Gute Taten werden immer seltener oder kommt es nur so vor?

vom 20.07.2013, 12:09 Uhr

Mein Vater erzählt immer, dass er bei den Pfadfindern war und mein Onkel auch. Da wurde dann auch jeden Tag eine gute Tat gemacht. Die Kinder und Jugendlichen gingen wirklich gezielt hin und wollten gute Taten verbringen. Sie halfen älteren Leuten und halfen in Gärten und das unentgeltlich. Heute wollen doch die Kinder und Jugendlichen immer eine Gegenleistung, wenn sie überhaupt helfen.

Werden gute Taten immer seltener? Mein Vater und auch Onkel erzählten, dass auch die, die nicht bei den Pfadfindern waren mit geholfen haben. Sicher muss man nicht jeden Tag eine gute Tat machen. Aber geht ihr auch schon mal bewusst hin und helft Leuten, die Hilfe brauchen? Schellt ihr einfach mal bei der älteren Nachbarin und fragt, ob sie Hilfe braucht? Ich mache das trotz meiner Kinder und mein ältester Sohn war neulich bei ihr und hat ihr was vorgelesen, weil sie sehr schlecht sehen kann.

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» supermami » Beiträge: 2317 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Mir fällt das auch sehr stark auf, dass immer mehr weggeschaut wird wenn andere Menschen Hilfe brauchen. Erst letzte Woche wollte eine Dame mit ihrem Kinderwagen in den Zug rein. 3 Leute gingen an ihr vorbei in den Zug und ich stellte mich auf die andere Seite vom Kinderwagen und hob mit an. Sie bedankte sich recht herzlich bei mir und ich begab mich zu den Sitzplätzen.

Man muss nicht unbedingt jeden Tag helfen, aber wenn jemand auf der Straße unbedingt Hilfe braucht, sei es der Fall mit dem Kinderwagen oder eine gestürzte Omi, sollte man helfen und nicht einfach weggucken. Aber so ist eben unsere Gesellschaft heutzutage. Vor allem in Großstädten interessiert die Menschen das Problem anderer einen Dreck, was ich persönlich sehr schade finde. :(

» FreedomFighter » Beiträge: 83 » Talkpoints: 37,52 »


Nein, früher war nicht alles besser. Mehr gibt es dazu meiner Ansicht nach eigentlich nicht zu sagen. Auch heute gibt es hilfsbereite Menschen, die ihre Eltern pflegen, für die Nachbarn einkaufen, im Tierheim aushelfen, kostenlos Hausaufgabenbetreuung anbieten, Einwanderern Deutsch beibringen und so weiter. Auch die Pfadfinder gibt es heute noch, auch wenn die vielleicht nicht mehr bei der Ernte auf den Feldern und im Obstgarten helfen, weil es ja mittlerweile doch ein paar Maschinen gibt. Zudem bin ich mir sicher, dass auch vor 30 oder 50 Jahren beispielsweise Gaffer bei Unfällen und Katastrophen die Rettungskräfte behindert haben. Sie haben nur keine Videos davon ins Internet gestellt.

Meine Hilfsbereitschaft beschränkt sich schwerpunktmäßig auf Geld- und Sachspenden, da ich beruflich stark eingespannt bin und mehrere gesundheitlich angeschlagene Familienmitglieder habe, die jederzeit Hilfe brauchen könnten. Einfach so bei meinen Nachbarn zu klingeln und Hilfe anzubieten, finde ich jedoch eher aufdringlich. Türen aufhalten, Kinderwagen stemmen und herunter gefallene Gegenstände aufheben fällt bei mir nicht unter "gute Tat", sondern unter "normales Verhalten".

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Pfandfinder gibt es auch heute noch. Allerdings hat sich die Gruppenarbeit da auch verändert. Wo man früher eben die gute Tat gegenüber fremden Menschen in den Vordergrund gestellt hat, wird heute eher auf Teamgeist und Hilfe im Umfeld gesetzt. So nahm neulich in der Schule noch ein elfjähriger Junge der Schulleiterin die Getränkekiste für eine Versammlung einfach aus der Hand. Das wäre doch viel zu schwer für sie.

Man kann also nicht sagen, dass es die gute Tat nicht mehr gibt. Aber man geht eben nicht mehr zu fremden Menschen sondern reagiert im bekannten Umfeld. Wobei es auch die häusliche Erziehung ist, wenn ein Kind nicht mehr ohne Gegenleistung hilft. Das kann man dann wohl kaum den Kindern als schlechte Eigenschaft anlasten, wenn sie es von den Eltern so anerzogen bekommen haben.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich stelle nicht fest, dass gute Taten seltener werden. Heutzutage fällt es vielleicht nicht so auf, weil viele Spenden über Banküberweisungen laufen. Früher hat man die Sammler eher in der Öffentlichkeit gesehen.

Ich stelle auch nicht fest, dass die Leute auf der Straße weniger hilfsbereit sind. Vor 60 Jahren ist auch nicht jeder Frau mit dem Kinderwagen geholfen worden. Meine Mutter hat sich schon immer darüber beschwert. Ich kenne einige Leute, die sich um ihre alten Eltern kümmern. Das gab es früher und heute auch. Genauso gab es früher und heute auch Leute, die das nicht tun oder tun würden, wie ich zum Beispiel. Dafür tue ich andere Dinge.

Sachverhalte von früher werden oft verklärt. Früher war keinesfalls das gesellschaftliche Zusammenleben besser als heute. Auch damals kam es schon darauf an, ob man in der Stadt oder auf dem Land gewohnt hat. In der Stadt ist das Problem, dass viele Passanten zum Helfen da wären und jeder sich denkt, dass der andere das schon tut. Aber das ist kein Problem des Zeit, sondern der Wohnumgebung.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich musste jetzt spontan an den Sketch mit der alten Damen denken, der über die Straße geholfen wird von einem übereifrigen jungen Mann, der sie nicht zu Wort kommen lässt und immer wieder betont, dass er das doch gerne macht. Auf der anderen Seite der Straße stellt sich dann heraus, dass die Frau nicht auf eine "gute Tat" gewartet hat sondern auf den Bus.

Was ich damit sagen will - ich fände es aufdringlich und unpassend, wenn ich zu irgendwelchen älteren Leuten hingehen würde und meine Hilfe bei alltäglichen Dingen anbieten würde. Damit sagt man der Person indirekt ja praktisch, dass man denkt, dass sie nicht mehr in der Lage ist ihren eigenen Kram auf die Reihe zu bekommen, sich selber um ihr Haus zu kümmern und so weiter. Nur weil jemand älter ist bedeutet das doch aber nicht, dass er nicht mehr selber weiß, was er kann und was er nicht kann und, dass er nicht mehr in der Lage ist um Hilfe zu bitten, wenn er sie benötigt.

Natürlich helfe ich, wenn ich sehe, dass jemand Hilfe braucht. Wenn jemand mit Kinderwagen alleine unterwegs ist und an einer Treppe steht ist die Situation klar, wenn eine gehbehinderte Person in die volle Bahn kommt auch, aber bei einer alten Dame, die einen Garten besitzt, eben nicht. Ich kenne einige ältere Leute, die total gerne in ihrem Garten arbeiten und die sich ihr Hobby nicht von "guten Taten" nehmen lassen wollten. Ich möchte jedenfalls später mal nicht auf diese Weise bevormundet werden und deshalb tue ich das auch nicht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Vor zwei oder drei Tagen habe ich diesen Thread hier gelesen, dass Kinder und Jugendliche heutzutage immer eine Gegenleistung erwarten würden, wenn sie helfen. Und gestern habe ich mir ein Buch aus dem Regal genommen, das 1976 in Leipzig spielt. In einer Szene beschreibt eine ältere Frau ihre Jugend und ihre idealistische Einstellung.

"Wir haben nicht bei jeder guten Tat auf eine Prämie spekuliert. Inzwischen sind die Zeiten anders geworden. Wenn man heute von der Jugend etwas verlangt, wird sofort gefragt, was haben wir davon, wie zahlt sich das aus?"

Und das trifft es genau. Jede Generation denkt so über sich und die nachfolgende. Man verklärt die Vergangenheit. Früher war nicht alles besser. Ich denke, wirklich viel hat sich nicht geändert. Der Unterschied zwischen Land und Stadt ist wirklich ausschlaggebend, wie anlupa es schon angesprochen hat.

Gerade, die Geschichte von FreedomFighter von der Frau mit Kinderwagen, der niemand geholfen hat, kann ich gar nicht bestätigen. Ich sehe immer wieder, wie die Leute bei sowas helfen. Letztens hat erst einer geholfen, obwohl die Mutter gar keine Probleme hatte. Außerdem habe ich eine Blinde im Zug gesehen. Um die haben sie sich förmlich gerissen, ihr helfen zu dürfen. Und es sind auch immer wieder Jugendliche, denen es viele nicht zutrauen würden, die helfen oder ihren Sitzplatz anderen überlassen. Dieses "Die Jugend heutzutage" kann ich also gar nicht unterschreiben.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Es gibt ja dieses berühmte Zitat von Sokrates, der sich vor über 2000 Jahren schon über schlechte Manieren, Faulheit und Respektlosigkeit der "Jugend von heute" aufgeregt hat. Wenn "die Jugend von heute" damals schon so schlimm gewesen wäre und wenn alle anderen, die später etwas ähnliches behauptet haben, auch recht gehabt hätten, wären wir heute ja an einem Punkt angelangt, wo totale Anarchie herrschen würde.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich denke schon, dass heutzutage weniger gute Taten vollbracht werden. Ich bemerke das an meinem Freund. Er ist ein wirklich sehr guter Mensch, was in meinen Augen vor allem an seiner Erziehung und auch die Moral, die ihm von der Kirche jeden Sonntag vermittelt wird, liegt. Er hilft oftmals, auch wenn er die Leute gar nicht kennt und sie ihn gar nicht auffordern zu helfen. Das sind ganz kleine Dinge, die für ihn selbstverständlich sind.

Zum Beispiel einer älteren Dame den Sitz im Bus freimachen, sodass diese sich hinsetzen kann oder eben jener beim Aussteigen dann zu helfen, die Tasche über die Stufe zu tragen oder ähnliches. Auch wenn Leuten auf der Straße zum Beispiel etwas aus der Tasche fällt, dann ist es ja meist so, dass viele Leute es sehen, aber keiner sie darauf anspricht. Mein Freund macht so etwas aber natürlich auch.

Ich muss zugeben, dass ich mich manchmal neben meinem Freund ziemlich blöd vorkomme, weil ich eben nicht so zuvorkommend bin, wie er. Wenn mich jemand um Hilfe bittet, dann sage ich ganz bestimmt nicht nein und ich fühle mich auch immer sehr gut, wenn ich jemandem weiterhelfen konnte, indem ich ihm den Weg oder ähnliches erklärt habe. Aber manchmal fehlt mir einfach die letzte Motivation, gute Taten zu vollbringen, ohne dass ich dazu aufgefordert werde. Ich bin fremden Menschen gegenüber immer etwas schüchtern und man weiß ja auch nie, wie sie drauf sind.

Um bei den älteren Menschen zu bleiben: Es gibt zum Beispiel ältere Menschen, die unglaublich dankbar sind, wenn man ihnen hilft und sich nicht oft genug bedanken können und dann gibt es wiederum ziemlich mies gelaunte Menschen, die die komplette „Jugend von heute“ total abscheulich finden und einen sofort dumm anmachen, nur weil man kurz auf dem Smartphone auf die Uhr schaut. Letzteres habe ich schon öfters erlebt und ich muss sagen, dass mir das auf die Nerven geht und mich manchmal davon abschreckt, mich mit älteren Menschen, die mir fremd sind und deren Stimmung ich nicht kenne, abzugeben.

Um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen und noch etwas Positives zum Schluss zu sagen: Es gibt durchaus Hoffnung. Bei uns gab es vor kurzem von der Kirchengemeinde aus eine 72-Stunden-Aktion, in denen allen möglichen Leuten in verschiedenster Art und Weise geholfen wurde, drei Tage am Stück.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Das kommt dir nur so vor. Auch heute gibt es mehr als genug gute Taten. Sie werden nicht immer öffentlich gemacht, sondern auch im Verborgenen begangen. Ich wüsste wirklich nicht, dass früher mehr gute Taten verübt wurden, als heute. Vielleicht war es früher so, dass man mehr Aufhebens davon gemacht hat.

Heute läuft das nebenbei und man hängt es nicht an die große Glocke, sondern sieht es als selbstverständlich an. Die Menschen sind heute mehr in einem Arbeitsstress und Rausch und überlegen nicht lange, was zu tun ist und machen es einfach. Vielleicht liegt es daran, dass man es weniger sieht. Gute Taten sollte man auch jederzeit und sofort tun, wenn sie einem auffallen. Darüber muss man nicht groß diskutieren.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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