Sportunterricht zu wenig ausdifferenziert?
Mein Sohn hat mir zum Geburtstag einen Gentest geschenkt. Die Auswertung ist höchst interessant. Darin steht zum Beispiel auch, dass ich wahrscheinlich ein Sprinter und kein Ausdauerläufer bin, weil ich ein "Sprintergen" habe. Das stimmt auch. Im Sportunterricht war ich in den 100-m-Läufen besser als in den ewig langen Waldläufen.
Nachdem ich weiß, dass selbst die Fähigkeit, ein Rad schlagen zu können oder nicht, genetisch bedingt ist, sehe ich den Sportunterricht im Nachhinein sehr kritisch. Ich war schon immer der Meinung, dass der Sportunterricht nicht benotet werden sollte. Aber sollte man nicht zusätzlich auch in den unteren Klassen den Unterricht stärker differenzieren? Man könnte Klassen zum Sportunterricht zusammenfassen und die einen zum 10-km-Lauf schicken, die anderen sich auf der 100-m-Strecke messen oder Akrobatik-Kunststücke üben und wieder andere Fußball spielen lassen. Ein solcher Sportunterricht käme den Neigungen und Fähigkeiten der Kinder eher entgegen als alle um einen Kamm zu scheren. Was haltet ihr davon? Welche Ideen für einen Sportunterricht, der die Kinder nach ihren individuellen Fähigkeiten fördert, hättet ihr noch?
Ich halte das für eine sehr gute Idee! Es kommt wirklich oft vor, dass Kinder, die nicht so sportlich sind oder mit einer bestimmten Sportart nichts anfangen können, von ihren Mitschülern im Sportunterricht gehänselt werden. Ich war selber davon betroffen, weil meine Koordinationsstörungen dafür gesorgt haben, dass ich bestimmte Dinge im Sportunterricht einfach nicht richtig durchführen konnte. Das Mobbing breitete sich dann sogar außerhalb des Sportunterrichtes aus, was sich nicht gerade positiv auf mich ausgewirkt hat.
Dies könnte man mit deiner Idee vermeiden. Mit Ballspielen hätte ich nur wenig Probleme gehabt. Hätte ich die Wahl gehabt, wäre ich in einen reinen Ballsportkurs gewechselt. Dann hätte ich mir das Mobbing sparen können, und meine Schulkarriere wäre vielleicht noch besser verlaufen.
Ich finde auch, dass Sport nicht benotet werden sollte! Die Maßstäbe, die die Sportlehrer für die Benotung festlegen, sind teilweise lächerlich. In der zehnten Klasse mussten wir mit Hilfe eines Trampolins über eine Stange springen. Bei unserem Sportlehrer gab es eine eins dafür, wenn man eine Höhe von 180cm geschafft hat. In der Parallelklasse vergab der Sportlehrer schon ab einer Höhe von 150cm die beste Note!
Wenn ich jetzt an meinen Sportunterricht zurückdenke, dann wurde dort schon ziemlich auf die Vorlieben der Einzelnen eingegangen. Es wurde zwar kein Gentest gemacht, aber wir bekamen sogenannte Workshops, sprich wir durften zwischen drei Sportarten wählen, die wir dann immer während sechs Wochen gemacht haben. Dabei waren zum Beispiel Fußball, Hockey oder Baseball. In den nächsten sechs Wochen waren es Schwimmen, Kampfsport oder Fitness. So kam an sich jeder irgendwie auf seine Kosten.
In der Grundschule bekamen wir meistens gemeinsamen Unterricht und konnten nicht wählen, was nicht so schlimm war, weil auch sehr viel abgewechselt wurde. Aber das mit den Sportarten im Wechsel fand ich an sich immer schon ganz gut und ich finde, dass jeder irgendwie auf seine Kosten gekommen ist, außer man hat die falsche Sportart gewählt oder ein Workshop war voll. Aber meistens haben die Lehrer bei einer zusätzlichen Person die Augen zugedrückt und man durfte doch noch mitmachen.
In der Theorie klingt das gut, aber das wird mit Sicherheit an der Praxis scheitern, sprich, am Geld. An meiner Schule hatten wir in der Oberstufe die Möglichkeit unseren Sportunterricht selbst zusammen zu stellen und das war organisatorisch teilweise ein ziemliches Chaos für uns Schüler und für die Lehrer, die unsere Stundenpläne und die Belegungspläne erstellen mussten war das mit Sicherheit auch nicht einfach.
Man braucht ja dann pro Klasse nicht nur eine Sporthalle sondern mehrere, außerdem ein Schwimmbad, ein Stadion für die Leichtathleten, einen Tennisplatz und so weiter. Das haben die wenigsten Schulen auf ihrem Gelände, also müssen die Schüler irgendwo extern trainieren und eventuell die Anlagen von anderen Schulen mit nutzen. Älteren Schülern kann man es natürlich zumuten ans andere Ende der Stadt zu fahren für ihren Sportunterricht, viele werden das in ihrer Freizeit für ihr Hobby auch machen, aber von den jüngeren Schülern kann man das nicht unbedingt verlangen, bzw. es würde sich dann wohl generell die Frage nach der Aufsichtspflicht stellen. Außerdem braucht man so natürlich auch mehr Lehrer und da wären wir wieder beim Thema Geld.
Generell stellt sich auch die Frage - warum soll der Sportunterricht den Neigungen der Schüler angepasst werden und der andere Unterricht nicht? Und ich meine damit nicht nur Musik und Kunst, die ja gerne mit Sport zusammen in einen Topf geworfen werden, weil da angeblich nur Talent benotet werden würde, ich meine damit wirklich jedes Fach. Es gibt zum Beispiel Schüler, die in allem, was mit sturem auswendig lernen zu tun hat, nicht sonderlich gut sind, die aber tolle Aufsätze oder Textinterpretationen schreiben können. Sollte man die dann von Diktaten ausschließen und lieber ihre individuellen Fähigkeiten im kreativen Schreiben fördern?
Soweit ich die aktuelle Lehrmeinung kenne, ist eben nicht klar, ob beziehungsweise in welchem Maße solche Talente tatsächlich von den Genen abhängig sind. Sie werden zwar wahrscheinlich eine Rolle spielen, aber auch rein durch Übung kann man auch sehr viel erreichen, wenn man nicht so viel Talent hat. Wieso sollte man jetzt nur auf die Sportarten oder Disziplinen spezialisieren, in denen man Talent hat? Und wie soll man das überhaupt herausfinden? Soll man jetzt jeden Schüler einen solchen "Gentest" unterziehen? Oder wird einmal ein Vorturnen veranstaltet und was man auf Anhieb beherrscht, das macht man dann?
Wie in anderen Fächern auch ist es ja Ziel der Schulausbildung, eine breite Bildung zu erreichen, die man später im Leben sehr universell einsetzen kann. Wieso sollte das nicht auch für den Sportunterricht gelten?
Mobbing im Sportunterricht ist noch einmal ein anderes Thema, das ist aber ein pädagogisches Problem. Wenn man aber nun Sportkurse speziell für Leute mit Koordinationsstörungen oder für dicke und bewegungsfaule Schüler einführen würde, würde man die Problematik eher verschärfen, weil man allein durch die Einteilung in diesen Kurs in eine Schublade gesteckt wird. Solche Methoden halte ich für absolut diskriminierend.
Ein schwieriges Thema. Ich denke grundsätzlich auch, dass der Sportunterricht an deutschen Schulen reformiert werden müsste. Jeden Schüler gezielt zu fördern stelle ich mir da aber schwer vor, dafür fehlen einfach die Kapazitäten und das Geld. Das Hauptproblem ist meiner Meinung nach, dass zu viel Wert auf individuelle Sportarten gelegt wird.
Wenn ich mich beispielsweise an Leichtathletik zurück erinnere, das ich gehasst habe oder auch an das Geräteturnen, das ich geliebt habe, dann fällt mir vor allem ein, dass wir die meiste Zeit nur herum gesessen haben. Das lag nicht mal unbedingt daran, dass wir keinen Sport machen wollten, sondern daran, dass die Kapazitäten bei solchen Einzelsportarten einfach unglaublich begrenzt ist. Es gibt nur eine Weitsprunggrube, eine Bahn zum Sprinten, einen Stufenbarren, einen Schwebebalken und so weiter. Es konnten also immer nur wenige tatsächlich üben, obwohl die Zeit für den Sportunterricht eh schon knapp genug bemessen war.
Zudem fehlen im Sportunterricht meist die richtige Anleitung und Korrekturen sowie die Möglichkeit zu trainieren. Gerade Leichtathletik konnten wir vielleicht sechs, maximal acht Wochen im Jahr machen und dabei mussten mindestens sechs Noten vergeben werden. Meist wurden also in der ersten Woche einmal alles geübt, bei den schon angesprochenen Kapazitätsproblemen und dann gab es gleich Noten. Wenn ich also nicht sprinten kann oder beim Weitsprung die falsche Technik habe, dann hat man gar keine Möglichkeit, das zu üben und sich zu verbessern.
Jedes andere Fach kann man auch außerhalb der Schule üben, aber bei den meisten Sportarten ist das unmöglich. Entweder man konnte es oder eben nicht, es wurde zumindest bei uns von den meisten Lehrern nicht mal versucht, dass die Schüler besser werden. Ich hatte mal eine Sportlehrerin, die ich einmal nach Tipps gefragt hat, wie ich meine Weitsprungtechnik verbessern kann. Da habe ich als Antwort bekommen, ich solle mir das einfach bei den anderen anschauen und nachmachen, sie hätte keine Zeit, auf jeden Schüler einzeln einzugehen.
Jeden Schüler individuell zu fördern ist wahrscheinlich zu schwer, aber ich wäre eher dafür, Sportunterricht auf Gruppensportarten zu fokussieren. Alternativ könnte man versuchen, nicht jedes Jahr 6 bis 10 verschiedene Sportarten zu machen. Man muss nicht jedes Jahr wieder Leichtathletik, Geräteturnen, Volleyball, Sportakrobatik, Fußball, Basketball, etc und dazu noch die ganzen Grundsportübungen machen. Jedes Jahr zwei bis drei Sportarten würden reichen, dann hätte man als Schüler zumindest die Möglichkeit zum Üben und sich zu verbessern.
Ich finde es ebenfalls eine sehr gute Idee. Ich habe es ja bei meiner Klasse und mir oft beobachten können, das jeder von uns unterschiedliche sportliche Eigenschaften hat. Während meine Freundinnen beispielsweise in Fußball oder Weitwurf immer die besten waren, lag mir das überhaupt nicht. Leichtathletik technisch war ich immer eher die Sprinterin und Springerin. Außerdem mochte ich Geräteturnen und Gymnastik immer mehr als Fußball und Basketball, da ich das nie, egal wie viel ich übte richtig hin bekam.Jetzt, da ich Erfahren habe, das das von den Genen kommt, wird mir so einiges klar.
Ich stimme dir zwar zu, dass das eine sehr gute Idee wäre, aber leider ist das einfach oft nicht auf dem Weg des machbaren. Mann muss eben auch bedenken, dass wenn man eine Klasse mit der durchschnittlichen Klassenstärke von 15 Schülern hat vielleicht 6 Fußball spielen wollen, 5 Basketball spielen möchten, 4 lieber Geräteturnen würden , 5 Leichtathletik bevorzugen würden und die restlichen 5 vielleicht mehr Gymnastik machen würden. So brauchte man zur Beaufsichtigung der Klasse allein mindestens 5 Lehrer, da ja jede Gruppe beaufsichtigt werden muss, da die Lehrer ihrer Aufsichtspflicht nachkommen müssen.
Das währe dann an einer großen Schule nicht wirklich machbar, wenn man beispielsweise allein 15 Sportlehrer brauchen würde. Das könnte dann die Schule nicht bezahlen und ich denke das der Staat da auch nicht wirklich mitspielen würde. So währe so etwas nicht möglich. Zurzeit ist ja meist nur ein Sportlehrer für eine Klasse verantwortlich. Unsere Sportlehrerin hat das so gelöst, das wir einfach mit entscheiden dürfen was wir in der nächsten Sportstunde machen wollen. So können wir beispielsweise in der ersten Woche Fußball spielen, in der zweiten Woche Leichtathletik und die Woche darauf Geräteturnen. So kann man Kompromisse finden.
Auch die Idee das es in Sport keine Noten mehr geben sollte finde ich ausgesprochen gut. Gegen diese Idee habe ich auch nichts negatives zu sagen, da ich finde, das ohne dem Notendruck der Sportunterricht viel mehr Spaß machen würde. Vielleicht würde man dann auch bei Sportarten die einem nicht so gut gefallen Spaß haben, da man weiß es ist nicht schlimm, wenn man es nicht kann.
Ich sehe das kritisch. Natürlich ist die Idee gut und ich hätte davon wohl auch profitiert, denn ich war in allen Ballsportarten furchtbar schlecht. Laufen konnte ich einigermaßen, aber alles was mit Kraftaufwand oder Koordination zu tun hatte war für mich schwierig. Trotzdem glaube ich nicht, dass ich nachteilig behandelt wurde. Zum einen gibt es in den Leichtathletik-Sportarten ja die Differenzierung zwischen Mädchen und Jungen. Hier finde ich, dass Mädchen schon fast zu sehr bevorteilt werden, obwohl ich selbst eines bin. Aber wenn ich zum Beispiel an den Cooper-Test denke, dann hatte ein Klassenkamerad von mir eine viel schlechtere Note, obwohl er über eine Runde mehr gelaufen ist wie ich. Ob das so fair ist, weiß ich auch nicht.
Ich bin auch der Meinung, dass schon ein wenig auf die Vorlieben der Schüler geachtet werden kann, ohne dass man sofort einen Gentest machen muss. Wie bereits erwähnt wurde, würde dies nämlich schon in erster Linie an dem Geld scheitern. Bei uns zwar es aber in den letzten beiden Jahren, sowohl auf der Realschule, als auch auf dem Gymnasium, sowieso so, dass wir Sportarten wählen konnten. Wir mussten jeweils eine Ballsportart wählen, also zum Beispiel Fußball, Volleyball, Handball oder Basketball und noch einer anderen Sportart. Da gab es dann Leichtathletik, Schwimmen und Geräteturnen zur Auswahl, soweit ich mich richtig erinnere. An anderen Schulen gibt es auch noch so etwas wie Gymnastik und Tanz, also gibt es durchaus genug Auswahl und es müsste für jeden etwas dabei sein.
Ich habe Volleyball und Leichtathletik gewählt und konnte meine schlechte Volleyball-Note dann durch die Leichtathletik-Note problemlos ausgleichen. Denn in der Leichtathletik durften wir auch noch einmal zwischen verschiedenen Disziplinen wählen. Der Cooper-Test war für alle Pflicht, aber aus Kugelstoßen, Weitsprung, 100-Meter-Sprint und Weit-Wurf durften wir uns dann zwei Disziplinen aussuchen, die wir am besten konnten. Die Lösung fand ich eigentlich sehr gut, so ist für jeden etwas dabei.
Ich hab persönlich noch nie von diesen Gentests gehört, sind die seriös und bringen gute Ergebnisse, auf die man sich verlassen kann?
Ich bin deiner Meinung: Sportunterricht hat sich nie sonderlich geändert, ist kein Stück modern geworden und wurde nicht an die heutige Zeit angepasst. Ich bin seit der 1. Klasse kein Fan von Schulsport, das hat man auch an meinen Sportnoten gemerkt. Andere Kinder, die den Unterricht liebten, konnte ich nicht verstehen. Deshalb finde ich auch, dass man Sport nicht bewerten kann. Die einen können ebend gut Ratschlag, andere Weitwurf oder ganz andere Tanzen. Das hat nichts mit unsportlich sein zu tun.
Aber das Problem ist natürlich das Geld. Solche neuen Reformen sind prinzipiell vielleicht super, aber werden wohl nie durchgesetzt werden. Wie soll sich ein Lehrer um verschiedene Themen im Unterricht kümmern? Es müsste dann so geregelt werden, dass es, wie in der Oberstufe, Kurse gibt. Da können sich die Schüler einschreiben und sich ganz bewusst entscheiden: JA ich will das Sportabzeichen machen. Andere machen dafür dann das Schwimmabzeichen oder besuchen den Tanzkurs. Auch da gibt es Abzeichen. Diese Abzeichen machen die Kinder stolz, weil sie eine Urkunde bekommen und wissen, dass sie was geschafft haben. So stelle ich mir das am besten vor. Aber wo soll man die ganzen Lehrer hernehmen?
Im ersten Moment klingt diese Idee für mich auch gar nicht schlecht, da es natürlich Sportarten gibt, die ich lieber mag als andere. So fand ich zum Beispiel Leichtathletik immer toll, genauso wie einige Ballsportarten, für Turnen und Rhythmische Sportgymnastik war ich dafür weniger geeignet.
Dennoch finde ich es gut, viele verschiedene Sportarten ausprobiert zu haben. Und ich finde das auch gut, dass man alles mal macht. Sonst würde es sicherlich so sein, dass es Schüler gibt, die während der gesamten Schullaufbahn nur Fußball spielen und andere nur Leichtathletik machen. Natürlich ist das toll, wenn jeder seinen Sport ausüben könnte, aber dafür ist der Sportunterricht meiner Meinung nach nicht da. Diesen Sport sollte man dann lieber im Verein ausüben.
Sportunterricht hat meiner Meinung nach den Sinn, dass die Schüler sich bewegen, verschiedene Sachen ausprobieren und Spaß am Sport haben. Natürlich ist da auch immer mal wieder eine Sportart dabei, die man nicht so gerne mag und kann, aber das ist nun mal so. Andere Leute sind schlecht im Matheunterricht und werden da vielleicht ausgelacht, andere können nicht singen und Noten lesen.
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