World of Tanks - Empörung über kriegsverherrlichende Werbung

vom 04.09.2013, 03:20 Uhr

In Köln war vor Kurzem die Spielemesse GamesCom. Selber war ich nicht da, wollte aber eben ein wenig nachlesen, was dort so für Neuigkeiten präsentiert worden sind. Interessanterweise bin ich dabei auf eine Sache gestoßen, die zwar schon zwei Jahre her ist, die ich aber damals gar nicht mitbekommen hatte. Es gab nämlich einen Fall großer Empörung, die mir persönlich eher fragwürdig vorkommt.

Zur GamesCom 2011 nämlich hatte der Hersteller des Strategie-Browserspiels "World of Tanks" Werbeflächen auf Kölner Straßenbahnen angemietet. Diese wurden dann großflächig mit Werbung zum besagten Spiel beklebt. Auf dem Bild sieht man mehrere Panzer auf einem Schlachtfeld, darunter den Schriftzug "World of Tanks - Besuchen Sie uns auf der GamesCom 17-21/8/2011". Irgendwelche Leichen oder verletzte Personen sind auf dem Bild nicht zu sehen, nur Panzer in einer Landschaft. Und dass es sich um ein Spiel handelt, das mit dem Motiv beworben wird, ist meines Erachtens durch den Text auch ersichtlich.

Dennoch haben sich damals wohl sehr viele Personen über diese Werbung beschwert. Sogar die Verkehrsbetriebe haben darauf reagiert, die Werbung als "kriegsverherrlichend" anerkannt und sich dafür entschuldigt. Auch diverse Politiker meinten damals, ihren Senf dazu geben zu müssen, und sich auch über weitere Dinge auf der damaligen GamesCom echauffieren zu müssen. So sagte Frau Kirsten Jahn von den Grünen, zu der Tatsache, dass auf der Messe am Stand für ein Kriegs-Spiel ein echtes Militärflugzeug ausgestellt worden war, passend zum beworbenen Spiel:

„Ich finde es überhaupt nicht gut, dass eine Plattform für Werbung mit Kampfjets geschaffen und somit eine Verharmlosung von Kriegsspielen ermöglicht wird. Dieser Kampfjet ist nie gebaut worden um Spiele zu bewerben, sondern um Menschen zu töten - und das ist das Erschreckende an der Sache. Es wurde eine Grenze überschritten zwischen dem, was Jugendliche sehen sollten und was nicht.“

Erschreckend finde ich vor allen Dingen, dass es nicht als plausibel erkannt wird, bei einem Spiel, in dem man ein solches Flugzeug steuern kann, auch ein solches im Original als Attraktion auf den Messestand zu stellen. Zudem finde ich es interessant, dass Frau Jahn die Meinung vertritt, ein Kampfflugzeug sei etwas, was Jugendliche "nicht sehen sollten". Auch, was an der ganzen Sache verharmlosend sein soll, verstehe ich nicht.

Wie seht Ihr das? Ist die Aufregung über solche Werbeaktionen verständlich? Wenn ja, warum? Macht es ein Kriegsspiel irgendwie schlimmer, wenn es mit einem echten Militärfahrzeug beworben wird? Ist es nachvollziehbar, dass Menschen sich empören, wenn die Abbildung einiger Panzer auf eine Straßenbahn gedruckt wird, um damit ein Spiel mit selbiger Thematik zu promoten, und dann auch noch, während sowieso gerade eine sehr große Spielemesse in der Stadt ist?

Zwar mag dieses exakte Beispiel schon zwei Jahren her sein, allerdings gibt es solche Fälle der Empörung ja immer wieder mal. Gezielt dieses hier ausgesucht habe ich, weil es mir eben gerade zufällig untergekommen ist, und weil ich zudem das Zitat von Frau Jahn sehr diskussionswürdig finde.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich kann die ganzen Diskussionen um angebliche schädliche Wirkungen von bestimmten Computerspielen nicht nachvollziehen und teile diese Meinung auch nicht. In diesem Fall jedoch, kann ich die Beschwerden und die Anmerkung von Frau Jahn schon verstehen. Ein Spiel ist ein Spiel! Es ist dabei für jeden erkennbar, dass das nicht die Realität darstellt, sondern eben lediglich ein Setting ist, in das eine Spielidee eingebunden wird. Das Aufstellen von Originalmilitärfahrzeugen oder Flugzeugen, lässt diese Trennung zwischen der Wirklichkeit, in der mit so etwas Menschen tatsächlich getötet werden und einer virtuellen Spielwelt, verschwimmen.

» wb » Beiträge: 120 » Talkpoints: 2,34 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Wenn einige Politiker meinen, entweder zu einer angeblich "kriegsverherrlichenden" Werbung oder zu "Killerspielen" ihren Senf hinzugeben müssen, frage ich mich immer, ob es in Deutschland nicht andere Probleme gibt. Aus deiner Beschreibung kann man ganz klar entnehmen, dass die Werbung in keiner Weise gewaltverherrlichend war und deutlich mit dem besagten Computerspiel in Verbindung gebracht wurde. Anscheinend hat da damals jemand versucht, verzweifelt auf Wählerstimmenfang zu gehen. Schließlich konnte man zu diesem Zeitpunkt bei einer bestimmten Wählergruppe mit solchen Aussagen punkten.

Die Leute, die diese Werbung stört, sollten meiner Meinung nach auch mal anfangen, zu überlegen, worüber man sich aufregt. Wenn Abends im Fernsehen Kriegsfilme und andere brutale Machwerke über den Bildschirm flimmern, die lediglich mit einer Warnung a la "Dieser Film ist böse, Kinder unter 16 Jahren sollten den Raum verlasen, sich im nächsten Atomschutzbunker verstecken und verängstigt in der Ecke weinen!" eingeleitet werden und dann trotzdem Kinder anwesend sind, scheint dies niemanden zu stören. Ich finde es einfach nur lächerlich, wenn Leute sich über etwas aufregen, von dem sie leider keine Ahnung haben. Das finde ich beinahe noch schlimmer, als irgendwelche "Kneipensprüche", die aus Halbwissen entstehen. Dieses Phänomen lässt sich in den letzten Jahren immer öfter beobachten.

Dann auch noch mit der Begründung anzukommen, dass Jugendliche so etwas nicht sehen sollten, ist einfach nur lachhaft. Lebt diese Politikerin eigentlich auf der selben Welt, in der ich lebe? Da braucht man sich ja nur die Nachrichten anzuschauen und schon sieht man als Jugendlicher deutlich schlimmere Sachen, die zudem real sind! Oder man sieht sich in seiner Heimatstadt um, und sieht viel erschreckendere Dinge, wie z.B. reale Gewalt, Ausgrenzung, Intoleranz und Armut. Sich da über einen Kampfflieger aufzuregen ist die reinste Heuchelei und erzeugt bei mir einen immensen Würgereiz. Abgesehen davon vertreten die meisten Jugendlichen heutzutage eine kriegsablehnende Haltung realen Kriegen gegenüber. Ich habe langsam den Eindruck, Jugendliche können besser zwischen Fiktion und Realität unterscheiden, als viele Erwachsene.

Wenn man wirklich etwas dagegen unternehmen will, dass Jugendliche weniger gewaltbereit sind, dann sollte man viele soziale Baustellen in Deutschland in Angriff nehmen und die Sorgen der Jugendlichen abbauen. Mit solch einem leeren Gewäsch, mit dem man sich über Banalitäten aufregt, tut man dies jedenfalls nicht!

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» gob » Beiträge: 102 » Talkpoints: 0,82 » Auszeichnung für 100 Beiträge



wb hat geschrieben:In diesem Fall jedoch, kann ich die Beschwerden und die Anmerkung von Frau Jahn schon verstehen. Ein Spiel ist ein Spiel! Es ist dabei für jeden erkennbar, dass das nicht die Realität darstellt, sondern eben lediglich ein Setting ist, in das eine Spielidee eingebunden wird. Das Aufstellen von Originalmilitärfahrzeugen oder Flugzeugen, lässt diese Trennung zwischen der Wirklichkeit, in der mit so etwas Menschen tatsächlich getötet werden und einer virtuellen Spielwelt, verschwimmen.


Das sehe ich nicht so. Ich sehe in diesem Fall das Aufstellen des Flugzeugs als akzeptables Werbemittel an, gewissermaßen zur "Illustration" des Settings des besagten Spiels. Bei Autorenn-Spielen werden auch gerne mal echte Rennwagen als Deko hingestellt, um mehr Aufmerksamkeit am Messestand zu erreichen.

Nun kann ich zwar verstehen, dass es ein Unterschied ist, ob man ein Zivil-Fahrzeug hinstellt, oder Militärgerät, aber extrem tragisch finde ich Letzteres auch nicht. Vor allen Dingen sehe ich nicht die Gefahr, die bei dieser Aktion gegenüber Jugendlichen bestehen soll. Wenn man ein Computerspiel spielt, in dem man Militärjets fliegt, dann hat man noch lange keinen realen Bezug dazu. Selbst, wenn man so ein Flugzeug dann in echt vor die Nase bekommt, so könnte man damit niemanden verletzen, weil man es gar nicht steuern kann. Und Jugendlichen traue ich es auch definitiv zu, zwischen Spiel und Realität zu unterscheiden. Nur, weil ich ein Militärspiel, mal als Beispiel, mögen würde, und dann auch noch ein Kampfflugzeug auf der Spielemesse sehe, finde ich Krieg nicht automatisch lobenswert.

Ich glaube, es würde, wenn überhaupt, eher eine technische oder geschichtliche Interessiertheit auftreten. Die hat man im Museum aber auch, und käme jemand auf die Idee, es jugendgefährdend zu finden, wenn Jugendliche sich in einem Technikmuseum alte Flugzeuge ansehen können? Ich glaube sogar, dass es sehr viele Menschen gibt, die in einem technischen Museum altes Kriegsgerät irgendwie interessant anzusehen finden. Und das, ohne Krieg gutzuheißen, und bei voller Anerkennung der Tatsache, dass Krieg etwas Menschenunwürdiges und Schreckliches ist.

gob hat geschrieben:Dann auch noch mit der Begründung anzukommen, dass Jugendliche so etwas nicht sehen sollten, ist einfach nur lachhaft. Lebt diese Politikerin eigentlich auf der selben Welt, in der ich lebe? Da braucht man sich ja nur die Nachrichten anzuschauen und schon sieht man als Jugendlicher deutlich schlimmere Sachen, die zudem real sind!


Ich musste bei der Empörung über den Kampfjet am Messestand zuerst daran denken, dass die Deutsche Bundeswehr sich auf allen möglichen Jugendmessen mit eigenen Messenständen breit macht. Ebenso bekommen sie regelmäßig Werbestunden an öffentlichen deutschen Schulen, und auch an meiner Uni musste ich mal so eine Bundeswehr-Werbeveranstaltung, eingebettet in den Kurs "Berufsinformation", ertragen. Dort halten sie dann gerne Vorträge darüber, wie ehrenvoll das Soldatendasein doch sei, und betonen immer wieder, wie viel Geld man zudem dort noch bekäme. Von negativen Aspekten wird kein Wort gesagt, natürlich, ist ja auch Eigenwerbung. Und an ihren Werbeständen stellen sie gerne mal einen echten Panzer hin, um Jugendliche als Rekruten zu ködern. Seit dem Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht mehr denn je. Sogar auf der Jugendmesse "YOU" ist die Bundeswehr meines Wissens jedes einzelne Jahr mit einem eigenen Werbe-Stand vertreten.

Hier findet offensichtlich Werbung für einen Beruf statt, in dem man tatsächlich dazu kommen kann, Mitmenschen zu töten. In dem man am Krieg teilnehmen könnte, was mit einer absoluten Ablehnung von Krieg und Gewalt definitiv nicht zusammenpasst. Aber wenn solche Werbestände auf Jugendmessen platziert werden, stört es niemanden. Stellt man hingegen für ein Spiel als Illustration einen alten, heute meines Wissens eh längst überholten, Flugzeugtypen auf, dann gibt es einen großen Aufschrei. Irgendwas passt hier doch nicht.

Ebenso frage ich mich, wer eigentlich hier wirklich ein Problem damit hat, Realität und Fiktion zu unterscheiden, wenn ich immer wieder lese, wie Erwachsene sich darüber besorgen, dass bestimmte Kriegs-Computerspiele zu realer Gewalt führen könnten. Hat von diesen schon einmal jemand einen Gamer gefragt, was er beim Spielen eines solchen Spieles denkt und empfindet? Sicherlich nicht.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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