Jemanden einvernehmlich sterben lassen - in Ordnung?

vom 11.08.2013, 00:39 Uhr

Frau A. hat einen Vater, dem es seit einigen Jahren nicht mehr so gut geht. Er fühlt sich gesundheitlich schlecht, musste in den letzten Monaten mehrmals operiert werden und hat einfach seinen Lebenswillen verloren. Auch fällt er in letzter Zeit immer öfter einfach um, da er keine Kraft mehr hat, sich überhaupt auf den Beinen zu halten. Er hat sich dazu entschlossen, dass er sich das noch eine Weile anschaut. Wenn er aber das nächste Mal als Notfall ins Krankenhaus muss, möchte er aufgeben. Er hat seine Tochter, Frau A. darum gebeten, in diesem Fall nicht den Krankenwagen zu rufen. Er möchte einfach, dass sie in seinen letzten Minuten oder Stunden bei ihm ist und er in Ruhe in seinem eigenem Bett sterben kann.

Frau A. belastet diese Situation natürlich. Sie möchte nicht, dass ihr Vater stirbt und dass er einfach aufgibt. Auf der anderen Seite möchte sie ihm natürlich auch seinen letzten Wunsch quasi erfüllen und in diesen Stunden bei ihm sein. Da seine Lebensqualität für ihn sehr gering ist und er so nicht weitermachen möchte, kann sie das auch nachvollziehen.

Nun macht sich Frau A. neben den moralischen Aspekten auch Sorgen über die rechtliche Seite. Wie sieht es denn da für Frau A. aus, wenn sie einfach nicht den Krankenwagen ruft, obwohl sie es könnte und stattdessen bei ihrem Vater bleibt und ihn in den Tod begleitet? Welche rechtlichen Konsequenzen könnten auf Frau A. zukommen?

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich würde es vorziehen, dem Vater ein leichtes Ende zu ermöglichen. So wie er sich das vorstellt, werden aber beide darunter leiden. Er in seinem Todeskampf und die Tochter beim Zusehen. Wobei ich denke, sie wird aus rechtlicher Sicht einen Krankenwagen rufen müssen.

Der Vater kann sich aber im Vorfeld mit einer Patientenverfügung absichern, in der er klar fest legt, was gemacht werden darf und was nicht. Da kann unter anderem eben auch drin stehen, dass er zu Hause versterben möchte. Die Rahmenbedingungen können auch fest gelegt werden. Vordrucke bekommt man ohne größere Probleme und man kann die Sachlage auch mit dem behandelnden Hausarzt oder dem behandelnden Facharzt vorher besprechen. So wäre die Tochter auf alle Fälle auf der sicheren Seite.

» XL » Beiträge: 680 » Talkpoints: -0,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Meiner Meinung nach ist das unterlassene Hilfeleistung und eine Straftat. Die moralische Seite ist wieder eine ganz andere. Hier muss jeder für sich entscheiden, wie er in solchen Momenten handelt. Wenn man nicht selber in einer solchen Situation steckt, kann man sich kein Urteil erlauben und vor allen Dingen auch nicht von vorne herein sagen, wie man handeln würde. Es gibt halt im Leben Situationen, wo Recht und Moral nicht eins sind. Mit einer Strafe muss sie aber wahrscheinlich rechnen und diese in Kauf nehmen. Denn das Gesetz muss so sein, dass ein Krankenwagen gerufen werden muss und nicht eine Person über das Leben einer anderen entscheiden darf.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich kann den Wunsch des Vaters sehr gut verstehen, aber es ist wirklich etwas sehr einseitig bedacht. Frau A. wird rechtliche Konsequenzen wegen unterlassener Hilfeleistung zu erwarten haben. Dies wird ihr schlechtes Gewissen maßlos steigern. Sie ist ja jetzt schon nicht hundertprozentig von der Sache überzeugt. Sie wird sich grenzenlos mies fühlen, wenn sie danach noch eine Strafe bekommt. Das ist sehr unfair ihr gegenüber.

Auch werden die letzten Stunden womöglich nicht so sein, wie er sich das vorstellt. Es wäre zwar schön, wenn sie einfach seine Hand halten würde und er schläft dann irgendwann ein. Aber was ist, wenn er unsägliche Schmerzen hat? Wenn er sie dann anbrüllt, dass sie etwas dagegen tun soll? Man darf den Überlebenswillen nicht unterschätzen, der im Angesicht des Todes dann doch plötzlich und unerwartet aufkeimt.

Rechtlich, moralisch, medizinisch und auf jede andere Weise wäre eine Patientenverfügung die richtige Wahl. Dann bekommt er alles, was er will und auch alles, was er braucht. Und sie ist sich sicher, dass es seine eigene Entscheidung war und sie ihm bestmöglich dabei unterstützt hat. Nur so wird sie nicht ewig damit zu kämpfen haben.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Rechtlich dürfte sich das schwierig gestalten. Sicherlich kann man eine Patientenverfügung machen, aber man kann die Tochter sicherlich nicht davon freisprechen Hilfe zu holen. Man wird der Frau aber auch sicherlich nicht nachweisen können, wann sie genau da war und ob es dann nicht schon zu spät war.

Moralisch gesehen ist es eigentlich nicht so schwer. Der Vater hat keine großen Aussichten mehr und quält sich nur. Sein Leben wird nur schlechter und deswegen muss man ihm das Recht einräumen, dass er selber entscheiden kann, wann Schluss ist. Er wird sterben und da ist es nur die Frage, ob man es noch künstlich verlängern und damit verschlimmern muss und das nur aus einem Egoismus heraus oder ob man ihn gehen lässt und ein schönes Bild vom Vater hat, der entscheiden konnte, wann er geht und sein Gesicht nicht verloren hat. Das ist schwer, aber man darf ihn nun auch nicht unnötig leiden lassen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Der Vater möchte es so haben. Wenn er zusätzlich noch eine Patientenverfügung macht, dürfte die Tochter da im Bedarfsfall darauf zurückgreifen. Wenn sich der Vater weigert, einen Arzt kommen zu lassen, befindet sich die Tochter zwar in einer unangenehmen Situation aber sie möchte ihrem Vater ja auch helfen. Wer kann der Tochter später Vorwürfe machen, falls sie angibt, nicht da gewesen zu sein? Was sie mit ihrem Vater gemeinsam gemacht hat und ihn begleitet in den Tod, das geht in diesem Falle niemand etwas an.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Vater und Tochter sollten sich unbedingt zum Thema Patientenverfügung beraten lassen. Man hat tatsächlich das Recht, medizinische Hilfe abzulehnen, dazu zählen auch lebensrettende Sofortmaßnahmen, wenn man zum Zeitpunkt der Festlegung als Urteilsfähig eingestuft wurde. Die Tochter kann auch bevollmächtigt werden zu entscheiden falls der Vater im akuten Notfall nicht mehr dazu in der Lage ist. Die Patientenverfügung ist dann verbindlich. Man kann zum Beispiel auch festlegen, dass man Schmerzmittel haben möchte, aber nicht in ein Krankenhaus eingeliefert werden möchte. Da gibt es viele Möglichkeiten, aber da sollten sich beide bei einer wirklich fachkundigen Person beraten lassen.

Einfach nur so den Krankenwagen nicht zu rufen halte ich für rechtlich bedenklich für die Tochter. Deswegen wäre eine verbildliche und rechtssichere Patientenverfügung wahrscheinlich sowohl für Vater als auch Tochter das beste. Denn es ist sicher nicht im Sinne des Vaters, wenn die Tochter wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt wird und mit einer Patientenverfügung könnte er sowohl nach seinem Willen sterben, als auch seine Tochter rechtlich absichern.

» danty » Beiträge: 540 » Talkpoints: 4,79 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Eine schwierige Frage. Soll er denn unter Schmerzen sterben? Ist ihm denn klar, was zu hause und ohne jegliche ärztliche Begleitung zu sterben bedeutet? Es wird vor allen Dingen zur Belastung von Frau A. werden, wenn sie neben ihrem Vater sitzt und ihm beim Leiden & Sterben zusehen muss. Ich finde das von ihm - auch wenn er im Sterben liegt - ziemlich unverantwortlich. Das kann er seiner Tochter einfach nicht antun!

» Stanek1517 » Beiträge: 8 » Talkpoints: 1,80 »


Ich kenne mich mit der Rechtslage und deren Konsequenten nun nicht so gut aus, da ich so etwas noch nicht erlebt habe oder desgleichen. Aber ich kann sagen, dass Frau A. sicherlich sehr große Probleme bekommen würde, wenn sie ihren Vater beim Sterben begleiten würde ohne den Notarzt oder desgleichen zu rufen. Auch, wenn die Einverständnis vom Vater so gesagt vorliegt, ist es in Deutschland verboten die Leute sterben zu lassen und keine Hilfe zu leisten. In dem Fall von Frau A. würde sie wegen unterlassener Hilfeleistung und Sterbehilfe und desgleichen angeklagt werden­.

Natürlich ist es für den Vater nicht schön, wenn er schon viele Operationen hinter sich hat und sich ganz krank fühlt, aber es ist trotzdem nicht erlaubt, wenn man sieht, dass der Vater professionelle Hilfe benötigt und man auf Wunsch aber nichts unternimmt. Zu dem liegt es sicherlich auch nicht in dem Interesse der Frau A. dem Vater beim Sterben zuzuschauen, so etwas würde ich persönlich nicht über das Herz bringen. Zu dem kann ich mir durchaus vorstellen, dass Frau A. irgendwann von anderen Leuten zuhören bekommt, dass sie ihren Vater hat sterben lassen. Dass muss doch auch eine psychische Belastung für Frau A. werden.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


kai0409 hat geschrieben:Aber ich kann sagen, dass Frau A. sicherlich sehr große Probleme bekommen würde, wenn sie ihren Vater beim Sterben begleiten würde ohne den Notarzt oder desgleichen zu rufen. Auch, wenn die Einverständnis vom Vater so gesagt vorliegt, ist es in Deutschland verboten die Leute sterben zu lassen und keine Hilfe zu leisten.

Entschuldige, aber das ist falsch. Denn durch eine rechtlich verbindliche Patientenverfügung kann jeder festlegen, OB und WIE er im Notfall behandelt werden möchte. Gesetzlich geregelt ist das in § 1901a BGB. Natürlich muss die Patientenverfügung dann auch direkt dem eventuell trotzdem gerufenen Notarzt vorgelegt werden. Jeder hat das Recht, eine medizinische Behandlung abzulehnen, wenn er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist bzw. war, als die Verfügung unterzeichnet wurde. Die Missachtung einer Patientenverfügung kann im Übrigen sogar eine Körperverletzung darstellen.

Natürlich sind die Grenzen zu Tötungsdelikten fließend. Deswegen sollten sich A und seine Tochter rechtlich beraten lassen, am besten von einem Anwalt oder Notar, der auf Patientenverfügungen spezialisiert ist. Das ist ein rechtlich sehr komplexes Thema, ich würde mir nicht nur einen Vordruck herunterladen und den selbst ausfüllen. Ein falsches Kreuz und die Verfügung ist nichtig.

» danty » Beiträge: 540 » Talkpoints: 4,79 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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