Diskriminierung von dicken oder dick aussehenden Menschen

vom 01.09.2013, 05:28 Uhr

Gestern habe ich mal wieder erlebt, wie eine dicke Frau in der Bahn von Jugendlichen, die ihr völlig unbekannt waren, aufgrund ihrer Beleibtheit beschimpft worden ist. Mein eigenes Gewicht schwankt erstaunlich oft, ich habe im Verlauf der Jahre sowohl manchmal Idealgewicht, als auch manchmal etwas Übergewicht gehabt, und aufgrund Letzterem kenne ich die Beschimpfungen und Unterstellungen, die man sich als dicker oder dicklicher Mensch regelmäßig anhören muss, selber sehr gut. Und ich frage mich wirklich jedes Mal, was diese Beleidigungen bezwecken sollen, und was man möglicherweise dagegen tun kann oder sogar sollte.

Von welchen Arten von Beleidigung ich spreche? Erst einmal, nein, ich finde es noch nicht einmal beleidigend, zu sagen, dass ein übergewichtiger Mensch Übergewicht hat. Das ist eine Tatsache, und sollte meines Erachtens auch ausgesprochen werden können. Wobei man sich natürlich fragen kann, wieso man einen dicken Menschen andauernd darauf ansprechen sollte, denn auf andere körperliche Attribute werden Menschen ja auch nicht andauernd angesprochen. Wenn es hingegen um ärztlichen Rat geht, dann ist es natürlich völlig in Ordnung, wenn ein Patient auf Übergewicht angesprochen wird, gerade, wenn es sich um starkes Übergewicht handelt.

Ich hingegen meine hier wirklich die offenen Beleidigungen. Wenn beispielsweise dicken Leuten von Wildfremden Begriffe wie "Fettsau!" hinterher gerufen werden. Aber auch andere blöde Bemerkungen gibt es. Da fällt mir noch jenes "schöne" Ereignis ein, als ich während meines Studiums mal dicker war, an einem stressigen Tag nicht gefrühstückt und auch mittags keine Zeit zum Essen gehabt hatte, und an jenem Tag zum allerersten Mal etwas aß, als ich abends auf dem Nachhauseweg war. Ich hatte mir gegen 18 Uhr einen Croissant am Bahnhof gekauft, weil mein Magen knurrte. Als ich diesen während der Heimfahrt in der S-Bahn aß, wohlgemerkt die erste Mahlzeit, die ich an dem Tag in den Magen bekommen habe, gaben dazu gleich ein paar Deppen ihren Senf ab: "Typisch Dicke, fressen den ganzen Tag!"

Dazu kommt dann noch das Vorurteil, dass dicke Menschen automatisch dumm seien. Dies kann sich ebenfalls in offenen Beleidigungen äußern, oder aber auch in vermeintlichen Komplimenten, wie "Für einen Dicken hast Du echt viel drauf!", oder aber in erstaunten Äußerungen wie, und diese habe ich selber mal von Bekannten bekommen: "Ich verstehe gar nicht, wieso Du Übergewicht hast, Du kennst Dich doch mit Ernährung aus und bist doch auch sonst total gebildet!"

Eine wahre "Freude" war auch ein Arzt, den ich mal aufsuchen musste, als mein üblicher Hausarzt im Urlaub war. Dieser Ersatzarzt hielt mir, obwohl ich wegen einer Mandelentzündung gekommen war, eine Predigt darüber, dass ich dringend abnehmen müsse. Er merkte an, das müsse ich jetzt machen, jetzt, wo es nur einige wenige Kilogramm seien, wäre das ja noch einfach. Aber ja, es sei dringend notwendig und ich solle bloß keinen Tag damit warten, denn dicke Menschen würde niemand mögen, ich solle doch mal an meine Zukunft und an meine sozialen Chancen denken! Dicke würden keine Freunde finden und auch keinen Partner, und beruflich sähe es auch schlecht aus. Daraufhin habe ich ihm gerne erzählt, dass ich genügend Freunde habe und zu dem Zeitpunkt auch schon einige Jahre in einer glücklichen Beziehung lebte, woraufhin er ganz erstaunt war. Als er erfuhr, dass ich studiere, gab er auch noch zum Besten: "Das ist ja erstaunlich! Dann verstehe ich gar nicht, wieso Sie zu dick sind. Sie scheinen dann doch ein schlauer Mensch zu sein."

Anmerken kann ich dazu vielleicht auch noch, dass ich in fast all den Kursen, die ich während meines mittlerweile abgeschlossenen Studiums besucht hatte, auch immer dicken, teilweise wirklich sehr dicken, Studenten begegnet bin. Dicke Studierende sind also keine Seltenheit. Mal abgesehen davon waren diese intellektuell ihren schlanken Kommilitonen nicht im Geringsten unterlegen.

Verstehen kann ich es ja, dass Menschen, die irgendwie "abweichen", meistens optisch, denn das ist selbst für den größten Deppen leicht zu erkennen, bei vielen Personen kritisch bis negativ betrachtet werden. Ebenso finden viele Menschen Dicke unästhetisch, aber selbst dann ist es ja wohl so, dass man nicht hinsehen muss und vor allen Dingen nicht immer seinen Mund aufreißen und seine Meinung allem und jedem ungefragt kundtun muss. Es gibt ja so zahlreiche Dinge, die man hässlich finden kann. Ich beispielsweise finden Glatzen oder künstliche Fingernägel unästhetisch. Dennoch käme ich nie auf die Idee, aus heiterem Himmel Träger derselben einfach mal so in der Bahn zu beschimpfen. "Toleranz" ist das Stichwort. Dieses scheint erschreckend vielen Personen nicht bekannt zu sein.

Übrigens lasse ich auch gesundheitliche Argumente nicht als Entschuldigung für Beschimpfungen durchgehen. Denn Beschimpfungen kommen auch schon bei Personen, die nur leicht übergewichtig sind, und bei denen gesundheitliche Schäden nicht zwangsläufig auftreten müssen. Teilweise sind ja sogar Menschen betroffen, die gar kein Übergewicht haben. Eine Freundin von mir ist über 1,75 Meter groß und ist relativ breit gebaut, dennoch hat sie für ihre Körpergröße ein ganz normales Gewicht. Natürlich wurde sie trotzdem schon auf der Straße als "fette Sau" beschimpft. Und mal ganz abgesehen davon bringen Beschimpfungen sowieso keinerlei gesundheitliche Besserung bei dem Betroffenen. Eher noch sorgt das für weiteren Stress und verschlimmert somit möglicherweise das Übergewicht.

Abgesehen davon gibt es viele Dinge im Leben, die gesundheitlich schädlich sein können. Dicken Menschen wirft man dies immer gerne vor, aber Gelenkschäden kommen beispielsweise bei einigen Sportarten sehr häufig vor. Mal abgesehen davon gibt es immer mehr Menschen, die Extrem-Sportarten ausüben, bei denen noch viel größere gesundheitliche Schäden auftreten können. Werden den Sportlern jemals Vorwürfe deswegen gemacht? Natürlich nicht, aber dicken Menschen wirft man immer wieder vor, das Gesundheitssystem zu belasten.

Und zu guter Letzt wäre da noch das Vorurteil zu erwähnen, dass dicke Personen alle faul seien und Unmengen an Nahrung vertilgen würden. Auf den Punkt gebracht: "Fett, faul, dumm, hockt den ganzen Tag vor der Glotze und isst." Natürlich gibt es auch genau solche Dicken. Dass aber auch viele Menschen durch Stress zunehmen, teils auch nur phasenweise, zum Beispiel durch akute Trauersituationen oder aber auch Liebeskummer, wird gerne außer Acht gelassen. Genauso, dass einige Menschen zu Beginn einer neuen Berufstätigkeit zunehmen, weil sie dadurch einfach einen größeren Bewegungsmangel haben, als vorher. Abgesehen davon gibt es auch noch verschiedene Krankheiten, nicht nur hormonelle, bei denen Menschen trotz einer normalen täglichen Kalorienzufuhr zunehmen. Und dann wären da noch Medikamente, die für Wassereinlagerungen im Körper sorgen, beispielsweise Cortison bei innerer Anwendung. Die Patienten sehen durch die Wassereinlagerungen dicker aus, obwohl sie eigentlich einen normalen Körperfettanteil haben und somit eigentlich gar nicht "wirklich" übergewichtig sind. Aber natürlich dürfen sich auch diese als verfressen und faul beschimpfen lassen.

Sicherlich ist es wichtig, auf die gesundheitliche Gefahr, die von Übergewicht ausgeht, hinzuweisen, und zu versuchen, Übergewicht zu reduzieren. Aber sollte nicht zudem auch mal etwas gegen die Diskriminierung von dicken Personen getan werden? Dass die Äußerung, Dicke seien selber Schuld und sollten halt abnehmen, wenn sie nicht beleidigt werden wollen, Schwachsinn ist, zeigt sich wohl schon allein darin, dass eben nicht alle dicken Personen einfach nur faul und verfressen sind, sondern dass ein größerer Körperumfang aus vielerlei Gründen bestehen kann. Ich würde sogar soweit gehen, dass selbst mit der gesündesten Ernährung aller Menschen immernoch einige krankheitsbedingt dick wären. Von daher halte ich es auch für wichtig, etwas gegen die Diskriminierung zu tun.

Aber was für Möglichkeiten gäbe es, die auch wirklich etwas bringen? Sollte vielleicht, wenn es um das Thema geht, einfach mal darauf hingewiesen werden, dass es verschiedenste Gründe für Übergewicht gibt? Denn das Klischee vom dauerfressenden Dicken hält sich hartnäckig und in den Medien bekommt man auch kaum Anderes zu sehen, wenn es um das Thema geht. Das und das Gepöbel, das sich einige Menschen wegen ihres Gewichts regelmäßig anhören, geht mir mittlerweile gehörig auf die Nerven, auch, wenn ich aktuell nicht mehr selber betroffen bin.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Also der Arzt den du da ansprichst scheint ja in seinem Leben auch mal sehr viel Gewicht verloren zu haben - ich wusste gar nicht dass man im Gehirn abnehmen kann. :twisted: Aber das hab ich, zu anderen Themen, auch schon erlebt, Leute die auf ihrem Gebiet zwar teilweise hervorragend sind, aber in Punkto soziale Kompetenz eine völlige Null.

Was nun die Kids angeht, so hoffe ich dass sich jemand getraut hat es verbal mit ihnen aufzunehmen, die Zivilcourage fehlt ja leider meist - oder sich zumindest zu der Frau zu setzen und ihr stillen Beistand zu leisten. Leider sehen die Leute solche Dinge, und wenden sich dann, selbst wenn sie dem Geschehen nicht zustimmen, in stillem Unbehagen ab, anstatt einzugreifen, und sei es nur durch ein paar aufmunternde, tröstende Worte dem Opfer gegenüber.

Und ich stimme dir, als jemand der selbst schon mal schlank und schon mal etwas übergewichtig war, vollkommen darin zu, dass es kein Problem sein sollte Übergewicht taktvoll zu erwähnen, aber wie in so vielen Dingen: Der Ton macht die Musik, und da vergreifen sich sogar Freunde und Familie oft aus falsch verstandener Besorgnis heraus.

» bellevine » Beiträge: 579 » Talkpoints: 5,50 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich habe absolut nichts gegen dicke Menschen, mag es selber aber lieber schlank zu sein. Neulich habe ich im Bus auch junge Menschen gesehen, die einen dicken Mann beleidigen wollten. Sie riefen ihm Beleidigungen zu und anstatt sich wegzudrehen ging er auf sie zu und sagte: "Hallo, ich bin der XY. Wie geht es euch? Und wie heißt ihr denn?" Dann war erst mal Ruhe und am Ende waren alle auch sehr in ein Gespräch vertieft. Die Lacher waren verstummt und die Jugendlichen konnten auch freundlich sein.

Es gibt viele Menschengruppen über die man Vorurteile hat. Beispielsweise auch Frauen mit großen Brüsten. Denen wird immer zugesprochen blöd zu sein und das die Brüste gemacht wurden. Das kann sicherlich auch verletzend sein. Dass man sich als dicker Mensch oft gemobbt fühlt finde ich nicht in Ordnung und hier muss die Gesellschaft auch wirklich etwas machen. Was da nun eine Lösung sein kann um die Menschen toleranter zu machen weiß ich aber nicht.

Ich finde aber schon, dass man die gesundheitliche Komponente nicht weg reden kann. Es ist gesundheitsschädlich zu viel zu wiegen und das kann man sich sicherlich schön reden, aber die Gesundheit leidet unter dem Gewicht und es kommt auch zu Gelenkschäden durch das hohe Eigengewicht, weswegen man eben den richtigen Sport machen muss, wenn man etwas ändern will. Einfach den Finger auf andere zu zeigen und zu sagen, die sind dran Schuld dass ich meinen Kummer in mich hinein fresse ist nun auch nicht so fair und es zwingt dich ja auch niemand dazu dick zu bleiben. Man kann immer abnehmen. Sicherlich kann jeder so sein wie er möchte und man darf auch niemanden beleidigen, aber gesünder wäre es allemal schlank zu sein. Aber genauso würde ich auch einen Raucher ins Gewissen reden, weil das auch nicht gesund ist. Ich finde einfach, dass man sich damit ein paar Jahre nimmt und sich selber einschränkt.

Dicke Menschen sind keineswegs dumm, das kann man auf keinen Fall sagen. Ich habe auch schon oft sehr schlaue dicke Menschen getroffen und kann dieses Vorurteil der Dummheit nicht bestätigen. Ich finde, dass manche dicke Menschen, nämlich die, die es akzeptiert haben, dass sie so sind, sogar wirklich sehr lustig sind. Die machen Späße und man kann mit ihnen toll lachen. In meiner Verwandtschaft sind auch einige dick, dennoch finde ich diesen Trend zum Gehen lassen nicht schön. Man ernährt sich falsch oder isst zu viel, sonst würde man nicht zunehmen. Wenn man seine Kalorien für den Tag zu sich nimmt, wird man auch nicht zunehmen. Man kann also nicht sagen, dass dicke Menschen automatisch wenig essen. Da verschließt man irgendwie die Augen und redet sich etwas schön. Man sollte schon realistisch bleiben. Dennoch gehen Beschimpfungen gegen Dicke überhaupt nicht und man sollte auch keine Vorurteile haben, weil es genauso Menschen sind, wie man selber.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Eine Freundin von mir hat letztens erst ihr Problem angesprochen, dass sie mit ihren Kindern hat. Sie verbietet ihnen Süßigkeiten und Pizza in großen Mengen unter anderem mit dem Argument, dass man davon dick wird und dick sein ist nicht schön. Andererseits versucht sie sie aber natürlich zu Toleranz gegenüber Dicken zu erziehen. Eine andere Freundin von ihr hat dann erzählt, dass ihr Mann enorm viel abgenommen hat, auch um für seine Kinder ein Vorbild zu sein und länger gesund zu bleiben. Daraufhin fragen sich nun die Kinder, wenn sie andere dicke Eltern sehen, warum diese nicht auch ihren Kindern zuliebe abnehmen.

Wenn wir mal die gesundheitsbedingten Dicken außen vor lassen - und das tun die meisten, wenn sie an Dicke denken; ich denke aber, dass das von den Prozentsätzen her sozusagen gerechtfertigt ist. Also wenn jemand wegen zu viel Essen dick ist, dann wird das mit Charakterschwäche gleichgesetzt. Egal ob er nun isst wegen Langeweile, Trauer oder Stress. Andere leiden auch unter diesen Dingen ohne deswegen mehr als nötig ungesundes Zeug zu konsumieren. Also werden die, die es tun, irgendwie als schwach angesehen. Und auf Schwachen wird leider immer gerne rumgehackt. Und mit Kunstfingernägel oder anderen Dingen lässt es sich nicht vergleichen, weil es von niemandem eine bewusste Entscheidung ist, sich von 60 auf 120 Kilo zu bringen, weil es ihm gefällt.

Den Zusammenhang zwischen Dick und Doof kann ich schon ein wenig nachvollziehen. Die Statistiken belegen das, dass eher die Ungebildeten in den Teufelskreis mit zu viel und vor allem ungesunder Nahrung geraten. Ich kann das auch von meinem Studium nicht bestätigen, dass es da viele Dicke gab. Ich empfinde dies auch als "Unterschichten-Problem". Und sozusagen als Altersproblem. Ab einem gewissen Alter nehmen dann mehr Leute ein wenig an Gewicht zu. Aber nicht krankheitsbedingt dick und dass in jungen Jahren kommt mit Sicherheit häufiger in der "Unterschicht" vor.

Dass man als Arzt auch ungefragt den augenscheinlich nicht gesundheitsfördernden Zustand seiner Patienten anspricht, finde ich nicht schlimm. Im Gegenteil. Es ist seine Aufgabe. Sicher hätte dieser Arzt das aber etwas anders angehen können. Vor allem die Überraschung darüber, dass du nicht alle Klischees erfüllst, zeugt nicht gerade von seiner Intelligenz und sozialen Kompetenz.

Dass mit dem Essen in der Öffentlichkeit, tut mir leid, aber der Gedanke drängt sich einfach auf. Nicht dass ich deshalb jemals etwas Negatives über einen Dicken, der in der Öffentlichkeit isst, gesagt habe. Aber der Gedanke kommt ganz automatisch. Die meisten Dicken wurden nunmal durch zu viel Nahrung dick. Und solche Eventualitäten, wie dass dies um 18 Uhr abends die erste Mahlzeit ist, bedenkt man nie. Wenn man eine Mutter ihr Kind anbrüllen sieht, denkt man ja auch nicht, dass es ist bestimmt eine ganz fantastische Mutter, die ihr Kind gerade das allererste Mal anbrüllt, weil sie heute den schlimmsten Tag ihres Lebens hat.

Aber mal abgesehen von all dem, sind Beschimpfungen natürlich überhaupt nicht in Ordnung. Es geht einfach niemanden etwas an, wenn jemand in der Straßenbahn dick ist. Und um denjenigen auf sein Gesundheitsproblem aufmerksam zu machen, machen die das eh nicht. Es ist einfach nur Schikane und Rumhacken auf Schwächeren, auf Andersartigen. Und das ist einfach nicht okay, in keiner Form.

Ich denke aber, dass gerade die Toleranz gegenüber Dicken schwierig ist zu fördern. Im Gegensatz zu Behinderungen oder anderer Hautfarbe, ist es oft einfach ein selbst herbeigeführter Zustand, der keinerlei Botschaft - wie beispielsweise das Aussehen von Punks - oder irgendwelche Vorteile - wie falsche Fingernägel, die einige eben schön finden - aufweist. Das sollte einen nicht davon abhalten, Dicke zu tolerieren. Aber sie ist schwieriger zu lehren.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich denke, dass es den meisten Leuten, die solche dummen Kommentare abgeben, überhaupt nicht um irgendwelche rationalen Argumente geht, deshalb würde es auch nichts bringen ihnen zu erklären, dass man auch mit Übergewicht Freunde haben kann und einen Studienplatz bekommt und Sport treiben kann und so weiter.

Es geht bei diesen Menschen einfach darum sich ein leichtes Opfer zu suchen und auf dessen vermeintlichen Unzulänglichkeiten herum zu reiten, um sich selber besser zu fühlen. Die eigene Person wird also aufgewertet indem eine andere Person abgewertet wird. Und es ist nun mal so, dass man dicke Menschen noch diskriminieren kann ohne gleich selber abgestempelt zu werden. Die Diskriminierung von vielen anderen "Randgruppen" gilt als politisch nicht mehr korrekt und man möchte ja nicht als Rassist oder Homophober dastehen, aber bei den Dicken geht das noch, weil man ja das schöne Argument "Gesundheit" vorschieben kann, als wäre man irgendwie damit betraut worden sich um die Gesundheit von fremden Menschen zu sorgen.

Ich habe darüber vor einiger Zeit einen sehr guten Artikel gelesen, der diese Zusammenhänge wahrscheinlich wesentlich besser erklärt hat als ich, aber ich finde den Link auf die Schnelle leider nicht.

Übrigens geht es im ersten Beitrag nicht darum, dass der Zusammenhang zwischen Übergewicht und sozialer Schicht oder dem Zusammenhang zwischen Übergewicht und gesundheitlichen Folgen weg argumentiert werden soll. Es geht um die Diskriminierung im Alltag und es ist doch ein großer Unterschied, ob ich einen dicken Menschen über die Straße watscheln sehe und mir denke "der müsste dringend abnehmen, bevor er gar nicht mehr laufen kann" oder ob ich ihm irgendwelche Beleidigungen hinterher rufe.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich denke, dass es immer wieder Menschen geben wird, die meinen, sich über andere Menschen auszulassen. Davon sind nicht nur dicke Menschen betroffen, sondern eben auch alle anderen Menschen, die nicht unbedingt der Norm entsprechen. Dass über dicke viel getuschelt wird, scheint völlig normal zu sein, aber man muss bedenken, dass auch viele andere Menschen sich ständig solche Kommentare anhören müssen, auch wenn sie nicht dick sind. Man braucht nur eine außergewöhnliche Haarfarbe, viele Pickel oder ein ungepflegtes Äußeres zu haben und das Getuschel geht los. Sobald man nicht so aussieht, wie es von der Allgemeinheit erwartet wird, wird man gleich diskriminiert.

Wenn jetzt jemand eine Behinderung hat, dann wird dieser Mensch im Normalfall nicht diskriminiert. Immerhin haben die Leute Mitleid mit den Menschen und denken sich, dass dieser Mensch ja nichts für seine Behinderung kann. Sobald jemand allerdings viele Pickel hat oder eben dick ist, dann fängt die Diskriminierung richtig an. Immerhin sind die Leute ja felsenfest davon überzeugt, dass man ja sofort etwas gegen das Problem tun könnte. Sie denken nicht weiter darüber nach und denken sich, dass ein Besuch beim Hautarzt oder eben der Verzicht auf Schokolade ganz einfach das Problem beheben könnte.

Natürlich ist es nicht schön, dick zu sein und es birgt auch immer Gefahren. Abnehmen kann man jedoch nicht von einen Tag auf den anderen, da das ein langwieriger Prozess ist. Von daher sollte man sich auf jeden Fall genügend Selbstbewusstsein aneignen, um über solche Kommentare hinwegsehen zu können oder gar zu kontern. Immerhin hat ja jeder Mensch eine Schwachstelle, egal ob nun körperlich oder geistig.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Das Übergewicht und die daraus resultierenden gesundheitlichen Probleme ist das eine. Das andere ist, dass andere Menschen sich ein Urteil darüber erlauben. Beleidigungen gehen gar nicht. Was ich persönlich nicht leiden kann ist, wenn jemand mit starkem Übergewicht sich unvorteilhaft anzieht. Bei 1,60m Körpergröße und 120 Kilo Gewicht muss man nicht bauchfrei tragen. Sicherlich kann mir das auch egal sein, aber ich muss den Anblick dann ja schon ertragen und der ist nicht ästhetisch.

Ich finde aber, dass gerade auch korpulentere Menschen sich sich anständig kleiden können und manchmal mehr Stil haben, als schlankere Menschen. Das muss man dann auch anerkennen und nicht nur solche, die das eben nicht können. Geschmacksverirrungen im Modebereich ist eben keine Frage des Gewichtes und eine sehr schlanke Person kann unvorteilhaft gekleidet genauso unästhetisch aussehen.

Aber niemand, wirklich niemand hat das Recht, einen anderen Menschen als Fettsau oder dergleichen zu beschimpfen. Man kann meiner Meinung nach schon sagen,dass die Person wirklich unvorteilhaft gekleidet ist. Vielleicht ist sie sich dessen auch nicht bewusst. Das weiß man ja nicht. Wenn ich Sachen anziehe, wo ich nicht gut drin aussehe, wird mir das ja auch gesagt. Allerdings eher von Freunden.

Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass ich bei Kindern schon sehr darauf achten würde. Bei Erwachsenen ist das noch einmal etwas anderes. Kinder können sehr verletzend sein und die Eltern sind in der Schule oder im Kindergarten nicht dabei. Und ja, dicke Kinder haben es definitiv schwerer in der Schule oder im Kindergarten. Sie sind langsamer, weniger agil, werden immer als letzte in die Gruppen gewählt, schwitzen schneller. Ja, es gibt körperliche Auswirkungen und auch psychische und das sollte man als Elternteil seinen Kinder nicht antun. Es ist sicherlich keine Maßnahme, ihnen komplett das Süße zu verbieten, aber man muss drauf achten. Dann gibt es zum Mittag eben nur einmal und keinen Nachschlag mehr.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Ramones hat geschrieben:Sie riefen ihm Beleidigungen zu und anstatt sich wegzudrehen ging er auf sie zu und sagte: "Hallo, ich bin der XY. Wie geht es euch? Und wie heißt ihr denn?" Dann war erst mal Ruhe und am Ende waren alle auch sehr in ein Gespräch vertieft. Die Lacher waren verstummt und die Jugendlichen konnten auch freundlich sein.

Dass dieser Mann damit Erfolg hatte, freut mich für ihn. Allerdings ist das nicht zwangsläufig immer der Fall, dass die Sache "gut ausgeht", wenn die attackierte Person sich wehrt. Genauso, das habe ich schon mehrfach erlebt, jetzt nicht nur auf Beleidigung dicken Menschen gegenüber bezogen, kann es vorkommen, dass die Angreifer sich erst recht provoziert fühlen und die Situation eskaliert, sogar bis hin zu körperlichen Attacken. Allerdings ist es dennoch wichtig, sich nicht alles einfach so bieten zu lassen. Zivilcourage, also sich als Unbeteiligter auf die Seite eines grundlos Angegriffenen zu stellen, ist ebenfalls wichtig, wie bellevine bereits erwähnte.

Ramones hat geschrieben:Ich finde aber schon, dass man die gesundheitliche Komponente nicht weg reden kann.

Das hat hier auch niemand behauptet. ;) Das auch mal stellvertretend an alle anderen User, die hier mit ihrem "Aber es ist doch ungesund..." kommen. Ja, es ist wirklich ungesund. Das kann man nicht bestreiten. Und doch rechtfertigt das keine Beleidigungen, und genau darum geht es hier doch.

Ramones hat geschrieben:In meiner Verwandtschaft sind auch einige dick, dennoch finde ich diesen Trend zum Gehen lassen nicht schön. Man ernährt sich falsch oder isst zu viel, sonst würde man nicht zunehmen.

Was ist mit Wassereinlagerungen im Körper aufgrund von Medikamenten? Oder mit Schilddrüsen- oder Nierenerkrankungen, wie beispielsweise dem Cushing-Syndrom? Wenn man aufgrund einer Erkrankung beispielsweise täglich Cortisonpräparate nehmen muss, wird man ziemlich schnell rund, sogar, wenn man genauso viel isst und sich genauso viel bewegt, wie vorher. Aber solche Möglichkeiten, dick zu werden, werden gerne ignoriert. Sie passen ja auch nicht zu dem "beliebten" Bild vom gefräßigen, faulen Dicken.

Ja, ich frage mich wirklich: Wieso "darf" man, das habe ich hier auch schon gelesen, aus hormonellen oder sonstigen krankheitsbedingten Gründen Dicke einfach ignorieren und pauschal urteilen "dick = gefräßig"? Selbst, wenn es nur ein paar Prozent sind, wieso tut man gerne so, als gäbe es sie nicht, und diskriminiert jede dicke Person gleich, ohne überhaupt in Betracht zu ziehen, dass sie zum Beispiel nierenkrank sein könnte?

"Seltsamerweise" denke ich, wenn ich einen dicken Menschen sehe, nicht sofort "Mein Gott, der frisst bestimmt viel!", sondern ich sage mir, dass ich über ihn gar nicht urteilen sollte, weil ich nicht weiß, wieso er so korpulent ist. Wieso können so viele andere Menschen nicht so denken? Das ist doch nicht schwer.

Bienenkönigin hat geschrieben:Dass mit dem Essen in der Öffentlichkeit, tut mir leid, aber der Gedanke drängt sich einfach auf. Nicht dass ich deshalb jemals etwas Negatives über einen Dicken, der in der Öffentlichkeit isst, gesagt habe. Aber der Gedanke kommt ganz automatisch.

Wenn man weiß, dass man solche Automatismen im Kopf hat, sollte man versuchen, diese zu revidieren. Sie sind schließlich auch nur eine Form von Vorurteilen, und nichts zwingend Notwendiges. Wenn ich einen Menschen in der Bahn essen sehe, egal, ob dick oder dünn, denke ich mir dabei komischerweise gar nichts. Vielleicht allerhöchstens, dass dieser Mensch wohl gerade Hunger hat. Irgendwelche automatischen Schlüsse darauf, wie oft er an dem Tag wohl schon gegessen hat, und wieso, und was für Nahrungsmittel, ziehe ich seltsamerweise nicht. Und da wäre auch wieder die Frage: Wieso denken wildfremde Leute, wenn sie einen Dicken sehen, über sowas nach? Was geht es sie überhaupt an? Bei schlanken Menschen überlegt doch auch keiner, wie viel sie bisher gegessen haben, wenn sie in der Bahn an einem Brötchen nagen.

Cloudy24 hat geschrieben:Ich denke, dass es den meisten Leuten, die solche dummen Kommentare abgeben, überhaupt nicht um irgendwelche rationalen Argumente geht, deshalb würde es auch nichts bringen ihnen zu erklären, dass man auch mit Übergewicht Freunde haben kann und einen Studienplatz bekommt und Sport treiben kann und so weiter.

Sport ist auch so ein springender Punkt, gut, dass Du das ansprichst. Ich habe vor einigen Jahren beispielsweise geklettert, sowohl, als ich normalgewichtig war, als auch in einer Phase, wo ich übergewichtig war. Es war fast lustig, zu sehen, wie die Leute gestaunt haben. Mein Gott, eine Dicke! Und die kann sich ja sogar bewegen, ohne zu schnaufen! Und die macht sogar freiwillig Sport, das ist aber seltsam!

Ich denke, an diesem Gedanken, dass jeder dicke Mensch sich gar nicht mehr bewegen könne, und dass Dicksein und Sport sich total ausschließen, sind unter anderem auch die Medien "Schuld". Wie oft wird schließlich die Realität abgebildet, nämlich, dass einige Dicke durchaus Sport machen? Ich sehe sogar deutlich, dass beispielsweise eben in den Medien ein bestimmtes Klischeebild von dicken Menschen verbreitet wird, an dem man mal wirklich arbeiten könnte. Solange es kein vielfältigeres Bild gibt, sondern immer nur "dick, faul und dumm", werden Vorurteile wohl kaum abnehmen. Das wäre eine Stelle, an der man ansetzen könnte.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich habe mich mal mit einer Bekannten über das Thema Übergewicht unterhalten und ich staunte nicht schlecht, was die für Vorurteile hatte. Sie schimpfte über übergewichtige Menschen und meinte, die seien doch selbst Schuld, dass die so dick seien. Sie unterstellte Übergewichtigen sogar endlose Dummheit, weil nach der Logik meiner Bekannten man nur dick werden kann, wenn man so "dumm" ist und sich falsch ernährt oder keinen Sport macht. Sie ist gar nicht auf die Idee gekommen, dass es auch Stoffwechselstörungen gibt oder sonstige Krankheiten und dass nicht alle übergewichtigen Menschen etwas dafür können, dass sie so beleibt sind.

Eine Cousine meiner Mutter ist wohl schon rundlich seit ihrer Kindheit. Sie hat schon unzählige Diäten ausprobiert, Ernährungsumstellung oder aber auch Sport. Es hat alles nichts genützt. Meine Schwester ist auch etwas rundlicher, aber nicht extrem übergewichtig, sondern nur etwas Übergewicht. Sie ist auch total unglücklich damit, weil ihr schon viele Menschen mit Vorurteilen begegnet sind und sie sich gemobbt fühlt wegen ihrem Gewicht. Auch sie hat Diäten gemacht, komplette Ernährungsumstellung, viel Bewegung. Es hat nicht viel geholfen bis der Arzt eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt hat. Das war die Ursache der Probleme. Seit sie in Behandlung ist wegen der Schilddrüse und auch regelmäßig ihre Medikamente nimmt, macht sie Fortschritte, vorher jedoch nicht.

Ich finde es falsch und es schockiert mich, wenn ich mitbekomme, wie manche Menschen derartig über andere urteilen ohne sie besser zu kennen. Die Bekannte von der ich zu Anfang sprach ist selbst gertenschlank. Sie weiß nicht, wie das ist, wenn man abnehmen möchte, es aber nicht so schnell klappt.

» Piccolino89 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 03.09.2013, 15:21, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich finde diese Beschimpfungen und Ausgrenzungen was übergewichtige Menschen angeht auch sehr schlimm. Bei vielen mag es ja wirklich so sein, dass sie einfach zu viel und das falsche essen. Aber einige sind eben auch krankhaft bedingt zu dick und müssen Cortison oder etwas ähnliches nehmen. Man darf auch nicht vergessen, dass es solche Erkrankungen wie die Elefantenkrankheit gibt. Für die Betroffenen ist es sicherlich nochmal schlimmer, wenn sie Beleidigungen hören.

Genauso ein Vorurteil ist es, dass alle dicken Menschen auch gleich faul sein müssen. Wie viele Menschen gibt es, die sogar durch Stress übergewichtig werden und auch weiterhin Sport machen und sich körperlich betätigen. Bei manchen Frauen sind es auch einfach Schwangerschaftspfunde, die sie trotz regelmäßigem Sport nicht los werden. In meinem Zumba Kurs sehe ich so etwas auch. Ich finde es sehr anmaßend da irgendwelche Kommentare abzugeben und würde nie jemand mit Übergewicht darauf ansprechen, wenn dieser nicht von sich aus das Thema anschneidet.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


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