonisch, wie das so mit dem Datenschutz geregelt ist. Wenn die einem versichern, dass die Namen nicht an die betreffenden Familie heraus gegeben werden, dann würde ich keinen Grund für eine anonyme Anzeige sehen. Schließlich könnte es ja theoretisch (wenn der Fall schwerwiegend genug ist) sogar zu einem Gerichtsprozess kommen, wo über das Wohl der Kinder entschieden wird. Das Gericht dürfte dann froh sein, auf Y als neutralen Zeugen zugreifen zu können. Schließlich geht es hier um die Kinder, und dass es ihnen gut geht.

Das Jugendamt wird so erst mal keine Namen raus geben. Denn das dürfen sie aus Datenschutzgründen nicht. Nur wenn die Familie einen Anwalt einschaltet, der dann Akteneinsicht bekommt, sind die Namen auch bekannt. Wobei wohl auch niemand so dusselig sein wird, um nicht zu wissen, wer gemeldet hat, wenn es schon von den Nachbarn Versuche gab zu helfen.

Wobei man aber immer dabei sehen muss, dass das Jugendamt den ersten Besuch ankündigt. Deswegen fallen ja so wenige Familien auf, weil sie natürlich dann die Wohnung aufräumen und alles schick und sauber aussieht. Erst die Folgebesuche dürfen ohne Ankündigung kommen.