Beziehung mit psychisch Erkranktem aufrecht erhalten?

vom 01.09.2013, 08:23 Uhr

In meinem Nebenjob als Sitzwache in der Psychiatrie werde ich ja oft mit Schicksalen konfrontiert, die mir schon mal ans Herz gehen, aber es regt mich auch sehr zum Nachdenken an. Nehmen wir also mal an die Frau A ist durch Kindheitsprobleme erkrankt und ihr ging es schon sehr schlecht als der Mann B sie kennengelernt hat, aber damals konnte sie dies noch verbergen. Nun fällt B nach einer Weile Beziehung auf, dass A starke Probleme hat und er findet sie nach einem Suizidversuch. A wird in eine Klinik eingewiesen und B besucht sie.

Irgendwann geht es wieder besser und sie wird wieder entlassen. B redet sich nun ein, dass A jetzt gesund ist und führt die Beziehung weiter, doch irgendwann muss er A wieder einweisen und langsam zerrt dies auch an seinem Nervengerüst. Dies ist ein Kreislauf der immer wieder passiert und irgendwann fängt auch B an starke Probleme zu entwickeln.

Dies ist ein Schema wie ich es hier schon öfter gesehen habe und immer öfter denke ich, dass wenn ich in einer sehr frischen Beziehung feststellen würde, dass mein Partner so labil ist und suizidal, dann würde ich mich unverzüglich trennen. Das klingt hart, aber ich habe schon mit einer suizidalen Person zusammen gelebt und muss sagen, dass ich mir dies nur noch einmal zumuten würde, wenn es meinem Partner nach längerer Zeit so gehen würde, oder dies die eigenen Kinder beträfe wäre dies etwas Anderes. Bei einer recht frischen Beziehung wäre ich da weg, denn das würde ich mir trotz aller Verliebtheit nicht antun wollen.

Wie würde es euch mit dieser Situation gehen, oder habt ihr etwas dieser Art schon Mal erlebt? Dies oben soll nur ein Beispielschema sein um in etwa zu zeigen, was ich meine.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich bin nicht so altruistisch, dass ich das ertragen würde. Früher in meiner Jugend war ich noch so optimistisch und aufopfernd, dass ich demjenigen versucht hätte, zu helfen, und mir auch eingebildet habe, solchen Leuten helfen zu können. Aber mittlerweile bin ich egoistisch und realistisch genug, um mich zumindest am Anfang einer solchen Beziehung von der Person zu trennen.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn die Krankheit ausbricht, nachdem man schon Jahre zusammen war. Da kann man nicht pauschal beantworten, wie man sich verhalten würde, weil die Umstände und das gemeinsame Leben vorher zu unterschiedlich sind.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich könnte nicht pauschal beantworten, wie ich in solch einer Situation handeln würde. Aber damals habe ich so was in der Art schon einmal erlebt. Zwar nicht direkt, aber von einer Freundin. Ihr Freund hatte einen Suizid-Versuch hinter sich und sie hat es trotzdem mit ihm versucht. Daraufhin wurde er aber wieder eingewiesen und es hat sehr an ihren Nerven gezerrt.

Ich denke, es kommt auf die Umstände an, wann man mit dieser Person zusammengekommen ist und wie stark die Krankheit ist. Viele Leute haben auch Probleme, wenn der Partner an Burn Out leidet, bleiben aber trotzdem zusammen. Ich finde, man sollte bei sowas nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, sondern soweit wie möglich versuchen dem Partner zu helfen. Bei einem Suizid-Versuch sieht das im Endeffekt ein wenig anders aus, weil ich da auch nicht wüsste, wie man einem Menschen helfen soll, der mit dem Leben schon teilweise abgeschlossen hat.

» cupcake03 » Beiträge: 1152 » Talkpoints: 29,50 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Das so eine Beziehung für beide Seiten nicht leicht ist dürfte ja klar sein, aber ich sehe keinen Grund, warum man da Schlussmachen sollte. Man kann den Partner doch dazu bewegen sich helfen zu lassen und wenn man selber dadurch psychische Probleme bekommen sollte, kann man sich auch helfen lassen. Ich bin ein Mensch, der nicht geht, weil es dem Partner schlecht geht. Ich finde das auch ziemlich egoistisch. Für mich ist eine Beziehung durch Höhen und Tiefen gehen, auch wenn es eine neue Beziehung ist und man noch nicht lange zusammen ist. Wenn ich den Menschen sonst mag, dann würde ich auch versuchen ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen und ihm zu helfen, auch mit Hilfe von Profis.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Hm, mein Mann und ich sind schon ziemlich lange zusammen. Knappe 15 Jahre sind es nun, damals waren wir gerade 18 und 22. Ich denke, dass ich damals schon depressiv war und auch immer mal wieder Suizidgedanken hatte, was ich aber lange Zeit gut verbergen konnte, bzw. hat meine Familie andere Gründe für mein seltsames Verhalten gesehen. Trotz der Tatsache, dass ich ein eher anstrengender Mensch war, ist mein Mann bei mir geblieben und hat mich unterstützt.

In der Schwangerschaft kam meine Erkrankung zum ersten Mal während unserer Beziehung richtig ans Licht, mein Mann war damals sehr überfordert mit der Situation, hat mich aber trotzdem nicht verlassen, sondern mich weiterhin unterstützt. Eine Therapie habe ich erst vier Jahre später angefangen, bis dahin war ich eigentlich durchgehen mal mehr, mal etwas weniger krank.

Trotz aller Tiefen ist mein Mann noch mit mir zusammen und jederzeit für mich da. Er hat mir geholfen wieder gesünder zu werden (ganz geheilt wird man ja nie) und passt nun mit auf mich auf. Und ich bin ihm dafür sehr dankbar.

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» ArcaNoé » Beiträge: 299 » Talkpoints: 2,45 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich kann die Frage so gar nicht beantworten, da ich mich gar nicht in die Situation hinein versetzen kann. Von daher denke ich, dass es ganz auf die Situation drauf ankommen würde. Immerhin kann ich nicht pauschal sagen, dass ich mich in so einem Fall einfach von meinem Partner trennen würde. Wenn ich den Menschen wirklich über alles lieben würde, dann würde ich so sehr an ihm hängen, dass ich wohl nicht einfach so Schluss machen könnte. Stattdessen würde ich wohl alles versuchen, damit es diesem Menschen wieder besser geht.

Ich finde es eigentlich ziemlich egoistisch, zu sagen, dass man mit seinem Partner Schluss machen würde, sobald dieser stärkere psychische Probleme haben würde. Natürlich besteht da immer die Gefahr, dass man selbst dadurch mit rein gezogen wird. Trotzdem fände ich es sehr schade, sofort aufzugeben. Immerhin besteht doch immer die Hoffnung auf eine Heilung und an diese Hoffnung würde ich mich sehr klammern, wenn ich einen Menschen lieben würde.

Wenn es mir selbst nicht gut gehen würde, dann wäre eine Trennung jedoch besser. Immerhin würde es mir dann ja noch schlechter gehen und ich würd womöglich tatsächlich in ein Loch rutschen. Jedoch kann ich das nicht genau sagen und ich denke, dass ich in jeder Situation anders reagieren würde. Das kann man wirklich nicht so allgemein sagen und meine Entscheidung würde von vielen Faktoren abhängen.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Jeder hat ja so sein Paket zu tragen und man muss sich schon die Frage stellen, ob das akzeptabel und ertragbar ist oder nicht. Da kann einem auch leider keiner helfen. Ich würde das stark von der Situation abhängig machen. Es gibt sicherlich einiges, mit dem ich klar kommen würde, aber auch genug, was ich langfristig nicht ertragen könnte. Und das gilt ja nicht nur für psychische Erkrankungen, sondern für bestimmte Charaktereigenschaften allgemein.

Mit Depressionen könnte ich zum Beispiel nicht umgehen. Ich würde nicht damit leben wollen, wenn ich Angst haben müsste, dass ich eines Tages heim komme und den anderen nach einem Selbstmordversuch vorfinden würde. Und man wird ja auch dadurch ordentlich unter Druck gesetzt und das muss ich nicht haben. Ich bin eh schon ein pessimistischer Mensch und da brauch ich eher jemanden, der optimistisch ist und nicht depressiv.

Ich persönlich finde das auch absolut nicht egoistisch, wenn man sich nicht mit herunter ziehen lässt. Würde mein Mann nach einem Unfall querschnittsgelähmt sein, ich würde mich kümmern. Würde er nach einer Darmkrebs - Operation ein Stoma brauchen, das wäre nicht schön, aber ertragbar. Aber eine psychische Erkrankung - da muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich nicht weiß, ob ich das auf mich nehmen will. Das ist keine Situation die klar ist. Genauso könnte ich etwas wie Demenz nicht ertragen.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Bis vor einigen Jahren hätte ich wohl noch die Meinung vertreten, bei dem Partner zu bleiben und ihm beizustehen. Allerdings habe ich selbst erlebt, wie es ist, mit einer Person zusammen zu sein, die psychisch erkrankt war. Die Person war zwar nicht akut suizidgefährdet, allerdings wusste ich durch die vorhandene Persönlichkeitsstörung häufig nicht, woran ich war und was beim nächsten Treffen wohl wieder passieren würde. Diese Beziehung hat mich sehr verunsichert und ich weiß, dass ich so ein Hin und Her nicht mehr akzeptieren würde.

Die wenigsten Menschen sind frei von Problemen und Sorgen. Dafür habe ich auch Verständnis und ich würde nun niemanden als Partner ablehnen, der sich gerade in einer schwierigen, aber lösbaren Lebenssituation befindet. Da würde ich auch weiterhin meine Hilfe anbieten und versuchen, dem Partner beizustehen. Das Gleiche gilt natürlich im besonderen Maße auch für Freunde. Aber ich möchte keinen Beziehung aufrechterhalten, die für mich eine echte Belastung darstellt und in der ich das Gefühl habe, dass der Partner kaum einschätzbar ist. Ich will mich in einer Beziehung wohlfühlen und ich möchte keine Angst davor haben, dass jedes neue Treffen in Angriffen und Verletzungen endet.

Liebe kann nicht alles aushalten, das ist einfach so. Wenn jemand schon selbst anfängt, psychische Probleme zu entwickeln, deren Ursache in der Beziehung zu suchen ist, dann muss man sich um eine rationalere Sicht bemühen und die Beziehung beenden. Dieser Absprung ist wirklich nicht leicht. Aber man sollte eben nicht selbst an Problemen zugrunde gehen, die eigentlich nur den Partner betreffen.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Auch ich habe die Erfahrung gemacht, mit einer psychisch kranken Person eine Beziehung zu führen - beziehungsweise man muss schon fast sagen: Zu versuchen, eine Beziehung zu führen. So hart das klingen mag, aber danach habe ich mir geschworen: Eine missbrauchte Frau kommt mir nicht mehr ins Haus! Heutzutage würde ich diese Aussage etwas abmildern, Missbrauch ist ja nicht gleich Missbrauch und meine ehemalige Partnerin hatte wirklich außergewöhnlich schlimme Dinge erlebt. Doch in den ersten Jahren nach dem Ende dieser Beziehung habe ich das wirklich so krass gesehen.

Für mich stimmt im Nachhinein betrachtet einfach das Gleichgewicht innerhalb dieser Beziehung nicht, beziehungsweise glaube ich, dass das häufig der Fall ist, wenn jemand psychisch halbwegs stabiles mit jemand sehr instabilem zusammen ist. Ich habe auch meine seelischen Probleme (wie wohl jeder Mensch), hatte aber das Gefühl, dass es der Partnerin gar nicht möglich war, darauf einzugehen oder Rücksicht zu nehmen, wie ich das bei ihr tat. Sehr viel wurde von ihren Ängsten und eingeschränkten Möglichkeiten bestimmt - so konnten wir beispielsweise nicht gemeinsam in den Urlaub fahren.

Natürlich war auch das Thema Sexualität sehr problembeladen. Das ganze war trotz allem eine wichtige Erfahrung für mich, die mich persönlich sicherlich auch hat reifen lassen. Dennoch fühlte ich mich nach dem Ende der Beziehung selbst regelrecht traumatisiert. Ich würde heute sehr wahrscheinlich auch eine Beziehung schnell beenden, wenn ich bemerken würde, dass die Person psychisch mehr belastet ist, als ich als Partnerin bereit bin mitzutragen.

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin nicht sicher, wie ich handeln würde. Ich denke, es käme in erster Linie darauf an, wie stark die psychischen Probleme sind und ob sich diese Person überhaupt helfen lassen würde. Viele Depressive leben ja in ihrer anderen Welt und sind oft gar nicht bereit, andere dermaßen an sich heranzulassen. Manchmal sind sie sich der Ursache gar nicht bewusst und unternehmen dementsprechend nichts dagegen. Denn die Ursache zu erkennen und auszumerzen ist der erste Schritt Richtung Heilung.

Ich war auch lange Zeit depressiv und es tut mir Leid, dass mein Freund meine ganzen Launen und Stimmungsschwankungen ertragen musste, da er ja nunmal am wenigsten dafür konnte. Es war wirklich nicht leicht für ihn und er hat direkt am Anfang schon gesagt, dass er damit auf Dauer nicht würde klarkommen. Glücklicherweise haben wir nach einiger Zeit die Ursache herausgefunden und sie erfolgreich ausgemerzt. Es hat sich herausgestellt, dass mich der Kontakt zu einigen Personen dermaßen belastet und runtergezogen hat. Das ist mittlerweile kein Thema mehr, weil der Kontakt nicht mehr existiert. Mir geht es seitdem sehr viel besser und sämtliche Symptome sind seitdem kaum noch vorhanden.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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