Schwätzchen mit dem Postboten nicht mehr zeitgemäß?

Wir haben eine nette Postbotin, die die Post immer mit ihrem Hund zusammen austrägt. Wir wohnen zwar in einem Mehrfamilienhaus mitten in der Großstadt. Trotzdem grüßen wir uns freundlich und ich frage auch nach dem Hund, wenn er mal nicht dabei ist. Neulich kam die Post schon um 9 Uhr statt wie sonst immer um halb 12. Der Hund war nicht dabei und die Postbotin erzählte mir, dass ihre Tour geändert wurde und jetzt für ihren Hund, der schon sehr alt ist, nicht mehr geeignet ist. Das hat mir irgendwie Leid getan.

Unterhaltet ihr euch auch mit dem Postboten oder ist das nicht mehr zeitgemäß? Hättet ihr Angst, den Postboten von der Arbeit abzuhalten, wenn ihr ihn ansprecht? Meine Postbotin freut sich meiner Meinung nach über einen kurzen, netten Wortwechsel.

Also in kleineren Städtchen kann so was durchaus angebracht sein. In einer anonymen Großstadt hätte der Post-Mensch hingegen wahrscheinlich schlichtweg keine Zeit, mit irgendwem groß herumzuplauschen. Postboten haben nämlich i.d.R. einen ziemlich strammen Zeitplan zu befolgen. Ich für meinen Teil habe mich noch nie mit einem Postboten unterhalten und bin eigentlich auch generell kein großer Fan von Smalltalk.

Meine Postboten sind immer total im Stress. Als ich noch in einer Wohnung im ersten Stock gewohnt habe, ist der DHL-Mann die Treppen immer hochgerannt. Und auch hier auf dem Dorf, hüpfen sie schnell aus dem Auto, drehen sich beim Übergeben des Päckchens schon wieder zum Gehen und hüpfen schnell wieder ins Auto. Ich denke mal, die haben eine genau definierte Zeit, wie lange das Ausliefern pro Haus dauern darf oder die Gesamtzeit ist knapp bemessen und wenn sie können, beeilen sie sich, damit sie Zeit ansparen, die sie dann für nicht auszuliefernde Päckchen und andere unvorhersehbare Dinge brauchen.

Aber auch wenn wir etwas Zeit hätten, wüsste ich gar nichts zu sagen. Dass deine Postbotin ihren Hund immer dabei hatte, bietet ja richtig Gesprächsstoff. Aber ohne das bleiben ja eigentlich nur Kommentare über das Wetter. Und das hört die Arme wahrscheinlich hundert Mal am Tag. Ich rede mit dem Schornsteinfeger immer über´s Wetter, was ja auch naheliegt. Aber das tut mir auch schon immer leid, weil er das bestimmt in jedem einzelnen Haus über sich ergehen lassen muss.

In der anonymen Großstadt kennt man sich aber zumindest auch vom Sehen, man wechselt ja nicht stets das Wohnhaus und die Nachbarn und auch nicht unbedingt den Postboten. Meines Wissens nach wohnt anlupa auch in einer Großstadt und hat dennoch Kontakt zu ihrem Postboten bzw. zu ihrer Postbotin und kein Problem, ein Schwätzchen zu halten.

Wir kennen unseren Postboten natürlich auch und informieren uns auch hin und wieder, zumal die Eltern meines Partners beide Postangestellte sind und somit ein Kollege ist, der uns beliefert. Da bekommt man schon immer mal so und so etwas mit, auch, wenn man nicht direkt mit dem Postboten redet. Daher finde ich es schon noch zeitgemäß, wenn man die Möglichkeit hat und ein kleines Gespräch führt. Das muss auch nicht jeden Tag sein, aber hin und wieder finde ich es auch sehr angenehm.

Ich unterhalte mich in der Regel nicht mit meiner Postbotin. Sehen tue ich ohnehin nur die Postbotin bei meiner Arbeit, weil dort die Post immer ins Geschäft gebracht wird. Zu Hause liegt die Post immer nur im Briefkasten und die Postbotin sehe ich nur sehr selten mal. Bei der Arbeit spreche ich die Postbotin aber auch nicht an, weil sie immer sehr hektisch und in Eile ist. Außerdem würde mein Chef es sicher nicht sehr gerne sehen, wenn ich mit der Postbotin rede, statt meine Arbeit zu machen.

Mit einer unserer Postbotinnen wechsele ich schon das ein oder andere Wort. Ihr gefällt dieser Smalltalk auch sichtlich und sie strahlt immer, wenn sie sich kurz unterhalten kann. Lange dauern die Gespräche eh nicht, denn schließlich muss sie ja auch ihre Arbeit schaffen. Trotzdem nimmt sie sich auch immer die zwei Minuten Zeit zum Quatschen, wenn sie gerade ein Paket dabei hat und klingeln muss.

Ich führe eigentlich auch keine richtigen Unterhaltungen mit den Postboten oder den DHL-Lieferanten. Die scheinen mir immer im Stress zu sein und außerdem habe ich das Gefühl, dass die Menschen heutzutage (oder vielleicht auch nur in Großstädten) im Allgemeinen weniger kommunizieren und lieber für sich bleiben. Das finde ich sehr schade, gerade weil ich auch schon in Ländern war, in denen ich es ganz anders erlebt habe. Um ehrlich zu sein, wüsste ich auch nicht, worüber ich mit einem Fremden reden sollte, das heißt, ich könnte nicht einmal ein richtiges Gespräch beginnen. Aber so sieht es ja nicht nur mit dem Postboten aus, sondern auch mit Nachbarn usw.

Wir mögen unseren Postboten sehr. Da wir einen Hund haben, der auch auf dem Hof liegt, sind wir auf nette Postboten angewiesen. Natürlich quatschen wir nicht stundenlang, aber ein kurzes "Hallo" oder "Wie geht es?" ist immer drin.

Jetzt wo es so heiß ist, bekommt er auch mal ein Eis von uns und zu Weihnachten gibt es einen Weihnachtsmann mit fünf Euro. Er hat auch immer ein Leckerlie für unseren Hund dabei. Ich glaube nicht, dass wir ihn von der Arbeit abhalten, denn er wirkt immer sehr fröhlich und erzählt ja auch von sich aus.

Vor kurzem hatte er Urlaub und das hat man leider sofort gemerkt. Die Pakete kamen später, weil im Auto vergessen wurden (haben wir über Amazon gemeldet bekommen) und weil der Eratzpostbote Angst vor Hunden hatte, kam er nicht auf den Hof, sondern hupte und überreichte die Post am Autofenster. Nein da sind wir echt froh, dass "unser" Postbote wieder da ist.

Der Postbote, der bei mir am häufigsten die Post und Pakete austrägt, wohnt irgendwo in meiner Gegend und ich sehe ihn deshalb auch öfters mal wenn er nicht im Dienst ist, zum Beispiel beim Bäcker, und da unterhalten wir uns dann auch schon mal.

Aus diesem Grund weiß ich auch, dass sich bei uns in den letzten Jahren einiges geändert hat für die Postboten, was im Endeffekt dazu geführt hat, dass sie mehr Aufgaben und mehr Arbeit haben und dafür nicht besser bezahlt werden. Real stellt seine Prospekte seit einem Jahr zum Beispiel mit der Post zu, was bedeutet, dass ein Postbote Samstags dann wirklich alle Häuser abklappern muss. Bei uns sind das wirklich weite Wege, weil es kaum Mehrfamilienhäuser gibt und überhaupt keine großen Mietshäuser, wo man gleich fünf oder zehn Briefkästen hat.

Wenn ich mit einem Postboten netten Smalltalk halten würde hätte ich auf jeden Fall das Gefühl ihn von der Arbeit abzuhalten und wenn das jeder machen würde, würde der Postbote tatsächlich später Feierabend haben, weil er ja alles, was er im Auto hat, auch austragen muss.

Ich unterhalte mich auch manchmal kurz mit unserem Postboten und finde es eigentlich immer sehr schön, wenn das Zwischenmenschliche stimmt. Natürlich kann ich aber auch verstehen, dass die Postboten eigentlich immer in Eile sind und ganz schönen Stress haben, durch welchen sie nun einmal nicht mit jedem persönlich sprechen können. Trotzdem denke ich aber, dass sich wohl jeder Postbote mal einen Moment Zeit nimmt um einen kleinen Plausch zu halten und dass sich auch jeder darüber freut, wenn man ihn wahrnimmt und grüßt.