Werden freie Stellen nur noch mit Leihkräften besetzt?

vom 17.07.2013, 21:33 Uhr

In unserer Firma macht sich schon seit 2 bis 3 Jahren der Trend immer verstärkter bemerkbar, dass freiwerdende Stellen entweder gar nicht mehr oder wenn dann nur mit Leiharbeitnehmern besetzt werden. Gerade in Bereichen von „minderqualifizierten Tätigkeiten“ wird meiner Meinung nach alles plattgehauen und es gibt keine festen Verträge oder etwaige Neueinstellungen mehr.

Konntet ihr diesen Trend in eurem Unternehmen oder anderweitigem Umfeld auch beobachten? Wo geht denn eurer Meinung nach da die unternehmenspolitische Reise hin, will man da schon an denen sparen die eh schon nicht die Großverdiener sind?

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» Nachbars Lumpi » Beiträge: 291 » Talkpoints: 63,72 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Diese Vermutung kann ich nur bestätigen. Zum Beispiel der Edeka in meiner Nähe hat nur noch 400€ Jobber seien
es Kassierer, Kundenberater oder Lageristen. Wenn der eine sich unterbezahlt fühlt und geht finden sie direkt am nächsten Tag einen neuen der die Arbeit macht.

Aber auch größere Firmen verzichten immer mehr auf ausgebildete Fachkräfte, besonders in der Produktion. Es ist für die Unternehmen einfach günstiger, da kein besonderes Fachwissen gefordert ist, sondern schnelles Arbeiten auf Akkord.

Ein möglicher Grund hierfür ist auch die Preispolitik hier in Deutschland. Beispielsweise sind Lebensmittel in keinem Land verhältnismäßig so günstig wie in Deutschland. Wir mögen es gerne günstig und die Unternehmen schaffen dies eben lediglich durch Verzicht auf Fachkräfte und unterbezahlte Jobs.

» FreedomFighter » Beiträge: 83 » Talkpoints: 37,52 »


Dieser Trend ist definitiv da, bei uns im Ort kann ich auch beobachten, dass Tätigkeiten, die keine Ausbildung oder gar ein abgeschlossenes Studium erfordern mit Aushilfen und Leiharbeitern besetzt werden, ein absolutes Unding, jedoch eine Tatsache, die man allzuschnell den Unternehmen anlastet, statt den wahren Schuldigen auszumachen: die Regierung.

Man müsste keine Leiharbeiter einstellen und immer wieder anlernen, wenn gerade mittelständische Unternehmen genügend Kapital erwirtschaften könnten, um besser bezahlte Kräfte einzustellen bzw. den beschäftigten Angestellten ein faires und ausreichendes Gehalt zu ermöglichen. Neben den wirtschaftlichen Faktoren sind die offensichtlich fehlenden Richtlinien maßgeblich an der Ausbreitung dieses Problems beteiligt.

» MrLeo95 » Beiträge: 184 » Talkpoints: 2,84 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Der Trend zur Leiharbeit ist ohne Zweifel da, aber es werden bei weitem nicht alle Jobs durch Leiharbeit ersetzt. Zunächst einmal muss sich Leiharbeit ja für den Betrieb lohnen, trotz der Gewinnspanne, die die Leiharbeitsfirma noch benötigt.

Im Prinzip gibt es da drei wichtige Gründe. Entweder kann der Betrieb durch die Verwendung von Leiharbeitern die Preise drücken. Das ist insbesondere bei Tarifbetrieben der Fall. Dort müssen nämlich dank der Gewerkschaften auch ungelernte Arbeiter überdurchschnittlich hoch bezahlt werden. Mit der Einstellung von Leiharbeitern wird dieser Tarifzwang umgangen. Fachkräfte werden aber meistens immer noch bevorzugt fest eingestellt.

Dann gibt es auch Firmen, die sich mit der Rekrutierung von Mitarbeitern schwer tut. Entweder findet man keine passenden Fachkräfte, da die Standortbedingungen für diese Leute unattraktiv ist oder man möchte einfach Aufwand und Kosten bei der Personalbeschaffung sparen. Also lagert man diesen Teil auf Personaldienstleister aus und stellt Leiharbeiter ein, die man bei guter Leistung übernimmt. Ein netter Nebeneffekt ist die erweiterte Probezeit. In manchen Betrieben ist eine Probezeit faktisch nicht mehr vorhanden, weil der Betriebsrat zu stark ist. Der Betrieb hat also nicht die Möglichkeit, schlechte Leute in der Probezeit zu feuern. Man umgeht das Problem, in dem man den Weg über Leiharbeiter geht.

Der dritte Grund ist die Flexibilität. In den letzten fünf Jahren haben wir eine extrem instabile Wirtschaft erlebt und es ist keine Besserung in Sicht. Betriebe haben also zurecht Angst davor, zu viele Leute einzustellen. Also wird die Stammmannschaft auf einem niedrigen Niveau gehalten, um auch in schlechten Zeiten noch wirtschaftlich zu sein und Spitzenzeiten werden mit Leiharbeitern abgefangen.

Aus Sicht der Firmen sind das sicherlich nachvollziehbare Gründe, auch wenn es für die Leiharbeiter nur ein schwacher Trost ist. Ich denke aber nicht, dass man der Regierung oder den Firmen ein Vorwurf machen muss. Wir haben es im heutigen Umfeld wirklich sehr schwer und gegenüber anderen Ländern (z.B. China) herrschen hier auch für Leiharbeiter noch vergleichsweise traumhafte Verhältnisse. Und leider müssen wir heutzutage diesen Vergleich ziehen, denn dort sitzt auch unsere größte Konkurrenz.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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