In Zeitungsartikeln die Familiengeschichte beschönigen

Vor Jahren feierten meine Großeltern Diamanthochzeit. Aus diesem Anlass kam dann auch ein Reporter einer Lokalzeitung und führte ein kurzes Interview mit ihnen. Dabei wurde unsere Familiengeschichte ganz ordentlich geschönt. Vor allem der Schandfleck der Scheidung ihres Sohnes, sprich meiner Eltern, wurde einfach weggelassen. So steht in dem Artikel, dass er mit seiner Familie zur Feier des Tages angereist war. Da wir schon seit Jahren keine Familie mehr waren, war der Artikel etwas irritierend-lustig für uns. Ich weiß allerdings nicht, ob meine Großeltern das so falsch erzählt haben oder ob der Reporter es lieber beschönigen wollte.

In einem anderen Thread hab ich ja schon erzählt, dass die Mutter einer Freundin vor kurzem für einen Artikel interviewt wurde. Dabei wurde natürlich auch das "innige Verhältnis" zwischen Mutter und Tochter erwähnt, um auf die Tränendrüse zu drücken. Die beiden hatten definitiv kein gutes Verhältnis, geschweige denn ein inniges. Da bin ich mir aber ziemlich sicher, dass die Mutter das so erzählt hat, weil sie dazu neigt, die Vergangenheit extrem zu verklären und es in Diskussionen nie zugibt, dass sie ein schlechtes Verhältnis hatten.

Ich mag so eine nachträgliche Beschönigung gar nicht. Gut, der Artikel über meine Großeltern hat keinen Schaden angerichtet. Aber ich finde es schon traurig, dass man über das Leben anderer lügen muss, noch Jahre nach dem Ereignis. Sie selber haben es doch bis zur 60 geschafft. Und beim Artikel über meine Freundin kann ich es schon auch verstehen. Es ist immer problematisch, wenn man jemanden verliert, wo man so viel Zeit mit Streiten verschwendet hat.

Ich verstehe schon, dass es die Öffentlichkeit nichts angeht. Aber dann könnte man ja von dem Artikel als Ganzem absehen. Warum sollte die Öffentlichkeit die guten Dinge etwas angehen und die schlechten nicht? Hattet ihr auch schon solche Erlebnisse, wo die Wahrheit in einem Zeitungsartikel etwas geschönt wurde? Was haltet ihr davon? Würdet ihr es vielleicht selber auch so machen?

Ich denke auch, dass man einfach nichts beschönigen muss. Dies gilt im Allgemeinen, im TV oder auch in einer Zeitung. Natürlich denke ich auch, dass es die Öffentlichkeit eigentlich auch nichts angeht. Doch seien wir jetzt mal ehrlich. Was wäre gewesen, wenn die Gegenseite, die das auch betrifft, dort aber vorstellig geworden wäre, um den Artikel richtigzustellen? Ich finde Zeitungen sollten schon auf Tatsachen achten und nicht irgendetwas nach der eigenen Schnauze verschönern, wenn dem einfach nicht so ist. Doch gleiches gilt auch für Familienmitglieder, die ständig ihre Verhältnisse verklären, damit man sich nicht rechtfertigen muss.

Ich mag es einfach gar nicht, wenn man Dinge schöner redet als sie in Wahrheit sind. Ich denke damit lügt man sich einfach die Hucke voll und wozu? Damit man insgeheim dennoch weiß, dass man gelogen hat und eigentlich alles anders ist? Bei vielen Menschen kann ich mir jedoch vorstellen, dass man genau dieses Szenario haben möchte, wovon man gelogenerweise erzählt hat. Doch einige machen es einfach nur, weil sie ihre Fassade aufrechterhalten wollen und so was kotzt mich gelinde gesagt an.

Wenn es die Öffentlichkeit nichts angeht, dann gibt man ja ein solches Interview auch nicht. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass einige Leute das extra anders erzählen, um dann besser dazustehen. Ich kann mir genauso gut aber auch vorstellen, das die Reporter manche Sachen einfach falsch verstehen.

Wie bei der Sache mit deinen Großeltern. Für diese seid ihr halt trotzdem eine Familie. Du bis das Enkelchen und die Exfrau deines Vaters ist nun einmal deine Mutter. Das kann man dann schon noch als Familie sehen, wenn auch deine Eltern nicht mehr zusammen sind. Es sind ja trotzdem deine Eltern. Bei uns ist es auch so, dass mein Stiefvater meinen Bruder und mich als seine Kinder vorstellt, nicht als seine Stiefkinder und wir ihn als Vater. Mit Beschönigen hat das auch relativ weniger zu tun. Es geht einfach niemanden was an und außerdem nimmt er bei uns die Vaterrolle sowieso ein, wieso dann auf das Stief bestehen. Und wenn man darauf bestehen würde, würde das immer auch Fragen nach sich ziehen, die dann wiederum auch niemanden was angehen. Klar, würde jemand nachfragen und zwar gezielt, würde da auch keiner ein Geheimnis draus machen, aber es muss ja nicht sein.

Unschön finde ich es allerdings auch, wenn jemand groß tönt, wie gut das Verhältnis zu einem anderen Menschen ist oder war und das nicht mal annähernd der Tatsache entspricht. Oftmals kann man das ja lesen, wenn eine Person sich selber nicht mehr zu Wort melden und das richtig stellen kann. Die andere Person kann so kaum als Lügner enttarnt werden und steht obendrein auch noch als gut da, obwohl das dann ganz und gar nicht der Fall ist. Da sollte man dann, meiner Meinung nach, lieber noch andere Personen befragen. Aber vielleicht möchte man das auch nicht,denn wenn man sich negativ zu einer Person äußert, dann muss man ja auch unter Umständen sehr aufpassen, was und wie man das schreibt.