Klassentreffen - zwangsläufig Vergleich der Erfolge?
Meine Schulzeit liegt schon ein paar Jahre zurück und in der Zwischenzeit gab es wohl sogar schon ein Treffen meines alten Abiturjahrgangs. Ich war allerdings nicht bei dem Treffen und werde wohl auch in Zukunft nicht hingehen, weil ich einfach froh bin, dass ich nichts mehr mit dieser Schule und dem Jahrgang zu tun habe. Aber ich frage mich dennoch, wie ein solches Klassentreffen eigentlich abläuft.
Habt ihr das Klassentreffen eher als eine Art Reise in die Vergangenheit empfunden, bei der viel über die Schulzeit, über ungeliebte Lehrer und Streiche gesprochen wurde? Oder diente das Klassentreffen eher zu einer Art Wettbewerb, bei der ausgelotet wurde, wer bislang mehr erreicht hat und wer sich beruflich am besten entwickelt hat? Wird ein Klassentreffen nicht sogar zwangsläufig dazu führen, dass Vergleiche angestellt werden? Was stand bei euren bisherigen Klassentreffen im Vordergrund?
Wir hatten neulich das erste offizielle Klassentreffen. Man hat sich auch so immer mal in bestimmten Kreisen getroffen, aber alle haben sich eben nie gesehen und einige hat man schlichtweg ein paar Jahre nicht gesehen. Die Frage nachdem, was man nun macht, ist also ganz normal. Irgendwie muss man ja auch einen Einstieg in das Gespräch finden.
Bei uns war es so, dass wir schon viel gemeinsam gelacht haben, da meine Klassenkameraden sich wirklich zum Positiven gewandelt haben. Damals waren sie teilweise echt schlimm, aber ich bin hingegangen und war positiv überrascht. Natürlich hat man teilweise auch angegeben, aber das ist denke ich normal. Es wurden dann aber auch lustige Geschichten ausgegraben und gemeinsam hat man dann viel gelacht. So richtig als Wettbewerb würde ich es nicht sehen, aber man möchte eben gut da stehen.
Ich war beim ersten Klassentreffen nach fünfzehn Jahren. Dieses Treffen habe ich als Angeberei in Erinnerung. Es waren viele dabei, die sich positiv darstellen wollten und mit ihren beruflichen Positionen angaben. Das waren aber interessanterweise nicht die, die wirklich etwas erreicht hatten, beispielsweise jetzt Professoren oder Ärzte waren. Die nächsten Jahre bin ich nicht hingegangen, auch weil es zu weit weg war. Die Treffen fanden alle fünf Jahre statt.
Zum nächsten Klassentreffen bin ich erst nach vierzig Jahren wieder hingegangen. Das war sehr lustig, bei diesem Treffen kamen mehr alte Erinnerungen hoch als bei dem vorigen, wo ich dabei war. Der jetzige Direktor hat uns durch die Schule geführt und wir haben uns in dem Klassenzimmer so hingesetzt, wie wir damals vor dem Abitur saßen. Damals waren wir bis zum Schluss noch im Klassenverband, was ja heutzutage nicht mehr der Fall ist. Es kamen viele Erinnerungen hoch, die ich schon völlig vergessen hatte. Auch nach vierzig Jahren waren wir, bis auf einen, der verschollen ist, vollständig!
An meiner Schule finden alle fünf Jahre Klassentreffen beziehungsweise Abiturjahrgangstreffen statt. Das letzte Klassentreffen war erst vor kurzem dieses Jahr. Und ich muss schon sagen, dass man sich zwangsläufig vergleicht beziehungsweise nachfragt wer welche Erfolge zu verbuchen hat und was jeder mittlerweile beruflich macht. Beim letzten Klassentreffen wurden die beruflichen Erfolge noch nicht so thematisiert, da wir alle vor fünf Jahren gerade mal zwei oder drei Jahre das Abitur in der Tasche hatte.
Damals wurde eher nachgefragt wo es jeden hin verschlagen hat und was jeder studiert. Die Erfolge beziehungsweise Studienfortschritte standen damals nicht so im Vordergrund. Jeder hat sich gefreut die anderen nach längerer Zeit mal wieder zu sehen. Bei dem Klassentreffen in diesem Jahr muss ich schon sagen, dass sich dies geändert hat. Es wurde viel nach Studienabschlüssen und ersten beruflichen Erfolgen gefragt. Man hat auch schon gemerkt, dass sich einige sich durch ihren Berufe beziehungsweise ihre Arbeit in den Vordergrund drängen wollten um die anderen damit zu beeindrucken.
Insgesamt finde ich aber dennoch Klassentreffen beziehungsweise Abiturjahrgangstreffen eine sehr schöne Sache. Man erinnert sich, meistens jedenfalls, gerne an die eigene Schulzeit zurück. Außerdem finde ich es immer wieder schön und interessant die alten Mitschüler zu sehen beziehungsweise zu treffen. Ein weiterer interessanter Punkt ist auch immer das obligatorische Treffen mit den alten Klassenlehrern beziehungsweise Fachlehrern. Es ist immer wieder schön beziehungsweise interessant mit alten Lehrern über die Schulzeit zu sprechen.
Ich hatte noch kein Klassentreffen, da ich erst 5 Jahre aus der Schule raus bin, aber ich würde nicht nein sagen, wenn jetzt eines geplant ist und ich Zeit dafür habe. Es ist doch irgendwo schön, wenn man gewisse Leute wieder treffen kann und mit ihnen ein wenig herumalbern kann. Leider kann man ja den Kontakt nicht zu allen aufrecht erhalten, deswegen ist so ein Klassentreffen eine gute Gelegenheit. Es ist doch immer so, dass man auch ein paar Leute dabei hat, die man nicht unbedingt sehen will.
Man kann durchaus sagen, dass bei einem Klassentreffen der eine oder andere jeder Person auseinander nimmt, nur damit er sich selbst bestätigen kann weil er vielleicht recht viel erreicht hat. So etwas finde ich armselig. Leider kenne ich so einen Typen. Ich habe ihn vor ein paar Jahren auf einem Stadtfest getroffen und wir haben ein paar Worte gewechselt. Gleich, nachdem ich ihm begrüßt hatte, hat er mir erzählt, dass er kürzlich seinen Führerschein bekommen hat und nun einen Audi A so und so von seinem Vater bekommen. Wahnsinn, genau das wollte ich jetzt wissen. Solche Leute kann ich getrost hinter mir lassen.
Dann gab es mal ein anderes Stadtfest, bei dem ein halbes Klassentreffen entstanden ist. Das war nicht geplant und deswegen war es am Ende umso schöner, als so viele Leute zusammen kamen. Wir haben in erster Linie über die Schulzeit gesprochen und darüber gelacht was wir doch für einen Mist verzapft haben. Der eine oder andere hatte danach noch ähnliche Sachen erlebt und diese wurden natürlich auch noch erzählt. Über das berufliche hat man so gut wie gar nicht gesprochen. Man hat es mal kurz angeschnitten, aber irgendwie landete man dann doch wieder bei unterhaltsameren Themen.
Grundsätzlich halte ich es eigentlich so wie du und stehe diesen Events eher "kritisch" gegenüber. Außerdem habe ich tatsächlich auch ein Leben, so dass ich mir die Zeit für solche Treffen wirklich "nehmen" müsste. Und so was ist es mit schlicht nicht Wert, andere Dinge liegen zu lassen. Aber bei einem letzten Treffen hat ein guter Freund von mir gefragt, ob ich ihn eben nicht doch begleiten würde. Mit dem habe ich eben auch nach der Schule noch Kontakt gehalten und den treffe ich eben auch so regelmäßig. So habe ich mich überreden lassen.
Und ich war tatsächlich positiv überrascht, weil es sich nicht zu einem Treffen entwickelt hat, bei dem nur über "alte Zeiten" gesprochen wurde und es kam auch nicht zu einem "Wettbewerb" dahingehend, wer mehr erreicht hätte. Es kam zu einem schlichten Austausch der jeweiligen Geschichten ohne Wertungen herein zu bringen. Und eine Wertung wäre auch nicht möglich, weil sich die Geschichten zu sehr unterschieden haben. Natürlich sind da die Karrieristen. Aber es gab auch eine die von ihren Jahren auf Wanderschaft berichtet hat. Oder einem, der einen Bauernhof gekauft hat und nun (ohne die Absicht eine Landwirtschaft zu führen) diesen Hof für sich herrichtet. Es war wirklich ein netter Abend und ich bereue es nicht, hingegangen zu sein. Auch wenn es mich praktisch (mit An- und Abreise) ein Wochenende gekostet hat.
Und selbst mit Leuten die ich damals eher "nicht leiden" konnte habe ich mich insofern "versöhnt", als das auch ihre Geschichte "normal" war und sie aus meiner Sicht viel von der Arroganz und Überheblichkeit von "damals" verloren hatten. Insgesamt also ein voller Erfolg für so ein Treffen.
Ich treffe mich um Weihnachten herum immer mit den Leuten aus meiner Schulzeit, mit denen ich heute noch Kontakt habe. Deshalb habe ich an einem Klassentreffen überhaupt kein Interesse, denn ich weiß ja, wie ich die Leute, die mir wichtig sind, kontaktieren kann und wann ich sie wieder sehen werde.
Ein Freund war aber aus Neugierde bei dem einen Klassentreffen, das bisher statt gefunden hat. Er wohnt immer noch in der selben Stadt, da war das für ihn ohne großen Aufwand möglich. Dieses Treffen scheint die Klischees ziemlich gut erfüllt zu haben, einige Frauen haben sich vorher wohl sogar extra aufhübschen lassen. Das, was ich da gehört habe, fand ich schon arg abschreckend, weil meine Vorstellung von einem schönen Abend eben nicht Angebereien, Vergleiche, Lästereien hinter vorgehaltener Hand und so weiter beinhaltet. Und für mein Ego brauche ich keine Leute, die einen schlechteren Job haben als ich oder gerade in einer Scheidung stecken oder nicht mehr so schlank sind wie zu Schulzeiten.
Ich denke, diese Vergleiche passieren automatisch. Immerhin sind die ehemaligen Klassenkameraden alles Personen, die mit den gleichen Voraussetzungen ins Leben starteten wie man selber. Wenn einige dabei sind, die ein besseres Abitur gemacht haben, kann man sehen, was man erreichen hätte können, wenn man sich damals mehr angestrengt hätte. Und auch die, die genauso gut waren, haben unterschiedliche Wege eingeschlagen.
Wenn man Leute trifft, die 5 oder 10 Jahre vorher Abitur gemacht haben, dann fingen diese unter ganz anderen wirtschaftlichen Voraussetzungen an. Dann kann man noch sagen, dass die es damals ja richtig einfach hatten, vor der Wirtschaftskrise. Oder Leute, die noch auf Diplom oder Magister studiert haben, statt auf Bachelor und Master. Zu allen anderen gibt es Unterschiede, reale oder eingebildete. Unterschiede, mit denen man sich seine Unzulänglichkeiten schön reden kann.
Aber beim gleichen Jahrgang geht das nicht. Die mussten alle mit den gleichen Studienbedingungen klar kommen, sich alle in der gleichen wirtschaftlichen Gesamtsituation Deutschlands zurecht finden. Der eine hat es besser hinbekommen als der andere. Da vergleicht man doch automatisch. Und da bekommt man auch ein wenig Angst, was die anderen über einen denken, weil man davon ausgehen kann, dass sie auch vergleichen. Also, so stell ich es mir jedenfalls vor. Ich hatte noch kein Klassentreffen.
Die Vergleiche zieht man ja eher für sich selbst, im eigenen Kopf. Auf Klassentreffen wurde sich natürlich informiert, was derjenige die letzten Jahre gemacht hat - aber das aus ehrlichem Interesse. Für jeden ist es spannend, was aus seiner ehemaligen besten Freundin geworden ist oder was aus dem Klassenclown wurde. Und wenn jemand bereichernde Erfahrungen hat, kann man sich doch nur was abgucken, anstatt sich runterziehen zu lassen. Ich würde immer auf ein Klassentreffen gehen!
Ich bin erst neunzehn Jahre und habe gerade mein Abitur gemacht, aber ich habe dennoch schon ein Klassentreffen hinter mir, nämlich mit meiner ehemaligen Realschulklasse. Der Abschluss in der Realschule liegt nun aber auch erst drei Jahre zurück und natürlich hat noch keiner von uns eine große berufliche Laufbahn hinter sich. Allerdings ist es natürlich so, dass einige Abitur gemacht haben, während andere bereits eine Ausbildung hinter sich haben oder so etwas wie Fachhochschulreife oder ein Berufskolleg gemacht haben. Ich gehöre zu den Abiturientinnen und somit zu denjenigen, die eigentlich den höchsten Abschluss in der ehemaligen Klasse haben, aber ich habe mich deswegen überhaupt nicht besser gefühlt oder habe versucht damit anzugeben oder ähnliches.
Das hätte ich wirklich schwachsinnig gefunden und ich finde, das ist bei so einem Klassentreffen auch absolut deplatziert. Allerdings weiß ich nicht, wie es in einigen Jahren sein wird. Jetzt war es noch so, dass wir eher über alte Zeiten geredet haben und auch über unsere Zukunftspläne und was sich mittlerweile in unserem Privatleben so getan hat. Vielleicht ist es in einigen Jahren oder gar Jahrzehnten dann ja wirklich so, dass einer daher kommt und groß mit seiner Karriere angibt. Zutrauen würde ich es dem ein oder anderen, aber solche Menschen gibt es ja immer.
Ich finde, ein Klassentreffen ist in erster Linie für zwei Dinge da. Zum einen um sich gegenseitig auf den aktuellen Stand zu bringen was das Private und auch das Berufliche angeht. Das kann man aber auch ohne sich gegenseitig zu konkurrieren. Zum anderen sind Klassentreffen auch zum Erinnern an die alte, gemeinsame Zeit da. Und da sollten nun wirklich keine Konkurrenz-Kämpfe aufkommen.
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