Das Kind im Mann ist normal - wo ist das Kind in der Frau?
Ich kenne einige Männer, die sich ihre Kindheit irgendwie bewahrt haben. Sie spielen mit der Eisenbahn, haben im Keller eine mehrspurige Autobahn aufgestellt, haben Modellautos usw. Wenn das jemand sieht, dann heißt es oft, dass derjenige sich die Kindheit bewahrt hat und in jedem Mann eben noch ein Kind steckt.
Warum aber sagt man das nur den Männern nach? Wo ist das Kind in der Frau? Mit welchen "Spielsachen" spielt eine Frau noch? Was hat sich eine Frau in der Kindheit gewünscht, nie bekommen und hat es jetzt, so wie eben der Mann mit der Spielzeugeisenbahn oder der mehrspurigen Carrera Bahn? Steckt in euch auch noch das Kind? Mit welchen Kinder-Spielsachen spielt ihr immer noch gerne?
Ich denke, dass Frauen genauso das Kind in sich bewahren können wie Männer. Dazu fallen mir zwar spontan keine Spielzeuge ein, wie eine Modelleisenbahn, aber beispielsweise Kinderserien oder Comics. Eine mittlerweile 21-jährige Freundin von mir schaut zum Beispiel mit ihren kleinen Geschwistern immer noch Barbie-Filme im Fernsehen und meint, diese sehr gerne zu gucken. Ich selber lese "heimlich" gelegentlich noch ein Mädchen-Comic, das ich bereits gelesen habe, als ich noch elf Jahre alt war. Dafür kenne ich aber keine Frau in meinem Alter, die noch Barbiepuppen oder ähnliches sammelt oder gar damit spielt. Vielleicht sind wir in der Hinsicht ja doch etwas erwachsener als das andere Geschlecht.
So spezielles Frauenspielzeug wie die Eisenbahn für den Mann, gibt es wirklich nicht. Ich denke, Frauen müssen zu viel Verantwortung übernehmen und vor allem können sie sie abends nicht im Büro zurücklassen, sondern sie schläft im Kinderbett nebenan. Die Verantwortung einer Frau hört nie auf. Wann hat sie also Zeit, selber Kind zu sein? Zumindest ist es so, wenn wir mal das "Idealmodell" der Ehefrau und Mutter betrachten.
Ich denke, es ist ein wenig wie die unterschiedlichen Ansichten über Frauen und Männer, die viele Bekanntschaften haben. Männer werden dafür bewundert und gelobt, eine Frau wird zum Flittchen abgestempelt. Männer, die ihr inneres Kind bewahrt haben, können stolz drauf sein, Frauen wären verantwortungslos und kindisch. Das ist nicht richtig, aber leider eine gängige Meinung.
Aber ich denke, es wird schon besser. Früher war Stricken eine Notwendigkeit. Heute leben Frauen ihre Kreativität mit Stricken, Basteln und Ähnlichem aus. Und sie werden deswegen nicht belächelt. Aber die typischen Mädchenspielzeuge sind eben Puppen. Damit wollen wir doch gar nicht mehr spielen, oder?!
Ich glaube auch nicht, dass es da große Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Ich selbst hatte nicht die typische Kindheit als Mädchen, deswegen kann ich nicht sagen, ob man als Frau später immer noch mit Barbies oder ähnlichem spielt, denn damit habe ich nie gespielt. Allerdings habe ich noch viele meiner alten Computerspiele und da sind auch einige dabei, die typisch Mädchen beziehungsweise Frau sind. Beispielsweise habe ich ganz viele Spiele wie „Mein Gestüt“, „Mein Abenteuer auf dem Reiterhof“, „Meine Tierarztpraxis“ und so weiter.
Und ich muss zugeben, dass ich die heutzutage auch manchmal noch spiele. Manchmal habe ich einfach so eine Art Anfall und dann will ich unbedingt ein Spiel aus meiner Kindheit spielen. Das ist dann nicht unbedingt typisch Mädchen, es kann auch so etwas wie Autorennspiele sein oder ein Spiel, das gar nicht einem Geschlecht zuzuordnen ist, zum Beispiel Tetris. Aber auf jeden Fall wird dann eben das Kind in mir geweckt, wodurch auch immer.
Vielleicht ist aber doch etwas dran, dass das bei Frauen seltener vorkommt als bei Männern. Denn ist ja beispielsweise auch so, dass immer gesagt wird, dass sich Frauen schneller entwickeln und immer zwei Jahre reifer sind als Männer, zumindest in der Pubertät. Aber ich glaube sowieso, dass man das nicht verallgemeinern kann und jede Person da unterschiedlich ist, ganz unabhängig davon, ob nun männlich oder weiblich.
Mir wurde schon öfters gesagt, dass ich mich kindisch benehme, weil ich manchmal eben zickig bin, aber kein Mensch ist perfekt. Ich denke auch, dass viele Leute meinen Lebensstil als kindisch ansehen, denn ich interessiere mich gar nicht mehr für Partys oder Festivals, sondern ich verbringe meine Zeit gerne mit Videospielen, die mir sehr viel Spaß machen. An Weihnachten wurde ich bei meiner Großmutter wieder zum Kind, denn sie hat noch die alte Super Nintendo aus den 90ern und ich habe mit meiner Familie "Tetris & Dr. Mario" oder "Super Mario Kart" gespielt.
Als Kind fand ich Sailor Moon sehr cool und ich habe mir letztens wieder die deutsche Titelmusik zur Sendung angeschaut, da habe ich wirklich Gänsehaut bekommen, weil es einfach so schön war. Ich vermisse auch Pokemon sehr, aber vielleicht sind das auch nicht wirkliche Mädchen-Sachen. Ich habe mir auch letztens eine Folge von der Sendung "Monster High" angeschaut und finde die Puppen sehr niedlich, vor allem das Wolfsmädchen "Clawdeen". Ich glaube nicht, dass ich deswegen kindisch bin.
Der Mann, der mit der Modelleisenbahn spielt, während die Frau die Kinder bemuttern muss - das sind doch Klischees, die zumindest in den jüngeren Generationen überholt sind. Zum einen kenne ich keinen Mann, der Kinder hat und für diese Kinder keine Verantwortung übernimmt und lieber alleine mit einer Modellbahn spielen würde statt den Kindern Abends eine Geschichte vorzulesen. Zum anderen sind für mich die typischen Erwachsenenspielzeuge Computer, iPads, Konsolen, Kameras und so weiter und dafür können sich sowohl Männer als auch Frauen begeistern.
Ich habe als Kind am liebsten mit Legos gespielt, Puppen fand ich erst spannend, als ich ein bisschen nähen gelernt hatte und die Puppen dann als Modells für meine eigenen Kreationen nutzen konnte. Mit Legos spiele ich immer noch gerne, wenn sich die Gelegenheit ergibt und ich habe auch ein paar Sets, die ich geschenkt bekommen habe, im Regal stehen. Wobei das aber zum großen Teil "erwachsene" Legos sind, also Sets, die eine Altersempfehlung ab 14 oder 16 haben. Und die Puppen wurden inzwischen durch eine Schneidepuppe ersetzt und das Modell für meine Kreationen bin ich meistens selber.
Ich kann auch als Frau immer noch Kind sein. Allerdings konnte ich mich mit Barbiepuppen zum Beispiel noch nie anfreunden. Ich habe auch als Kind lieber mit Lego und der Autorennbahn gespielt. Beides würde ich auch heute noch machen, wenn sich die Gelegenheit mal ergibt. Ansonsten bin ich für jeden Spaß zu haben und wenn ich mal zufällig an einem Spielplatz vorbei komme, kann es sein, dass ich mich mal für zwei Minuten auf eine Schaukel setze oder ich laufe im Geschäft die Rolltreppe falsch herum hoch.
Wenn man mal die gängigen Geschlechterklischees beiseite lässt, fällt es meiner Meinung nach relativ häufig auf, dass erwachsene Männer oder Frauen Hobbys pflegen, die von anderen als kindisch belächelt werden. Modelleisenbahnen als reines Männerspielzeug kenne ich dagegen nur aus Witzen, Karikaturen oder Familienfilmen der 1950er Jahre.
Das "Kind in der Frau" kommt heute auf genauso vielfältige Art zum Ausdruck wie das "Kind im Manne". Frauen wie Männer sammeln Stofftiere oder Actionfiguren, schauen Kinderfilme an, lesen Comics und so weiter. "Typisch" für Frauen sind meiner Meinung nach Hobbys wie Karten basteln, Serviettentechnik oder Fensterbilder gestalten, was natürlich nicht heißt, dass es keine Männer gibt, die auf diese Art ihre Kreativität spielerisch ausleben. Meine kindliche Seite als Frau kommt beispielsweise vor allem beim Lesen von Kinderbüchern, aber auch beim Basteln mit Papier und beim Modellieren zur Geltung.
In vielen Fällen leben Menschen sicher in diesen alten Rollenbildern. Der Mann spielt mit seiner Modelleisenbahn und kann sich dafür stundenlang begeistern, während die Frau sich um die Kinder kümmert und entweder gar keine Hobbys hat oder solche, die allgemein als erwachsenengerecht gelten. Zum Glück muss man aber nicht zwangsläufig so leben. Jeder hat die freie Wahl und ich kenne einige Frauen, die sich noch für Dinge begeistern können, die nicht ausschließlich von Erwachsenen geliebt werden.
Vor ein paar Jahren hatte ich eine Freundin, die einige Jahre älter war als ich. Sie war ziemlich tough und stand mitten im Leben. Dennoch hatte sie Spaß an Dingen, die eher als Kinderspielzeug gelten. So sammelte sie zum Beispiel alles Mögliche zum Thema „Star Wars“. Darunter waren zwar auch wirklich teure Sammlerstücke, die für Kinder wohl nicht so relevant sind, aber es gab auch Legofiguren und andere Sachen, die man ohne weiteres auch in einem Kinderzimmer finden könnte. Daneben mochte sie auch allgemein gerne Lego und ihre Carrera-Bahn, die sie im Dachgeschoss ihres Hauses aufgebaut hatte. Ich fand das ziemlich cool, vor allem weil ich selbst gerne mit Lego gespielt habe und immer noch spiele.
Wie genau sieht das Kind in der Frau für dich aus? Gehört dazu für dich nur der Gebrauch von Kinderspielzeug? Ich finde, dass eine gewisse Begeisterungsfähigkeit auch dazugehört. Viele Leute können sich für gar nichts mehr richtig begeistern und wirken emotional betrachtet ziemlich abgestumpft. Ich finde es großartig, wenn jemand mit leuchtenden Augen an einem neuen Lego-Bausatz tüftelt. Ob das jemand noch kann oder nicht, ist aber keine Frage des Geschlechts, sondern einfach eine Charakterfrage.
Wenn ich so darüber nachdenke, stimmt es irgendwie, dass es für Frauen keine typischen Spielsachen gibt, mit denen sie auch als erwachsene Personen noch spielen, wie es z.B. bei Männern die Modelleisenbahn gibt. Trotzdem würde ich von mir behaupten, dass ich mir noch einen Teil meiner Kindheit bewahrt habe, indem ich schon mal ein Jugendbuch lese und auch noch einige meiner alten Stofftiere aufbewahrt habe.
In meinem letzten Urlaub entdeckte ich auf einem Spielplatz eine dieser Seilbahnen für Kinder. Ich überlegte nicht lange und habe sofort eine Fahrt damit unternommen. Darum denke ich, dass es auch für Frauen einige Dinge gibt, mit denen sie das Kind in sich selber wieder entdecken können.
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